Peter Cudek (b) beim Spiel vor dem Film. Foto: Juan Martin Koch
Peter Cudek (b) beim Spiel vor dem Film. Foto: © Juan Martin Koch

Elflands ewige Gärten: „Metropolis“ mit Live-Musik von Trio Elf beim Heimspiel-Filmfest in Regensburg

Auf ihrer CD „746“ von 2008 spielen Trio Elf eine ziemlich starke Coverversion des Kraftwerk-Songs „Mensch-Maschine“. Dass Gerwin Eisenhauer, Walter Lang und Peter Cudek nun beim Regensburger Heimspiel-Festival die Live-Musik zu Fritz Langs Epoche machendem Film „Metropolis“ übernahmen, auf den Kraftwerk sich 30 Jahre vorher mit ihrem Album bezogen hatten, ergab also irgendwie Sinn. Auch andere Trio-Elf-Nummern hätten wie die Faust aufs Auge gepasst – „Hammer Baby Hammer“ zum Beispiel – doch dem Film einfach ein Best-Of-Programm zu unterlegen, so einfach machten es sich Trio Elf natürlich nicht. Das Augenzwinkern, den ersten Auftritt marschierender Arbeiter mit einer leicht hinkenden Version des „Man-Machine“-Grooves zu untermalen, ließ Eisenhauer sich dann aber doch nicht nehmen. Ansonsten blieb es, von kurzen Andeutungen abgesehen, bei lediglich einem Song aus dem eigenen Repertoire, der ausführlicher zum Einsatz kam: Das herrlich melodiöse „Elfland“ vom gleichnamigen Album umriss die Atmosphäre der „ewigen Gärten“ sehr treffend und wurde später an geeigneten Stellen hintersinnig anzitiert. Dass das eingängige Thema dann ausgerechnet zum Sturm der Arbeiterschaft auf die Herz-Maschine zu hymnischer Entfaltung gebracht wurde, war dramaturgisch allerdings wenig überzeugend. Über weite Strecken war es ein abstrakter …

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Der Hersch-Kosmos

 Schlamperei kann überraschende Folgen haben. Eric McPherson konnte seinen Pass nicht finden. Die amerikanischen Behörden kennen kein Pardon, und so musste er in USA bleiben. Fred Hersch und John Herbert allerdings waren schon auf dem Weg nach Deutschland zu einem der raren Europa-Konzerte in der Münchner Unterfahrt. Ein Ersatz für McPherson musste her, Jeff Ballard hatte Zeit, konnte allerdings erst mit dem Abendflieger aus Paris kommen. Und so hatte das Publikum die seltene Gelegenheit, an einem Abend eigentlich zwei Konzerte zu hören. Denn die erste gute Stunde bestritt Fred Hersch allein am Flügel, erst zur zweiten Hälfte konnte Ballard dann direkt vom Taxi auf die Bühne springen, um vollkommen das Trio zu vervollständigen. Für die Zuhörer jedenfalls war es ein Fest, denn sie konnten den Hersch-Kosmos in seinen verschiedenen Farbigkeiten erleben. Solistisch spielte er eigene Songs wie „Sarabande“, vor allem aber ein Bouquet seiner Lieblings-Standards von Jobim bis Monk und Jimmy Rowles bis Benny Golson. Er ließ Stücke zerfallen, fing die Einzelteile auf, kombinierte sie neu. Er ließ Rhythmen bröckeln, nur um sie dann in Gegenbewegungen vor allem der linken Hand in sich zu verschränken. …

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Lyambiko mit Band im Jazzclub Leerer beutel. Foto: Michael Scheiner

