Helge Schneider und der Jazz

Ein Ausschnitt aus einem Interview von Ulrich Habersetzer in der aktuellen Printausgabe der JazzZeitung 5-13 – „Helge Schneider ist ein Gesamtkunstwerk: Musikclown, Komiker, Schauspieler, Filmemacher, aber auch großartiger Jazzmusiker und genialer Improvisator. Auf fast allen seiner CDs finden sich zwischen den Helge-Schneider-Spaßliedern auch Jazzstandards. In seiner Live-Band spielen Jazzgrößen wie Schlagzeuger Pete York oder Tenorsaxophonist Scott Hamilton. Auch in seinem aktuellen Film, der Krimikomödie „Im Wendekreis der Eidechse“, hört man Jazzklänge. Ulrich Habersetzer hat mit Helge Schneider über seine jazzige Seite gesprochen. JazzZeitung: Wann und wie wurden Sie Jazzfan? Helge Schneider: Ich bekam, als ich 12 Jahre alt war, von meiner Oma ein kleines, rotes Radio mit Batterie geschenkt. Damals habe ich mit meinem Vater zusammen in einem Zimmer geschlafen, so Fuß-an-Fußende. War ein schmales Zimmer und wir waren sechs Leute in einer kleinen Wohnung. Dann habe ich unter der Bettdecke, wenn er schlief, heimlich Radio gehört, das ist wirklich wahr! Über Mittelwelle bekam man einen englischen Sender oder auch einen Ami-Sender rein. Jazz und Blues, Louis Armstrong, aber auch Jimi Hendrix, Roland Kirk und Memphis Underground mit Herbie Mann. Die Querflöte habe ich also …

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Freier Jazz – arme Kunst

Zum Interview von Karl Lippegaus mit Peter Brötzmann – Peter Brötzmann hat vor kurzem Karl Lippegaus ein Interview gegeben, das sich insbesondere mit dem Verhältnis von künstlerischer Freiheit und finanziellem Auskommen beschäftigt und sinnigerweise mit „Freiheit macht arm“ überschrieben ist. Vorweg: In den Aussagen von Brötzmann findet der schon seit Jahrhunderten geäußerte Widerspruch Ausdruck, dass die Kunst frei sein soll, dass sie andererseits bezahlt werden will oder anders: Der Künstler will keine Beschränkung in seinem Schaffen erfahren, aber trotzdem oder gerade deshalb soll er davon leben können. Die Frage ist: Wer zahlt? Brötzmann möchte – das ist noch einigermaßen verständlich – nicht dem Staat auf der Tasche liegen, und der Veranstalter soll eine angemessene Gage zahlen. Kurios ist hier nur, dass der Veranstalter ohne öffentliche Förderung (gespeist aus unseren Steuergeldern) meist gar nicht zahlen könnte, auf keinen Fall angemessen und erst recht nicht für eine Musik, die Brötzmann spielt – mit Verlaub. Da dieser Widerspruch rein subjektiv nicht aufzulösen ist, bleibt es – geliebt oder nicht – der Lobby – beispielsweise der Union Deutscher Jazzmusiker und der Bundeskonferenz Jazz- überlassen, Möglichkeiten der Förderung mit dem …

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Die Jutta Hipp-Story, nacherzählt von Dietrich Schlegel

[Dieser Text ist in der Printausgabe 4-13 erschienen.] Am 7. April jährte sich zum zehnten Mal der Todestag der Jazzpianistin Jutta Hipp – Anlass für die Saxophonistin Ilona Haberkamp, „Europe’s first lady of Jazz“ und „first white European woman on Blue Note“ mit einer ungewöhnlichen CD zu würdigen. „Cool is Hipp is Cool“, im Februar aufgenommen, von Laika Records produziert und im Mai veröffentlicht, wurde zu einer gelungenen Hommage an eine singuläre Musikerin und Künstlerin, die in der Geschichte des deutschen und europäischen Jazz der Nachkriegszeit einen wichtigen Platz einnahm, nicht zuletzt als für lange Jahre einzige Instrumentalistin in der Männerwelt des Jazz. Unvergessen sind ihre umjubelten Auftritte auf den Frankfurter Jazz-Festivals von 1953 bis 55. Die junge attraktive Frau, in Leipzig geboren und aufgewachsen, 1946 in den Westen geflüchtet, war ein Star. Auch der einflussreiche amerikanische Jazzkritiker Leonard Feather war von ihr beeindruckt, als er sie bei einem Auftritt mit ihrem Quintett in einem Jazzclub in Duisburg ausfindig gemacht hatte. Er lud sie nach New York ein, wo sie Ende 1955 eintraf, monatelang auf ihre Spielerlaubnis warten musste, aber dann ein von Feather vermitteltes …

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Ror Wolf. Foto: ???
Ror Wolf.

