Arne Reimers Jazz Heroen

Arne Reimer und Titelheld Jon Hendricks. Foto: Arne Reimer

Ein Jahr nach dem Erscheinen seines ersten Bandes „American Jazz Heroes“ legt Fotograf Arne Reimer nach. Am 10. Mai erscheint das noch opulenter geratene „American Jazz Heroes Volume 2“. Der Bildband  führt jedoch nicht einfach das Erfolgsrezept fort, verdiente, aber etwas in Vergessenheit geratene Pioniere des US-Jazz zu würdigen: Dieses Mal werden auch große Stars wie Sonny Rollins, Ornette Coleman, Roy Ayers, Billy Cobham oder auch Archie Shepp und Steve Swallow mit Carla Bley in Wort und Bild porträtiert. Viele davon konnte Autor und Fotograf Arne Reimer exklusiv zu Hause besuchen.

Seit gestern nachmittag ist es offiziell: der Autor und Fotograf Arne Reimer wird für seine beiden Bücher AMERICAN JAZZ HEROES und AMERICAN  JAZZ HEROES VOLUME 2 dieses Jahr mit dem Sonderpreis des ECHO JAZZ ausgezeichnet (Verleihung am 1. Juni).

 Arne Reimer konnte seine Gesprächspartner bei seinen Besuchen wieder dazu bringen, tief in der Schatzkiste ihrer Erinnerungen zu graben. Fernab jeder geschäftlich motivierten Promotion-Routine öffnen sie sich  – und so kommt Spannendes und oftmals schier Unglaubliches aus acht Jahrzehnten Jazzgeschichte ans Tageslicht. 

So erinnert sich der 94-jährige Jon Hendricks, der mit wehmütig in die Ferne schweifendem Blick das Cover ziert, in einem besonders berührenden Kapitel an die Zeiten der großen Depression oder seine Erlebnisse als US-Soldat im 2. Weltkrieg; aus Not zum Deserteur geworden, drohte ihm fast ein Todesurteil: „Heute reden die Leute immer davon, wie hart unsere Zeit ist, aber verglichen mit damals haben wir jetzt eine luxuriöse harte Zeit.“ Sonny Rollins erweist sich als ein auch im hohen Alter noch Suchender und philosophiert über den Jazz an sich: „Jazz ist ja nicht wie ein Buch, das man nach dem Lesen zuschlägt. Jazz geht immer weiter, es gibt kein Ende, sondern immer etwas Neues.“ Sonny Simmons schildert, wie er 15 Jahre als arbeitsloser, obdachloser Junkie überleben konnte: „Nur mein Horn hat mich am Leben gehalten.“ Gary Burton erläutert, warum er sich nicht schon in den 60er-Jahren zu seiner Homosexualität bekennen konnte: „Ich wollte absolut nicht schwul sein – es hätte im Jazzgeschäft damals meine Karriere beenden können.“ Und Gunther Schuller, Sohn deutscher Auswanderer, schildert, wie sein Vater – selbst Violinist bei den New Yorker Philharmonikern – fast einen Herzinfarkt erlitt, weil sein Sohn Duke Ellingtons Musik plötzlich so großartig fand wie die von Beethoven und Mozart.

Auch einige inzwischen in Europa lebende Musiker hat Reimer besucht. Etwa Billy Cobham, der in die Schweiz zog, um der künstlerisch wenig befriedigenden Session-Tretmühle in New York zu entkommen. Oder auch den in Kopenhagen in einem Pflegeheim lebenden Horace Parlan, der trotz vieler Schicksalsschläge – er ist erblindet und kann wegen einer Lähmung nicht mehr Piano spielen – dankbar auf sein Leben zurückschaut: Dass er überhaupt so alt geworden sei, habe er wohl seiner Umsiedlung nach Dänemark in den 70ern zu verdanken – in den Straßen von New York habe es damals zu viele Drogen und zu viel Gewalt gegeben.

Ohnehin zieht sich durch das ganze Buch ein angesichts mancher Schicksale erstaunlicher Optimismus: „Ich erlebe seit einigen Jahren meine eigene Renaissance“, freut sich etwa Bunky Green. Und auch Les McCann, der nach einem Schlaganfall nicht mehr laufen kann, sprüht vor guter Laune und Humor. Wer dieses Buch in die Hand nimmt, erfährt also nicht nur etwas über den Jazz und einige seiner wichtigsten Protagonisten – sondern womöglich auch über die Kunst, ein glückliches Leben zu führen.

Dank seiner gewachsenen guten Beziehungen in die US-Jazzszene konnte Arne Reimer noch mehr Künstler als beim ersten Buch zu Hause besuchen, sodass insbesondere die Fotoporträts noch näher, noch intimer erscheinen. Auf den Bildern sieht man vielen Musikern an, dass ein hartes Leben hinter ihnen liegt, und man erkennt zuweilen auch, dass ihre heutigen Lebensumstände alles andere als einfach sind: Die Kamera beschönigt nichts, bleibt aber immer respektvoll.

„Respekt“ zieht sich auch durch das Vorwort, für das der wohl prominenteste Vertreter einer jüngeren Jazzgeneration gewonnen werden konnte: „Ich fühle mich ein bisschen unwürdig, über sie zu schreiben, weil ich sie so sehr bewundere“, schreibt der weltweit gefeierte Jazzsänger Gregory Porter bescheiden. Er würdigt die amerikanischen Jazz-Heroen als charismatische Persönlichkeiten mit einer Aura, die über ihre Musik hinausreicht, und stellt fest: „Als Sänger eifere ich diesen ‚American Jazz Heroes’ nicht klanglich nach, aber spirituell befinden sie sich ohne jeden Zweifel in meiner Musik.“

Als Bonus vorangestellt ist dem Buch ein exklusiv hierfür verfasstes Gedicht von Prof. Markus Lüpertz, in dem dieser den Jazz als „ein Geschenk der Götter an die Menschen“ beschwört, der jeden „Ballast gewohnt leicht nimmt, so lange es gilt der Nachtigall ihr Lied zu stehlen um dieses Lied in wunderbare breaks zu zerfleischen.“

HARD FACTS

Insgesamt 50 persönliche Porträts in Worten und Bildern

Mehr als 30 bis dato unveröffentlichte Porträts

Über 236 Farbfotos – fast 60 mehr als in Volume 1

Vorwort von Gregory Porter

Exklusives Gedicht „Jazz” von Prof. Markus Lüpertz

Herausgegeben von Götz Bühler und Axel Stinshoff für Jazz thing

Hörtipps zu jedem Künstler von Jazz-thing-Autoren

240 Seiten im LP-Cover-Großformat

Gewicht: über 2 kg

Hochwertiger Bilderdruck

Preis: 55 €

ISBN 978-3-9815858-1-0

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