Um Haltung geht es: Im Gespräch mit Florian Peters über dessen neues Album „11 Waves“

Was ist jenseits der Gedanken und Meinungen, die vielleicht doch nicht alles sind? Höre auf, das Haus suchen zu wollen, wenn Du gerade im Raume bist! Kannst Du noch die Stille hören? Oder die Leere lieben?

Florian Peters, Singer/Songwriter, Pianist und Gitarrist aus Regensburg hatte sehr lange viele Gedanken im Kopf, die irgendwann Worte, Sätze und schließlich Songs bildeten. Etwa sein „Mantra to stop Crazyness“, aus welchem die oben zitierten Zeilen stammen. Für seine Songs nimmt Peters sich Jahre Zeit. Jahre des Lebens, des Suchens und des Angekommen-Seins. Genug Material für viele Momentaufnahmen von Stimmungen, Gefühlszuständen und Reflexionen ist hier zusammen gekommen, wie Florian Peters im Gespräch betont: „Jeder Song hat seine individuelle Geschichte. Mein Leben ist ja auch sehr vielfältig und genau diese Vielfalt ist mir ein sehr hoher Wert.“

Zur gelebten Vielfalt des Florian Peters gehören neben seinen Musikprojekten etwa Seminare, in denen er eben nicht einfach nur Gitarre spielen, sondern eine „kreative Kommunikation“ lehrt. Und dann gibt es eine andere nie versiegende Inspirationsquelle, das Reisen. Aktuell paddelt er mit dem Kajak ab Regensburg die ganze Donau herunter – etappenweise allerdings. Allein.

Elf neue Songs enthält das aktuelle CD-Album „11 Waves“, welches im September erscheint. Peters, der in München geboren wurde und mit 20 nach Regensburg kam, gibt sich zusammen mit seinen Mitstreitern Gunther Rissmann, Bass und Roland Duckarm, Schlagzeug denkbar unaufgeregt. Die Musik swingt mal mit jazziger Leichtigkeit, groovt dann lässig im Bossa Nova – auch wird souverän das Chanson-Fach oder das Genre eines kultivierten Singer-Songwriter-Pops bedient. Aber nie wird hier ein Genre Selbstzweck, alles dient der Botschaft, die in seinem so lakonisch erzählenden Ton daher kommt.

Florian Peters hat Jura studiert. Aber bevor er der Versuchung erlag, Anwalt zu werden, erwies sich die Leidenschaft zur Musik als bestimmendere Kraft. Bis auf einen frühen Klavierunterricht im Kindesalter und viel später einen sehr prägenden Gesangsunterricht ist Florian Peters bekennender Autodidakt. Was nicht heißt, dass hier etwas dem Zufall überlassen würde – vor allem, wenn es um Qualität geht! Aufgenommen wurde in den Osloer Rainbow Studios unter den Händen des Tonmeisters Jan Erik Kongshaug. Florian Peters schwärmt immer noch von diesen Recording -Sessions. „Hier haben viele große Jazzer für das ECM-Label ihre Platten aufgenommen – und hier steht so ziemlich der beste Flügel der Welt, auf dem schon Keith Jarrett gespielt haben soll.“

Seine Lyrics tragen viel Inneres nach außen: „In meinen Songs wollte ich mit vielen Metaphern und Bildern eben das unterbringen, was jeder in seinem individuellen Rucksack trägt.“ Im Eröffnungsstück „Sind das wir“ geht es beispielsweise um Trennung und sich wiederfinden. Jeder kennt heute den aufreibenden Zustand, ständig aufs Handy zu gucken, wenn der andere nicht schreibt. Innere Haltung ist gefragt! Die ist Florian Peters ganz besonders wichtig. Sein Credo: „Haltung zu wahren, heißt auch, sich mal vom Nice Guy zu verabschieden. Diese Figur in meinem gleichnamigen Song will es immer allen und allem recht machen, sich anpassen.“

Sich selbst erkennen und sich zeigen, daran appellieren viele Textzeilen in sämtlichen elf Songs: „Wir versuchen ja oft, andere zu ändern, insbesondere unsere Beziehungspartner, in dem wir sie beschuldigen. Dabei sollte man doch den Blick weg lenken von dem was der andere falsch gemacht hat und hin zu den eigenen Werten.“

All dies und noch viel mehr wird von feinsinnig dosierten Arrangements zusammen gehalten. Wo andere über Genre-Schubladen reden, outet sich der Regensburger als empfindsamer Synästhetiker, der Musik gerne mit Farb-Metaphern besetzt: „Wenn ich einen Popsong als sehr klares Blau beschreibe, dann ist für mich ein Jazzstück ein Blau mit lila drin. Oder etwas gelb.“

Florian Peters bevorzugte Musikfarben haben etwas Freundliches ,,sind doch die Arrangements bewusst sehr melodisch in Dur und Moll gehalten: „Ich mag es nicht, wenn es zu aufgeregt oder zu stressig wird. Aber im Moment bekomme ich steigende Lust, mehr mit den Farben zu experimentieren.“

Die musikalischen Arrangements sind so weit gespannt, wie sich der Ideenfluss in den Songtexten Luft zum Atmen nimmt. Schließlich macht ein langes Instrumentalstück dort weiter, wo die Worte enden. Lässig, mit nie auch nur einem Ton zu viel, soliert Peters auf den Flügeltasten.

In Oslo bei den Studioaufnahmen mit Jan Erik Kongshaug

Was ist nun das Geheimnis von Florian Peters warmer Baritonstimme? Ist sein stark in sich ruhender Gesang auch seinem Autodidaktentum zu verdanken? Wieder geht es um Haltung, als die Sprache auf diesen Aspekt kommt. Eben darum, sich nicht verbiegen zu lassen. Aber es ist auch viel konsequente künstlerische Arbeit im Spiel gewesen, um an diesem Punkt anzukommen.

Drei Jahre lang vertiefte Florian Peters bei Beate Echtler in deren Gesangsausbildung das Ideal einer „Natural voice“. Bei der erfuhr Peters den Körper als ureigenes Instrument ganz neu: „Diese Ausbildung kam mir schon fast therapeutisch vor. Ich fühlte mich fast wie auf der Couch bei einem Psychiater. Das erste halbe Jahr ging es nur um das Atmen. Vor allem habe ich ganz schnell sämtliches Imitieren von Genres und Vorbildern abgelegt“.

Den eigenen Sound im eigenen Körper finden – getreu diesem Credo wirkt der Gesang des Wahl-Regensburgers erfrischend frei von allen aufgeblasenen Manierismen. Diese Freiheit ist für Florian Peters Programm: „Alles ablegen, was vom Ego und vom Wollen her kommt. Stattdessen einfach den Körper klingen lassen.“

Die neue Platte erscheint im September und wird erst mal in Regensburg live vorgestellt, bevor es auf Deutschland-Tournee geht. „Wir freuen uns natürlich, dass wir jetzt bei einem Label untergekommen sind,“ beschreibt Peters die aktuellen guten Arbeitsbedingungen.

Von Stefan Pieper

  • CD: Florian Peters Trio: 11 Waves
    GLM 2017

 

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