Bericht vom Smooth Jazz Festival Augsburg 2014

Fotos und Text von Caro Kirsch. Zum fünften Mal veranstaltete die smooth entertainment GmbH vom 11. bis 14. September das Smooth Jazz Festival in Augsburg. Das Team um Christian Bößner lud diesmal zu drei Konzertabenden mit insgesamt acht internationalen Stars der Jazz-, Soul- und Funkszene. Beherbergt wird das Festival wie in jedem Jahr im historischen Theater am Kurhaus Göggingen, das ein stilvolles Ambiente bietet. Die zweigeschossige Halle mit gusseisernen Säulen und Umgängen, farbigen Glasfenstern und Ornamenten verbreiten ein außergewöhnliches Flair. Vielleicht erklären sich durch den hochwertigen Veranstaltungsort auch die hochwertigen Preise von mindestens 46 Euro (Stehplatz) pro Konzertabend. Das Cover des begleitenden Konzertmagazins ziert die niederländische Saxophonistin Candy Dulfer. Sie war der größte Star des diesjährigen Smooth Jazz Festivals und füllte das ausverkaufte Theater am Freitagabend. Die Band und sie wissen, wie man die Menge anheiz,t und so blieben die Sitzplätze im Saal nahezu ungenutzt, nichts hielt das Publikum auf den Stühlen. Und nichts hält Candy Dulfer auf der Bühne, lieber tanzte sie beispielsweise durchs Publikum, während sie gleichzeitig auf dem Saxophon improvisierte. Einzig einmal weckte sie den Unmut einiger (männlicher) Fans, nämlich als die …

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Das gibt’s nur einmal: das Birdland Neuburg

Jazzclubs gibt es einige in Deutschland, vor allem natürlich in den mittleren und den Großstädten. Warum ist einer der berühmtesten und angesehensten dann mitten in der bayerischen Provinz, im kleinen Barockstädtchen Neuburg an der Donau angesiedelt? – Alles begann bereits im Jahr 1958, als der spätere Gründer der Jazzwoche Burghausen, Helmut Viertel eine Ausbildung zum Gerichtsvollzieher in Neuburg machte. Er hatte interessante Jazzplatten, die damals noch schwer erhältlich waren und hörte sie zusammen mit Manfred Rehm. Aus Liebe zum Jazz gründeten sie den Club, der aber erst ab 1985 richtig auf Kurs gelangte. Viertel war inzwischen nach Burghausen versetzt worden, und Rehm veranstaltete in verschiedenen Gaststätten regelmäßig Konzerte. 1991 zog man in die jetzigen Räumlichkeiten, ein Kellergewölbe unter der Hofapotheke: ein Ambiente, das Seinesgleichen in Deutschland und Europa sucht. Sponsor Fritz von Philipp erklärt sich den Erfolg folgendermaßen: „Ich merk’s immer an der Reaktion der Musiker, die sind so etwas gar nicht mehr gewöhnt. Hier ist der Club super, das Publikum super und das Umfeld bestens. Die Gastronomie steht nicht im Vordergrund, nichts klappert, man kann sich auf die Musik konzentrieren. Das ist phantastisch.“ (Text …

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Gemeinsam frei – Das Jazzkollektiv Berlin veranstaltet sein zehntes Festival

