Chanson goes Jazz – das Christine Corvisier 5tet

Neues Album: „Chansons de Cologne“ – der Titel deutet schon an, was Christine Corvisier, die aus Südfrankreich stammende, in Köln lebende Saxophonistin, Komponistin, Arrangeurin und Bandleaderin auf ihrem neuen Album verspricht: Eine Hommage an die Chansons, die sie während ihrer Kindheit und Jugend in Nizza begleitet und die sie während ihrer Studien in Nizza, Amsterdam sowie NYC und später in ihrer beruflichen Karriere auch beeinflusst haben – bis heute. Zugleich verbeugt sie sich vor den Komponisten und berühmten Interpreten dieser unsterblichen Melodien, die sie als Jazzmusikerin neu interpretiert und auffrischt, gewissermaßen zu neuem Leben erweckt.   Edith Piaf ist frühes Vorbild Bereits auf ihren früheren Alben, die sie zumeist mit eigenen Kompositionen bespielt hatte, gab es einzelne Rückgriffe auf die Welt der Chansons. So wagte sie sich auf ihrer ersten eigenen CD „Walkin‘ Around“ (2007) mit einem die ausgespielte Melodie nur erst leicht zu improvisierenden Arrangement an den Edith-Piaf-Klassiker „La vie en rose“, um sich auf der nächsten CD „Reconnaissance“ (2015) ein weiteres, durch Piaf populär gewordenes Chanson – „La foule – que nadie sepa mi sufrir“  – in einer mitreißend vitalen Performance vorzunehmen. Im …

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„Clarinet Bird“ – Zum Tode von Rolf Kühn

Die Jazzwelt weit über die deutsche Szene hinaus trauert um Rolf Kühn, Klarinettist von internationalem Ruf, Komponist und Arrangeur, Bandleader sowie Musical Director. Er starb in der Nacht zum Freitag, dem 19. August, in seinem Wohnort Berlin nach vergeblicher Operation infolge eines Sturzes. Er wäre am 29. September 93 Jahre alt geworden. Bis ins hohe Alter unentwegt mit eigenen Bands aktiv, sollte er noch mit seinem neuen Quartett „Yellow & Blue“ im Rahmen des Multiphonics-Festivals am 20. September in Köln und zwei Tage danach in Wuppertal auftreten.   Der in Köln geborene und in Leipzig aufgewachsene Jazzmusiker konnte auf ein wahrhaft reiches künstlerisches Leben und auf eine überaus erfolgreiche Karriere zurückblicken. Er wurde frühzeitig klassisch ausgebildet, an Klavier und Klarinette, in Musiktheorie und Kompositionslehre. Nach ersten Engagements als Saxophonist und Soloklarinettist in den  Rundfunk-Tanzorchestern Leipzig unter Kurt Henkels und des RIAS Berlin unter Werner Müller, frönte Rolf Kühn bald auch in kleinen Formationen seinen Jazzambitionen. In den fünfziger Jahren gewann er als Klarinettist alle deutschen und europäischen Jazz Polls und 1957 sogar den Down Beat Poll als „Clarinet New Star“, denn inzwischen war er auch …

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Der weite Raum der Sängerin Barbara Barth

Von Dietrich Schlegel. Für die Jazzsängerin Barbara Barth ist bezeichnend, dass auf sie dieser Begriff zu eng gefasst ist, denn sie besticht durch eine ungewöhnliche Bandbreite ihrer stimmlichen Präsenz. Folgerichtig zieht sie als Berufsbezeichnung auch „Stimme“ / „Voice“ vor. Die in Köln lebende Saarländerin bewegt sich bewusst zwischen den Polen swingender Standards und mit Elektronik experimentierender Avantgarde. In diesem weiten Spielraum bringt sie Erstaunliches an Klängen, Lauten, Geräuschen hervor, mit einer Stimme, die glasklar in den Höhen und voller Wärme in den tieferen Lagen klingt. Sie kann scatten like hell, fauchen, kreischen, flüstern, hauchen und auch wunderschön alte Songs singen, ein bestechender Reichtum an Facetten und Nuancen, dokumentiert auf bereits vier Alben. Eines nennt sie selbstbewusst „This is… Barbara Barth“. Zugleich bleibt sie selbstkritisch und bekennt „I’m still on my way…“ Von der Klassik zum Jazz Ihr Weg führte Barbara Barth, die 1983 in dem kleinen Dorf Braunshausen bei St. Wendel im Saarland geboren wurde, erst nach einem längeren Vorlauf zum Jazz. Gern gesungen hat sie schon als Kind und als Schülerin, sang in verschiedenen Chören, nahm dann an der Kreismusikschule in St. Wendel auch …

