Zwei furiose Geister im Gleichklang

Regensburg. „Furios, es war einfach furios!“ Es ist eine Mischung aus Staunen, Begeisterung und Ehrfurcht, die sich im Gesicht der Jazzclub-Besucherin widerspiegelt. „Ich konnte nur noch ihre Hände anschauen“, stimmt die Begleiterin in das Lob über das Konzert der Berliner Pianistin Aki Takase mit dem Saxofonisten Daniel Erdmann ein. Nach einer längeren Konzertpause, zog das ungewöhnliche Duo musikbegeisterte Zuhörer geradezu magisch an. Die wenigen Plätze für eine unsinnige 25-prozentige Auslastung des Konzertraums im Leeren Beutel waren schnell ausverkauft. Ungewöhnlich ist nicht nur die Besetzung der beiden Musiker, sie gehören auch zwei verschiedenen Generationen an. Die in Japan geborene virtuose Pianistin, die ihre ersten Auftritte im Jazzclub des Bestsellerautors Haruki Murakamis hatte, ist mit dem Modern Jazz groß geworden. In den 1980er Jahren kam sie nach Europa und tauchte mit ihrem Mann, dem Pianisten und Gründer des Globe Unity Orchestra Alexander von Schlippenbach, verstärkt in die Improvisation und freiere Spielweisen ein. Dabei entwickelte sie über Projekte, in denen sie sich intensiv mit der Jazzgeschichte von Duke Ellington bis Ornette Coleman auseinandersetzte, einen energiegeladenen eigenen Stil mit insistierendem Akkordspiel und hartem Anschlag. Beide haben im vergangenen Herbst …

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Protest ist möglich: The Dorf überrascht mit seinem Konzeptalbum

15 Jahre nach der Bandgründung reflektieren Jan Klare und seine Band The Dorf gesellschaftliche Zustände – und machen musikalisch mächtig Druck dabei Das aktuelle Album von „The Dorf“ irritiert so manchen treuen Fan. Yes! No! Protest Possible steht auf dem Cover. Die Musik klingt genauso, wie diese Optik suggeriert und ist der Sprache immer dicht auf den Fersen. Das ist eine neue Erfahrung bei diesem  Kollektiv für aktuelle Musik im Ruhrgebiet. Die Songs, Slogans und Sprachspiele reflektieren gesellschaftliche Zustände und individuelle Befindlichkeiten im Turbokapitalismus.„Protest Possible“ entstand unter Bedingungen, die völlig neu waren. So spontan sich im Endresultat dieses Albums der ungestüme Druck im Kessel entlädt, so ist das Werk in Wahrheit doch ein lange gehegtes Konzeptwerk. Vor allem die wandlungsfähig agierenden Sängerinnen Marie Daniels und Oona Kastner machen ihren Job exzellent. Das kommt den Wörtern und Sätzen zugute, die sich die beauftragten Gegenwartsautorinnen Lisa Danulat, Natascha Gangl, Laurie Penny sowie der Jazzjournalist Wolf Kampmann und der Publizist Jörn Klare haben hierzu einfallen lassen. Die in 27köpfiger Besetzung agierende Band verleiht den Worten in jedem Moment ein ungestümes Ausrufezeichen. Die Frage nach dem Warum Die Musik …

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Jazz im Radio. Foto/Montage: Hufner

Die Jazz-Radiowoche vom 17.01.22–23.01.2022

Ein kleiner Blick in die Radiowoche 3. Die Übersicht zum Download als PDF. Alle Angaben ohne Gewähr. Andere tolle Sendungen im Radio finden Sie in der Radiowoche im Bad Blog Of Musick. mo – 17.01.2022 17:50 bis 18:00 | SWR 2 SWR2 Jazz vor sechs 19:30:00 | Ö1 Kit Downes und Ankathie Koi 2021 bei den New Adits in Klagenfurt Christian Bakonyi präsentiert zwei Konzerte, die die stilistische Breite des 2010 gegründeten Festivals New Adits in Kärnten veranschaulichen, kuratiert von Pianistin Ingrid Schmoliner und Elektroakustiker Matthias Erian. Am 23. September 2021 trat in der Villa For Forest in Klagenfurt der 35-jährige britische Pianist Kit Downes auf, der zuletzt auch durch Einspielungen für ECM („Dreamlife of Debris“, 2019) hervorgetreten ist, in deren Rahmen er auf der Kirchenorgel improvisierend zugange ist. Downes brillierte mit einem frei improvisierten Set, in dessen kontrastreichen, expressiven Selbstgesprächen Echos von Arnold Schönberg und der Zweiten Wiener Schule ebenso zu vernehmen waren wie impressionistische Fragilitäten und zupackender jazziger Drive. Einen Tag später verhandelte am selben Ort Ankathie Koi Themen wie Eifersucht und mexikanische Dreiecksbeziehungen: Die aus Bayern stammende, in der Wahlheimat Wien hochgehandelte …

