EBE-Jazz 23: was das Festival-Herz begehrt

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. So auch beim diesjährigen EBE-Jazz 23. Das Eberberger Jazzfestival, das seit 2015 alle zwei Jahre stattfindet, hatte werbetechnisch eine ganz besondere Aktion vorbereitet. Eine Woche vor Beginn, und damit gleich nach der bayerischen Landtagswahl, wurden die Plakatwände der Parteien, offiziell genehmigt, unter dem Motto „Vote For Jazz“ mit Jazzplakaten von fünf Fotografen überklebt. Die wohl beste Werbung für das Festival im öffentlichen Raum. Auf dem Marktplatz in Ebersberg und Grafing, auf den Einfallstraßen, überall klebten die eindrucksvollen Motive. Organisiert vom Kunstverein Ebersberg gab es zusätzlich zur Kunst im öffentlichen Raum parallel zum Festival auch eine Ausstellung in den eigenen Räumen.

EBE-JAZZ 23 – Das Festival

Vorab als Anmerkung: beim Veranstalter dieses Festivals handelt es sich um eine Interessengemeinschaft, die IG EBE-Jazz, die das Ganze auf die Beine stellt. Anders als ein rein kommerzieller Veranstalter, kann man auf der einen Seite freier agieren, neben Stars vor allem auch lokale Aktionen forcieren und einbinden, muss aber dabei auch das finanzielle Risiko und alle Ausgaben im Blick behalten, Sponsoren auftreiben und ehrenamtliche Mitarbeiter rekrutieren.

Den Startschuss der mittlerweile fünften Eberberger Jazztage gab es dieses Jahr mit der von Josef Ametsbichler gegründeten EBE-Jazz Big Band, diesmal unter der Leitung von Professor Clifford Jordan aus Rio de Janeiro. In der Stadthalle Grafing präsentierten die Musiker ihr mitreißendes Latin-Programm, das sie in einem mehrtägigen Workshop einstudiert hatten. Das gesamte Festival glänzte im Übrigen mit einem enorm abwechslungsreichen Programm, so breit aufgestellt, dass es für jeden Kultur-, Musik- und Jazzinteressierten etwas zu bieten hatte. So fand in der Musikschule ein Improvisationsworkshop statt, die Musikschul-BigBand begeistere mit „Markt Schwaben’s Finest“. Im alten Kino Ebersberg wurde der Dexter Gordon Kinofilm Round Midnight von Bertrand Tavernier gezeigt. Tags darauf gab es in der Stadtbücherei Grafing wieder eine Konzertlesung mit Marcus A. Woelfle, der gemeinsam mit Klaus Kochs Boperators zum 100. Geburtstag Lebensstationen von Dexter Gordon skizzierte. Als special guest gesellte sich an dem Abend der Saxophonist Brad Leali dazu. Auf der Bühne des alten Kinos Ebersberg folgte am Abend darauf das Claus Raible Tentett feat. Brad Leali. Raible hält die Tradition des klassischen Bop Orchesters als „Keeper Of The Flame“ hoch und präsentierte Klassiker wie „Bust out“ aus dem Jahr 1942, Originals wie „Frontline“ aus seiner Feder oder Kompositionen seiner Mitmusiker mit sensationellen Arrangements, unglaublich frisch und inspiriert. Für einen Abend fühlte man sich im alten Kino Ebersberg versetzt in einen Jazzclub der späten fünfziger Jahre.

Die internationalen Stars

Auch die internationalen Acts hatten es in sich. Am ersten Wochenende gab sich der italienische Startrompeter Paolo Fresu die Ehre und beglückte das Publikum im Sextett mit seinem David Bowie Programm „Heroes“. Er startete mit „This Is Not Amerika“, spielte seine Version von „Rebel Rebel“, räumte richtig ab und als Zugabe gab es schließlich auch das ersehnte „Heroes“. Am zweiten Samstag stellte das John Scofield Trio mit Vicente Archer und Bill Stewart ihr neues bei ECM erschienenes Album „Uncle John‘s Band“ (fun fact: ein Titel der legendären Band Grateful Dead) vor. Von Anfang an zog er mit seinem Spiel das Publikum in seinen Bann und berührte im Trio ungemein mit einer ganz eigenen Version von „Lawns“ einem Stück der kürzlich verstorbenen Komponistin und Pianistin Carla Bley, verzauberte mit “Mr. Tamborine Man“ und präsentierte Originals wie „“TV Band“ oder „How Deep“. Abschließender Höhepunkt des wunderbaren Abends die Zugabe: Carla Bleys „Ida Lupino“.

