Gwilym Simcock zu Gast im Düsseldorfer Goethe Museum: A Good Day At Schloss Jägerhof

Von Dietrich Schlegel – „Da bin ich nun wieder in den Strudel der Töne hingerissen.“ Das Konzert des britischen Pianisten Gwilym Simcock im Düsseldorfer Goethe Museum hätte nicht treffender beschrieben werden können, als mit diesem Zitat Goethes aus einem Brief an seinen „Urfreund“ Karl Ludwig von Knebel, in dem er seinen Eindruck von einem Konzert der berühmten Pianistin Maria Szymanowska zusammenfasst. Wir wissen leider nicht, auf welche Weise die seinerzeit berühmte Künstlerin ihr Publikum verzauberte. Aber wenn der musikbegeisterte Geheimrat solche Worte wählt, hätte er sie vielleicht auch für die Klanggewitter gefunden, mit denen der virtuose Gast aus London die Zuhörer zu begeisterten Beifallsstürmen hinriss. Zum sechsten Mal hatten der Hausherr des größten privaten Goethe-Museums, Professor Dr. Christof Wingertszahn, und die Kulturjournalistin Dr. Barbara Steingießer als Initiatorin und künstlerische Leiterin zu der Konzertreihe in das schmucke Barockschloss Jägerhof eingeladen. Die Reihe hat sich offensichtlich im Düsseldorfer Kultur- und Musikleben endgültig etabliert. Diesmal drohte der Ansturm der – so die stetige doppelte Begrüßungsformal – „Goethe-Freunde und Jazzfans“ die Ausmaße des intimen Konzertsaals schier zu sprengen, und das bei 18 € Eintritt. Schließlich kamen alle Besucher unter, …

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CD-Rezension: Filippa Gojo und Sven Decker – daheim

Von Dietrich Schlegel – Der Saxophonist, Komponist und Bandleader Sven Decker und die Vokalistin Filippa Gojo sind seit Jahren fest in der Kölner Jazzszene etabliert und sich dennoch nie begegnet. Bei viel beschäftigten Musikern kann das vorkommen. So dauerte es Jahre bis zu einem Konzert des Thoneline Orchestra Ende Juni letzten Jahres in Passau, als die beiden sich erstmals persönlich sahen und hörten, Gojo als festes Mitglied des Orchesters der Kölner Saxophonistin und Komponistin Caroline Thon und Decker als Aushilfe im Saxophonsatz der Band. Gleich einem Blitz hatte es bei Decker eingeschlagen: „Sofort nach diesem ersten Aufeinandertreffen und nachdem ich auf der Rückfahrt im ICE auch noch Filippas letzte, die Solo-CD „vertraum“ gehört hatte, war ich derart inspiriert von ihrer Art zu singen und zu improvisieren, dass ich sofort begann, Musik für uns beide zu komponieren.“ Und Filippa auf die Frage, wie sie diese Begegnung empfunden habe: „Das musikalische Verständnis füreinander war unvermittelt da. Dazu kam Svens von vornherein glasklare Vorstellung eines Duo-Klanges, die er auch derart schnell auf Papier gebracht hat, dass ich eine Woche nach unserer ersten musikalischen Begegnung eine E-Mail mit lauter …

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Der fünfte Kölner „Winterjazz“ – Ein Jubiläum

Von Dietrich Schlegel – Rechtfertigen fünf Jahre schon die stolze Selbstbelobigung „Jubiläum“? Im Falle des Kölner Festivals „Winterjazz“, das sein Programmheft mit dieser Headline schmückt, ist diese Frage uneingeschränkt zu bejahen. Denn über einen solch langen Zeitraum die jeweils erste Jazz-Großveranstaltung des neuen Jahres auf gleich hohem Niveau zu halten und ein nach hunderten zählendes Publikum zu erreichen, ist schon eine beachtliche Leistung. Das ist vor allem der quirligen Kölner Saxophonistin, Komponistin und Bandleaderin Angelika Niescier zu verdanken. Sie ist häufig in der New Yorker Jazzszene aktiv. Vom dortigen Winterjazzfest, das in diesem Jahr fast parallel zum zwölften Mal stattfand, war sie so beeindruckt, dass sie 2012 die Initiative zur Gründung eines ähnlichen Festivals in ihrer Heimatstadt ergriff und auch gleich die künstlerische Leitung übernahm. Auch in diesem Jahr war ihr wieder ein Programm mit 50 Musikerinnen und Musikern für 19 Konzerte auf fünf Bühnen gelungen. Und wieder war die ganze Bandbreite von modernem Mainstream bis zur experimentellen Grenzüberschreitung vertreten. Den Mittelpunkt des Konzertgeschehens bildete wie gewohnt der Kölner Stadtgarten mit seinen drei Bühnen. Zwei weitere Spielstätten befanden sich in zwei Lokalen quer über die …

