Herrschaftsfreies Geben und Nehmen- das 24. JOE-Festival Essen

Text und Fotos von Stefan Pieper. Neue Horizonte eröffnen ist das Anliegen eines guten Festivals: Die Jazzoffensive Essen bediente mit ihrem JOE-Festival die Entdeckerseele und kann sich auch im zweiten Jahr nach dem „Umzug“ in die Zeche Carl eines wachsenden Besucherzustroms erfreuen. Konventionelle Besetzungen und Klänge sind in Essen auf jeden Fall Mangelware, wenn es um gelebte Kreativität und Weiterentwicklung geht. Zusammen mit dem Schlagzeuger Jo Beyer emanzipieren Maika Küster und Marie Daniels in ihrer neuen Band „Brenda“ das vokale Prinzip neu. Will sagen: Da ist nicht mehr länger die Sängerin nur „Frontfrau“ vor einer Combo. Stattdessen bilden die beiden vielseitigen Stimmen-Künstlerinnen nebst äußerst treffsicher dosierter Elektronik das ganze harmonische Rückgrat – so präsent und reich an Klangfarben, dass sich Schlagzeuger Jo Beyer gar nicht zurücknehmen braucht. Der Auftritt von „Brenda“ in der Zeche Carl sorgt gleich in mehrerer Hinsicht für Schwebezustände: Flächenklänge und lautmalerische Gesten werden durchs Universum geschickt. Zugleich ist viel beseelte Poesie im Spiel. An Gospelgesänge erinnern die repetitiven Strukturen. Improvisierend vereinte Gesangslinien setzen exotische Melismen frei – und auch der Blues ist im Spiel. Handlungspraxis Improvisation Improvisation ist auch in sozialen …

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Dogmatiker unter Dauerbeschuss: Künstlerische Konsequenz und viel Humor beim Essener JOE-Festival

Beim Festival der Jazzoffensive Essen geht es um alles andere, nur nicht um das risikoscheue Aufpolieren des längst Bekannten und Gefälligen. Entsprechend viel mutige Konsequenz wiederspiegelte die aktuelle Festival-Ausgabe – zumal die künstlerischen Ansätze von Musikern aus der Gegenwart keine Grenzen zu kennen scheinen!  Da zelebrieren der Berliner Niko Meinhold und der Amerikener Christopher Williams alles erdenkliche, was eben nicht zum „normalen“ Musizieren Kontrabass und Konzertflügel gehört. Im zarten Miteinander oder Gegeneinander werden zarte, oft geräuschhafte Aspekte ausgekostet – aber auf Anhieb wird klar, dass diese beiden Künstler mit so etwas eine höhere Daseinsebene im Sinn haben. Ja, die gestenhafte Rhetorik, zu der auch Textfragmente und das immer wieder eingestreute Klackern von drei Würfeln gehören, lassen fast so etwas wie ein imaginäres absurdes Theaterstück assoziieren. Niko Meinhold greift auf einschlägige Quellen zurück für solche Performance-Kunst: So partizipiert er regelmäßig im westafrikanischen Gabun an nur scheinbar archaischen, aber im Kern doch hochkomplexen Meditationsritualen. Sie bestätigen einmal mehr das, was auch Albert Schweitzer an diesem Ort erfuhr und weitergab: Musik als Kraftquelle, die Humanität spendet. So etwas übersetzen Niko Meinhold und Christopher Williams in ein eigenwilliges, subtiles …

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Jazzoffensive Essen: Planungssicherheit für ein herausragendes Festival

Die Jazzoffensive Essen bereichert seit nunmehr fast 20 Jahren mit Ereignissen wie diesen die freie Szene in der Ruhrgebietsmetropole, alles rein ehrenamtlich! Aktuell freut sich der Verein über eine zukunftsweisende öffentliche Förderung: Ab 2017 wird die Jazzoffensive endlich institutionell und eben nicht nur als temporäres „Projekt“ vom Kulturamt finanziell unterstützt. Es muss also nicht jedes Jahr ein neuer Antrag auf einmalige Projektförderung gestellt werden, wo stets die Fortsetzung ungewiss ist. Für Patrick Hengst und Christian Ugurel vom Vorstand der Jazzoffensive war dieser Schritt längst überfällig: „Jetzt haben wir endlich Planungssicherheit, um unsere Sache viel nachhaltiger weiter zu entwickeln.“ Dass solche Förderungen gut investiert sind belegte die jüngste Ausgabe des Festivals der Jazzoffensive Essen im lauschigen Ambiente des Katakomben-Theaeters – ebenso, das da ganz viele MusikerInnen sind, die hungrig danach sind, sich authentisch auszudrücken und dafür Risiken und Wagnisse in Kauf zu nehmen. Daniel Erdmann (Saxofon) Vincent Courtois (Cello), Frank Möbus (Gitarre) und der Schweizer Schlagzeuger Samuel Rohrer zeigten, was herauskommt, wenn man nur konsequent der eigenen inneren Stimme folgt: Oft in harscher Freejazz-Eruptionen gipfelnd, leben im Spiel dieses Quartetts tief berührende melodische Ideen auf, die …

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