Masako Ohta & Matthias Lindermayr – CD „MMMMH“

Die in München lebende Pianistin Masako Ohta und der ebenfalls in München ansässige Trompeter Matthias Lindermayr haben auf der gerade erschienenen Aufnahme „MMMMH“ im Duo zusammen gefunden und präsentieren ein wunderbar fließendes, homogenes Album. Dass sich die Musiker, die aus unterschiedlichen Genres stammen, kenngelernt haben ist dem Musikförderpreis der Stadt München zu verdanken, der im Jahr 2019, wohl verdient, an die beiden Künstler verliehen wurde. Dabei wirken sie in unterschiedlichen musikalischen Bereichen: Masako Ohta ist maßgeblich sowohl der Klassik als auch der zeitgenössischen Moderne verbunden, während Lindermayr in erster Linie als Jazz-Solist und diversen Formationen beheimatet ist. Trotz allem haben beide eine gemeinsame Verbindung: sie legen sich nicht per se auf eine bestimmte musikalische Richtung fest, sondern loten Stile aus und musizieren vielseitig wie abwechslungsreich. Das Album „MMMMH“, aufgenommen im Unterföhringer Mastermix Studio, präsentiert neun Kompositionen von Lindermayr und Ohta, die leichtfüßig und beruhigend den Hörer in ihren Bann ziehen. Inspirierte Themen werden vorgestellt, die mit Fingerspitzengefühl weiter gesponnen werden, darüber schichten sich Improvisationen, ab und zu mit leichter Rhythmik, versetzen den Hörer dabei in eine Art Trance. Sich fallen lassen Man kann sich zur …

Weiterlesen

Start einer grandiosen CD Serie: Live at Fabrik

(Fotos, auch Beitragsbild: Thomas J. Krebs) Vor ein paar Jahren startete das Jazzline Label bereits eine CD Reihe „At Onkel Pö’s Carnegie Hall / Hamburg“ mit Livemitschnitten von Chet Baker, Dizzy Gillespie, Dave Liebman oder den Brecker Brothers, die der NDR seinerzeit aufgenommen hat. Nun ist der Startschuss für „Live at Fabrik“ gefallen. Vor allem in den achtziger und neunziger Jahren war die Hamburger FABRIK, neben unzähliger Rockkonzerte und vielfältigen bunten Veranstaltungen, eine Location für hochkarätige Jazzkonzerte, auch außerhalb des jährlich stattfindenden Jazzfestivals. So gaben sich hier Miles Davis, Sun Ra, George Adams, Sonny Rollins, John Scofield und viele weitere Jazzgrößen die Klinke in die Hand. Legenden des Jazz: Freddie Hubbard und McCoy Tyner Den Auftakt der „Live at Fabrik“ Serie bestreiten zwei absolute Jazzlegenden: der Trompeter Freddie Hubbard zusammen mit McCoy Tyner, Avery Sharp am Bass und Schlagzeuger Louis Hayes, die in der Hamburger Fabrik am 18. Juni 1986 ein fulminantes Konzert gaben. Der NDR, unter der Leitung von Michael Naura, war bei dieser Sternstunde mit seinem Sendewagen mal wieder vor Ort und nahm das Konzert auf. Die Musiker, allesamt in Topform, spielten abgesehen …

Weiterlesen

„Abhängen mit der Queen!“ – Paulo Morello, Sven Faller und Mulo Francel veröffentlichen neues Album

Fluch und Segen liegen bei dieser Veröffentlichung nahe bei einander, auch wenn das ein wenig pathetisch klingt. Richtig müsste es allerdings heißen, Segen und Fluch, denn das bayerische Trio ist durch die Einschränkungen der Pandemie überhaupt erst zustande gekommen.  Im vergangenen Herbst, als Lockerungen erstmals wieder Bühnenauftritte in Clubs ermöglichten, war ein Triokonzert mit den beiden Oberpfälzern Paulo Morello und Sven Faller zusammen mit dem belgischen Gitarristen Philip Catherine im berühmten Birdland in Neuburg fest gebucht. Reisebeschränkungen und Lockdowns, die zum Zeitpunkt des Auftritts eine Ausreise des Belgiers verhinderten, stellten die zwei verbliebenen Triomitglieder vor ein Problem. Unkonventionelle Lösung Den Auftritt wollten sie nicht absagen und entschieden sich zusammen mit dem Veranstalter für eine unkonventionelle Lösung. Der Veranstalter hatte vorgeschlagen das Konzert doch mit einem anderen Partner zu spielen. Unabhängig von einander hatten sowohl Faller, wie Morello – auch bekannt unter seinem bürgerlichen Namen Neli Schmidkunz – bereits mit Mulo Francel in anderen Gruppen zusammengespielt. Der gehört mit dem von ihm mit gegründeten Akustik-Quartett Quadro Nuevo zu den erfolgreichsten Jazzsaxofonisten hierzulande. Ein Anruf, Francel hatte Zeit und sagte spontan zu, das Konzert mitzuspielen. Aufgrund ihrer …

