Beruf: Jazzmusiker (8) – Unterricht und Unterrichtsvergütung

Auch wenn viele (Jazz-)Musiker ihren Lebensunterhalt gerne allein durch das Musikmachen finanzieren können würden, gibt eine große Mehrheit von ihnen zusätzlich Unterricht, um über die Runden zu kommen.
Unterrichtet wird in den eigenen Räumlichkeiten, an einer privaten oder städtischen Musikschule oder an einer der derzeit gut 20 deutschen Musikhochschulen. Jede dieser Unterrichtsarten hat ein eigenes Anforderungsprofil mit jeweils eigenen Reizen, Schwerpunkten und Schwierigkeiten. Welchen Umfang dabei die Vermittlung von Improvisation im Allgemeinen und Jazzmusik im Speziellen haben kann, hängt nicht in erster Linie von der Unterrichtsstufe, sondern vom jeweiligen Schüler ab.

Die Nachfrage nach Musikschulunterricht und Musik-Studienplätzen in Deutschland ist unverändert hoch. Die Unterrichtsqualität ist in der Regel ebenso hoch und wird durch einen konstanten Zulauf von bestens ausgebildeten Musikern gesichert. Alles bestens also, könnte man denken.
Leider jedoch macht sich der vermeintliche Sparzwang in Politik und Gesellschaft auch im Unterrichtsbereich deutlich bemerkbar.

Waren noch vor einigen Jahren Festanstellungen mit Vergütung nach Bundes-Angestelltentarif an städtischen Musikschulen keine Seltenheit, fallen inzwischen viele Musikschulen ganz aus dem Geltungsbereich von Tarifverträgen; feste Stellen werden gestrichen und durch Honorarverträge ohne soziale Absicherung und mit dramatisch schlechterer Bezahlung ersetzt.
So besteht heute zumeist ein krasses Missverhältnis zwischen Leistung und Vergütung der Musikschullehrer.

Die für den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) zuständige Gewerkschaft ver.di hat ermittelt, dass freiberufliche Musikschullehrkräfte je nach Qualifikation und Berufserfahrung zwischen 27 € und 39 € für eine Einzelstunde à 45 Minuten bekommen müssten, um TVöD-vergleichbar bezahlt zu werden.

In Berlin sahen sich alle Lehrkräfte ohne Festanstellung – und damit etwa 95% aller Berliner Musikschullehrer! – kürzlich gezwungen, neue Verträge zu unterschreiben, die ihnen maximal 23 € für 45 Minuten bieten und zudem statt eines Pauschalhonorars die Einzelabrechnung jeder geleisteten Unterrichtseinheit vorsehen, inklusive Belegpflicht seitens der Lehrer. Fällt der Unterrichtstag auf einen Feiertag, gibt es kein Honorar. Sagt der Schüler ab, gibt es kein Honorar. Für Musikschullehrer ein untragbarer Zustand – und dennoch: mangels Alternativen haben nach anfänglichen Protesten die meisten Lehrer die neuen Verträge unterschrieben.

Musiker sind derzeit also in allen ihren angestammten Tätigkeitsfeldern (Livemusik, Tonträgerverkauf, Einnahmen aus Urheber- und Leistungsschutzrechten, Unterricht, …) unmittelbar von massiven Kürzungen und Umbrüchen betroffen. Dieser zeitliche Zusammenfall mehrerer berufsbedrohender Verdienstausfälle ist es, der die Lage für uns so bedrohlich macht.
Mindereinnahmen aus einem Bereich mit Mehreinnahmen aus einem anderen Bereich zu kompensieren ist schwierig genug, aber dieses Jonglieren sind wir gewohnt. Wenn es jedoch keinen Bereich mehr gibt, in dem wir die benötigten Mehreinnahmen erzielen können, steht bei unserem Einkommensniveau schnell die finanzielle Existenz auf dem Spiel.

Wie auch im Livemusik-Bereich haben vielerorts Musiker beschlossen, sich zu vernetzen, um gemeinsam und mit kreativen Lösungen ihre Situation zu verbessern. Sie veranstalten pädagogische Kinder- und Schulkonzerte, geben Workshops oder Bandcoachings. Eine mangelhafte staatliche Infrastruktur können diese privaten Eigeninitiativen aber niemals auffangen, geschweige denn ersetzen.

Deutschland liegt in der Länderrangliste des Pro-Kopf-Einkommens auf Platz 18 von 186. Wir sind ein reiches Land. Unsere Gesellschaft will und braucht Musik – also braucht sie Musiker, also braucht sie Musiklehrer, und sie kann es sich auch leisten, diese für ihre Arbeit angemessen zu bezahlen. Sie muss es nur wollen.

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