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Die vielen Talente der Jutta Hipp – eine umfangreiche Dokumentation gibt Auskunft

Von Dietrich Schlegel. Gleich zu Beginn sei es gesagt: „The Life And Art Of Jutta Hipp – Hipp is cool“ ist eine verlegerische und jazzhistorische Großtat des Musikproduzenten Micha Gottschalk und der Jazzmusikerin und Musikpädagogin Ilona Haberkamp. Ganz wesentlich war auch der Jazzhistoriker Gerhard Evertz, Verfasser eines Buches über „Jutta Hipp – ihr Leben & Wirken“, an Recherche und Dokumentation beteiligt. Eine stabile Box im 12“ Format alter LPs enthält ein schwergewichtiges, reich bebildertes Buch voller informativer Texte und Dokumente, ein Beispiel hoher Buchkunst, noch beeindruckender als Gottschalks 2014 in ähnlicher Aufmachung erschienene Text- und Musikdokumentation „mood records cologne Gigi Campi: Jazz in West Germany 1954 – 1956 – The First Independent Modern Jazz Label in Europa“. So wurde dieses Gesamtkunstwerk zu einer bibliophilen Hommage auf Jutta Hipp, die am 4. Februar 1925 in Leipzig geborene und am 7. April 2003 in Queens/N. Y. gestorbene einst als „First Lady of European Jazz“ gefeierte Pianistin, die über Jahre in Europa auch die einzige Jazzmusikerin an einem Instrument war. Sonst gab es nur Sängerinnen. In diesem Jahr wäre sie 90 Jahre alt geworden. Der Inhalt dieser Box …

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Shai Maestro bei „Jazz im Goethe Museum Düsseldorf“

Von Dietrich Schlegel – Wieder zierte der originelle Schattenriss des Saxophon spielenden Goethe die Einladungen zum fünften Konzert der Reihe „Jazz im Goethe Museum Düsseldorf“ im barocken Jagdschloss Jägerhof. Und wieder war es der Initiatorin und künstlerischen Leiterin, der Kulturjournalistin Barbara Steingießer, gelungen, mit dem Shai Maestro Trio zum dritten Mal eines der derzeit gefragtesten Klaviertrios zu verpflichten. Nicht dass das letzte Museumskonzert mit den „Echoes of Swing“ beim Publikum keinen Anklang gefunden hätte, im Gegenteil, Saxophon und Trompete boten eine willkommene Abwechslung. Doch dem intimen Ambiente des relativ kleinen Konzertsaals mit den Vitrinen voller erlesenen Porzellans an den Wänden entspricht die kammermusikalische Besetzung eines Klaviertrios am besten. Die Reihe hatte vor zwei Jahren mit dem Trio des israelischen Pianisten Omer Klein vielversprechend begonnen. Triosense und Tingvall Trio folgten. Nun war es mit Shai Maestro wieder ein israelischer Pianist, den Barbara Steingießer zu einem Gastspiel verpflichten konnte. Maestro war bereits mit 19 Jahren von dem Bassisten Avishai Cohen entdeckt und in sein Trio geholt worden war. Fünf Jahre lang, von 2006 bis 2011, tourte er mit seinem berühmtem Landsmann durch die Welt, lernte unzählige Musiker …

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Fesselnde Big-Band-Klänge – Caroline Thon und ihr Thoneline Orchestra