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Die AG der fiependen Mäuse – neue CD von Gabriele Hasler

Im Jazzfach steckt sie manchmal immer noch. Früher hat Gabriele Hasler „God Is A She“ gesungen und wurde von gestandenen Jazzern wie Bog Degen, Manfred Bründl und ihrem damaligen Partner, dem Modern-Jazz-Schlagzeuger Jörn Schipper begleitet. Von Album zu Album hat sich die aus Hessen stammende Komponistin und Stimmkünstlerin jedoch weiter von herkömmlichen Songstrukturen und Genregrenzen entfernt. Gleichzeitig ist sie immer tiefer in die Sprache selbst als Ausgangsmaterial für ihre Kompositionen eingedrungen. Dabei überlagert der klangliche Aspekt von Worten nicht selten deren eigentliche Bedeutungsebene. Schon die Vertonung von Texten des in Rumänien geborenen Dichters Oskar Pastior (Sonetburger, frösche und teebeutel) und der Dichterin Gertrude Stein eröffnete mittels feinst geformten Stimmgeräuschen ungeahnte musikalische und Klanguniversen.   Herden und andere Büschel Mit ihrem Anfang 2020 aufgenommenen und von ihr selbst produzierten Soloalbum „Herden und andere Büschel“ durchstreift die mittlerweile im Wendtland lebende Musikerin mit ihrer Stimme das Tierreich. Es zirpt und schnarrt, rauscht und schwirrt ohne dass die Anmutung entstehen könnte, hier gehe es um ein besseres Huhn, Schaf oder das dünne Gefiepe einer Maus. Verdoppelt und in rhythmischen Klangbildern vervielfacht trifft die vielfach elektronisch verfremdete Stimme auf …

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Jazz im Radio. Foto/Montage: Hufner

Die Jazz-Radiowoche vom 10.01.22–16.01.2022

Ein kleiner Blick in die Radiowoche 2. Die Übersicht zum Download als PDF. Alle Angaben ohne Gewähr. Andere tolle Sendungen im Radio finden Sie in der Radiowoche im Bad Blog Of Musick. mo – 10.01.2022 17:50 bis 18:00 | SWR 2 SWR2 Jazz vor sechs 19:30:00 | Ö1 Tolgahan Çogulu & Sinan Ayyildiz beim Jazzfestival Leibnitz 2021 Ein türkisches Saiten-Duo bescherte dem Jazzfestival Leibnitz am 30. September letzten Jahres im imposanten Weinkeller von Schloss Seggau gleich zur Eröffnung einen überraschenden Höhepunkt: Tolgahan Çogulu an der mikrotonalen Gitarre und Sinan Ayyildiz an der Doppelhals-Saz, der eine in Istanbul, der andere in Ankara lehrend, intonierten im Rahmen ihrer Österreich-Premiere traditionelle Lieder armenischer, kurdischer, aserbaidschanischer und türkischer Herkunft -und eröffneten dabei einen faszinierenden Kosmos mikrotonaler Intervallik, der zugleich traditionell und modern anmutete. Virtuos bearbeitete Ayyildiz die Saz mittels Tapping-Technik, während Çogulu seiner „adjustable microtonal guitar“ zusätzliche Saiten hinzugefügt hatte, um das Instrument wechselnden Modi, abgeleitet von klassischer osmanischer wie auch von traditioneller anatolischer Musik, anzupassen. Auch Kompositionen der aserbaidschanischen Jazzpianistin Aziza Mustafa Zadeh und des jung verstorbenen irischen Fingerstyle-Gitarristen Eric Roche sowie Musik von Johann Sebastian Bach verleibten …

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Jazz im Radio. Foto/Montage: Hufner