Junger Jazz aus Deutschland

Ansonsten gab es außer der guten Stimmung von Musikern und Publikum während des gesamten Festivals einen Abend mit „Jungem Jazz aus Deutschland“. Das Doppelkonzert am letzten Wochenende bestritt als erste Band das Trio RENNER, bestehend aus dem Posaunisten Moritz Renner, seinem Bruder Valentin am Schlagzeug und mit Nils Kugelmann am Bass. Binnen kürzester Zeit hat das Trio seinen unverwechselbaren Sound gefunden und mit Kompositionen wie „Signalstrasse“ oder „Blessing“ Stücke mit einzigartigen Wiedererkennungswert im Programm. Der Pianist Jonas Timm präsentierte im aktuellen Septett sein neues Programm „Narcis“. Angefangen vom Joe Henderson Klassiker „Black Narcissus“ über „Lichte Momente“ gab die Band mit funkensprühenden Rhythmen, die sich mit gefühlvollen Momenten abwechselten, einen Vorgeschmack auf ihr im Frühjahr erscheinendes Studioalbum. Apropos jung: im alten Kino kamen am letzten Tag des Festivals auch die ganz jungen Besucher auf ihre Kosten mit der „Rabaukencombo“. Sonja und Jan Eschke veranstalteten dort ihr Jazz für Kinder Programm „Das rätselhafte alte Haus“.

Nicht alles ist planbar

So ist es nun mal im Leben – es lässt sich nicht alles planen: so musste von den insgesamt 21 Veranstaltungen leider die des mongolischen Bassisten Tovchoo abgesagt werden und auch die hochinteressante Dokumentation „La Clave“ des Regisseurs Kurt Hartel, über das Geheimnis der kubanischen Musik, musste ohne den angekündigten Multiinstrumentalisten Bobby Carcassés stattfinden, der leider aus gesundheitlichen Gründen verhindert war. Das Jugendprogramm des Festivals „BOOM! – Drum’n’Voice“ mit Gerwin Eisenauer und der Rapperin Layla Carter im Jugendzentrum Ebersberg dagegen war in erster Linie vom Jazzstammpublikum besucht und nicht von der geplanten jugendlichen Zielgruppe. Extrem schade, denn was Eisenhauer und Carter auf die Bühne brachten, war sensationell und absolut clubtauglich! Die Soloveranstaltungen in der alten Brennerei dagegen mit Eisenhauers „The Technoid Solo Drum“ und die Percussions Performance „In achtzig Tagen um die Welt“ von Schlagzeuger Magnus Dauner waren mehr als gut besucht und faszinierten das Publikum.

Ein weiterer Erfolg war eine Live Version der prämierten BR Sendung „Hören wir Gutes und reden darüber“ mit Beate Sampson, Ulrich Habersetzer und Roland Spiegel“ im Cafe Mala. Im Übrigen war der BR auch dieses Jahr sendetechnisch wieder aktiv und hat die Konzerte von RENNER, Narcis und John Scofield mitgeschnitten. Auch die Jam Sessions, die im Anschluss an das offiziellen Programm an vier Abenden mit dem Nikals Roever Trio im Cafe Mala stattfanden, waren mehr als gut besucht und wurden neben lokalen Musikern auch von den Instrumentalisten des Festival zahlreich goutiert.

Resümee

Nach dem Festival ist vor dem Festival. Das Publikum ist glücklich nach erfüllten zehn Tagen Festivalprogramm. Die Veranstalter können hoch zufrieden sein, wurde das Festival auch dieses Jahr wieder mehr als nur gut angenommen und damit ein voller Erfolg. Damit sind die Weichen für die sechste Auflage des EBE-Jazz ’25 hoffentlich sicher gestellt!

Text & Fotos: Thomas J. Krebs

 

 

 

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