Weiterlesen

Trauer und Hoffnung: Gadó mit neuer CD „Whispering Quiet Secrets Into Hairy Ears“

Angesichts des Zustandes der Welt und deren Verworrenheit, in der Menschen hilflos scheinend in das Betrachten ihres bereits Gestorbenseins versunken sind, sucht auch Musik nach dem Ausdruck der Trauer. Der in Paris und Budapest lebende Gitarrist und Komponist Gábor Gadó gestaltet seit über dreißig Jahren mit seiner immer konzentrierter und spiritueller gewordenen Musik Zugänge zu philosophischen, moralischen und historischen Aspekten menschlichen Verlorenseins. Etwa zwanzig CDs mit Gadós Kompositionen und seinem Gitarrenspiel greifen gedanklich William Butler Yeats, Jakob Böhmes „Ungrund“, Tarkowskis „Stalker“, die Byzantinische Wende im historischen Christentum, Avicenna und Mirandola, Livingstone und Strindberg oder auch bedeutende Schriftsteller wie Bohumil Hrabal, Joseph Brodsky und László Krasznahorkai auf. Wenn seine aktuelle CD „Whispering Quiet Secrets Into Hairy Ears“, die er im Duo mit diesmal dem Saxophonisten János Ávéd eingespielt hat, mit „Lacrimosa“ beginnt, einer Assoziation an die Sequenz aus Mozarts Requiem, der allerletzten Arbeit Mozarts, der über dem Komponieren des Werkes verstarb, darf das wohl als Hinweis auf das Gesamtthema dieser Gadó-CD verstanden werden: das Abschiednehmen, die Beweinung und das Rechenschaft ablegen als ein Sich-bewusst-Machen eigener historischer und spiritueller Wurzeln. Musik als klanggewordene Trauer. Und Musik als …

Weiterlesen

„Reframing The Moon“ – Neues Album des Haberkamp Trios veröffentlicht

Homogen, vom ersten bis zum letzten Ton Zum neuen Album des Clara Haberkamp Trios Die Pianistin Clara Haberkamp läutet mit ihrem neuen Trio-Album „Reframing The Moon“ einen Wendepunkt ihrer bisherigen Karriere ein. Zwischen ihrer ersten Trio-Aufnahme „Nicht rot, nicht weiß, nicht blau“ und ihrer aktuellen CD liegen mittlerweile 10 Jahre. Zeit, in der Haberkamp viel ausprobiert, sich weiter entwickelt und schließlich zu sich selbst und ihren eigentlichen Wurzeln gefunden hat. Immer im Fluss, neugierig und voller Überraschungen, so kann man Clara Haberkamps bisherigen Werdegang beschreiben. In ihrem Trio von Anfang an mit dabei ist der Schlagzeuger Tilo Weber. Mit Oliver Potratz am Bass hat sie einen weiteren versierten, vielseitigen Musiker an ihrer Seite, der, wie Weber, traumwandlerisch in den unterschiedlichsten Stilen unterwegs ist. Eine immens wichtige Eigenschaft, die Haberkamps Mitstreiter beherrschen, denn die Pianistin spielt nach wie vor heterogen und lässt sich nicht auf eine Richtung festlegen. Ihre Kompositionen tragen eine deutliche, ausdrucksstarke Handschrift. Im Gegensatz zu ihren Anfängen, hat sich Haberkamp ihr Feingefühl und die Tiefe erhalten, geht nun aber ausdruckstechnisch bewusst andere Wege. Ein neues Klangkapitel Auf „Reframing The Moon“ klar zu hören …

Weiterlesen

»Ego kills« – Killing Popes veröffentlichen neues Album

(Von Mathias Bäumel) »Jazz from Hell«: Ältere unter den Lesern bzw. Hörern können mit dieser Bezeichnung etwas anfangen; es handelt es sich dabei sowohl um eine Komposition als auch einen LP-Titel von Frank Zappa. Die 1986 veröffentlichte Platte rief sofort Pro und Kontra hervor. Der Rockjournalist Barry Miles soll gesagt haben, dass der Rhythmus der Stücke »merkwürdig« sei und wie eine »maschinelle Version einer singenden Säge« klinge. Andererseits erhielt Zappa für diese Veröffentlichung 1988 einen Grammy Award für die Beste Darbietung eines Rockinstrumentals. Wie dem auch sei – zwei Dinge zeichnen dieses Album aus, das dadurch innerhalb der Populärmusik entgrenzend fungierte: eine künstlich wirkende Klanglichkeit, die in Sound und Melodik vom fast alle Tracks dominierenden Synclavier geprägt ist, und eine konzentrierte Perkussivität mit variablen Metren und Tempi sowie komplexen Rhythmen. Diese Kombination aus klanglicher und rhythmischer »Künstlichkeit« (besonders deutlich bei »G-Spot Tornado« und »Massaggio Galore«) macht den eigentlichen Wert von »Jazz from Hell« aus – und führt mich direkt zu Oli Steidles Killing Popes mit ihrer neuen CD »Ego kills«! Die Musik besticht mit einer spannungsgeladenen, im positiven Sinne widersprüchlichen Klangwelt, in der sich »künstliche« …

