Emperor Norton’s Hunch – Die Geschichte von Lu Watters

John Buchanan: "Emperor Norton‘s Hunch - The Story of Lu Watters" (Hambledon Productions Pty Ltd., Middle Dural/Australien, 160 S., 1996)
John Buchanan: „Emperor Norton‘s Hunch – The Story of Lu Watters“ (Hambledon Productions Pty Ltd., Middle Dural/Australien, 160 S., 1996)

Jazz-Kolumnist Joe Viera hat für uns den anglo-amerikanischen Büchermarkt im Blick. John Buchanans „Emperor Norton‘s Hunch – The Story of Lu Watters“ (Hambledon Productions Pty Ltd., Middle Dural/Australien, 160 S., 1996) darf in keinem gut sortierten Jazz-Bücherregal fehlen. Es erzählt die Geschichte des Jazz-Musikers Lu Watters, der die Yerba Buena Jazz Band gründete, mit vielen Fotos und einer Diskographie.

Von Joe Viera – Lu Watters – geb. am 19.12.1911 in Santa Cruz (Nord-Kalifornien) zeigte schon früh Interesse an Musik. In San Francisco, wohin die Familie 1925 gezogen war, spielte er Trompete in der High School Band.

Nach dem High School-Abschluß arbeitete er als Schiffsmusiker und ging dann mit einem   Musikstipendium an die University of San Francisco. Daneben wieder Tätigkeit als Musiker, was ihn schließlich veranlasste, sein Studium aufzugeben.

Von 1930-35 war er Mitglied des Lofner-Harris Orchesters, das sich an der Westküste einen Namen machte. Er wollte allerdings lieber älteren Jazz spielen – vor allem die Kollektivimprovisationen der Bläser hatten es ihm angetan. 1936 gründete er in San Francisco seine erste eigene Band, ein Quintett, und 1938 für ein längeres Engagement im Sweets Ballroom in Oakland ein 11-köpfiges Ensemble, mit dem er kommerzielle Musik und zwischendurch auch reine Jazztitel spielte. Das kam beim Publikum sehr gut an, aber beim Management des Ballrooms weniger. Er verlor den Job 1939 und beschloß, nur mehr mit einer Band zu spielen, die seinen Vorstellungen entsprach, oder die Musik aufzugeben. Er sammelte Platten von King Oliver (sein großes Vorbild), Louis Armstrong und Jelly Roll Morton, nahm an Jam Sessions mit gleichgesinnten Musikern teil und begann Anfang 1940 mit Proben einer festen Besetzung: 2 tp, cl,tb,p,bj (später zwei),tuba,dm.

Ab August 1940 hatte er regelmäßige Auftritte im Dawn Club in San Francisco (bis 1946). Seine Band nannte er Yerba Buena Jazz Band (nach dem früheren spanischen Namen von San Francisco). Zur Stammbesetzung gehörten der Trompeter Bob Scobey (1916-63), der Klarinettist Bob Helm (1914-2003), der Posaunist Turk Murphy (1915-87), der Pianist Wally Rose (1913-97) und der Banjospieler Clancy Hayes (1908-72). Scobey, Murphy und Hayes hatten später auch eigene Bands; Rose setzte sich sehr für eine Wiederbelebung des Ragtime ein.

Damit begann der Teil des New Orleans Revivals, der von jüngeren Musikern getragen wurde, die diese Musik nicht selbst entwickelt hatten (auch Pioniere wie Kid Ory und Sydney Bechet wurden damals wieder aktiv). In Australien war es der Pianist Graeme Bell (ab 1941), in England der Pianist George Webb (ab 1942), in Frankreich der Klarinettist Claude Luter (ab 1944), in Holland die Dutch Swing College Band (ab 1945), die ihre Liebe zum alten Jazz entdeckten und viele andere junge Musiker inspirierten – eine Entwicklung, die nichts anderes war, als das, was es etwa in der Klassischen Musik schon längst gab. Auch die Stile des Jazz lösen einander nicht ab (das wäre ein sehr enges, den Jazz auf eine reine Mode reduzierendes Denken), sondern sie kommen zu dem hinzu, was schon existiert. Man muß zwischen stilbildend und stilformend unterscheiden. Beides sind künstlerische Tätigkeiten, die den Gesamtbereich des Jazz nicht als etwas Statisches, Abgeschlossenes zeigen, sondern als das Ergebnis eines dynamischen Prozesses, bei dem im Grunde kein Ende abzusehen ist.

Die Yerba Buena Jazz Band spielte eine sehr kraftvolle, im Tutti (ihre besondere Stärke) manchmal grobe Musik mit viel drive (Lu Watters: „The beauty of jazz is the wildness of it“/S.77). Dazu trug auch bei, dass die Rhythmusgruppe vor den Bläsern plaziert wurde (!). Das Repertoire war umfangreich und enthielt auch viele Rags sowie Eigenkompositionen. Die Band erregte großes Aufsehen, gab auch Anlaß zu Diskussionen und konnte prominente Gäste begrüßen wie Kid Ory, Mutt Carey, Red Nichols, Jimmy Noone, Albert Nicholas u.a.

1942 wurden Lu Watters und weitere Mitglieder zum Militärdienst eingezogen. Erst 1946 konnte er die Band wieder zusammenstellen.Ein Jahr später zogen sie in ihren eigenen Club um: Harnbane Kelly‘s in El Cerrito. Doch gab es im Laufe der Zeit zunehmend Besucherzahl- und Besetzungsprobleme. Silvester 1950 schloss der Club, und das war auch das Ende der Band. Lu Watters zog sich von der Musik zurück. 1963 machte er noch einmal Aufnahmen mit Bob Helm und Wally Rose.

Er starb am 5.11.1989 – seine Aufnahmen (nicht leicht zu finden) überzeugen heute noch genauso wie früher durch Spielfreude und Atmosphäre. Schade, dass das sehr schön aufgemachte Buch kein Register enthält. Und wie wäre es bei der nächsten Auflage mit einer Begleit-CD?

 

 

 

Der tägliche
JazzZeitung.de-Newsletter!

Tragen Sie sich ein, um täglich per Mail über Neuigkeiten von JazzZeitung.de informiert zu sein.

DSGVO-Abfrage *

Wir senden keinen Spam! Erfahren Sie mehr in unserer Datenschutzerklärung.