Education sucks!

Im Jazz ist die musikalische Bildung so weit fortgeschritten wie nie. Überall gibt es Landesjugendjazzorchester, in denen die Kids ihre Fähigkeiten schon im Teenageralter ausbilden können. Jazzmusiker an Musikschulen sorgen als Lehrkräfte dafür, dass der Nachwuchs weiterhin sprießt und die bösen Hip-Hopper mit den schweinischen Texten nicht die Oberhand gewinnen. An den Musikhochschulen gehen genug Studienbewerbungen im Jazzbereich ein, um den Bedarf mehrfach zu decken. Großes Interesse offenbar am universitären Jazz…

Wie kommt es dann, dass ein an der HMT München veranstalteter 3-Tages-Workshop mit solidem Dozenten-Lineup (Randy, Brecker, Billy Cobham, Nathan Davis, Abraham Laboriel, Patrice Rushen) so geringen Zulauf von außen bekommt? Der Workshop war ausdrücklich nicht an Studenten, sondern an ambitionierte Laien gerichtet, denen man eine Gelegenheit bieten wollte, mit Profis neues Terrain zu erkunden. Eine beschränkte Öffnung der Hochschule für Interessierte. Am vergangenen Wochenende saßen den Dozenten dann doch überwiegend Studenten der Hochschule gegenüber – der erhoffte Ansturm der Amateure blieb aus.

Gut, einige waren es doch und die konnten beim Workshop-Konzert zeigen, was im Laienbereich möglich ist, wenn man konzentriert arbeitet und die richtige Unterstützung hat. Kompliment! Wo aber waren die so zahlreichen jungen Studienanwärter, die sich auf die Hochschule vorbereiten wollen, die Hungernden aus der zweiten Reihe, die zum engen Kreis vorstoßen wollen? Wo waren diejenigen, die sich zwar für einen anderen Beruf entschieden haben, aber die Musik als Leidenschaft pflegen und so weit wie möglich treiben wollen?

Wer schon einmal bei einer Aufnahmeprüfung an einer Musikhochschule in einem beliebigen Jazz-Hauptfach dabei war, weiß, dass von mindestens 20 Bewerbern im Idealfall drei aufgenommen werden, bei populären Instrumenten ist die Konkurrenz oft größer, oder die freien Plätze noch spärlicher. Wo also sind die 17 Pianisten, 17 Gitarristen, 17 Bassisten, 17 Drummer, 17 Saxophonisten geblieben, die man beim letzten Mal nach Hause geschickt hat? Woran hat’s gelegen, dass die Studenten trotz der temporären Öffnung weitgehend unter sich blieben?

Hat man zu wenig Werbung gemacht? Waren die Dozenten nicht interessant genug? Bietet YouTube oder die örtliche Musikschule doch alles, was man zum Fortkommen am Instrument braucht? Ist der Preis von 250 Euro für drei Tage Workshop zu hoch gewesen?

Sind die Jugendlichen allmählich satt von ihren vielen Möglichkeiten oder den immerwährenden Anstrengungen der Erwachsenen, etwas Sinnvolles in sie hineinzustopfen? Vielleicht war Playstation-spielen doch interessanter. Vielleicht hat das Jazzinstitut der Hochschule für Musik und Theater München aber einfach auch nur zu wenig Facebook-Freunde…

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2 Kommentare

  1. Lieber Jörg, ich denke, du überschätzt derartige Veranstaltungen, zumal es doch Fortbildungsangebote gibt. Und du überschätzt auch die Möglichkeit, Kohle aufzubringen, und du unterschätzt die Zugangsschwelle Hochschule. Der akademische Rahmen ist, wie auch immer, speziell.

    Ich habe eine Veranstaltung über Neue Musik für Viola an der Hanns-Eisler-Hochschule besucht (für Gasthörer immerhin kostenlos). Ja glaubst du, es wären da viele Bratschenstudenten eingetrudelt? Und glaubst du, die hätten irgendetwas vorbereitet gehabt außer – man möchte stöhnen uns schon sagen, immerhin – Hindemith!

    Die Diskussion lief dann zwischen Dozenten und Gasthörern (die als Musikinteressierte freiwillig kamen) ab. Über Art und Technik von Musik, Notation und Schwieigkeiten etc.Deswegen war ich erstaunt, dass du erwähnst dass immerhin Hochschiulstudis da waren – apropos mussten die auch mit 250 € ran?

    fragt sich Hufi

  2. Wenn nicht einmal ehemalige Studenten von so einem hochkarätigen Workshop erfahren, muss wohl etwas schief gegangen sein. Mund zu Mund Propaganda ist heute nicht mehr ausreichend.
    Das es funktionieren kann zeigen private Ausbildungsstätten die sich vor zahlenden Studenten kaum retten können. Ich denke auch nicht dass die HMT München an die öffentlichkeit als „Volkshochschule“ herangeht und soviele Besucher wird es auf der HMT Homepage, außer aus den eigenen Reihe, wohl nicht geben.
    Bevor man sich über die ärgert die nicht kommen sollte man sich überlegen ob sie überhaupt bescheid wissen. Vielleicht hilft nächstesmal einfach mehr Promotion, Werbung an öffentlichen Einrichtungen, kooperationen mit Jazzclubs, privaten Einrichtungen und anderen Musikhochschulen, Social Networking (nicht nur an die Freunde der HMT München)…….
    Wenn dann die Münchener Szene und das gemeine Jazzvolk über etwaige Aktionen, vielleicht auch die kostenfreien die es schon gibt, der Hochschule bescheidwissen, vielleicht schaut es dann anders aus? Vielleicht hilft das ja mehr sich um diese Leute zu kümmern, als sie als Spielsüchtige und Kulturbanausen anzuprangern?
    Wer weiss es?
    Vielleicht mal ausprobieren
    teu teu!!?

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