Weiterlesen

Im Dada-Marsch Berge bezwingen  – neue CD von Pago Libre

Wenn der Berg ruft ist der Jodler nicht weit. Komplettieren Jazz und Schweiz das klangsensible Duett, ist es meist eine erfrischend uncoole Jodlerin, die in diversen Suchmaschinen aufploppt. Bei den Mountain Songlines des in der Schweiz angesiedelten europäischen Quartetts Pago Libre ist es eher umgekehrt: Nicht der Berg ruft hier, sondern die vier Musiker um Pianist John Wolf Brennan und Gastjodlerin Sonja Morgenegg huldigen den Bergen um sie herum. Das beginnt mit der stimmungsvoll-getragenen „Hornborn Hymn“ und endet mit der etwas pathischen „The Melody of the Earth“, einer ruhigen Komposition des Alphornbläsers Arkady Shilkloper. Den melancholisch-feierlichen Klang von Klavier und Geige (Florian Mayer) erweitert Morgenegg mit ihren wortlosen Vokalisen. Klanglich fein ausgewogen Fast ist man erleichtert, dass ein angehängter Bonus Track mit einem Exzerpt aus verschiedenen Stücken noch einmal zu grooven beginnt und das Stimmungsruder  herumreißt. Insgesamt wirkt das klanglich fein ausgewogene und exzellent produzierte Album sehr verhalten und emotional ausgeglichen. Genremäßig und stilistisch ist es weit offen, lässt sich weder auf Jazz, Klassik/neue Musik noch Heimatsound festlegen, sondern mäandert durch alle Stilebenen. Repetitive Motive am Piano geben die jazzdominierte Basis für ausgiebige Horn- und Violinsoli. …

Weiterlesen

Bluesige Songs mit Bitternote: Stefanie Boltz und Christian Wegscheider – Jazzbaby!

Ein voller Terminkalender: Schon vor dem offiziellen Veröffentlichungstermin im August können Zuhörerinnen (inkl. -hörer) dem Tiger ins Maul schauen und zuhören wenn er knurrt, brüllt oder tobt. Das „Gebrüll eines gezähmten Tigers“ ist Stefanie Boltz’ und Christian Wegscheiders erste gemeinsame Produktion. Sie entwickelten diese gemeinsam während des gleichermaßen zermürbenden, wie begünstigenden Lockdowns. Heuer nahmen sie die dabei entstandenen Songs zusammen mit einigen Gastmusikern auf. Vieles lief lange Zeit über Fernkontakte, digital, bis sich die Münchnerin Boltz „mit einem ganzen Stapel Unterlagen unterm Arm, erstmals nervös der (österreichischen, Anm.) Grenze näherte, und dann tatsächlich passieren durfte.“ Beide erlebten diesen Moment als „unglaubliches Freiheitsgefühl“. Sie hätten immer wieder gewitzelt, erzählt Boltz in einem Interview, „dass wir uns einfach auf einem Berg treffen. Da wiederum kursierten Gerüchte, dass die Feldjäger patrouillierten und Grenzgänger ‚jagten‘. Außerdem brauchten wir ja auch sein Studio und einen Flügel.“ Blues, Jazz und Chanson Das Warten, bis Grenzen wieder offen und Begegnungen wie Arbeitstreffen von Künstlern wieder möglich waren, hat sich gelohnt. „A Tamed Tiger’s Roar“ lässt allzu eindeutige und manchmal enge Stilgrenzen hinter sich und verbindet mit emotionaler Nachdenklichkeit und feiner Poesie Singer-Songwritertum …

Weiterlesen
Rezensionen: Johänntgen / Vatter / Sclavis
Rezensionen: Johänntgen / Vatter / Sclavis

Rezensionen: Johänntgen / Vatter / Sclavis

Drei CDs in den Ohren von Rezensent Huflaikhan: Bei Nicole Johänntgens „Henry III“ „saftelt sich da leicht über den Dancefloor oder durch den musikalischen Kriechkeller“. Bei Martin Vatters „Homeland“ muss „nicht immer alles eitel Dissonanz sein“ und Louis Sclavis‘ „Charakters On A Wall“ wirkt „perforiert, angegriffen und angegangen. Sie kann die Weltschwierigkeiten natürlich nicht auflösen. Sie ist gezwungen, artistisch zu scheitern.“

Weiterlesen
Vier Platten in der Hörbar der nmz.

Rezensionen: Vergebliche Befreiungen & Zwitschernder Krach

Unser Schnellkritiker huflaikhan hat in der nmz-HörBar vier neuere Titel einer sprachlichen Tonwäsche unterzogen: Marcel & The Bathing Birds: Tweet [2020] +++ Ulrich Drechsler: Caramel [2020] +++ Ron Davis: The Instrumental Music Liberation Front [2020] +++ Bobby Previte, Jamie Saft, Nels Cline: Music from the Early 21st Century [2020]. Die vorgestellten Platten zeigen die Vielfältigkeit der Ausdrucksformen im Jazz. Und manchmal auch deren Einfältigkeit.

Weiterlesen