Daheim spielt die Musik: Zweites Soloalbum des Pianisten Florian Favre

Auf seinem neuen Album widmet sich der Schweizer Pianist Florian Favre seiner musikalischen und geographischen Herkunft: unaufdringlich, humorvoll und verspielt. Inspiration: Heimat Stellen Sie sich Idylle vor: saftiggrüne Wiesen, dahinter ragen schneebedeckte Berge in den blitzeblauen Himmel. Von weiter Ferne hören Sie sanftes Kuhmuhen und das dazugehörige Glockengebimmel. Diese Kulisse ist Heimat und derzeitiger Lebensraum des Pianisten Florian Favre. 1886 im westschweizerischen Fribourg geboren lebt er momentan nur wenige Kilometer davon entfernt in einem schnuckeligen Dorf voller verwinkelter Gässchen. Nur einen Katzensprung entfernt von seinem Elternhaus. Florian Favre wurde von dieser Umgebung zu seinem zweiten Soloalbum inspiriert – den Wiesen, Bergen, Kühen, Menschen und ihren Geschichten, Traditionen, Liedern. Es trägt den Titel „Idantitâ“ – in der Sprache Patois, die in dem Landkreis gesprochen wurde, wo Favre aufgewachsen ist. Heute ist sie quasi ausgestorben. Favres Großeltern konnten noch ein paar Brocken sprechen, der Jazzpianist verbindet mit der Sprache eine Zugehörigkeit zu seinem Zuhause. Organische Gebilde aus Folklore und Modern Und dem widmet sich Favre auf „Idantitâ“ (Label: Traumton), zunächst einmal, indem er sich dem musikalischen Erbe seiner Heimat annähert. Mehr als die Hälfte der zwölf Stücke …

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Die AG der fiependen Mäuse – neue CD von Gabriele Hasler

Im Jazzfach steckt sie manchmal immer noch. Früher hat Gabriele Hasler „God Is A She“ gesungen und wurde von gestandenen Jazzern wie Bog Degen, Manfred Bründl und ihrem damaligen Partner, dem Modern-Jazz-Schlagzeuger Jörn Schipper begleitet. Von Album zu Album hat sich die aus Hessen stammende Komponistin und Stimmkünstlerin jedoch weiter von herkömmlichen Songstrukturen und Genregrenzen entfernt. Gleichzeitig ist sie immer tiefer in die Sprache selbst als Ausgangsmaterial für ihre Kompositionen eingedrungen. Dabei überlagert der klangliche Aspekt von Worten nicht selten deren eigentliche Bedeutungsebene. Schon die Vertonung von Texten des in Rumänien geborenen Dichters Oskar Pastior (Sonetburger, frösche und teebeutel) und der Dichterin Gertrude Stein eröffnete mittels feinst geformten Stimmgeräuschen ungeahnte musikalische und Klanguniversen.   Herden und andere Büschel Mit ihrem Anfang 2020 aufgenommenen und von ihr selbst produzierten Soloalbum „Herden und andere Büschel“ durchstreift die mittlerweile im Wendtland lebende Musikerin mit ihrer Stimme das Tierreich. Es zirpt und schnarrt, rauscht und schwirrt ohne dass die Anmutung entstehen könnte, hier gehe es um ein besseres Huhn, Schaf oder das dünne Gefiepe einer Maus. Verdoppelt und in rhythmischen Klangbildern vervielfacht trifft die vielfach elektronisch verfremdete Stimme auf …

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Digitale Akademie „Insight Out“: Blogbeitrag von Jakob Fraisse zum Workshop „Class matters“ der Tänzerin Verena Brakonier