Lyambiko im Jazzclub Regensburg: Relaxte Swingsongs über die Liebe

An den Flügel gelehnt, sang sie als Zugabe „Mütterlein“. Ohne Mikro, nur mit der Kraft ihrer wandlungsfähigen Stimme. Freilich nicht in der deutschen Originalversion von Fred Rauch und Gerhard Winkler, sondern in der englischen Interpretation „Answer Me (My Love)“ von Carl Sigman. Damit landete der große Nat King Cole 1954 einen veritablen Hit. Für Lyambiko wurde der alte Popsong zum stärksten Moment des Abends. Bei ihrem umjubelten Auftritt beim Jazzclub im Leeren Beutel brachte die schmale Sängerin mit dieser unverstärkt, aber hingebungsvoll gesungenen Schnulze noch einmal alles an Ausdruckskraft und emotionalen Nuancen zum Vorschein, was in ihr steckt. Großartig auch, wie die vierköpfige Band sich bei dem swingenden Evergreen zurücknahm und dem ihrer Frontfrau Raum zur Entfaltung ließ. Es war ein entspanntes und unterhaltsames Konzert mit einer spürbar motivierten Band, die Lust hatte zu spielen. Und mit einer gut gelaunten Sängerin, die sich auch mal zu vergnüglichen Schäkereien mit ihren Kollegen hinreißen ließ. Gemeinsam stellten sie das  neue Album „Love Letters“ vor, das im September bei „OKeh“ erschienen ist. Zu den Texten einiger Songs hat sich die aus Thüringen stammende Sängerin von Liebesbriefen anregen lassen, …

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Craig Taborn Quartett: „Daylight Ghosts“ live in der Unterfahrt

Ein ganz besonderes Konzert, mit einer diesmal speziellen, sehr persönlichen Fotostrecke, die ausschließlich Aufnahmen vom Soundcheck umfasst. Das Quartett um den Pianisten Craig Taborn, mit Chris Lightcap am Bass, dem Drummer David King und Chris Speed an Saxophon & Klarinette spielten in der Münchner Unterfahrt mit inspiriertem Drive und boten eine hochkomplexe Mischung aus abstrakten, unterschwelligen Sounds, die sich letztlich dann harmonisch, mit feinfühligem, intelligenten Rhythmusspiel auflösten. Sagenhafte Kompositionen, die da aufgefahren wurden, unkonventionell und frisch: „Daylight Ghosts“ – Nomen est Omen. Schnörkellos und unprätentiös offenbarte sich die Band dem Publikum, und führte mit ihrem Spiel den Jazz in neue Sphären. Glücklich, wer mit dabei sein konnte! Die gleichnamige CD ist bei ECM Records erschienen. Text & Fotos: Thomas J. Krebs

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Wo der Jazz tanzt: die 41. Leipziger Jazztage haben begonnen

Mit ihrem Konzept verfolgen die Leipziger Jazztage eine kluge Doppelstrategie: Neue Spielstätten im gesamten Stadtgebiet erweitern die Wahrnehmbarkeit des Traditionsfestivals und erschließen neue Publika. Trotz lokaler Ausprägung mutieren die Jazztage deswegen aber nicht zum harmlosen Stadtfest, sondern bieten das gewohnte – und auch erwartete – Qualitätsprogramm erster Güte. Auf den 41. Jazztagen geben sich internationale Stars wie Pat Metheny (21.10.), Dominic Miller (19.10.) oder Miroslav Vitous die Klinke in die Hand. Bekannte Namen prägen das Programm, aber man kann auch echte Entdeckungen machen, wie auf den Konzerten der beiden Preisträgerbands. Die Big Band „Jazzrausch“ von Bandleader Roman Sladek, der für sein innovatives Konzept mit dem BMW Welt Young Talent Jazz Award 2017 ausgezeichnet wurde, spielte bereits dieses Wochenende. Das Quintett des Leipziger Schlagzeugers Philipp Scholz, der 2017 den Jazznachwuchspreis der Marion Ermer Stiftung erhält, wird am 17. Oktober im UT Connewitz zu hören sein. Während der zehn Festivaltage bis zum 21. Oktober bewegen sich die Jazztage mit 22 Konzerten, Film, Vortrag, Kino und DJ Set höchst unterhaltsam und anspruchsvoll zugleich zwischen Innovation und  Tradition. Im Folgenden einige Impressionen vom ersten Festivalwochenende. Der alte Westen Leipzigs …

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CHARLIE AND HIS ORCHESTRA: Swing Heil! Ein szenisches Konzert im Bürgerhaus Unterföhring

