Keine Kompromisse – neue CD von Roger Kintopf

(Text/Fotos: Robert Fischer) Wer als Kontrabassist im zarten Alter von gerade mal 25 Jahren bereits sein zweites Soloalbum veröffentlicht, dem mangelt es jedenfalls nicht am nötigen Selbstbewusstsein. Nicht immer aber gibt es für ein solches Selbstbewusstsein einen so guten Grund wie bei Roger Kintopf: Der Mann ist – als Musiker wie als Solist – einer wie keiner.

In jedem Fall aber ist er eine Ausnahmeerscheinung: Der 1998 in Darmstadt in eine musikalische Familie geborene, heute in Köln lebende Roger Kintopf begann als Elfjähriger E-Bass zu spielen, dann wechselte er zum Kontrabass. Zuletzt studierte er in den Jahren 2016 bis 2022  an der Hochschule für Musik und Tanz in Köln unter anderem bei Robert Landfermann – seinerseits einer der besten, vielseitigsten und begehrtesten Bassisten der deutschen Jazzszene. Parallel dazu etablierte sich Roger Kintopf mit eigenen Projekten wie „STRUCTUCTURE“, im Duo mit Victor Fox, im Trio „Percussion“ mit Felix Hauptmann und Leif Berger sowie als Sideman renommierter Musikerinnen und Musiker wie Kit Downes, Philip Dornbusch, Christian Lillinger und Johanna Summer. Im Jahr 2021 veröffentlichte er sein erstes reines Kontrabassalbum mit dem schlichten Titel „Solo“. 2024 folgt nun das Anfang September erschienene, via Bandcamp erhältliche zweite Soloalbum mit dem unmittelbar einleuchtenden Titel „Solo II“.

Kein eitles Virtuosentum

Interessant sind diese beiden Alben zum einen, weil Roger Kintopf – hört man ihn abseits der Solopfade – nicht dadurch auffällt, dass er sich mit eitlem Virtuosentum in den Vordergrund drängeln würde. Viel eher scheint sein Hauptaugenmerk auf ausgefeilten, komplexen Kompositionen zu liegen, die von einer musikalischen Reife zeigen, die nicht nur in diesem frühen Stadium einer Karriere erstaunlich ist. Zum anderen ist sein Spiel aber auch im Gruppenkontext auf eine so angenehm unprätentiöse Art virtuos, dass man den Mann wirklich sehr gerne mal ganz allein an seinem Instrument hören möchte.

Vielschichtig

Wozu man jetzt ausgiebig Gelegenheit hat. Auf „Solo“ arbeitete Roger Kintopf mit vielen Overdubs, um mehrere Stimmen vielschichtig übereinander zu legen; zudem investierte er eine  Menge Detailarbeit in die Postproduktion. Was dabei entstand, ist in seinen eigenen Worten eine Art „geordnetes Chaos“, das beim Hören einen unwiderstehlichen Sog entwickelt. Komplett ausnotiert ist auf diesem Album übrigens – bis auf die Improvisaton im Mittelteil – nur nur das dritte Stück, „revolved . Regained“.

Bei „Solo II“ hingegen ging es ihm darum, den Kontrabass-Sound so pur wie möglich zu hören: keine Overdubs, keine Schnitte, keine digitale Klangbearbeitung – hier sind sämtliche Stücke  improvisiert. Im Ergebnis entstand eine manchmal verstörende, aber stets auch ungemein spannende Klanglandschaft, mit der sich Roger Kintopf nicht nur in die Fußstapfen großartiger Bassisten und Bassistinnen wie Barry Guy und Barre Phillips, Joëlle Léandre und Edgar Meyer begibt, sondern auch ganz eigene Schritte setzen, sich als eigenständige Stimme präsentieren kann.

Keine Kompromisse

Schade nur, dass dieses zweite Album mit gerade mal knapp 20 Minuten Spielzeit arg kurz geraten ist. Darauf angesprochen, meint Roger Kintopf: „Ich habe drei Tage im Studio verbracht und improvisiert. Dabei ist natürlich viel Material entstanden, aber diese 20 Minuten gefielen mir am besten. Und für Kompromisse bin ich bei einem Solo-Release nicht bereit. Ich nehme nur das aufs Album, was mir zu hundert Prozent gefällt und was ich mir selbst gerne anhören würde.“

Aktuelles Album:

Roger Kintopf: Solo II

(Bandcamp)

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