Ror Wolf zum 80. Geburtstag

Der vielfach ausgezeichnete Schriftsteller Ror Wolf, ein Virtuose der Sprache, der nicht zuletzt wegen seiner Hörspiele und Radiocollagen auch einem breiteren Publikum bekannt wurde (Stichwort: Fußball), hat sich Jazzmusikern und –fans vor allem durch sein großartiges Hörspiel „Leben und Tod des Kornettisten Bix Beiderbecke aus Nordamerika“ eingeprägt. Wolf zeichnet darin in ungemein fesselnder Weise das tragisch kurze Leben des wichtigsten Musikers des Chicago-Stils nach, der genial, aber nie mit sich zufrieden, bereits mit 28 Jahren dem Alkohol erlag. Die1986 mit Christian Brückner in der Titelrolle entstandene ARD-Produktion wurde unzählige Male wiederholt und gilt als eines der erfolgreichsten deutschen Hörspiele überhaupt, für das Wolf 1988 den renommierten Hörspielpreis der Kriegsblinden erhielt. Der in Saalfeld / Thüringen geborene Autor hatte schon als Jugendlicher den Jazz für sich entdeckt. Auf die Frage, was das Besondere an seiner Neigung zum Jazz sei, erwiderte er dem Berliner „Tagesspiegel“ in einem Interview anlässlich seines 80. Geburtstags: „Das Besondere ist, dass ich (den Jazz) in der DDR kennen gelernt habe, wo er nicht geradezu verboten, aber unerwünscht war. Eine Sache, die man gern hat, aber nicht leicht erreicht, erhöht ja ihre Wirkung.“ …

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Was will die UDJ? – Julia Hülsmann im nmz-Interview

Die Berliner „Initiative für einen starken Jazz in Deutschland“ hat die hiesige Jazzszene ordentlich durchgeschüttelt. Jedenfalls ihre politische Vertretung, die Union Deutscher Jazzmusiker (UDJ). Die ist gewissermaßen von der Initiative übernommen worden und eine der Schlüsselfiguren, die Pianistin Julia Hülsmann, hat den bisherigen Vorsitzenden der Union Manfred Schoof abgelöst. Was ist neu? Was bleibt? Welche Ideen hat die neue Führung der UDJ? Nachzulesen im nmz-Interview mit Julia Hülsmann

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Herbie, eine Legende startet durch…

Seit dem 23. Oktober 2010 ist Herbie Hancocks auf Europatournee, ab heute beginnen mit seinem Konzert im Festspielhaus Baden-Baden die Deutschlandtermine. Zum Deutschland-Tourstart hat Oliver Hochkeppel für nmz-online ein Interview mit Hancock geführt über Miles und John Lennon, über Jazz im 21. Jahrhundert und Hancocks Motivation bei „The Imagine Project“ mit Rock-Pop-Größen wie Pink, Seal, Jeff Beck, Dave Matthews u.a. Die weiteren Termine: 17.11. Baden-Baden, Festspielhaus 18.11. Heidelberg, Stadthalle 20.11. Dortmund, Konzerthaus 22.11. Bremen, Glocke 23.11. Frankfurt, Alte Oper 24.11. Hamburg, Laeiszhalle 25.11. Köln, Philharmonie 02.12. Stuttgart, KKL Hegelsaal Links: http://www.herbiehancock.com/

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Musikant Quasthoff – zum Thema U & E

