Pianist Jermaine Landsberger mit neuem Trio

Regensburg. „Geschichte wird gemacht, es geht voran“ sang 1982 die Düsseldorfer Band Fehlfarben. Nun, Musikgeschichte hat Jermaine Landsberger beim Auftritt im Leeren Beutel sicher nicht geschrieben. Einen deutlichen Sprung voran aber hat der energiegeladene Pianist und Keyboardspieler mit seinem neuen Trio ohne Zweifel gemacht. Es ist die eigene Entwicklung, seine Geschichte, der der gebürtige Niederbayer mit Daryl Hall, einem großartigen E-Bass- und Kontrabassspieler, und dem kein bisschen weniger beeindruckenden Drummer Donald Edwards gerade einen kräftigen Kick gibt.

Dabei spielen die recht unterschiedlichen Musiker erst ziemlich kurz miteinander. Gerade absolvieren sie ihre erste Minitour durch einige Clubs in Bayern als Vorbereitung für eine Plattenaufnahme. Die soll dann nach Möglichkeit „im Oktober“ herauskommen. „Es kann aber sein“, schränkt Landsberger ein wenig atemlos und noch verschwitzt vom begeistert aufgenommenen Auftritt beim Jazzclub ein, „dass es erst im nächsten Jahr veröffentlicht wird“. Das hänge davon ab, bei welchem Plattenlabel er das Album unterbringen könne. Nachfragen danach bekam er bereits jetzt. Während der kurzen Unterhaltung wollten immer wieder Besucher wissen, ob es denn „die Musik auf Cd gibt“ oder wann diese erhältlich sei. Dabei hatten alle noch ein Leuchten vom eben Gehörten in den Augen. Ein augenfälliger Ausweis dafür, dass es Landsberger mit seinen Mitspielern schon nach kurzer Zeit gelungen war, die Zuhörer mitzunehmen, viele regelrecht mitzureißen.

Mehrmals ist er selbst vom Klavierhocker hochgesprungen. Im Sprung hämmerte er seine Akkorde in die Tasten des Flügels, mitgerissen vom Sog der eigenen Musik. Wenn er spielt, was immer der Fall ist wenn kein unbegleitetes Solo eines Mitspielers ansteht, ist Landsberger wie ein D-Zug, um mal einen reichlich altmodischen und eher mechanischen Vergleich zu ziehen. Dabei ist er musikalisch keineswegs oldfashioned, andererseits auch keineswegs so glatt und steril wie manche moderne Hochgeschwindigkeitszüge. Seine Kompositionen sind oft Kraftpakete, schnelle uptempo-Nummern, die er mit virtuosem powerplay immer weiter voran treibt und verdichtet, bis sie fast zu explodieren scheinen. Balladen, das zeigte auch das Beutel-Konzert, sind bei dem temperamentvollen Musiker eher selten.
Wenn sie dann allerdings kommen, wie „Silence“ mit einem wunderbar zarten Intro auf dem Flügel nach der Pause, entwickeln sie einen berührenden Intensität. Sie sind ein Bekenntnis zur ruhigen, romantischen Seite, die Landsberger auch in sich trägt. Am deutlichsten wird das in der Nummer „Gypsy Night at Budapest“, die von einer feinsinnigen Melancholie getragen ist. Diese eingängige Melodie hat nichts mit der Rührseligkeit und dem sentimentalen Kitsch am Hut, von der sich Landsberger durchaus hat inspirieren lassen.
Bei den wenigen ruhigen Stücken hat sich Schlagzeuger Donald Edwards fast bis zur Überhörbarkeit zurückgenommen, während er sonst durch ein abwechslungsreiches und bestechend spannendes Spiel faszinierende Akzente setzte. Locker aus dem Handgelenk heraus, trieb er mit überraschenden Breaks und Fills das musikalische Geschehen mit Zusammenspiel mit Daryl Hall voran. Harmonisch einfallsreich und rhythmisch wendig wie sich die beiden in Landsbergers musikalischer Welt bewegten, als würden sie sich schon jahrelang kennen, beeindruckten sie auch stilistisch. Im autobiografischen „La Lango“, bei dem Landsberger zum stärker groovenden Keyboard und Hall zum Elektrobass wechselten, legten sie einen richtig funky Drive vor. Hall setzte dabei auf eine mächtig groovende Slaptechnik, die dem Ganzen noch ein Rädchen mehr Druck beimischte. Edwards  geschliffen elegantes und dabei musikantisch meisterhaftes Drumsolo versetzte das Publikum in vibrierendes Staunen. Auch Hall präsentierte sich sowohl am elektrischen, wie am akustischen Bass mit ideenreichen, komplexen Soli. Ganz zu schwiegen von den aberwitzigen Kaskaden und sich energetisch aufschaukelnden Improvisationen des Bandleaders. Etwas pathetisch formuliert, zeichnet sich ein neuer Stern am Jazzhimmel ab.

Text und Fotos von Michael Scheiner

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