Von Dietrich Schlegel – Die künstlerischen Möglichkeiten der Großformationen im Jazz scheinen noch lange nicht ausgeschöpft. Überzeugende Beispiele liefern etwa Lars Seniuks New German Art Orchestra oder die Monika Roscher Big Band. Und nun erregt fünf Jahre nach ihrem Debüt mit „Panta Rhei“ (JazzZeitung 04/2011) die Kölner Saxophonistin, Komponistin und Bandleaderin Caroline Thon (48) mit ihrem Thoneline Orchestra erneut berechtigtes Aufsehen. Für die zweite CD mit ihrer Big Band unter dem aufs erste rätselhaften Titel „Black & White Swan“ hat sie sich bewusst Zeit gelassen, denn sie ist eine gründliche und selbstkritische Komponistin und Arrangeurin. Zudem ist das Thoneline Orchestra nicht ihr einziges, wenn wohl auch ihr ehrgeizigstes Projekt. Gerade erst hat sie mit ihrem Ensemble „Eurasians Unity“ beim TFF Rudolstadt, dem größten deutschen Festival für Roots, Folk und Weltmusik, den Weltmusikpreis RUTH 2015 für „Praktizierte Völkerfreundschaft auf hohem künstlerischen Niveau“ erhalten. Diese bemerkenswerte Band, ursprünglich als Festivalprojekt von „Women in Jazz“ entstanden, vermittelt „Jazz aus der eurasischen Mitte“. Sie besteht – mit Ausnahme des aus Polen stammenden Schlagzeugers und des deutschen Bassisten – aus Musikerinnen aus Bulgarien, Libanon, Iran, Usbekistan und Deutschland. Caroline Thon …

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New Orleans tief verbunden – Zum Tode von Gerhard „Doggy“ Hund, Chef der Maryland Jazz Band of Cologne

Von Dietrich Schlegel – „You know what it means to miss New Orleans“. Dieser alte Song stand wie ein Leitmotiv über dem Leben von Gerhard „Doggy“ Hund, dem Mitgründer, Leader und Posaunisten der Maryland Jazz Band of Cologne. Gerade erst, am 29. August, dem 10. Jahrestag, war der Verwüstung von „Big Easy“ durch den Hurrikan „Katrina“ gedacht worden, da starb nur eine Woche später der in Wien geborene, im Rheinland heimisch gewordene Musiker nach kurzer schwerer Krankheit, doch völlig überraschend für seine vielen Freunde und Fans mit 72 Jahren in seinem Wohnort Kerpen bei Köln. Kaum vorstellbar, dass sich ein anderer deutscher Jazzmusiker derart tief mit der Geburtsstadt des Jazz verbunden fühlte. 1979 war er erstmals dorthin gereist, um den Wurzeln des originalen Jazz, die er nach Jahren des damals für Amateurbands üblichen British Trad durch die Musik eines Bunk Johnson oder George Lewis endlich für sich entdeckt hatte. Unzählige Besuche folgten, mehrfach auch mit seiner kompletten Band. 2011 trat sie erstmals – als offizieller deutscher Kulturbeitrag – und 2014 nochmals beim Jazz & Heritage Festival auf. Sie gab Gastspiele in der legendären Preservation Hall …

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Begabt, ehrgeizig, ehrlich – et très joyeuse: Christine Corvisier

Von Dietrich Schlegel – Bereits mit ihrer ersten eigenen CD „Walkin‘ Around“, die sie 2007 mit ihrem Quintett CC5 aufgenommen hatte, ließ die Saxophonistin Christine Corvisier aufhorchen. Nicht nur, dass sie fast ausschließlich eigene Kompositionen spielte, in einer stilistischen Breite von Modern Jazz, Groove und auch experimentellen Sounds – plus einem eigenwilligen Jazz-Arrangement des Edith-Piaf-Klassiker „La vie en rose“. Sie verriet auch, dass sie dabei war, auf ihrem Hauptinstrument, dem Tenorsaxophon, einen eigenen, erkennbaren Klang zu entwickeln. Mit ihrer letztes Jahr aufgenommenen zweiten CD „Reconnaissance“, für die sie gerade mit dem Schweizer Label Unity Records einen Vertrag geschlossen hat, erfüllt Christine in beiderlei Hinsicht die erweckten Erwartungen. Ihre Kompositionen sind noch vielgestaltiger und origineller oder in ihren Worten: „ehrlicher“, ihr Tenorspiel, vor allem in den tiefen Lagen, noch ausgereifter und eigenständiger. Und wieder hat sie ein berühmtes Piaf-Chanson, diesmal „La foule“ alias „que nadie sepa mi sufrir“, jazzig arrangiert, als ein Salut an ihr Heimatland. Gehörten zu ihrem ersten Quintett überwiegend Amsterdamer Kollegen, so hat sie sich für „Reconnaissance“ vier Kölner Musiker ihrer Generation ausgesucht, mit denen sie „très heureuse“ sei, begeistert von deren Musikalität …