Habe heute den Pianisten Frank Chastenier zu seinem neuen Album „Songs I’ve Always Loved“ interviewt. Unter anderem zu meinem Lieblingsthema U und E. Das meint er dazu: „Ich halte von diesen Unterscheidungen gar nix. Gute Musik, schlechte Musik, das ist auch wieder eine Geschmacksfrage. Aber es gibt definitiv gut gemachte und auch schlecht gemachte Musik, das gibt es in der Klassik genauso wie in allen anderen Bereichen. Ich bin meinen Eltern sehr dankbar, dass ich so groß geworden bin, da lief alles kunterbunt durcheinander. Das ist auch der Grund, warum ich die Möglichkeit habe, viele Stilistiken zu spielen. Für mich existiert das nicht. Wenn man aufwächst mit kompletter Ernährung, darf man nachher nicht sagen, die Muttermilch war jetzt nicht das beste, es also gegenüber dem anderen Produkt abwerten. Ich kann das nicht. Für mich ist alles gleichwertig, das Wichtigste ist, die Musik muss mich irgendwo berühren. Da ist es mir völlig egal, was das für eine Musikrichtung ist. Das sieht man zum Beispiel auch an jemanden wie Thomas Quasthoff, der auch so aufgewachsen ist, da gibt es eine Aufnahme, auf der er als Dreijähriger einen …

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Jazz-Mütter

Habe gestern die Sängerin Lisa Wahlandt zu ihrer neuen CD „Stay a while“ (enja) interviewt, unter anderem zum Thema Mutterschaft: Wie hat sich ihre Musik, ihr musikalisches Leben dadurch verändert? Hier ein kurzer Ausschnitt: „Ich hatte eine  Art Wellenerfahrung: Während meines ersten Auftritts knapp zweieinhalb Monate nach der Geburt dachte ich – wieso steh‘ ich bitteschön hier? Das hat einfach nicht gepasst, wenn man sich noch in dieser abgeschlossenen Welt befindet. Man will sich gar nicht selbst im Mittelpunkt stehen sehen, weil das Kind ganz den Platz in seinem eigenen Zentrum einnimmt. Danach ging es aber ganz easy weiter… Und jetzt merke ich, dass wieder etwas Neues beginnt…“ Das gesamte Interview in der nächsten Jazzzeitung, Ausgabe 3-10. (http://www.jazzzeitung.de) Und diese Zitate einer anderen späten „Jazz-Mutter“, die noch ein bisschen berühmter ist als Lisa, nämlich Diana Krall, möchte ich den geneigten JazzZeit-Leserinnen und -Lesern auch nicht vorenthalten: „Meine Zwillinge Frank und Dexter sind im Dezember zwei geworden. Die Jungs sind wirklich extrem quirlig und zugleich das größte Glück, dass mir in meinem Leben je passiert ist. Wir versuchen aber, die beiden an Musikerzeiten zu gewöhnen. Unser …

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Echo Jazz – Raus aus dem Kellermief?

So wirklich will sich im ernsthaft verbissenen Deutschland keiner über den neuen Wurf der hiesigen Musikindustrie, den ECHO JAZZ, freuen. Warum eigentlich nicht? Liegt wohl am bereits redlich verdienten kommerziellen Image seiner älteren Brüder ECHO und ECHO KLASSIK, bei denen man vermuten darf, dass die Champagnermarken für’s Catering schon getestet werden, bevor die Nominierungen rausgehen. Der moderierende Till Brönner ist bei dieser Sache vermutlich nicht die schlechteste Wahl – nicht weil er angeblich so gut aussieht, letztlich ist er optisch auch nur einer von uns Normalos –, sondern weil er zufällig auch noch passabel mit der deutschen Sprache umgehen kann. Also kein verbaler Rohrkrepierer ist. Soll’s ja geben unter Jazzern – viele Töne, wenig Silben. Was das ewige „Dressman“-Gegrummel angeht: Zerknautschtes Sakko und ausgelatschte Turnschuhe mit Existenzialisten-Kopfbedeckung dürfen sowieso nur noch Jazz-Rentner tragen. Nein, der Brönner ist schon richtig bei dieser Veranstaltung, die von ihrem Ausrichter mit professioneller Nüchternheit als „Musik-Entertainment-Marke“ beschrieben wird. Will wohl heißen, auch beim ECHO JAZZ steht die Präsentation im Zentrum der Aufmerksamkeit und man begreift sich zunächst einmal vor allem als Event. Klingt, ehrlich gesagt, nicht ermutigend, was die Auswahlkriterien …

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