Nolens volens politisch – auch Jazz & Co

In meinem letzten Eintrag habe ich ein paar Variationen über die Käuflichkeit der Jazzkritik publiziert. Die Angelegenheit hat weite Kreise gezogen. Unter anderem wurde nachgefragt, was denn das alles mit der Einladung zu einem Jazzfestival auf die Krim zu tun haben soll. Was denn diese tagespolitische Anspielung soll. Darauf will ich kurz eingehen ohne den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine selbst bewerten zu müssen. Aus der Ferne und der Nachrichtenlage heraus scheint das unmöglich. Nun: Kultur spielt auch in diesem Konflikt eine immer größere Rolle. So sind die Nachrichten, dass russische Beiträge (auch musikalischer Art) teilweise in der Ukraine ganz offen zensiert werden keine Neuigkeit. Wie es anders herum ist, ist mir leider nicht bekannt. Ich könnte mir aber vorstellen, dass dies auch von der Gegenseite praktiziert wird, verwunderlich wäre es nicht. Eine Einladung zu einem Jazzfest auf der Krim, deren Zugehörigkeit strittig ist zwischen der Ukraine und Russland, ist natürlich ein Versuch, Fakten herzustellen. Das betrifft aber nicht nur Jazzkritiker, die dorthin eingeladen werden sollen, sondern auch Musiker, die dort spielen. In der Meldung wurde als deutsche Combo der Auftritt des „Club des …

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Chris Barber erhält die German Jazz Trophy 2014 - a life for jazz in Stuttgart. Foto: Hans Kumpf

German Jazz Trophy 2014 an Chris Barber – Laudatio von Andreas Kolb

Der britische Posaunist und Bandleader Chris Barber wurde zum Abschluss des Festivals „Jazzopen“ in Stuttgart am 21. Juli mit der German Jazz Trophy 2014 der Stiftung Spardabank Baden-Württemberg, der Kulturgesellschaft Musik und Wort und der Jazzzeitung geehrt. Trotz eines gebrochenen Fußes war Barber im Rollstuhl und mit seiner 10-köpfigen Big Chris Barber Band nach Stuttgart gekommen, um im Event Center der Spardabank sein Publikum mit Swing, Blues und viel Power-Dixieland zu überwältigen. Vor dem Konzert übergaben Sparda-Vorstandsvorsitzender Martin Hettich und SWR-Moderator Markus Brock die von Otto Hajek gestaltete Trophäe an den ersten Posaunisten unter den inzwischen 14 Preisträgern seit 2001. Die German Jazz Trophy wurde bisher an den Altsaxophonisten Lee Konitz, die Pianisten Monty Alexander, Jacques Loussier, Paul Kuhn, Dick Hyman und Wolfgang Dauner, den Geiger Jean-Luc Ponty, die US-amerikanische Pianistin und Komponistin Carla Bley, den Trompeter Kenny Wheeler, den Mundharmonikaspieler Toots Thielemans, den Klarinettisten Hugo Strasser und den Big Bandleiter Erwin Lehn vergeben. Lesen Sie Ausschnitte aus der Laudatio von Andreas Kolb: „Ice Cream, schnelle Autos und Millionenhits“ Eigentlich ist Chris Barber Multiinstrumentalist: Er lernte zunächst Violine und Sopransaxophon. Später studierte er dann Posaune …

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Liberté, Egalité, Virtuosité: das 32. Jazzfestival Südtirol mit Frankreich-Schwerpunkt