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Initiiert und organisiert von sieben Jazz-Frauen – das Festival PENG

„PENG – wir lassen es wieder knallen!“ Die Headline der Einladung zum vierten, vom Frauen Jazzkollektiv PENG in Essen organisierten gleichnamigen Festival war kein leeres Versprechen. Die sieben Bands in drei Konzerten konnten sich beim aufgeschlossenen, offenbar auch sachkundigen Publikum für reichen Beifall bedanken. Das Angebot reichte von modernem Straight Ahead bis zur mit Elektronik gespickten Avantgarde. Die kahle Hülle des alten Maschinenhauses in der längst stillgelegten Zeche Carl im Essener Stadtteil Altenessen wirkte durch geschickte Licht- und vorzügliche Tontechnik fast so intim wie ein Jazzclub, zumal die Zuhörer ziemlich nah an der Musik waren. Das Besondere an diesem Festival beginnt schon mit seiner Gründung. 2015 fanden sich sieben Jazzmusikerinnen, allesamt Absolventinnen oder (noch) Studentinnen der Folkwang Universität der Künste Essen, zusammen, um mit einem speziellen Festival „eine größere Präsenz und Akzeptanz von Frauen im Jazz und Musikerinnen generell in der Gesellschaft zu schaffen“. 2016 ging das erste PENG Festival über die Bühne. Es fand über die Stadt Essen und das Ruhrgebiet hinaus in der deutschen Jazz-, Musik- und Kulturszene eine beachtliche Resonanz, so dass an einen jährlichen Turnus gedacht werden konnte, mit dem Ergebnis …

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Sabine Kühlich live in Aktion zusammen mit der CSM Big Band. Foto: Volker Hartmann.

Sabine Kühlich singt und swingt mit der CSM Big Band

Ihre Liebe zum großorchestralen Jazz hatte sie bereits als Teenager entdeckt, als sie das 2. Altsaxophon in der Big Band der Musikschule in Gera spielten durfte. Das war 1988. Aber ihr Traum, einmal ein ganzes Album mit einer Big Band zu gestalten, erfüllte sich für Sabine Kühlich erst jetzt, lange Jahre nach dem Studium des Jazzgesangs in Maastricht und Amsterdam und inmitten ihrer erfolgreichen professionellen Laufbahn als Sängerin, Saxophonistin und Bandleaderin. Von der JazzZeitung wurde sie als „Alternative zur nordischen Welle“, nämlich der seinerzeit gehypten schwedischen und norwegischen Sängerinnen, gepriesen (JazzZeitung 2008/1). Sie hatte in den Staaten Sheila Jordan entdeckt und nach Deutschland geholt, die schon betagte und dennoch stimmlich und physisch äußerst agile Ikone des vokalen Bebop, mit ihr getourt und Platten aufgenommen („fly away“, 2006, „Two Generations Of Singers“, 2007, „Wundascheen – loverly“, 2012). In enger Kooperation mit der Pianistin Laia Genc und der Vokalistin Anne Czichowsky entstand die Frauenband „Lines For Ladies“, das mit der Bassistin Kristin Korb und wieder Sheila Jordan erfolgreich auf Tournee ging (CD „Lines For Ladies _ LIVE!“, 2016). Mit ihrer Freundin Laia Genc produzierte Sabine Kühlich als …

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Yaron Herman Trio im Goethe-Museum Düsseldorf. Fotos: Dietrich Schlegel.

