Zum Tod des Meistertrommlers und Komponisten Jack DeJohnette

Jack DeJohnette hat als Jazzschlagzeuger Musikgeschichte geschrieben. Größen wie Miles Davis, Keith Jarrett und John Coltrane gehörten zu seinen Partnern. Nun ist der Musiker im Alter von 83 Jahren gestorben, wie sein Label ECM mitteilte. Ornette Coleman, Sonny Rollins, Sun Ra, Jackie McLean, Thelonious Monk, Bill Evans, Stan Getz, Keith Jarrett, Chet Baker, George Benson und Herbie Hancock – die Liste der Künstler, mit denen DeJohnette zusammenarbeitete, ist beeindruckend. Seit den 1970er-Jahren war er Hausschlagzeuger des deutschen Labels ECM, für das er zahlreiche Alben aufnahm, darunter „Special Edition“, „Song X“ und „New Directions“ – als Sideman, Bandleader oder unter eigenem Namen. DeJohnette wurde am 9. August 1942 in Chicago geboren. Vom vierten bis zum vierzehnten Lebensjahr spielte er Klavier, bevor er in der High School zum Schlagzeug wechselte und anschließend Musik studierte. Als eines seiner Vorbilder nannte er den Jazzpianisten Ahmad Jamal (1930–2023), das Idol für Generationen von Musikerinnen und Musikern. DeJohnettes Karriere begann 1966 in New York. Zunächst spielte er im Ensemble des Saxophonisten John Coltrane, später im Quartett von Charles Lloyd, dem auch der junge Pianist Keith Jarrett angehörte. Mit Jarrett und dem …

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Klaus Doldinger – Meister der Melodie, ein Nachruf

(Von Oliver Hochkeppel) Passport, Tatort und Das Boot – mit Klaus Doldinger ist eine prägende Gestalt der deutschen Nachkriegskultur gestorben. Ein richtiger Bühnenabschied blieb Klaus Doldinger verwehrt. Die wohl letzte große Tour zum 85. Geburtstag fiel Corona zum Opfer, den Nachholtermin im Prinzregententheater im Jahr darauf machte ein kleiner Sturz des zunehmend wackelig und vergesslich Gewordenen zunichte. Wobei das so ziemlich das Einzige gewesen sein dürfte, was im Musikerleben des Klaus Doldinger nicht geklappt hat. Ansonsten war er einer der erfolgreichsten Deutschen in dieser Branche, der erfolgreichste deutsche Jazzer sowieso. Große Liebe Jazz Denn dem Jazz galt immer seine größte Liebe, seit er in den ersten Nachkriegstagen als Neunjähriger eine GI-Band durch ein offenes Fenster proben gehört hatte. „Das war unerhört! Ich war hingerissen und konnte einfach nicht glauben, dass es so eine Art von Musik gibt. Ich kannte Musik ja vorher nur aus dem Zirkus und aus dem Volksempfänger. Aber dieser Swing, dass da eine Spannung aufgebaut wird, die auch eine Lebensfreude weckt, das kannte ich nicht.“ Im oberbayerischen Schrobenhausen fand dieses Schlüsselerlebnis statt, dahin hatte sich die ursprünglich Berliner Familie (in der Hauptstadt wurde …

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Matthias Winkelmann. Foto: Pakzad/enja
Matthias Winckelmann. Foto: Pakzad/enja

Nachruf und Rückblick: Matthias Winckelmann

„In memoriam Matthias Winckelmann“ – aus aktuellem Anlass ist die Radiosendung „Jazztime auf BR-KLASSIK“ heute Abend eine Stunde lang dem am Wochenende in einer Münchner Klinik nach einer Operation verstorbenen Münchner Jazzproduzenten Matthias Winckelmann gewidmet. Die BR- Redakteure Ulrich Habersetzer und Roland Spiegel haben Auszüge aus Sendungen, in denen Matthias Winckelmann im BR-Studio zu Gast war, zusammengestellt und das Ganze mit Musik von enja-Schallplatten mit Chet Baker, Abdullah Ibrahim und anderen vervollständigt. Matthias Winckelmann wurde am 7. April 1941 in Berlin geboren und wuchs in Frankfurt am Main auf. Er lernte als Jugendlicher Trompete, sog den Frankfurt Sound auf und wurde zum Jazzliebhaber und -kenner. Er studierte in München Volkswirtschaftslehre und Soziologie und interessierte sich für die Arbeit als Entwicklungshelfer. 1971 gründete er gemeinsam mit Horst Weber das Plattenlabel enja. Ein Label, das für European Jazz stehen sollte, aber bald die globale Welt des Jazz subsumierte und produzierte. Als erstes Album veröffentlichten Winckelmann und Weber „Black Glory“, eine Aufnahme des Pianisten Mal Waldron aus dem Münchner Jazzclub Domicile. „Die Musiker damals waren ein anderer Schlag. Früher musste man ins Studio erst mal mehrere Sixpacks Bier …