Ein Bericht aus Südtirol – von Oliver Hochkeppel, Fotos von Ralf Dombrowski: Dass es im Laufe der vergangenen Jahre nicht nur wegen seiner besonderen Spielorte, sondern auch programmatisch eines der außergewöhnlichsten und spannendsten Festivals geworden ist, belegte die 32. Ausgabe des Südtirol Jazzfestivals gleich mit den beiden Auftaktveranstaltungen am vergangenen Wochenende. Zunächst hatte der Wunderakkordeonist Vincent Peirani – mittlerweile beim Münchner Label ACT unter Vertrag und nicht nur als frisch gebackener „Jazz Victoires“ Sieger vielleicht der im Moment herausragende junge französische Jazzer – eine „Carte Blanche“ für „Une Nuit Francaise“ erhalten. Basis des Abends war Peiranis aktuelles „Living Being“ Quintett mit Sopransaxofonist Emile Parisien, E-Bassist Julien Herne, Schlagzeuger Yoann Serra und Tony Paeleman am Fender Rhodes. Mit Parisien – den Peirani „meinen Bruder“ nennt und der soeben gleichfalls bei den Jazz Victoires erfolgreich war – verbindet ihn eine langjährige persönliche wie künstlerische Freundschaft, unlängst ist ihr Duo-Album „Belle Epoque“ bei ACT erschienen. Es verwunderte daher nicht, dass diese Kombinationen nahezu miteinander verschmolzen, dass Peirani seine einmaligen Fähigkeiten, nahezu jedes andere Instrument auf dem Akkordeon erklingen zu lassen, problemlos jeden Einfall improvisatorisch begleiten zu können und …

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Une nuit française – Auftakt beim Südtirol Jazzfestival 2014

Ein exklusiver Auftakt: Mit einer „französischen Nacht“ eröffnet der Akkordeonvirtuose Vincent Peirani das Südtirol Jazzfestivals 2014. Eigentlich wollte er Schlagzeuger werden. „Als mein Vater mir sagte, ich sollte Akkordeon lernen, glaubte ich erst, dass wäre ein Witz“, sagt Vincent Peirani. Er ließ sich dann doch überzeugen und machte sich mit 12 Jahren mit der komplexen Mechanik dieses Blasinstruments vertraut. Später entdeckte dieser Shooting-Star der jungen französischen Szene die klassische Musik und – als 16-Jähriger – den Jazz, nachdem ihm ein Freund eine CD von Bill Evans geschenkt hatte. Seitdem hat er einen lyrischen und nach innen gerichteten Sound entwickelt, der das melodische Akkordeonspiel mit virtuoser Perkussionsarbeit ergänzt. Dabei verwandelt er die „Ziehorgel“ zu einer bunten Wundertüte: Mal lässt er sie wie eine Kirchenorgel klingen, mal wie ein Klavier, mal wie eine menschliche Stimme. Der stilistische Rahmen reicht dabei vom Barock bis zum Pop. Im vergangenen Jahr stellte Vincent Peirani auf dem Südtirol Jazzfestival sein Trio-Projekt „Thrill Box“ mit Michel Benita am Bass und Michael Wollny am Klavier vor. Am 27. Juni gestaltet der 34-jährige Ausnahmemusiker, der alle bedeutenden internationalen Akkordeonwettbewerbe in Serie gewonnen hat und …

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Zweite Ausgabe des Starnberger SeeJazz-Festivals 2014

Nach dem Debut im letzten Jahr präsentiert sich das Starnberger See Jazz Festival 2014 mit seiner zweiten Ausgabe. Fünf international bekannte Gruppen treten im Zeitraum vom 9. bis zum 16. August in fünf Locations rund um den Starnberger See auf. Die Veranstaltungsorte lassen erahnen, dass die Besucher neben der Musik auch die Region um und sogar auf beziehungsweise im See kennenlernen sollen: Ob Roseninsel, das Museumsschiff in Tutzing oder das Schlossgut Oberambach – allesamt sind an sich schon Sehenswürdigkeiten. Bei der Auswahl der „Hörenswürdigkeiten“ legt der veranstaltende Verein SeeJazz e.V. großen Wert darauf, eine große Bandbreite der Stile innerhalb des Jazz vorzustellen. So findet sich neben einer Gruppe wie dem Radio String Quartett Vienna, bekannt für seine Adaptionen von Fusion-Stücken u.a. von John McLaughlins Mahavishnu Orchestra, bespielsweise auch eine dem Ska und der Folklore nahestehende Gruppe wie das Großmutters Hatz Salon Orkestar. Die Karten zu den einzelnen Konzerten sind an örtlichen Vorverkaufsstellen erhältlich. Zudem kann man die Tickets unter www.seejazz.de ordern. Dort finden sich auch nähere Informationen zu den Künstlern, Terminen und Veranstaltungsorten.