Der tragikomischen Story einer offiziellen Jazzband im dritten Reich haben sich die Autoren Oliver Hochkeppel und Peter Wortmann angenommen und daraus ein abendfüllendes Programm im Bürgerhaus Unterföhring gestaltet. Zusammen mit Heinz Dauhrer und dem „WINE AND ROSES SWING ORCHESTRA“ mit Pete York am Schlagzeug, wurden die illustren Stücke von „Charlie and his Orchestra“ gespielt. Akribisch haben dafür Michael Keul, Matthias Bublath, Bernhard Ulrich sowie Heinz Dauhrer die Originalstücke abgehört, zu Papier gebracht und für ihre Band arrangiert. Zwischen den Stücken eingeflochten sind szenische Texte, eindrucksvoll und mit Esprit vorgetragen von April Hailer und Maximilian Höcherl. Zum historischen Hintergrund: Jazz im Dienst der NS-Propaganda. Nach dem „endgültigen Verbot des Niggerjazz“ im Dritten Reich 1935 war den Nazis, vornehmlich Josef Goebbels, für die Propaganda im Ausland allerdings jedes Mittel recht. So wurde im Auftrag des Reichspropagandaministers mitten im Krieg eine Jazzband rekrutiert, die aus den besten Jazz-Musikern Deutschlands und des besetzten europäischen Auslands bestand: „Charlie and his Orchstestra“. Mit von der Partie waren z.B. der Saxophonist Lutz Templin, der Wiener Trompeter Charlie Tabor oder der Münchner Schlagzeuger Freddie Brocksieper. Namensgeber wurde allerdings der österreichische Ministerialbeamte und Sänger …

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Bericht: Gerd Dudek spielte sich ins 80. Lebensjahr hinein

Das Recklinghäuser Szenelokal Altstadtschmiede mit ihren wöchentlichen Sessions steht für eine hohe Beständigkeit im Jazz, wie sie auch und gerade jenseits der großen Bühnen lebt. Vorausgesetzt man pflegt sie mit so viel Herzblut wie der Gitarrist Ingo Marmulla, der vor Jahrzehnten diese Reihe ins Leben rief – und heute über genug Kontakt in der Szene verfügt, um jede Woche aufs Neue die kleine Bühne voll zu bekommen. Auffällig ist, dass hier auch viel junges Publikum das Klischee von der in Würde ergrauenden Jazzgemeinde fröhlich konterkariert. Erwartungsgemäß voll wurde es, als hier mal wieder ein legendärer Spieler auf der Bühne stand: Der Saxofonist Gerd Dudek improvisierte und solierte sich abendfüllend in sein 80. Lebensjahr hinein. An seiner Seite agierte eine große, spontan zusammengewürftelte Band, und auch die vereint jung und alt in ihren Reihen! Am untersten Ende der Altersskala der groß besetzten Combo auf der kleinen Bühne rangiert Jerry Lu, der „jugend jazzt“ und „jugend musiziert“ erfolgreich meisterte und jetzt in Köln Jazzpiano studiert. Durch nichts lässt sich dessen ruhig pulsierendes Spiel aus der Ruhe bringen. Das beweist er bei dieser improvisierten Spontan-Combo wie sonst auch …

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Caroll Vanwelden. Foto: Stefan Pieper

Caroll Vanwelden sings Shakespeares Sonnets – auf neuer CD und live im Hertener Glashaus

Bei vielen von uns wurde die Leidenschaft für Literatur durch den Schulunterricht nicht unbedingt gefördert – schade eigentlich, wo große Sprachkunst doch so zeitlos bereichernd wirken kann. Etwa die Lyrik eines William Shakespeare, von der die Belgierin Caroll Vanwelden seit Jahren infiziert ist. Ihr Projekt: Shakespeares Sonnette mit einer heutigen Musiksprache kurzzuschließen.  Von Stefan Pieper „Shakespeare ist eine unendliche Welt, genauso wie Musik eine unendliche Welt ist“, bekundete sie im Hertener Glashaus, einer bemerkenswerten Konzertlocation im nördlichen Ruhrgebiet, die von ihrem Ambiente her genauso anmutet, wie sie heißt. Im Rahmen der von Bernd Zimmermann und Susanne Pohlen mit viel Leidenschaft kuratierten Konzertreihe „Fine Art Jazz“ präsentierte Caroll Vanwelden mit ihrer Band das neue Album „Carolle Vanwelden sings Shakespears Sonnets Volume 3.“ Carolle Vanwelden hat eine große Stimme – das passt zu Shakespeares  Lyrik, ebenso die selbstbewusste Aura, mit der sie an diesem Abend vom Flügel aus mit Band und Publikum kommuniziert. Wenn sie Shakespeares Sonette, von denen es 127 gibt und sie davon bereits 48 vertont hat, auf der Bühne durchlebt, dann saugt sie alle Worte und Silben regelrecht auf. Sie meint, was sie singt …