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Frankfurter Jazzgröße: Nachruf auf Emil Mangelsdorff

„Deutschen Jazz gibt es nicht“, hat Emil Mangelsdorffs jüngerer Bruder, der Posaunist Albert Mangelsdorff einmal gesagt. Aber den legendären Frankfurt Sound gab es, mit dem Jazzensemble des Hessischen Rundfunks und Namen wie die Gebrüder Mangelsdorff, Joki Freund, Heinz Sauer und Günther Lenz. Ertönt war dieser Frankfurt Sound nicht erst in den Clubs der amerikanischen Befreier und Besatzer, schon längst vorher – mitten in den letzten Kriegsjahren bei den Treffen der Clique um den Klarinettisten und späteren Altsaxophonisten Emil Mangelsdorff, darunter Carlo Bohländer, Horst Lippmann, Paul Martin oder Hans Otto Jung. Emil und Albert Mangelsdorff lebten in diesen Jahren, geprägt auch durch das sozialdemokratische Elternhaus, in bewusster Opposition zum NS-Staat. Mit dem vitalen Jazz begehrte man gegen die Konformität der NS-Kunst auf. Doch bald begann die Gestapo sich für das Treiben der Frankfurter Swing-Freunde zu interessieren, die Bedingungen wurden schwieriger, man traf sich immer mehr privat. Die Gestapo war es auch, die die Aufhebung einer Zurückstellung von Emil Mangelsdorff vom Arbeits- und Wehrdienst aufhob – mit schlimmen Folgen: 1944 wurde Emil Mangelsdorff zur Wehrmacht beordert und konnte seine Karriere erst 1949 fortsetzen, als er aus russischer …

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Zwischentöne, allumfassend: Zum Tod des Pianisten Walter Lang

Am 16. Dezember 2021 starb der Jazzpianist Walter Lang. Ein Nachruf von Ralf Dombrowski Ich hatte ein Bild gepostet. Viele Menschen haben es kommentiert, aus aller Welt. Es sind nicht die beiläufigen Beileidsbekundungen, die man kennt. Denn der Tod von Walter Lang trifft viele. Er war nur 60 Jahre alt, der Krebs hatte ihn ereilt, über das Jahr hinweg geplagt. Er musste sich zurückziehen, es passte nicht zu ihm. Denn Walter Lang war immer mittendrin. Höflich unauffällig, aber beständig. Seit den späten Achtzigern gehörte er zur bayerischen, zur deutschen, zur europäischen Jazzwelt, ein Fels in der Brandung der Zeitläufte, der, auf den man sich verlassen konnte. Das hing eng mit seinen musikalischen Vorstellungen zusammen. Walter Lang war kein Revolutionär. Der offensive Regelbruch interessierte ihn kaum, wenn überhaupt, dann als Akzent in einem größeren gestalterischen Zusammenhang. Seine Welt waren Harmonie und Melodie, beide für sich, aber auch in engem Austausch. Er liebte das Feine, das aus einem pointiert gesetzten Akkord erwachsen konnte, das Lächeln eines Klangs, der Menschen anstrahlte. Vor allem faszinierte ihn das Kantable, die vokale Qualität von Melodien, die sich nicht im Vordergrund des …

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Fotograf des Mittendrin: Nachruf auf Sepp Werkmeister

Die Clubs hießen anders, „Orlando“ zum Beispiel, oder „Bongo Bar“, „Reitschule“ oder „Domicile“. Die Welt war auch noch eine andere. Musiker spielten oft wochenweise auf einer Bühne, in den Clubs wurde gequalmt, was das Zeug hielt, auch ordentlich gesoffen. Es gehörte zum Lebensstil des kultiviert Subversiven, sich ein wenig gegen die Etikette der Hochkultur zu stemmen, auch wenn man insgeheim ein Stück von ihr sein wollte. Es war eben Jazz, afroamerikanische Musik, importiert mit den Alliierten, einschließlich des dazu passenden Lebensgefühls der kleinen Freiheit im schon wieder bieder sich einschwingenden Wirtschaftswunder. Und mittendrin ein junger Mann mit Kamera, der mit Ikoflex oder Rolleiflex versuchte, den Musikern auf der Bühne ein von Intensität durchdrungenes Bild abzutrotzen. Es ist ihm oft gelungen. Duke Ellington zum Beispiel, mit Augenringen, Kippe im Mund, spät in der Nacht. Art Blakey oder Lionel Hampton, vor Schweiß nur so glänzend. Bobby Timmons, ein pianistischer Fürst der Dunkelheit, lässig das Zigarillo im Mundwinkel. John Coltrane, in der Pause auf der Treppe des Village Gates in New York, den Blick in die Ferne der Inspiration gerichtet. Sepp Werkmeister hat sie fast alle gehört, gesehen, …