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Gewinner des 6. Europäischen Burghauser Nachwuchs-Jazzpreises ist das englische Elliot Galvin Trio

Über vier Stunden hat es gedauert und der Gewinner des 6. Europäischen Burghauser Nachwuchs-Jazzpreis stand fest: Das englische Elliot Galvin Trio. Alle fünf Teilnehmer des Finales haben für große Begeisterung beim Publikum gesorgt. Zum Auftakt des diesjährigen Wettbewerbs zeigte das Münchner Trio Levantino, dass musikalisches Können nicht allein vom Alter abhängt. Die Youngsters präsentierten mit viel Gefühl ihre wunderbare Mischung aus Jazz, Gipsy, Swing der dreißiger Jahre und modernen Grooves und eroberten die Herzen der Zuschauer im Sturm. Gefolgt wurde Levantino von der dänischen Formation Elliott. Die drei jungen Herren schafften es im Handumdrehen, auf der Bühne musikalische Filmsequenzen entstehen zu lassen. Mit wärmenden Tönen und sanften Harmonien erschufen sie Klangskulpturen, die ihren skandinavischen Einfluss nicht leugnen können. Jeweils 20 Minuten spielten die Bands, nach jedem Set zog sich die Jury zurück, um erste Eindrücke wirken zu lassen und die Ohren für die nächste Band zu klären. Als dritter Teilnehmer des Finales trat das Elliot Galvin Trio an, dessen Pianist auch Namensgeber der englischen Band ist. Stilistisch breit aufgestellt scheuten sie sich nicht, auch Pop-Elemente und Experimentelles aufzunehmen, zu überraschen und dann wieder Bekanntes in …

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Südtirol Jazzfestival Alto Adige 2014 – mit ChickCorea

Vom Freitag, den 27. Juni bis Sonntag, 6. Juli 2014 wird in Südtirol wieder der Jazz dominieren. Zum 32. Mal in Folge findet in diesem Jahr das beliebte Südtirol Jazz Festival Alto Adige statt.  So unterschiedlich wie die Musik der auftretenden Künstler sind auch in jedem Jahr die Austragungsorte der Konzerte: Schlösser, Almen, alte Bauernhöfe, Gassen und Straßen sowie Theatersäle werden zum Schauplatz verschiedenster moderner wie auch traditioneller Musik. Insgesamt 250 Musiker aus 20 verschiedenen Nationen nehmen auch an der 32. Ausgabe des Südtiroler Jazz Festival teil. An den 10 Festivaltagen treten in diesem Jahr rund 45 Bands auf, die an 55 unterschiedlichen Locations rund 100 Auftritte absolvieren. Die Konzerte gliedern sich in verschiedene Konzertreihen: von „Jazz night“ über Themenkonzerte wie „Jazz & Wine“ in Weinbauernhöfen, „Jazz on the Mountains“ in freier Natur oder „Jazz and the Cities“ und „Jazz & schools“. Neu ist dieses Jahr der Themenkreis „Jazz & social“, der in Zusammenarbeit mit sozialen Einrichtungen erarbeitet wurde. Die Vorbereitungen für das 32. Südtirol Jazzfestival Alto Adige, an dem das Programm- und Organisationsteam rund um Präsident Klaus Widmann schon seit Wochen arbeitet, laufen auf …

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45. Jazzwoche Burghausen 2014 mit Jamie Cullum

