Klaviertrio Eastern Flowers: Das neue Album „Tendu“ von Jarry Singla, Ramesh Shotham und Christian Ramond überwältigt

Pianist Jarry Singla, der Perkussionspieler Ramesh Shotham sowie Bassist Christian Ramond bilden das Trio Eastern Flowers. Alle drei haben indische Wurzeln und schöpfen seit zehn Jahren gemeinsam-gleichberechtigt aus der indischen und vorderasiatischen Kultur – machen sich dabei die Errungenschaften des Jazz als universelles, für jede Abenteuerreise bereitstehendes Vehikel zu Nutze. Davon zeugt auch das bestechende neue Album TENDU!

Jarry Singla. Foto: Stefan Pieper

Jarry Singla schöpft auf Klavier und Harmonium aus dem Reichtum indischer Stilistiken, ebenso aus westlich-klassischer Tonalität und dringt auch immer wieder in die Freiheiten der Neuen Musik   ein. So subjektiv und tief persönlich, dass nicht selten eine fragile Lyrik daraus hervor geht. Viel hypnotische Kraft setzen die in den Stücken ausgiebig repetierten Ostinato-Tonskalen frei und bieten weiten Entfaltungsraum für das bewegliche Bassspiel von Christian Ramond und die vielen sinnlichen und auch melodischen Prozesse in der Perkussionskunst von Ramesh Shotham.

Jedes Detail verblüfft beim Hören der acht Stücke aufs Neue, ein erstaunliches großes Ganzes bekräftigend:  Fragil und mystisch mutet die Introduktion des ersten Stückes Eviri Mela an. Aber dann verdichtet sich alles und treiben rhythmische Phrasen von Bass und Perkussion wie ein unerbittlicher Transmissionsriemen nach vorne.

Das Stück Sargamony setzt einen ruhigeren Gestus entgegen und baut auf einer verträumten Mollskala auf, die aber in neue harmonische Kontexte verpflanzt wird und durch allerhand Rhythmisierungen an beschwörender Kraft gewinnt. Ähnlich funktioniert die Nummer Tumburu, wo Singla zunächst eine archaisch-sakrale Figur auf dem Harmonium spielt, bevor die Rhythmusgruppe sie aufnimmt und die pianistische Entfaltung befreit.

Welche Autorität es allein hat, eine rhythmische Figur mit der Stimme zu deklamieren zeigt das Titelstück Tendu – dies wirkt als treibendes Element für eine deutlich „westlichere“, kantable Melodielinie, aus der sich Ramonds flammendes Bassspiel herausschält – bevor eine Klavierinvention, die von Bach kommen könnte, schließlich als überraschendes Fazit heraus kommt.

Im Stück Ome Moduvi kostet eine sinnlich funkelnde Klavierlinie minutenlang die Zwischenwelten  zwischen Orient und Okzident aus – mit einer beschwörenden Intensität, die einmal mehr Jarry Singlas unvergleichliche „pianistische Handschrift“ erfahrbar macht – ebenso seine Affininät zur Klangsprache Olivier Messiaens.

Aroha betont das perkussive Prinzip in der indischen Musik – mit sich überschlagenden Drums und Basstönen – vielleicht wie in einer Raga, wenn diese sich bereits im fortgesetzten Stadium der Improvisation befindet? Aber die wilde Rhythmik wirkt einmal mehr als Sprungbrett für kompakte, druckvolle Klavierimprovisationen im hitzigen Wettstreit mit den Bassfiguren von Christian Ramond.

Was für eine mystische Kraft kühne Intervallsprünge entfalten können, offenbart die Interaktion von Klavier und Bass im Stück Vide Cinq. Verheißungsvoll lässt Shotham die Becken zischeln.

Willkommen in Bangalore – Gelegenheit zum Ankommen bietet das letzte Stück, nach diesem Hör- Trip durch einen mystischen Subkontinent voll reicher musikalischer Fantasie und verblüffender Erfahrungen.

Autor: Stefan Pieper

CD: Jarry Singla / Eastern Flowers

 TENDU

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