Mit der Veranstaltungsreihe Digitale Akademie „Insight Out“ bietet die Deutsche Jazzunion seit dem 13. Oktober wöchentlich Vorträge, Workshops und Diskussionsrunden zu den Themen Diversität, Nachhaltigkeit, Bildung und Professionalisierung an. Damit will sie einen Diskursraum für aktuelle Gesellschaftsthemen in der Jazz-Szene schaffen. Begleitet wird die Digitale Akademie durch einen Blog, in dem vier Musiker*innen von ihren Eindrücken der verschiedenen Veranstaltungen berichten. Der folgende Beitrag bespricht den Workshop „Class matters“, in dem sich die Tänzerin Verena Brakonier mit Klassismus im Kulturbereich auseinandersetzt. Von Autoreifen und Kontrabassbögen Blogbeitrag von Jakob Fraisse Was haben ein Autoreifen, ein Kontrabassbogen und ein Weinglas gemeinsam? Auf den ersten Blick wohl recht wenig. Doch in der biographischen Vorstellungsrunde von Verena Brakoniers Workshop „Klassismus im Kulturbereich“ dienen sie alle als Symbol: Von den Teilnehmenden selbst ausgesucht, stehen sie für die unterschiedlichen Klassenherkünfte der Anwesenden. Da steht das Erste für die Arbeiter*innenschicht, das Zweite für das Bildungsbürgertum, und das Dritte für eine Familie, die den Klassenaufstieg geschafft hat. Und was sagt es aus, wenn der Autoreifen nicht mehr Alltagsgegenstand in der elterlichen Werkstatt ist, sondern als Fotografie zur Kunst wird? Dann beschreibt er im selben …

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+++ Klaus Graf wird neuer künstlerischer Leiter beim LJJO Baden-Württemberg+++ 25 Jahre Jazz-Fabrik Rüsselsheim+++ 15. Neuer Deutscher Jazzpreis+++ Köln vergibt Förderstipendien +++

Klaus Graf wird neuer künstlerischer Leiter beim Landesjugendjazzorchester Baden-Württemberg Der Arbeitskreis des LMR-Präsidiums entschied sich für den Dirigenten Klaus Graf als neuen künstlerischen Leiter des Landesjugendjazzorchesters Baden-Württemberg. Als ehemaliges Mitglied des LaJazzO und Mitglied der SWR-Bigband, sowie als Co-Dirigent des bisherigen Leiters Rainer Tempel qualifizierte sich Klaus Graf für diesen Posten. Graf steht für ein baden-württembergisches Jazz-Netzwerk, trat unter anderem bei den Sommerkursen „jazz&more“ und bei der Kooperation „SWR live@school“ in Erscheinung und wurde vom Kultusministerium als Jazzbeauftragter für Schuljazz berufen. Der Präsident des Landesmusikrats Baden-Würtemberg Hermann Wilske zeigt sich mit der Auswahl zufrieden: „Klaus Graf schafft es in hervorragender Weise unsere jungen Auswahl-Jazzer zu Höchstleistungen anzuspornen. Sein pädagogisches Geschick und seine musikalische Expertise machen ihn zu einem Spitzen-Bandleader und Vorbild zugleich. Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit und wünschen ihm eine erfolgreiche und inspirierende Zeit mit dem Landesjugendjazzorchester Baden-Württemberg.“ Jazz-Fabrik Rüsselsheim feiert 25. Geburtstag Am Samstag, dem 19. März 2022,  feiert die Konzertinitiative „Jazz-Fabrik Rüsselsheim“ ihr 25-jähriges Bestehen. Die Jazz-Fabrik veranstaltet seit jeher an vielen Spielorten, beispielsweise die „Große Reihe“ und „Corona Series“ im Theater Rüsselsheim, der Folk- und Jazzclub „Dorflinde“, das Jazzcafé „Rind“ …

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Vis a vis und auf verschlungenen Pfaden: Die Band Hilde im Bielefelder Bunker Ulmenwall

