Johannes Faber – Abschied vom Gärtnerplatz

Nach 12 Jahren geht in der laufenden Spielzeit die Konzertreihe „Jazz im Gärtnerplatz“ zu Ende. Das Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz gibt mit der vom Trompeter Johannes Faber gestalteten Reihe ein festes Programmelement mit Seltenheitswert an einem staatlichen Opernhaus auf. Viele internationale Schwergewichte konnte Faber in das kleinere der beiden Münchner Staatstheater locken, das einen wesentlich intimeren Rahmen bot, als die großen Festivalbühnen, auf denen man Abdullah Ibrahim, Herbie Hancock oder Ron Carter sonst bewundern kann. Besonders waren in dieser Hinsicht auch die Jamsessions, die in der Kantine oder im Foyer des Theaters das ein oder andere Konzert zu einem wunderbaren Abschluss brachten. Ein Gag am Ende jedes Konzerts war der Auftritt von Faber selbst, der nicht nur alle Abende moderierte, sondern auch als musikalischer Gast immer wenigstens einen Song mitspielte. Faber dürfte wohl einer von ganz wenigen Konzertveranstaltern gewesen sein, bei denen sich die Musiker so etwas gefallen lassen. Auch das Neujahrskonzert der Allotria Jazzband gehörte seit immerhin elf Jahren zu Jazz im Gärtnerplatz. Nach 65 Konzerten ist nun vorerst Schluss. Das Theater schließt in der kommenden Saison für umfangreiche Sanierungsarbeiten. Ob der Jazz danach …

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Jazz in Berlin (1)

Früher war das JazzFest Berlin bekannt dafür, dass es Projekte und Ensembles nach Deutschland holte, die man hier noch nie gehört hatte. Diese Zeiten liegen eine gefühlte Ewigkeit zurück. Jedenfalls hieß ein Schwerpunkt-Thema 2011: Polen. Dieses Land beginnt 80 Kilometer hinter Berlin – und niemand wird behaupten, dass Adam Pieronczyk, Leszek Mozdzer, Tomasz Stanko oder Vladyslav Sendecki noch nie in Deutschland gespielt hätten. Im Gegenteil: Die Logistik war diesmal sogar besonders leicht zu handhaben, denn praktischerweise konnte sich der scheidende künstlerische Leiter die Hälfte der genannten Musiker direkt vom Label seines Vertrauens vermitteln lassen. Mit im Label-Paket steckten dann überraschenderweise noch ein paar andere Künstler wie Michael Wollnys [em], Caecilie Norby, Joakim Milder, Christopher Dell, Ida Sand und Iiro Rantala – die gab es wahrscheinlich gebündelt zum Rabattpreis obendrauf. Gerüchten zufolge übernimmt Siggi Loch im nächsten Jahr gleich selbst die künstlerische Leitung beim ActFest Berlin.

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nmz-TV-Bühne: Hochsubventionierte Klassik – unterbezahlter Pop und Jazz?

In unserem Post „Wo bleibt der deutsche Jazz“ über den ZEIT-Online-Artikel zur Deutschen Jazzszene kam kürzlich wieder die Situation des deutschen Jazz zur Sprache. Im genannten Artikel hat unter anderem Felix Falk von Mo‘ Blow die fehlende Exportförderung für deutsche Bands beklagt, die es zum Beispiel in skandinavischen Ländern sehr wohl gibt, mit der Folge, dass deutsche Jazzbands einen Wettbewerbsnachteil bei Engagements für Festivals und Clubs haben. Julia Hülsmann hat im nmz-TV-Studio auf der Musikmesse 2011 ins selbe Horn gestoßen: Über die Bedingungen in der deutschen Jazz- und Popszene im Vergleich zum stark subventionierten Klassikbetrieb hat Jazzzeitungs-Redakteurin Ursula Gaisa auf der Messe mit Julia Hülsmann (Musikerin, Sprecherin Bundeskonferenz Jazz), Peter Ortmann (Deutscher Musikrat, Projektleiter „Jugend jazzt“, Bundeskonferenz Jazz), Udo Dahmen (Pop-Akademie Baden-Württemberg) und Ina Keßler (Initiative Musik) über Themen wie Spielstättenförderung und Exportsubventionierung für deutsche Bands gesprochen. Das komplette Gespräch im Stream auf nmzMedia

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Malefiz, wo ist der Jazz-Benefiz?

Nach den Katastrophen in Japan rühren sich langsam die Künstler der Welt und organisieren Benefizkonzerte, um den Erdbeben- und Tsunami-Opfern zu helfen. In New York wird am 9. April ein von John Zorn organisiertes Konzert stattfinden, bei dem auch Lou Reed auflaufen wird. Auch in anderen Ländern und Städten gibt es Konzerte, in Deutschland sind es vor allem Initiativen klassischer Konzerthäuser, Ensembles und Musikhochschulen, die Geld für Hilfsorganisationen einspielen, die in Japan aktiv sind. Die Popbranche hat sich mit dem Charity-Album „Songs for Japan“ in zahlreichen Ländern an die Spitze der iTunes-Charts katapultiert. Der Erlös geht an das japanische Rote Kreuz. Die Jazzszene steht dabei noch recht im Abseits, obwohl viele Jazzmusiker gerade in Japan große Helden sind. Wahrscheinlich ist der Jazzmusiker an sich mit dem mühsamen Erwerb seines eigenen Lebensunterhalts absorbiert. In München hat die Jazzbar Vogler immerhin am 28. März eine Benefiz-Session veranstaltet und die Hip-Hopper von Bluementopf spielen mit anderen Künstlern am 1. April ein Konzert am Odeonsplatz. Auch in anderen Städten wird es ähnliche kleinere Initiativen geben, das Gros der Clubs kommt ohne aus. Die  Jazz-Funk-Band des Saxophonisten „Grosskopf“ spendet die …