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+++ News +++ Ror Wolf geehrt +++ 5. Orientalische Musik-Sommerakademie in Sulzburg +++

+++ Hörspiel-Autor Ror Wolf geehrt +++ Der Schriftsteller Autor Ror Wolf (83), zu dessen erfolgreichsten Werken das Hörspiel „Leben und Sterben des Kornettisten Bix Beiderbecke aus Nordamerika“ zählt, wurde am 7. Juli in Leipzig mit dem renommierten Günter-Eich-Preis geehrt. Wolf war 1953 aus der DDR in die Bundesrepublik geflüchtet, schlug sich mit Hilfsarbeiten durch und schrieb sich 1954 an der Frankfurter Universität ein, „nicht wegen Adorno und Horkheimer, deren Namen ich noch nicht einmal kannte, sondern um nachts im Jazzkeller sitzen zu können“. Er studierte dann doch bei den berühmten Soziologen und schrieb für die Studentenzeitung „Diskus“ erste Versuche in Lyrik und Prosa sowie Literatur- und Jazzkritiken. Siehe auch „Ror Wolf und die Liebe zum Jazz – Zu seinem 80. Geburtstag am 29. Juni 2012“ von Dietrich Schlegel in der JazzZeitung 03/2012   +++ 5. Orientalische Musik-Sommerakademie in Sulzburg +++ Aoud, Riqq/Rahmentrommeln, Nay, Kanun & Violine / Djoze sind die zentralen Instrumente der arabischen Musikkultur. Zusammen mit arabischem Gesang wird damit die gesamte Bandbreite der arabischen Musik abgedeckt. Es ist das Ziel dieses Wochenendes (3.9. – 6.9.2015), den Teilnehmern der Workshops als auch den Konzertbesuchern …

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Wolfgang Sauer gestorben

Von Dietrich Schlegel – Dass der am 26. April im Alter von 87 Jahren in Köln verstorbene Sänger und Pianist Wolfgang Sauer seine größten Erfolge und eine breite Popularität mit Schlagern wie „Glaube mir“ und „Tränen in den Augen“ zu verdanken hatte, sollte nicht vergessen lassen, dass auch er, wie so viele Stars der sogenannten leichten Muse, seine Wurzeln im Jazz hatte. Mit seinem volltönenden Bariton verfügte er über eine Bluesstimme par excellence. Außerdem hatte er, 1928 in Wuppertal geboren und seit Kindheitsjahren blind, an der Deutschen Blindenstudienanstalt in Marburg neben dem Schulunterricht auch Musik, Chor und Komposition studiert und spielte ausgezeichnet Klavier. Seine Liebe galt dem Jazz. Nach dem Abitur 1946 trat er mit einer Studentenband in Amiclubs auf. 1951 ging er mit seiner „No Name Band“ bereits auf Tournee, wurde dann Mitglied der „Ebony Blue Five“ des Dortmunder Klarinettisten Glen Buschmann. Wolfgang Sauer gewann in den ersten fünfziger Jahren mehrfach den Gondel-Poll als bester deutscher Jazzsänger. Bei den Deutschen Jazzfestivals 1954 und 1955 in Frankfurt, bei denen er auch mit dem Glen-Buschmann-Quintett auftrat, wurde er mit standing ovations gefeiert. Davon finden sich drei …

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