Ein Kollektiv ist nicht dasselbe wie ein „Team“, das sich pragmatisch zur Erledigung einer Aufgabe zusammentut. Die Mitglieder eines Kollektivs verfolgen gemeinsame Ziele und Ideale. Als ein Zusammenschluss dieser Art versteht sich das Jazzkollektiv Berlin, das von dem Posaunisten Gerhard Gschlößl und dem Pianisten Marc Schmolling gegründet wurde. Ende August organisierte das Kollektiv sein zehntes Festival, die Jazzkollektiv Nights.Den insgesamt sieben Jazzkollektiv-Mitgliedern geht es nicht etwa darum, eine gemeinsame Band zu bilden. „Jeder von uns ist ein autarker Künstler und macht Seins“, stellt Gerhard Gschlößl fest. „Der Kollektiv-Gedanke betrifft die gemeinsame Vermarktung, Pressearbeit und Veranstaltungsplanung. Das ist effizienter; und wir können so ein breiteres Publikum ansprechen.“ So lässt es sich jenseits von Major-Labels und kommerziellem Mainstream überleben. Als Gschlößl und Schmolling 2007 das Jazzkollektiv Berlin gründeten, hatten sie ein Vorbild: das norditalienische Musikerkollektiv „El Gallo Rojo“, das auch ein eigenes Label betreibt, um den ruinösen Niedergang der Kulturförderung in Italien aufzufangen. Nach dem Modell von „El Gallo Rojo“ trommelten die beiden Musiker ein paar Berliner Kollegen zusammen. „Ausschlaggebend war nicht deren Renommee, sondern einzig die musikalische Qualität“, sagt der Pianist Marc Schmolling. Das 10. Festival …

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Vadim Neselovsky (p) und Arkady Shilkloper (Horn). Foto: Hans Kumpf

Harmonie zwischen einem Russen und einem Ukrainer

Ende Juni nahm der Hornist Arkady Shilkloper (geboren 1956 in Moskau) mit dem Pianisten Vadim Neselovskyi (geboren 1977 in Odessa) in Ludwigsburg die erste gemeinsame CD auf. Das Eigenlabel der dortigen Bauer Studios wird die mit „Krai“ (Land) betitelte Scheibe Anfang Oktober auf den Markt bringen. Hans Kumpf sprach am 25. Juni mit den aus Russland und der Ukraine stammenden Musikern. Hans Kumpf: Arkady, 1980 habe ich Dich erstmals gehört, als Du im Orchestergraben vom Moskauer Bolschoi-Theater in der Oper „Boris Godunow” von Modest Mussorgski mit Deinem Waldhorn gespielt hast. Gesehen und gesprochen habe ich Dich dann Mitte der 80er Jahre bei der Jazz Jamboree in Warschau. Mittlerweile trafen wir uns bei vielen Festivals – und Du bist sogar nach Deutschland umgezogen. Wann? Arkady Shilkloper: 2003. Zunächst war ich in Wuppertal, seit November 2011 wohne ich in Berlin. Hans Kumpf: Wie oft bist Du noch in Russland? Arkady Shilkloper: Sehr oft! In den letzten beiden Jahren habe ich mehr Konzerte in Russland gehabt. Nicht nur In Moskau, sondern auch in Jekaterinburg, Irkutsk, Ufa, Omsk Nicht nur Jazz, sondern auch mit Kammerorchester. Aber ich hoffe mit …

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JazzZeitung 2014/04 - Titelblatt

Neue JazzZeitung 2014/04 im Handel

Gedruckt und zugänglich: Die neue aktuelle JazzZeitung 2014/04. Berichte: Südtirol Festival, Jazz Sommer im Bayerischen Hof, Bayerisches Jazzweekend, Festival Bingen swingt, Andreas Dombert / Chris Gall im Leeren Beutel Regensburg, Ystad Sweden Jazz Festival 2014 Portrait: Ketil Bjørnstad, Andrea Keller (Pianistin und Komponistin aus Australien), der Harfenist Edmar Castañeda, das Dortmunder Duo „about aphrodite“, 5 Fragen an den Bassisten Robert Landfermann Dossier: Jazz und die progressive Form – von Hans-Jürgen Schaal CD-Rezensionen: 35 Jahre Leo Records, Katharina Maschmayer, Tingvall Trio, Jacob Karlzon, Michael Schiefel u.v.m. Club-Portrait: das Birdland Neuburg Farewell: Horace Silver, Charlie Haden, Giorgio Gaslini