Die Internationale Jazzwoche Burghausen feiert in diesem Jahr ihr 45. Jubiläum mit einem hochkarätigen Programm, Grund genug, die ausführliche Pressemitteilung an dieser Stelle zu veröffentlichen. Schließlich pilgern Jazzfans aus ganz Deutschland und Europa Jahr für Jahr nach Burghausen – Zum nunmehr 45. Mal lädt die Interessengemeinschaft Jazz Burghausen zur Internationalen Jazzwoche in ihre Stadt an der Salzach – 45 Jahre, in denen Burghausen fest auf der Landkarte des Jazz verankert wurde. Grund genug auch in diesem Jahr, mit einem fulminanten Programm aufzuwarten, das Jazzpilger von Nah und Fern anlockt! Große Stars, musikalische Geheimtipps und hochkarätige Newcomer geben sich in Burghausen vom 25. – 30. März 2014 die Hand und sorgen wieder dafür, dass sich die Stadt zu Füßen der längsten Burg der Welt für eine Woche in das Mekka des Jazz verwandelt. Mit von der Partie: der charismatische Grenzgänger zwischen Jazz, Pop und Rock Jamie Cullum, NEA Jazz Master und Grammy Award-Gewinner Jack DeJohnette mit seinem drei Generationen übergreifendem Spring Quartet (Joe Lovano, Esperanza Spalding und Leo Genovese), Ausnahme-Trompeter Nils Petter Molvær und Gitarren-Spezialist Bill Frisell. Die vortreffliche Jazzschlagzeugerin und -bassistin Terri Lyne Carrington hat …

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Das kleine aber feine Festival „Vibraphonissimo“

Um ihrem Instrument ein Podium zu geben, beschlossen die beiden in Nürnberg studierenden Vibraphonisten Volker Heuken und Izabella Effenberg, eine spezielle Konzertreihe ins Leben zu rufen. Vom 22. bis 26. Januar wird nun in Nürnberg und Fürth das kleine aber feine Festival „Vibraphonissimo“ stattfinden. JazzZeitung: Wie kam euch die Idee zu diesem Festival und wie verlief die Umsetzung? Volker Heuken: Schon vor gut einem Jahr kam Izabella mit der Idee auf mich zu. In den ersten Wochen und Monaten mussten wir uns klar werden, welchen Rahmen das Ganze haben sollte und mit wem wir zusammenarbeiten würden. Mit dem Jazzstudio Nürnberg und dem Kulturforum Fürth haben wir dann schnell adäquate Partner gefunden. JazzZeitung: Was ist der Grundgedanke, die inhaltliche Ausrichtung des Festivals? Heuken: Wir wollen dem Vibraphon eine spezielle Plattform bieten und es während des Festivals von verschiedenen Seiten beleuchten: einerseits im Jazzband-Kontext (Herrenboutique) und im kammermusikalischen Jazz (Vibraxophonie, Mathias Haus Quartett), andererseits aber auch in einem experimentellen, stilübergreifenden, teilweise klassischen Zusammenhang (Metropolmusik). Darüber hinaus haben wir mit Bernard Maseli einen Virtuosen am Malletkat (eine Art E-Vibraphon) gewinnen können. JazzZeitung: Wie würdest du das Vibraphon charakterisieren, …

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Beruf: Jazzmusiker (3) – Mehr Selbstbewusstsein, bitte!

Im Laufe der Jahrhunderte hat sich unsere Vorstellung von Arbeit grundlegend gewandelt. Ursprünglich nur Mittel zum Zweck der eigenen Bedarfsdeckung (Sicherung des Lebensunterhalts), wurde die Arbeit mehr und mehr zum Selbstzweck und das Erwirtschaften von Gewinnen zum erklärten Ziel. Alsbald wurde nach Wegen gesucht, diese Gewinne zu maximieren. Mittlerweile ist es oberstes Ziel, den Vorgang der Gewinnmaximierung auch noch größtmöglich zu beschleunigen. Kurzfristige Rendite wird höher gewichtet als langfristige Entwicklung. Leider ist diese Form des Kapitalismus zu einer gesamtgesellschaftlichen Lebensphilosophie mutiert, mit dramatischen Folgen: es gilt das Recht des (wirtschaftlich) Stärkeren, Banken zerstören Volkswirtschaften, Börsen dulden Spekulationen mit Grundnahrungsmitteln, Konzernlobbyisten diktieren Politikern Gesetzestexte; jahrhundertealte Vorstellungen von Ethik und Moral werden scheinbar achselzuckend über Bord geworfen. Fast wirkt es, als wäre besonders in der westlichen Welt Geld das einzige, was manchen Menschen noch heilig ist.

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