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Radiowoche

Die Radiowoche vom 27.09.21–03.10.2021

Die Radiowoche vom 27.09.21–03.10.2021 Ein kleiner Blick in die Radiowoche 39. Die Übersicht zum Download als PDF. Alle Angaben ohne Gewähr. Mein Wochentipp: sonntag – 3.10.20201 – 20:03 Uhr | deutschlandfunk kultur Konzert: Live aus dem Kulturpalast Dresden – Aktion – Orchestermusik um 1970 Christfried Schmidt: Sinfonie Nr. 2 „In memoriam Martin Luther King“ für Orchester, Bass- und Altsolo (Uraufführung) | Bernd Alois Zimmermann: „Ich wandte mich und sah an alles Unrecht, das geschah unter der Sonne“, Ekklesiastische Aktion für zwei Sprecher, Bariton-Solo und Orchester Antigone Papoulkas, Alt; Robert Koller, Bariton; Martin Jan Nijhof, Bass; Peter Schweiger, Sprecher; Helmut Vogel, Sprecher; Dresdner Philharmonie; Leitung: Jonathan Stockhammer mo – 27.09.2021 09:05 Uhr | deutschlandfunk Kalenderblatt: Vor 100 Jahren: Der Komponist Engelbert Humperdinck gestorben Er gilt als „Ein-Werk-Komponist“, der durch einen einzigartigen Erfolg zu weltweitem Ruhm gelangte. Engelbert Humperdincks „Hänsel und Gretel“ zählt zu jenem festen Kanon von etwa 30 Opern, die immer wieder auf den Spielplänen zu finden sind. 19.30-21.00 | Ö1 Eine Schweizer Band-Legende auf Abschiedstournee – Stiller Has bei Glatt & Verkehrt 2021 Am 21. Juli 2021 war eine legendäre Formation bei Glatt & …

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Karlheinz Drechsel (2013). Foto: Hufner

Rundfunkjournalist Karlheinz Drechsel ist tot

Im Alter von 89 Jahren starb am 5. Oktober der am 14. November 1930 in Dresden geborene Musikjournalist und Jazzmusiker Karlheinz Drechsel in einem Berliner Krankenhaus infolge einer Covid-19-Erkrankung.  Der als Dr. Jazz bekannte Drechsel moderierte von 1959 bis 1991 die Sendung Jazz Panorama und war einer der Gründungsväter des Dixielandfestivals in Dresden.

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Abschied von Martin Spiegelberg – eine Radiosendung von Marcus A. Woelfle

25. & 26. Juli 2020 Bayern 2, 0.05 – 2.00 radioJazznacht mit Marcus Woelfle: Trompeter, Gitarrist, Schriftsteller – Abschied von Martin Spiegelberg / Twisted – Annie Ross zum 90. Geburtstag Am 3. Juli starb der Trompeter, Gitarrist und Krimiautor Martin Spiegelberg nach schwerer Krankheit in seiner Wahlheimat München. Die Sendung stellt nicht nur seltene und vergriffene Aufnahmen des Künstlers vor, sondern bringt längere Ausschnitte eines Gesprächs, das Woelfle vor 5 Jahren mit ihm führte. Mit umwerfenden Humor erzählt Spiegelberg von seiner 14-jährigen Mitgliedschaft bei der Münchner Lach- und Schießgesellschaft oder von seiner Begegnung mit Bud Freeman. Die anglo-amerikanische Annie Ross, die am 25. Juli ihren 90. Geburtstag feiert, hatte ein bewegtes Leben: Die ersten Jahrzehnte der Sängerin und Schauspielern von der „schottischen Shirley Temple“ zur Hohepriesterin der „Vocalese“, vom Sensationserfolg der Vokalgruppe „Lambert, Hendricks & Ross“ zum drogenbedingten Ausstieg und Neuanfang in Großbritannien werden in der zweiten Stunde der Sendung nachgezeichnet. Moderation und Auswahl: Marcus A. Woelfle, Beitragsfoto: Markus Krämer Weitere Informationen – auch zu  Martin Spiegelbergs literarischem Schaffen – finden sich auch im schönen Nachruf von Oliver Hochkeppel in der Süddeutschen Zeitung vom 15. …

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