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Jazzkritik ist käuflich

Die Dinge sind kompliziert. Neulich übersandte mir Redakteur Andreas Kolb einen Einladung zu einem JazzFestival, das in wenigen Tagen im September auf der Krim stattfinden soll. Rossiya Segodnya International Information News Agency invites Jazz Zeitung to take part in a press trip to the International Jazz Festival Koktebel Jazz Party. The press trip scheduled for September 10-17, 2014 will be held in Koktebel, a picturesque and cozy coastal town in Crimea. Die Sache ist vollfinanziert und so, als ob man Jazzjournalisten einkaufen könnte. (Kann man natürlich und das wird auch gerne, wo Kohle vorhanden, gemacht.  So kam ich zum Winterjazz nach Köln dieses Jahr. Ich glaube, das ist nich okay!) Es wirkt in der Tat teils merkwürdig, was man als bezahlter Gast dann schreibt, wo man sich für die Nettigkeit in der Pflicht fühlt. Ich hätte es auch nie gedacht, dass man nach einer Pressekonferenz über die Qualität des Buffetts nachdenkt und, wenn es mal nur Schnittchen gab statt Frikadellen schon enttäuscht ist. Gehätschelt werden wollen, vollkritisch bleiben und so, wie geht das zusammen? Aber das Geld ist überall knapp. Heute haben die „normalen“ Journalisten …

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Atemberaubend spannend – „Beatz“ aus der Remise

Er finde ständig etwas, was noch verbessert werden könne. „Zum Beispiel werden wir bis morgen den Flügel polieren“, verspricht Alfred Vogel mit freimütigem Lachen. Der Percussionist, Produzent und Schlagzeuger aus dem Voralberger Urlaubsort Bezau ist seit sieben Jahren Leiter von „Bezau Beats“. Erstmals fand dieses kleine Festival heuer unter Dach statt, in einer leer geräumten Bahnremise. Als Konzertreihe mit „Musik aus allen Richtungen“ gestartet, saßen die Besucher in diesem Jahr neben historischen Dampfloks, in der umgebauten Halle des Wäldlerbähnles. Eine pittoreske Umgebung mit dem dicken Geruch von Öl, Schmierfett und Ruß. Der Flügel war am nächsten Tag geputzt. Österreichische Verbindlichkeit, die das Wohl des Gastes nicht nur in den exquisiten Hotels am Ort in den Mittelpunkt stellt. Andere Störfaktoren allerdings bekam der einnehmende Festivalpromoter weniger gut in Griff. So setzte Musik vom Datenspeicher ein, kaum dass der Beifall für ein Konzert richtig abgeklungen war. Eine weitverbreitete Unsitte, die den Zuhörenden keinen Raum lässt, das Gehörte nachklingen zu lassen. Auch den Musikern gegenüber liegt darin eine gewisse Herabsetzung, wendet man sich doch sofort einer oberflächlichen Unterhaltung zu, wenn ihr – künstlerischer und kreativer – Beitrag, der …

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Chris Barber erhält die German Jazz Trophy 2014 - a life for jazz in Stuttgart. Foto: Hans Kumpf

German Jazz Trophy 2014 an Chris Barber – Laudatio von Andreas Kolb

Der britische Posaunist und Bandleader Chris Barber wurde zum Abschluss des Festivals „Jazzopen“ in Stuttgart am 21. Juli mit der German Jazz Trophy 2014 der Stiftung Spardabank Baden-Württemberg, der Kulturgesellschaft Musik und Wort und der Jazzzeitung geehrt. Trotz eines gebrochenen Fußes war Barber im Rollstuhl und mit seiner 10-köpfigen Big Chris Barber Band nach Stuttgart gekommen, um im Event Center der Spardabank sein Publikum mit Swing, Blues und viel Power-Dixieland zu überwältigen. Vor dem Konzert übergaben Sparda-Vorstandsvorsitzender Martin Hettich und SWR-Moderator Markus Brock die von Otto Hajek gestaltete Trophäe an den ersten Posaunisten unter den inzwischen 14 Preisträgern seit 2001. Die German Jazz Trophy wurde bisher an den Altsaxophonisten Lee Konitz, die Pianisten Monty Alexander, Jacques Loussier, Paul Kuhn, Dick Hyman und Wolfgang Dauner, den Geiger Jean-Luc Ponty, die US-amerikanische Pianistin und Komponistin Carla Bley, den Trompeter Kenny Wheeler, den Mundharmonikaspieler Toots Thielemans, den Klarinettisten Hugo Strasser und den Big Bandleiter Erwin Lehn vergeben. Lesen Sie Ausschnitte aus der Laudatio von Andreas Kolb: „Ice Cream, schnelle Autos und Millionenhits“ Eigentlich ist Chris Barber Multiinstrumentalist: Er lernte zunächst Violine und Sopransaxophon. Später studierte er dann Posaune …

