Das Münchner Festival „Jazz im Sommer“: genre- und grenzüberschreitend!

Endlich mal wieder raus und live Open Air Musik hören. Das Einzige, was man dieses Jahr dabei immer fest im Blick haben muss: die Wetter-App. Dem Münchner „Jazz im Sommer“ war Petrus im Großen und Ganzen wohl gesonnen, und so konnten die zahlreichen Besucher das abwechslungsreiche Festivalprogramm größtenteils bei Sonnenschein, vor allem aber trocken, in vollen Zügen genießen.

 Vor allem Open Air findet Kultur vor größerem Publikum nach langem Darben endlich wieder statt. Die JazzStiftung München, mucjazz e.­ V. und der Jazzclub Unterfahrt haben sich für den von der Landeshauptstadt organisierten „Kultursommer in der Stadt“ zusammen gefunden und an verschiedenen Standorten ein sensationelles Programm auf die Beine gestellt. Genreübergreifend wurde der „Jazz im Sommer“ auf der Theresienwiese, auf dem Areal von „Kunst im Quadrat“, von der Münchner Band SiEA eröffnet. Vor eindrucksvoller Kulisse mit beleuchteten Jahrmarktfahrgeschäften im Hintergrund groovten die Mädels von SiEA (mit dem Posaunisten Thorben Schütt als Gast in SiEA-typischem outfit) über die Bühne und holten mit ihrem kompromisslosen Indie-Jazz-Pop-Techno das Publikum von den Sitzen. Ein gelungener Auftakt!

Voll bis zum letzten Platz

In der Woche darauf traten auf dem „Kunst im Quadrat“ Areal TMT xplosif auf, eine unkonventionelle Formation mit Monika Roscher, Tom Jahn und Tilman Herpichböhm. Nach schweißtreibenden Rhythmen, quirligen Gitarren- und schillernden Organsounds bei absolutem „summer in the city“, spielte zum Sonnenuntergang das Tim Collins Quartett gemeinsam mit dem großartigen Peter O’Mara an der Gitarre auf und sorgte für entspannten, harmonischen Vibraphonjazz. Danach folgte Bluesgitarrist Nick Woodland, lässig und cool wie immer, mit seinem unvergleichbaren Rhythm ‘n‘ Blues. Der Besucherandrang war unglaublich, alle Plätze auf dem „Kunst im Quadrat“ Gelände komplett belegt. So wichen die Fans, mit entsprechenden Abständen untereinander, auf den gegenüberliegenden „grünen Hügel“ aus. Vom Veranstalter wurde spontan eine provisorische Bar eingerichtet und so endete ein weiterer grandioser musikalischer Abend.

Parforceritt durch die Stile des Jazz

Der Höhepunkt der Veranstaltungsreihe war zweifelsohne am dritten Wochenende das Doppelkonzert auf der Bühne im Olympiastadion mit Aki Takase Japanic und dem Tingvall Trio. Bei sommerlichen Temperaturen musizierte Aki Takase im bemerkenswerten Quintett mit Daniel Erdmann, Johannes Fink, Magnus Narvesen und DJ Illvibe. „Takasetypisch“ passt ihre Musik in keine Schublade und so gab es einen Parforceritt durch die Stile des Jazz, gewürzt mit experimentellen Sounds und wunderbaren Improvisationen. Zum Sonnenuntergang, am späten Abend dann mit beleuchtetem Riesenrad im Hintergrund, wartete das Tingvall Trio mit ihrem aktuellen Programm „Dance“ auf und bot einen Mix aus skandinavischem Jazzfolk und den für das Tingvall Trio typischen Rock- und Popelementen. Am Tag darauf konnte man dann im Wirtshaus am Bavariapark mit der Veterinary Street Jazz Band beim gepflegten Jazzfrühschoppen entspannen und wieder ein fantastisches Jazzwochenende ausklingen lassen.

Ein krönender, wenn auch frostiger Festivalabschluss

Den Abschluss der Veranstaltungsreihe bestritten aMUSE – singin poetry und last not least das Andrea Hermenau Quartett Open Air im Innenhof des Münchner Stadtmuseums. Ein durch und durch sinnlicher, poetischer Jazzabend. aMUSE – singing poetrys Performance konzentrierte sich mit Karoline Weidt und Kilian Sladek darauf, zeitgemäße Gedichte stimmlich treffend umzusetzen, während das Trio mit Leo Betzl, Loreen Sima und Magnus Dauner dazu den lyrisch, musikalischen Rahmen schaffte. Danach folgte das zweite Konzert des Abends mit Andrea Hermenau und ihrem Programm „Die Nachtpracht“. Inspiriert von Gedichten und Mythen ist Hermenaus musikalische Adaption der poetischen Seite der Nacht pure Inspiration für die Phantasie und avancierte im Quartett mit Till Martin am Tenorsaxophon, dem Bassisten Sven Faller und Bastian Jütte am Schlagzeug zu einem musikalisch wie thematisch krönenden Festivalabschluss, auch wenn es wettertechnisch zum Schluss ein wenig „frostig“ wurde.

Alles in allem ein beispielhaftes, erstklassiges wie abwechslungsreiches Festival, das die JazzStiftung München, mucjazz e. V. und der Jazzclub Unterfahrt auf die Beine gestellt haben. Bis auf das Doppelkonzert im Olympiastadion und das Abschlusskonzert im Innenhof des Stadtmuseums fanden die Veranstaltungen bei freiem Eintritt statt. Überhaupt stieß der diesjährige „Jazz im Sommer“ beim Publikum auf große, begeisterte Resonanz. Bei diesem Erfolg, den das Festival zu verzeichnen hat, dürfen wir auf eine Fortführung im neuen Jahr gespannt sein.

Text & Fotos: Thomas J. Krebs

Beitragsbild: Tingvall Trio. Foto: Thomas J. Krebs

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