Nach Rio für Aerobic-Album: Curt Cress in Regensburg

„Handmade“, handgemacht, wird heute als zweifelhaftes und zudem unscharfes Qualitätsmerkmal in der Popmusik benutzt, um Musik zu beschreiben, bei der auf Elektronik und Computer verzichtet wird. Abgesehen davon, dass der Verzicht auch auf Unkenntnis oder Abwehr gegenüber neuen Entwicklungen beruhen kann, erfolgt auch die Erzeugung elektronischer Tonspuren und Klänge selten ohne Hände. Curt Cress hat sich in seiner langen internationalen Karriere als Schlagzeuger nie gegen digitale Neuerungen abgeschottet. Auf Einladung des Regensburger Drummers Gerwin Eisenhauer (Trio ELF) und des Jazzclub war er zum Drumtalk nach Regensburg in den Leeren Beutel gekommen. Bereits in den 1980er Jahren, erzählt er, habe er sich ein elektronisches Drumkit angeschafft – und es teuer vermietet. Warum er zu einem der bestbezahlten Schlagzeuger der Jazzszene wurde, hängt sicher auch mit diesem ausgeprägten Sinn für Neuerungen und seiner Klugheit in geschäftlichen Dingen zusammen. Den eigentlichen Ausschlag allerdings hat etwas anderes gegeben. Seine musikalische Leidenschaft und die „Energie, die ich für jede Art Musik im Studio und auf der Bühne reinstecke“, hat ihm heute den Ruf einer Schlagzeuglegende eingebracht. Deshalb ist er jahrzehntelang nahezu weltweit von Künstlern und Produzenten für Aufnahmen gebucht worden. …

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Meldungen: +++Jazzahead! Messe 2024 +++ Drumweekend Regensburg +++

Partnerland Niederlande auf der Messe Jazzahead! Vom 11. bis zum 13. April findet in Bremen die Jazzahead Messe statt. Dieses Jahr sind die Niederlande Partnerland der Messe und die Messe legt großen Wert auf musikalische wie persönliche Vielfalt mit Musik aus allen Richtungen und Epochen des Jazz, sowie einer starken weiblichen Präsenz auf der Bühne und besonders als Bandleaderinnen. Doch nicht nur das: auch die Herkunftsstaaten der verschiedenen Künstlerinnen ist enorm mit Acts aus Senegal, Kenya, Nigeria, Deutschland, den Niederlanden, Brasilien, Ungarn, Korea und vielen mehr. Der Jazz soll seine politische Stimme und Haltung wiedergewinnen, so die Organisatorinnen und er tut das nicht nur durch die Besetzung, sondern auch durch hervorragende Musiker*innen und Musik! Weitere Informationen und die Möglichkeit zum Ticketkauf finden Sie auf der Homepage von Jazzahead! +++Drumweekend Regensbur+++ Vom 23. bis zum 25. Februar 2024 findet an der Music Academy Regensburg zum achten Mal ein ganz besonderer Workshop statt. Für ein Wochenende finden sich national und international bekannte und geschätzte Drummer*innen wie Curt Cress, Kristin Neddens, Ralf Gustke, Richard Spaven, Gerwin Eisenhauer oder Rossi Rossberg in Regensburg ein und geben reichlich Gelegenheit, ihre …

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Rückblick auf das 34. JIM-Jazzfest in München

Rückkehr in die alte Heimat und Eintritt in eine hoffentlich jüngere Zukunft: Das 34. Jazzfest München der Jazzmusiker-Initiative JIM fand 2023 an vier Abenden abwechselnd auf zwei ganz unterschiedlichen Bühnen statt – in der Black Box des Fat Cat, ehemals Gasteig, und im Blitz-Club im Deutschen Museum. Beide boten mit ihren intimen räumlichen und sehr guten akustischen Gegebenheiten beste Bedingungen einerseits für vorwiegend akustischen Jazz, andererseits für elektronisch verstärkte Musik auch über die Genregrenzen hinaus. Aktuell und museal Im Blitz entfernte sich der Jazzmusiker und Synthesizer-Spezialist Mario Schönhofer am weitesten vom Ausgangspunkt. Auf musealen Doepfer-Analog-Synthesizern aus den Beständen des Deutschen Museums improvisierte er gleich an zwei Abenden künstliche Klänge über stampfendem Techno-Beat. Die Unzahl von Knöpfen, Tasten, Drehreglern und Kabelverbindungen bediente er dabei verblüffend souverän, in tänzelnden Moves. Bei „Stromschlag“ sorgten Keyboarder Michael Hornek und Schlagzeuger Gerwin Eisenhauer für klangliche und rhythmische Abwechslung und verstärkten die Sogwirkung der elektronischen Musik. Bei „Analogstrom“ kam da Partner Andreas Rieke alias AND.Ypsilon von den „Fantastischen Vier“ nur bedingt mit und schien oft im doppelten Sinn daneben zu stehen. Für einige Zuhörer endete die Faszination dieser handgemachten elektronischen Musik …