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Jazz ist Begegnung – das 32. Südtirol Jazzfestival zwischen Coax-Kollektiv und Chick Corea

  Thank you Klaus – wenn Rapper Baba Israel sich während eines Open Air-Konzerts am Ufer des Talfer beim Festivalchef Klaus Widmann bedankt, dann hat das nichts Artiges an sich, sondern ist authentisch. Und wenn sich später Israel, Keyboarder Jason Lindner, Drummer Justin Tyson und Bassist Andreou Panagiotis beim Publikum mit einer 20-minütigen feurigen Tanzsession bedanken, dann ist auch das alles andere als Dienst nach Vorschrift. Nicht nur bei diesem exzellenten Auftritt der New Yorker Electro Groover wurde deutlich: Die kompromisslose Leidenschaft des Festivalmachers Klaus Widmann spiegelte sich stets auch in den Beiträgen und in der Verve der eingeladenen Künstler zum 32. Jazzfestival Südtirol Alto Adige. Wie schon in früheren Jahren galt es, Gefäße zu befüllen wie Jazz and the Mountains, Jazz and Arts, Jazz and Culture meets Economy, Jazz and Education, Jazz and Wine, Jazz meets Busoni oder Jazz Euregio mit Konzerten in Innsbruck und dem Trentino sowie Jazz meets Film. Hinter diesen Überschriften verbirgt sich nicht nur ein abwechslungsreiches und mit wenigen Ausnahmen fast immer qualitätsvolles Programm, sondern auch ein ausgeklügeltes Finanzierungs-, Sponsoring- und Organisationskonzept für ein Festival, dass sich eine Woche lang …

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Liberté, Egalité, Virtuosité: das 32. Jazzfestival Südtirol mit Frankreich-Schwerpunkt

Ein Bericht aus Südtirol – von Oliver Hochkeppel, Fotos von Ralf Dombrowski: Dass es im Laufe der vergangenen Jahre nicht nur wegen seiner besonderen Spielorte, sondern auch programmatisch eines der außergewöhnlichsten und spannendsten Festivals geworden ist, belegte die 32. Ausgabe des Südtirol Jazzfestivals gleich mit den beiden Auftaktveranstaltungen am vergangenen Wochenende. Zunächst hatte der Wunderakkordeonist Vincent Peirani – mittlerweile beim Münchner Label ACT unter Vertrag und nicht nur als frisch gebackener „Jazz Victoires“ Sieger vielleicht der im Moment herausragende junge französische Jazzer – eine „Carte Blanche“ für „Une Nuit Francaise“ erhalten. Basis des Abends war Peiranis aktuelles „Living Being“ Quintett mit Sopransaxofonist Emile Parisien, E-Bassist Julien Herne, Schlagzeuger Yoann Serra und Tony Paeleman am Fender Rhodes. Mit Parisien – den Peirani „meinen Bruder“ nennt und der soeben gleichfalls bei den Jazz Victoires erfolgreich war – verbindet ihn eine langjährige persönliche wie künstlerische Freundschaft, unlängst ist ihr Duo-Album „Belle Epoque“ bei ACT erschienen. Es verwunderte daher nicht, dass diese Kombinationen nahezu miteinander verschmolzen, dass Peirani seine einmaligen Fähigkeiten, nahezu jedes andere Instrument auf dem Akkordeon erklingen zu lassen, problemlos jeden Einfall improvisatorisch begleiten zu können und …

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