Die Jazz-Radiowoche vom 03.01.22–09.01.2022

Ein kleiner Blick in die Radiowoche 1. Die Übersicht zum Download als PDF. Alle Angaben ohne Gewähr. Andere tolle Sendungen im Radio finden Sie in der Radiowoche im Bad Blog Of Musick. Wenn Sie sich eine tägliche Radio-Infoübersicht in Ihr Postfach wünschen, tragen Sie sich hier in den kostenlosen Newsletter nmz – der radiotag ein. Sie bekommen dann gegen 18 Uhr die ausgewählten Sendungen für den nächsten Tag. mo – 03.01.2022 17:50 bis 18:00 | SWR 2 SWR2 Jazz vor sechs 19:30:00 | Ö1 John Scofield/Dave Holland Duo 2021 im Porgy & Bess, Wien Beide sind zu unterschiedlichen Zeiten durch die Schule der Band von Miles Davis gegangen, beide gelten auf ihren Instrumenten als Großmeister des Gegenwartsjazz, waren darüber hinaus als Bandleader erfolgreich. Und obwohl sich die Wege von Dave Holland und John Scofield vor allem in den 1990er Jahren schon einige Mals gekreuzt haben, so war es doch eine kleine Sensation, als sie im Herbst 2021 im schlanken Duoformat auf Europatournee gingen: Der 75-jährige britische Grandseigneur des Kontrabasses, bekannt als virtuoser Melodiker, und der zu diesem Zeitpunkt noch 69-jährige Meister der Reduktion und des …

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+++Jazzahead Festival 2022 „Endlich Kanada“ im April in Bremen+++50. Jubiläum des Moers-Festivals im Juni 2022 „Irgendwann ist immer morgen“+++Neuer Vorstand im Jazzbüro Hamburg+++

Jazzahead Festival 2022 im April in Bremen Vom 14. April bis 1. Mai findet das Festival „Jazzahead! 2022: Endlich Kanada“ erstmals als hybride Veranstaltung statt. Das Kooperationsprojekt findet in einem stadtweiten Musik- und Kulturprogramm seit 2006 in der MESSE BREMEN statt und gilt als weltgrößter Branchentreff der Jazz-Szene. Seit 10 Jahren stellt dieses Festival zusammen mit rund 60 Kooperationspartnern die Kulturszene eines jährlich wechselnden Partnerlandes und Bands aus aller Welt vor. Nach dem pandemiebedingten Ausfall 2020 und der digitalen Ausführung 2021 ist die Veranstaltung im kommenden Jahr hybrid zu erleben – als Liveprogramm und zur Mitverfolgung verschiedener Beiträge im Internet. Das Eröffnungskonzert der diesjährigen Veranstaltung am 14. April 2022 gibt die kanadische Künstlerin Erin Costelo im Theater am Goetheplatz. Die künstlerischen Leiter Uli Beckerhoff und Peter Schulze entschieden sich zum Galakonzert am 29. April ebenfalls für zwei Künstlerinnen: Die Pianistin, Sängerin und Songwriterin Laila Biali tritt bereits zum zweiten Mal auf die Jazzahead-Bühne. Ihre Musik steht in der Tradition verschiedener kanadischen Größen wie Diana Krall und Michael Bublé, aber auch Joni Mitchell oder Leonard Cohen. International bekannt ist auch die Sängerin, Songwriterin und Produzentin Malika …

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+++ Alma Naidu erhält erstes Stipendium der Grizzly Jazz Foundation +++