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EBE-Jazz 23: was das Festival-Herz begehrt

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. So auch beim diesjährigen EBE-Jazz 23. Das Eberberger Jazzfestival, das seit 2015 alle zwei Jahre stattfindet, hatte werbetechnisch eine ganz besondere Aktion vorbereitet. Eine Woche vor Beginn, und damit gleich nach der bayerischen Landtagswahl, wurden die Plakatwände der Parteien, offiziell genehmigt, unter dem Motto „Vote For Jazz“ mit Jazzplakaten von fünf Fotografen überklebt. Die wohl beste Werbung für das Festival im öffentlichen Raum. Auf dem Marktplatz in Ebersberg und Grafing, auf den Einfallstraßen, überall klebten die eindrucksvollen Motive. Organisiert vom Kunstverein Ebersberg gab es zusätzlich zur Kunst im öffentlichen Raum parallel zum Festival auch eine Ausstellung in den eigenen Räumen. EBE-JAZZ 23 – Das Festival Vorab als Anmerkung: beim Veranstalter dieses Festivals handelt es sich um eine Interessengemeinschaft, die IG EBE-Jazz, die das Ganze auf die Beine stellt. Anders als ein rein kommerzieller Veranstalter, kann man auf der einen Seite freier agieren, neben Stars vor allem auch lokale Aktionen forcieren und einbinden, muss aber dabei auch das finanzielle Risiko und alle Ausgaben im Blick behalten, Sponsoren auftreiben und ehrenamtliche Mitarbeiter rekrutieren. Den Startschuss der mittlerweile fünften Eberberger Jazztage gab …

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Feuerwerk an Energie, Groove und Modern: das Regensburger Jazzweekend 2023

Vier Tage dauerte das Regensburger Jazzweekend vom 13. bis zum 16. Juli 2023: Über 100 Bands spielten in mehr als 30 Locations. Auch im 42. Jahrgang war die ganze Stadt wieder einmal voller Jazzmusik und trotz tropischer Temperaturen voller neugieriger und musikgenusssüchtiger Menschen. Michael Scheiner berichtet vom Jazzweekend-Auftakt auf der Piazza im Regensburger Gewerbepark und einem langen Jazzwochenende in der Altstadt. Tag 1 – Gelungener Auftakt im Gewerbepark Ganz nebenbei hat Marco Lobo auch noch das Wissen über Instrumentalkunde und Musikethnologie erweitert. Beim gefeierten Auftritt mit seinen Convidados auf der Piazza im Gewerbepark, spielte der Brasilianer ein unbegleitetes Solo auf der Berimbau oder auch Berimbao, wie der Musikbogen auf spanisch heißt. Das aus einem Holzstock, einer Metallsaite und einer Kalebasse als Resonanzkörper bestehende Instrument ist typisch für den Nordosten des südamerikanischen Landes und das wichtigste Instrument für den Kampftanz Capoeira. Das Publikum reagierte fasziniert und hingerissen auf die schwirrenden, an- und abschwellenden Klänge, die Lobo mit dem archaisch anmutenden, virtuos gespielten Bogen kreierte. Einige wären fast aus den bequemen Liegestühlen vor der Bühne aufgestanden, um ihrem Beifall noch etwas mehr Nachdruck zu verleihen. Voll der Empfehlung …

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Regensburg präsentiert das Programm für das 42. Bayerische Jazzweekend

Das Programm des Jazzweekends 2023 steht fest. Vom 13. bis 16. Juli werden 105 kostenfreie Konzerte von 101 Bands, Combos und Einzelkünstlerinnen und -künstlern über die Bühnen der Stadt gehen. Das Konzept gibt es seit 42 Jahren, dem seit 2022 wirkenden neuen künstlerischen Leiter, Christian Sommerer, gelingt es wie versprochen, in Kooperation mit dem Regensburger Kulturreferat, auch im zweiten Jahr unter seiner Leitung neue Akzente zu setzen. Jazzweekend-Satellit im Landkreis Mit gleich fünf Konzerten ist das Bayerische Jazzweekend ab diesem Jahr auch im Landkreis Regensburg zu Gast. Im Schlosshof Schönberg in Wenzenbach gibt es unter anderem die Münchner Jazz-Formation WestendProjekt sowie den spannenden Brasiljazz des Juliana Blumenschein Quartett feat. Isabela Meirelles aus Mannheim und Salvador da Bahia zu hören. Artists in Residence mit Gastgeber Geff Der Regensburger Jazz-Drummer Gerwin „Geff“ Eisenhauer gestaltet im Austausch mit international bekannten Musikerinnen und Musikern ein Artist-in-Residence-Programm für das Jazzweekend, das in gemeinsamen Konzerten und Formaten mündet und neue Perspektiven eröffnet. So ist Wolfgang Flür, Schlagzeuger der legendären Band Kraftwerk, am Samstag, 15. Juli, um 22.30 Uhr im Leeren Beutel gemeinsam mit Eisenhauer zu erleben. Wolfgang Flür war von 1973 …