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Jazzfestivals im März

Der März sieht wieder einige Jazzfestivals in Deutschland: Im Süden der Klassiker, die Internationale Jazzwoche Burghausen und in München die interdisziplinären Festivals Jazzlines (27. März – 7. April) und ffAT (17.–19. März) im Südwesten das Jazzfestival St. Ingbert (18.–27. März), im Norden und Nordosten die Jazztage Emsdetten (17.–19. März) und der Neubrandenburger Jazzfrühling (23.–27. März), im Osten das LeipJazzig-Festival (24.–27. März) und quer durch Deutschland nach Österreich in 13 Städten und 14 Clubs die Club-Tour Brit-Jazz Week (14.–20. März; 21.–27. März).

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Eldar the Kid

Er ist einsam, aber schneller. Der aktuelle Revolverheld des Jazzpianos heißt Eldar Djangirov und kommt aus Kirgisistan, einem wilden Berg- und Steppenland. Es ist kein Zufall, dass Eldar meist allein auftritt: Seine Partner erlagen seinen Tonsalven und blieben irgendwo zwischen Schnee und Steppe auf halber Strecke liegen. Es heißt, sein Vater sei Ingenieur, die Mutter Musikwissenschaftlerin, ihr gemeinsames Projekt ist Eldar, die Klaviermaschine. Schnellschütze Eldar the Kid lebt jetzt in Kansas City, wo tödliche Pistolen- und Musikerduelle eine lange Tradition haben. Thomas Gottschalk will den 24-jährigen Tasten-Shooter allerdings für eine seiner letzten „Wetten-dass“-Sendungen nach Deutschland holen – er weiß nur noch nicht, ob als Stargast oder als Wettkandidat. Schafft Eldar 1.000 Töne in 10 Sekunden? Die Wette gilt.

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Deutschland. Ein Bigband-Märchen?

In unserem Blog-Eintrag Till Brönner will Zentrum für Jazz gründen haben wir Brönners Äußerungen aufgegriffen, in denen er ein Zentrum für Jazz in Deutschland fordert. Darin prognostiziert er für die deutschen Rundfunk-Bigbands eine Rest-Lebensspanne von weniger als zehn Jahren. In der Süddeutschen Zeitung von Freitag, 26.11.10 ist nun ein Artikel erschienen, der Deutschland als wichtigstes Land für den Big-Band-Jazz außerhalb der USA bezeichnet und die Bedeutung der Rundfunk-Bigbands auch für amerikanische Jazzmusiker betont, die immer wieder mit ihnen konzertieren und aufnehmen. Ein Auszug aus dem Artikel „Tranatlantische Schwingungen“ von Lewis Gropp: „Tatsächlich ist die deutsche Big-Band-Landschaft weltweit einmalig. In Europa leistet sich niemand mehr den Luxus einer professionellen Big Band mit Musikern in Festanstellung, abgesehen von den Niederlanden mit dem Metropol Orkest oder Dänemark mit der DR Big Band. Dass es in Deutschland gleich vier Big Bands dieser Art gibt, ist ein absolutes Alleinstellungsmerkmal. Selbst in den USA hat sich die Big Band-Landschaft stark gewandelt und verdünnt. Neben dem von Wynton Marsalis unter großem Aufwand und mit Stiftungs- und Sponsorengeldern betriebenen Jazz at Lincoln Center Orchestra spielen hier vor allem die von den Universitäten getragenen …

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Till Brönner will Zentrum für Jazz gründen

Hört, hört: Berlin (dapd). Der Trompeter Till Brönner will eine Jazz-Akademie gründen. „Mein Traum wäre es, in Berlin an einem wirklich prominenten Ort ein Zentrum für Jazz zu etablieren. In diesem Zentrum würde ein Orchester von ungefähr 15 bis 20 Personen sitzen, die täglich proben und alle zwei Wochen am Freitag und am Samstag anspruchsvolle Konzerte geben“, sagte der 39-Jährige der Zeitschrift „Melodie & Rhythmus“. Bisher gebe es in Deutschland „keine wirklich wahrnehmbare Institution, die man im weitesten Sinne als Dach für die Jazzausbildung empfinden könnte“. Es gebe zwar Landesjugendorchester, Musikschulen und Jazzstudiengänge, aber „nichts, worauf es sich hinzuarbeiten lohnt“, kritisierte Brönner. Die Rundfunk-Big-Bands böten keinen Ansporn mehr. „Den wenigen, die noch übrig sind, prophezeie ich höchstens noch fünf bis zehn Jahre.“ Wenn es zu diesem Zeitpunkt kein einziges professionelles Ensemble im ganzen Land mehr gebe, das Jazz auf hohem Niveau spiele, „dann haben wir ein Problem“.

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