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Mocca Band mit Mulo Francel (sax, cl), David Gazarov (p), Sven Faller (b), Robert Kainar (dr). Foto: Thomas J. Krebs

Quadro Nuevo, Cafe del Mundo und andere Kombinationen: Mulo Francel bespielt drei Mal in Folge die Unterfahrt

Am 5., 6. und 7. September bespielte Mulo Francel  mit seinen Freunden die Bühne des Münchner Jazzclubs Unterfahrt. Mit dabei Quadro Nuevo, Cafe del Mundo und andere Kombinationen. Fotograf Thomas J. Krebs war Gast beim Pre-Release Concert ‘Mocca Swing’ (Erscheinungsdatum: 27.10.2017). Seine Impressionen zeigt die JazzZeitung.de in dieser Galerie. Mulo Francel ist Saxophonist und Weltenbummler. Darüber hinaus bekannt als kreativer Wirbelwind des Ensembles Quadro Nuevo. Seit vielen Jahren bereist der mehrfache ECHO-Preisträger und GERMAN Jazz Award Winner spielend die Länder dieser Erde. Von Bayern über den Balkan bis Buenos Aires. Seine Musik nährt sich von den Begegnungen mit den Menschen, ihren Kulturen, ihren Mythen: die spontane Improvisationskraft des Jazz, hypnotisierende oriental Grooves, Melodien eines fast schon verklungenen Italiens, Tango und karibische Lebensfreude. Sein brandneues, bei ACT erschienenes Album ‘Mocca Swing’ atmet Francels 30-jährige Erfahrung als World Music-Künstler und Komponist voller Reife und Inspiration: Musik belebend wie ein kräftiger Mocca! Auf die Bühne holte er sich am Abend des 7. September langjährige Wegbereiter und Freunde wie den aus Baku stammenden funkensprühenden Pianisten David Gazarov und den Salzburger Drummer des Jedermann-Ensembles Robert Kainar. Wer nicht dabei sein …

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Maria Baptist stellt ihr neues Album „Poems without Words“ im Kulturkaufhaus Dussmann in Berlin

Maria Baptist „Trio plus One“ modifiziert zum Trio minus One. Einfacher gesagt: die Pianistin spielte im Duo mit Jan von Klewitz und stellt ihr neues Album „Poems without Words“ im Kulturkaufhaus Dussmann vor. Das Konzert wurde als Kurzkonzert angekündigt. Gute 50 Minuten erstklassische Musik verrinnen wie im Flug. Ein nicht allzu großer, dafür die intime Atmosphäre eines Klubs schaffender Raum – mehr als gut besucht – und eine ungewöhnlich gute Akustik geben ein nahezu perfektes Ambiente für die erste öffentliche Vorstellung der CD und bilden den Auftakt zu einer Tournee durch die Landen. Duo bedeutet für die Klangstimme des Pianos ein permanentes Spielen. So ist das ganze Spektrum pianistischer Stilistik – von Jazz und Klassik -zu hören: Mal lyrisch dezent, stets Melodie- und Harmonielinien dynamisch vorantreibend, aber immer kraftvoll zupackend. Besonders die linke Hand setzt mit warmen Tieflagen die Akzente, während die rechte Hand sich gelegentlich von den selbst aufgelegten melodischen und harmonischen „Fesseln“ der „Poems“ freispielt. Für den kongenialen Jan von Klewitz sind bessere „Steilvorlagen“ wohl nicht zu haben. Der nutzt dies, wo immer es musikalisch sinnvoll erscheint, durch die klare Stimme und die …

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