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Zwischentöne, allumfassend: Zum Tod des Pianisten Walter Lang

Am 16. Dezember 2021 starb der Jazzpianist Walter Lang. Ein Nachruf von Ralf Dombrowski Ich hatte ein Bild gepostet. Viele Menschen haben es kommentiert, aus aller Welt. Es sind nicht die beiläufigen Beileidsbekundungen, die man kennt. Denn der Tod von Walter Lang trifft viele. Er war nur 60 Jahre alt, der Krebs hatte ihn ereilt, über das Jahr hinweg geplagt. Er musste sich zurückziehen, es passte nicht zu ihm. Denn Walter Lang war immer mittendrin. Höflich unauffällig, aber beständig. Seit den späten Achtzigern gehörte er zur bayerischen, zur deutschen, zur europäischen Jazzwelt, ein Fels in der Brandung der Zeitläufte, der, auf den man sich verlassen konnte. Das hing eng mit seinen musikalischen Vorstellungen zusammen. Walter Lang war kein Revolutionär. Der offensive Regelbruch interessierte ihn kaum, wenn überhaupt, dann als Akzent in einem größeren gestalterischen Zusammenhang. Seine Welt waren Harmonie und Melodie, beide für sich, aber auch in engem Austausch. Er liebte das Feine, das aus einem pointiert gesetzten Akkord erwachsen konnte, das Lächeln eines Klangs, der Menschen anstrahlte. Vor allem faszinierte ihn das Kantable, die vokale Qualität von Melodien, die sich nicht im Vordergrund des …

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Jazz in der HörBar

Aus der HörBar der nmz: Tobias Meinhart / Trio Elf / Heisig-Klare

Jazz in der HörBar der nmz: Die ganze Platte durchziehe „ein Impuls des druckvoll Lässigen, Einnehmenden“, meint Martin Hufner in der Besprechung von Tobias Meinharts „The Painter“. Es laufe alles „ab in und auf einer staunenmachenden Elastizität der Rhythmusgruppe.“ Juan Martin Koch sagt zur neuen Platte von Trio Elf „Fram“: „Und noch immer zündet die Kombination aus Eisenhauers aberwitzigem Snareteppich-Knüpfen und Langs die Jazzharmonik konsequent vermeidender Motiv- und Melodiefantasie.“ Das Duo Heisig und Klare, hört Martin Hufner angeblich einen „kritischen Kampf im Obertongewölle des Saxophons“ und Bluesmechanik in Expression umschlagen. Na dann! Tobias Meinhart: The Painter (2021) Tobias Meinhart: The Painter (2021) Trio ELF: Fram (2021) Trio ELF: Fram (2021) Heisig / Klare (2020) Heisig / Klare (2020)      

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Peter Cudek (b) beim Spiel vor dem Film. Foto: Juan Martin Koch
Peter Cudek (b) beim Spiel vor dem Film. Foto: © Juan Martin Koch

Elflands ewige Gärten: „Metropolis“ mit Live-Musik von Trio Elf beim Heimspiel-Filmfest in Regensburg

Auf ihrer CD „746“ von 2008 spielen Trio Elf eine ziemlich starke Coverversion des Kraftwerk-Songs „Mensch-Maschine“. Dass Gerwin Eisenhauer, Walter Lang und Peter Cudek nun beim Regensburger Heimspiel-Festival die Live-Musik zu Fritz Langs Epoche machendem Film „Metropolis“ übernahmen, auf den Kraftwerk sich 30 Jahre vorher mit ihrem Album bezogen hatten, ergab also irgendwie Sinn. Auch andere Trio-Elf-Nummern hätten wie die Faust aufs Auge gepasst – „Hammer Baby Hammer“ zum Beispiel – doch dem Film einfach ein Best-Of-Programm zu unterlegen, so einfach machten es sich Trio Elf natürlich nicht. Das Augenzwinkern, den ersten Auftritt marschierender Arbeiter mit einer leicht hinkenden Version des „Man-Machine“-Grooves zu untermalen, ließ Eisenhauer sich dann aber doch nicht nehmen. Ansonsten blieb es, von kurzen Andeutungen abgesehen, bei lediglich einem Song aus dem eigenen Repertoire, der ausführlicher zum Einsatz kam: Das herrlich melodiöse „Elfland“ vom gleichnamigen Album umriss die Atmosphäre der „ewigen Gärten“ sehr treffend und wurde später an geeigneten Stellen hintersinnig anzitiert. Dass das eingängige Thema dann ausgerechnet zum Sturm der Arbeiterschaft auf die Herz-Maschine zu hymnischer Entfaltung gebracht wurde, war dramaturgisch allerdings wenig überzeugend. Über weite Strecken war es ein abstrakter …

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