Zwischen Elbphilharmonie und Ronnie Scott’s – Yaron Herman im Goethe-Museum Düsseldorf

Größere Kontraste im Ambiente von Konzertsälen sind kaum möglich: Vor einer Woche war es noch die gigantische Elbphilharmonie, als nächstes warten die nicht weniger eindrucksvolle Philharmonie Paris und der traditionsreiche Londoner Ronnie Scott’s Jazzclub – und dazwischen lag der mit edlem Porzellan dekorierte Spiegelsaal des Barockschlosses Jägerhof, in dem das Düsseldorfer Goethe-Museum residiert. Yaron Herman, der israelische, in Paris lebende Pianist, und  seine Kollegen, die ebenfalls aus Israel stammenden, seit langem in der New Yorker Szene heimischen Trio-Kollegen Barak Mori am Bass und Ziv Ravitz am Schlagzeug, schienen die intime, vom Geist deutscher Klassik durchwehte Atmosphäre sichtlich zu genießen, als sie jetzt ein Gastspiel in der seit 2014 bestehenden Konzertreihe „Jazz im Goethe-Museum“ gaben. Herman und Ravitz waren mit dem besonderen Flair des Schlosses und des Saales bereits vertraut, traten sie doch bereits im August 2016 schon einmal hier auf, damals im Duo. Das mag der Kultur- und Musikjournalistin Dr. Barbara Steingießer, Initiatorin und künstlerische Leiterin der Jazz-Reihe, in die Hände gespielt haben, als es ihr gelang, das zwischen Hamburg, Paris und London tourende Yaron Herman Trio erneut nach Düsseldorf vor ein zahlenmäßig sehr viel …

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Die Trompeterin Heidi Bayer – ein Porträt

„Es macht mir einfach keinen Spaß, andere nachzuspielen“ – Sie hat sich als feste Größe in der Kölner Jazzszene und vielerorts in Deutschland etabliert. Sie spielt gleichermaßen gern in Bigbands wie in kleinen Formationen, seien es die von Kollegen oder in ihrer eigenen Band. Sie beherrscht ihre Instrumente Trompete und Flügelhorn meisterhaft. Sie liebt Jazz und interpretiert ihn auf ihre ganz eigene Art. Sie hat in beeindruckender Weise ihren Weg aus dem fränkischen Kulmbach, wo sie 1987 geboren wurde, über Studien in Marburg, Mainz und Miami bis in die vitale rheinische Szene zurückgelegt – die Jazzmusikerin Heidi Bayer. Im Gespräch erweist sie sich als zugewandte, ernsthafte als auch humorvolle und lebensfrohe junge Frau. Ihr Curriculum Vitae könnte als Vorbild gelten für junge Jazzmusikerinnen, die fest an sich glauben, unentwegt an sich arbeiten, um sich in der noch immer männlich dominierten Jazzwelt zu behaupten und sich schließlich eine Existenz als  professionelle Musikerin aufzubauen. Dabei wurde sie, wie sie nicht müde wird, dankbar zu betonen, während ihrer musikalischen Ausbildung stets von ihren Eltern unterstützt. Das war nicht selbstverständlich, denn sie und ihr älterer Bruder wuchsen keineswegs in einem …

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Mette Nadja Hansen und Johannes von Ballestrem – Eine Jazz-Hommage an die „Geliebte Clara“

In Bonn wird nicht nur in jedem Jahr Ludwig van Beethoven, der große Sohn der Stadt, mit einem wochenlangen, international besetzen Musikfest geehrt. Auch Robert Schumann, der die zwei letzten Jahre seines Lebens in Bonn verbracht hatte, wenn auch in beklagenswertem Zustand, wird in der Bundesstadt in besonderer Weise gewürdigt, mit einem jährlichen Schumannfest, das jetzt vom 1. bis 16. Juni zum 22. Male stattfand, diesmal unter dem Motto „Geliebte Clara“. Aus Anlass ihres 200. Geburtstages am 3. September wurde Schumanns Ehefrau und Mutter seiner acht Kinder in mehr als zwei Dutzend Konzerten sowie Theater- und Filmvorführungen als bedeutende Musikerin gefeiert. Sie galt als berühmteste Pianistin ihrer Zeit, wurde aber als gleichwertige Komponistin nicht anerkannt, denn Frauen wurde die öffentliche Aufführung ihrer Werke nicht zugestanden. Fanny Mendelssohn, Felix’ begabter Schwester, erging es bekanntlich ebenso. So wurden während des Schumannfestes auch einige, bisher unbekannte Kompositionen Clara Schumanns aufgeführt. Ein Abend in dem von der Klassik bestimmten Schumannfest blieb dem Jazz vorbehalten. Clara Schumann und Jazz? Welche Berührungen könnten sich da ergeben, welche Antworten die engagierten Jazzmusiker finden? Nun, der in Bonn gebürtige, in Berlin lebende Pianist …

