Auf dem Pfad der Bluestugend – Shuteen Erdenebaatar in Regensburg

Shooting Star Shuteen Erdenebaatar präsentierte beim Jazzclub im Leeren Beutel ihr Debütalbum mit ihrem Quartett

Regensburg: Angekommen in Deutschland, habe sie sich anfänglich sehr fremd und unwohl gefühlt, erzählt Shuteen Erdenebaatar über ihre Ankunft 2018 in München. Die DAAD-Stipendiatin kannte weder die Sprache noch das hiesige Essen, hatte keine Anbindung und wusste nicht, wie man sich verhält. Erst als sie das Voralpenland mit den Bergen entdeckte, habe sie endlich etwas gefunden, das sei an ihre mongolische Heimat erinnerte. Darüber hat die Musikerin, die mittlerweile ein Doppelmasterstudium erfolgreich abgeschlossen hat, ihre erste Komposition in Deutschland geschrieben.

Erdenebaatar am Flügel

Beim bejubelten Auftritt ihres Quartetts im Leeren Beutel geriet „An Answer From the Distant Hill“, wie die Nummer betitelt ist, zum absoluten Hinhörer am Ende des ersten Sets. Es begann lautmalerisch mit Querflöte, gespielt von Saxofonist Anton Mangold. Erst ruhig, entwickelte es sich mit mächtigem Groove zu einer mitreißenden Nummer. Der hörte man die Freudengefühle und das Vergnügen der Komponistin in jeder Phase an. Mit seinem zeitweise rockigen Groove und einem ohrenschlackernden erregenden Disput zwischen Bassist Nils Kugelmann und Valentin Renner am Schlagzeug fiel es ein wenig aus dem Rahmen der übrigen Stücke.

Die waren meist glatter und in ihrer kompositorischen Klugheit, den rhythmischen und harmonischen Feinheiten emotional fast immer weniger unmittelbar. Das hing auch mit der unglaublich leichtfüßigen, gefühlt nahezu perfekten Interpretation der Kompositionen zusammen. Darin hatten insbesondere Mangold auf Alt- und Sopransaxofon, sowie die Bandleaderin am Flügel Raum für teils lange und ausgiebige Soli. Dennoch blieb insgesamt nur ein geringerer Spielraum für freie Improvisationen und individuelle Freiheiten. Den dehnten aber wiederum die beiden „Rhythmusknechte“ Renner und Kugelmann für ihr traumhaftes, nahezu symbiotisches Zusammenspiel immer wieder etwas aus.

Erdenebaatar am Flügel

Einen hinreißend melodiösen Einstieg machte die Band mit „In A Time Warp“, den Mangold mit feinen Linien auf dem Sopran einfühlsam gestaltete. In diesem, einer Zeitdelle nachempfundenen Stück, in dem Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft scheinbar zusammenfallen, zeigte sich auch Renner mit seinem schwebenden Spiel als feinfühliger Timekeeper. Bassist Kugelmann dagegen scheint seinen Mitspielern immer eine Nase voraus zu sein. Er gibt mit seinem dichten, druckvollen Spiel Gas, zupft mehr Noten in einem Stück, als manche seiner gemütvolleren Kollegen während eines ganzen Konzerts.

Nach der ausgiebigen Pause, in der vier Musiker fleißig Alben und CDs signierten, startete das Quartett mit einem ruhigen, introvertierten Stück in die zweite, von Blues angehauchte Runde. Nach einer wogenden Steigerung sammelte der Schlagzeuger die Band von ihrem Höhentrip wieder ein und führte sie auf den Pfad der Bluestugend zurück. An den Schluss – vor der dann abverlangten Zugabe – stellte die erstaunlich reife Komponistin ein Liebeslied, das sie einer „im Saal anwesenden Person“ gewidmet habe, wie sie erzählte. Mit einem lyrischen Intro auf dem Flügel zeichnete sie in   „I´m Glad I Got to Know You“ ein fragiles, behutsames Klangbild ihrer Gefühle, dem ihre Band taktvoll folgten. Ein lebendiges Regensburger Debütkonzert einer bemerkenswerten jungen Musikerin, die bereits jetzt eine beeindruckende Menge an Preisen gewonnen hat.

Text und Fotos: Michael Scheiner

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