Vergessen wir die Frontalbeschallung: Im ehemaligen Luftschutzbunker unterhalb der verkehrsreichen Bielefelder Stadtmitte bildet eine kleine Bühne das Zentrum, flankiert von jeweils zwei Zuschauerräumen. Raffinierte Perspektiven eröffnen im Bunker Ulmenwall zudem mehrere, über dem Viereck aufgehängte Spiegel. Vis a vis zu spielen ist für jede Band die logische Konsequenz – und das sorgte auch bei „Hilde“, einem experimentierfreudigen, ausschließlich weiblich besetzten Quartett aus NRW für maximale Vertiefung. Julia Brüssel, Violine, Maria Trautmann, Posaune, Marie Daniels, Stimme und Emily Wittbrodt, Cello, haben sich im Ruhrgebiets-Kollektiv „The Dorf“ kennengelernt, welches im November im Dortmunder domicil sein 15-jähriges Bestehen feierte. Der dort gelebte, freie künstlerische Ansatz strahlt in die eigenen künstlerischen Projekte vieler Protagonisten hinein, wirkte also auch für die Band Hilde wie eine Keimzelle für die eigene Kreativität. Der Horizont ist weit und die Fantasie reich. Ebenso die Bereitschaft, sich ganz auf den Moment einzulassen. Beim Konzertbeginn in der Bielefelder „Unterwelt“ dominiert eine Art Ur-Chaos aus Klängen, Frequenzverläufen und Geräusch-Gesten. Nichts ist hier geradlinig getaktet oder architektonisch geordnet. Alles wuchert frei, entwickelt sich organisch und dies in unmittelbarer Konfrontation. So verschlungen die Strukturen, so dominiert dabei ein direktes …

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Digitale Akademie „Insight Out” der Deutschen Jazzunion – ein Interview mit Johanna Schneider und Jakob Fraisse

Unter dem Dach der Digitalen Akademie „Insight Out” bietet die Deutsche Jazzunion seit dem 13. Oktober 2021 digitale Workshops, Vorträge und Diskussionsveranstaltungen zu Diversität, Nachhaltigkeit, Bildung und Professionalisierung für professionelle und angehende Jazzmusiker*innen an. Mit Blogbeiträgen und Veranstaltungshinweisen wird die JazzZeitung die beiden ersten Semester bis Mitte 2022 begleiten. Zehn Online-Veranstaltungen fanden inzwischen statt – Andreas Kolb sprach mit den DJU-Vertretern Johanna Schneider und Jakob Fraisse über das Projekt. JazzZeitung: Was war der Gründungsimpuls für die Digitale Akademie „Insight Out”? Welche Absichten verfolgen Sie mit dem Projekt? Johanna Schneider: Am Anfang stand die Idee, einen für alle und von überall zugänglichen Diskursraum für aktuelle Themen der professionellen Jazz-Szene zu schaffen. Die Verlagerung in den Onlinebereich stellt nicht erst seit Beginn der Pandemie ein zeitgemäßes Angebot dar: In einer digital zugänglichen Infrastruktur können aktuelle Themen wie Gender & Diversität oder Nachhaltigkeit im Jazz wie auch Fragestellungen aus dem Bereich der Professionalisierung für Jazzmusiker*innen barrierefrei verhandelt werden. Uns im Vorstand sind diese Themen wichtig. Als Berufs- und Interessenverband sind wir Teil einer Gesellschaft, die wir mitgestalten und in die wir ausstrahlen möchten. Auch im Jazz bestehen Barrieren …

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+++Jazzahead Festival 2022 „Endlich Kanada“ im April in Bremen+++50. Jubiläum des Moers-Festivals im Juni 2022 „Irgendwann ist immer morgen“+++Neuer Vorstand im Jazzbüro Hamburg+++

Jazzahead Festival 2022 im April in Bremen Vom 14. April bis 1. Mai findet das Festival „Jazzahead! 2022: Endlich Kanada“ erstmals als hybride Veranstaltung statt. Das Kooperationsprojekt findet in einem stadtweiten Musik- und Kulturprogramm seit 2006 in der MESSE BREMEN statt und gilt als weltgrößter Branchentreff der Jazz-Szene. Seit 10 Jahren stellt dieses Festival zusammen mit rund 60 Kooperationspartnern die Kulturszene eines jährlich wechselnden Partnerlandes und Bands aus aller Welt vor. Nach dem pandemiebedingten Ausfall 2020 und der digitalen Ausführung 2021 ist die Veranstaltung im kommenden Jahr hybrid zu erleben – als Liveprogramm und zur Mitverfolgung verschiedener Beiträge im Internet. Das Eröffnungskonzert der diesjährigen Veranstaltung am 14. April 2022 gibt die kanadische Künstlerin Erin Costelo im Theater am Goetheplatz. Die künstlerischen Leiter Uli Beckerhoff und Peter Schulze entschieden sich zum Galakonzert am 29. April ebenfalls für zwei Künstlerinnen: Die Pianistin, Sängerin und Songwriterin Laila Biali tritt bereits zum zweiten Mal auf die Jazzahead-Bühne. Ihre Musik steht in der Tradition verschiedener kanadischen Größen wie Diana Krall und Michael Bublé, aber auch Joni Mitchell oder Leonard Cohen. International bekannt ist auch die Sängerin, Songwriterin und Produzentin Malika …