Die neu gegründete Stiftung „Grizzly Jazz Foundation – Supporting young artists“ in Bonn widmet sich dem deutschen Jazznachwuchs. Der Gründer der Stiftung Prof. Dr. Andreas Hoeft, der den namensgebenden Spitznamen „Grizzly“ trug, hatte im Sinn, junge und talentierte Jazzmusiker*innen mit profunder Ausbildung im Übergang zum Berufsleben zu unterstützen. Das Stipendium ist mit bis zu 20.000 Euro dotiert und auf zwei Jahre begrenzt. „Die nachrückende Jazzgeneration benötigt Sichtbarkeit, Referenzen, Zugang zu Netzwerken und finanzielle Anlaufunterstützung – gerade in Zeiten von Corona, in denen es für den Nachwuchs nur wenige Auftrittsmöglichkeiten gibt. Die Stiftung greift an dieser Stelle mit finanzieller und ideeller Hilfe zur Selbsthilfe ein“, so der Vorstandsvorsitzende Dr. Christian Cassebaum. Gemeinsam mit Dr. Sabine Hoeft und Dr. Anke Steinbeck arbeitet er im Vorstand der Stiftung ehrenamtlich daran, die Sichtbarkeit junger Musiker*innen durch beispielsweise die Vermittlung von Auftrittsmöglichkeiten zu erhöhen. Bei der Auswahl der jungen Stipendiat*innen arbeitet die Stiftung vorrangig mit dem Bundesjazzorchester (BuJazzO) zusammen. Alma Naidu als erste Stipendiatin der Stiftung Die Jazzsängerin und Songwriterin Alma Naidu (geb. 1995) ist seit 2020 Mitglied im BuJazzO und wurde auf Wunsch des Stifters als erste Stipendiatin benannt: …

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Radiowoche

Die Radiowoche vom 22.11.21–28.11.2021

Ein kleiner Blick in die Radiowoche 47. Die Übersicht zum Download als PDF. Alle Angaben ohne Gewähr. Inhalt mo – 22.11.2021. 1 di – 23.11.2021. 3 mi – 24.11.2021. 6 do – 25.11.2021. 7 fr – 26.11.2021. 10 sa – 27.11.2021. 13 so – 28.11.2021. 16 mo – 22.11.2021 01:05 Uhr | Dlf kultur Tonart: Klassik Moderation: Elisabeth Hahn. In dieser Sendung dreht sich alles um die junge Klassikszene. Über Tabus und Grenzerfahrungen in der Musik geben die Sopranistin Sophia Körber und die Pianistin Yun Qi Wong Auskunft. Ihr Debütalbum „Tabumator“ enthält ausschließlich Ersteinspielungen. Im Gespräch erzählen die Musikerinnen über Tabus im klassischen Musikbetrieb und über die Kunst der Vertonung der weiblichen Sexualität. Junge Klassikensembles und Protagonist*innen stehen im Fokus der zweiten Stunde. Wie sieht eine Klassikszene der Zukunft aus? Impulse gibt es dabei von der Cembalistin Elina Albach, von der Jungen Norddeutschen Philharmonie und vom Vision String Quartett. Ab 3 Uhr werden einige Neuerscheinungen junger Musiker*innen vorgestellt. In der letzten Stunde gibt das Lied-Duo OMG Schubert im Gespräch Einblicke in sein neues Album „WTF 1770“, das inspiriert ist von Ludwig van Beethoven und Friedrich …

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Rebekka Bakken trifft auf Wolfgang Muthspiel beim Abschlusskonzert der Ingolstädter Jazztage

Es hätte kaum schöner sein können: Nach einem Jahr Pause wieder Jazztage in Ingolstadt und dann werden sie beim Abschlusskonzert mit der norwegischen Sängerin Rebekka Bakken auch noch von einer solchen Geschichte gekrönt. Sie geht so: Vor über 20 Jahren lebten die Sängerin und der österreichische Jazz-Gitarrist Wolfgang Muthspiel zusammen in New York: Sie schrieben Songs und veröffentlichten Anfang der 2000er-Jahre zwei Alben. Ihre gemeinsame Tour verzauberte damals das Publikum, auch bei den Ingolstädter Jazztagen. Dann trennten sich die Wege. Das wäre vielleicht so geblieben, hätte nicht fast zwei Jahrzehnte später das Festival-Booking um Ingolstädter Jan Rottau sich an das Duo erinnert und einfach nicht locker gelassen. Und so standen Rebekka Bakken und Wolfgang Muthspiel nun wieder gemeinsam in Ingolstadt auf der Bühne, selbst etwas verwundert. „Wir sind sehr dankbar für diese Initiative“, sagte der Gitarrist, „wir glauben, dass jetzt vielleicht das nächste Kapitel unserer Zusammenarbeit beginnt“. Dass diese Geschichte mehr als ein PR-Gag ist, bewiesen die beiden selbst. Man glaubte ihnen, dass sie sich erst in Ingolstadt zum Proben getroffen hatten – weil Rebekka Bakken bei einem offenbar unerwarteten Intro einen ehrlich fragenden Blick …

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