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„Offenbach meets Jazz“ – Eine Würdigung durch die Kölner Musiker Laia Genc und Radek Stawarz

Köln feiert in diesem Jahr mit großem Aufwand und zahlreichen Konzerten und Events den 200. Geburtstag ihres großen Sohns Jacques Offenbach. Der am 20. Juni 1819 geborene Jacob Offenbach war bereits mit vierzehn Jahren wegen seines augenfälligen musikalischen Talents von seinem Vater, einem jüdischen Kantor, nach Paris geschickt worden. In der damals führenden Kulturmetropole Europas entwickelte sich Jacques, wie er nun hieß, in erstaunlich kurzer Zeit zu einem erfolgreichen Theatermusiker und Komponisten weltweit gefeierter Operetten, einer neuen Musikgattung, die er 1858 mit „Orpheus in der Unterwelt“ gewissermaßen „erfunden“ hatte. Unzählige Werke des unermüdlichen, mit unerschöpflichem Einfallsreichtum gesegneten Komponisten und Theater- und Orchesterleiters folgten. In die Offenbach-Feierlichkeiten der Kölner Hochkultur wollte Marina Barth, die Principalin des Kabarett-Theaters „Klüngelpütz“, das auch dem Jazz verbunden ist, einen spezifischen Kontrapunkt setzen. Sie schätzt an Offenbach das Musikantische – Virtuosität, Improvisation, Leidenschaft, Spaß, die Vielfalt kultureller Einflüsse, allesamt Ingredienzen des Jazz. Für die Umsetzung des auf den ersten Blick gewagten Mottos „Offenbach meets Jazz“  waren zwei dem Hause verbundene Musiker geradezu prädestiniert: Laia Genc, die mehrfach ausgezeichnete Kölner Pianistin und Komponistin mit deutsch-türkischen Wurzeln, und Radek Stawarz, der in der …

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Abschied mit der Hoffnung auf ein Wiedersehen: Chefdirigent Michael Abene verlässt die WDR Big Band

Von Dietrich Schlegel. „Tomorrow Is Just Another Tomorrow“ – der heitere Gelassenheit ausdrückende Titel dieser Ballade, die Michael Abene eigens für sein Abschiedskonzert als Chefdirigent der WDR Big Band geschrieben hat, klingt wie das Lebensmotto dieses Meisters des großochestralen Jazz. Als 2003 Zeit in die Dienste einer – wie er bald feststellte – „der besten Big Bands überhaupt“ eintrat, hatte er nie damit gerechnet, dass sein Vertrag so oft verlängert wurde, dass am Ende, wie er jetzt belustigt gern wiederholte, die krumme Zahl „eleven plus“ stand. Und noch immer hat er nicht genug von diesen „wonderful musicians, great soloists and the ensemble band on such a quite high level“. Am 26. September wird er ein Konzert mit John Abercrombie leiten. Und er hofft, auch später noch ein-, zweimal pro Jahr als Gastdirigent nach Köln – „the city is great“ – eingeladen zu werden, zumal es für amerikanische Verhältnisse nur einen Katzensprung ist hinunter nach Graz, wo er seit 2011 am KUG Jazz Institut eine Professur innehat und mit seiner Frau und Managerin Gretchen eine Wohnung besitzt. Am 2. Juli, sechs Tage nach seinem Abschiedskonzert im …

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