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+++ Zur Kulturpolitik der Ampel-Koalition: Forderungen der Allianz der Freien Künste zum Sonderfonds für Kulturveranstaltungen+++

Kulturpolitische Neuerungen In einer aktuellen Pressemitteilung begrüßt die Allianz der Freien Künste (AFK) die künftige Staatsministerin für Kultur und Medien Claudia Roth und die kommende Zusammenarbeit zur Stärkung der Strukturen in der freien Szene in Deutschland. Darin heißt es unter anderem: Im Koalitionsvertrag der neuen Regierung wurden einige Forderungen und Vorschläge der AFK zur Verbesserung der Bedingungen für freischaffende Künstler*innen und Kulturtätige aufgegriffen. Darunter die Einrichtung eines „Plenums der Kultur“, die Einführung von Mindesthonoraren bei öffentlichen Förderprogrammen, die Stärkung der Künstlersozialkasse und die Verbesserung der sozialen Lage von soloselbstständigen und hybrid beschäftigten Kunst- und Kulturschaffenden. Anpassung des Veranstaltungs-Sonderfonds Die neue Bundesregierung und die Landesregierungen werden von der Allianz der Freien Künste (AFK) dazu aufgefordert, den eigens zur Unterstützung der Kultur installierten „Sonderfonds des Bundes für Kulturveranstaltungen“ anzupassen, da dieser in der derzeitigen Form für zahlreiche Veranstaltungen der Freien Szene nicht greift: So könne die im Fonds vorgesehene Bagatellgrenze vielfach nicht erreicht werden und die angebotene Zwischenlösung über Sammelanträge funktioniere oft nicht, da der Förderzeitraum zu kurz bemessen sei. Eine Kompensation im Fall von Veranstaltungsabsagen sei regulär nur dann vorgesehen, wenn die Absagen behördlich angeordnet werden …

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+++ Alma Naidu erhält erstes Stipendium der Grizzly Jazz Foundation +++

Die neu gegründete Stiftung „Grizzly Jazz Foundation – Supporting young artists“ in Bonn widmet sich dem deutschen Jazznachwuchs. Der Gründer der Stiftung Prof. Dr. Andreas Hoeft, der den namensgebenden Spitznamen „Grizzly“ trug, hatte im Sinn, junge und talentierte Jazzmusiker*innen mit profunder Ausbildung im Übergang zum Berufsleben zu unterstützen. Das Stipendium ist mit bis zu 20.000 Euro dotiert und auf zwei Jahre begrenzt. „Die nachrückende Jazzgeneration benötigt Sichtbarkeit, Referenzen, Zugang zu Netzwerken und finanzielle Anlaufunterstützung – gerade in Zeiten von Corona, in denen es für den Nachwuchs nur wenige Auftrittsmöglichkeiten gibt. Die Stiftung greift an dieser Stelle mit finanzieller und ideeller Hilfe zur Selbsthilfe ein“, so der Vorstandsvorsitzende Dr. Christian Cassebaum. Gemeinsam mit Dr. Sabine Hoeft und Dr. Anke Steinbeck arbeitet er im Vorstand der Stiftung ehrenamtlich daran, die Sichtbarkeit junger Musiker*innen durch beispielsweise die Vermittlung von Auftrittsmöglichkeiten zu erhöhen. Bei der Auswahl der jungen Stipendiat*innen arbeitet die Stiftung vorrangig mit dem Bundesjazzorchester (BuJazzO) zusammen. Alma Naidu als erste Stipendiatin der Stiftung Die Jazzsängerin und Songwriterin Alma Naidu (geb. 1995) ist seit 2020 Mitglied im BuJazzO und wurde auf Wunsch des Stifters als erste Stipendiatin benannt: …

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