Aus dem Bergwerk an die Spitze – Wolfgang Dauner zum Achtzigsten

Der 1935 in Stuttgart geborene und dort bis heute lebende und arbeitende Komponist und Musiker Wolfgang Dauner ist seit mehr als fünf Jahrzehnten ein Innovator für den Jazz aus Deutschland. Am 30.12. 2015 feiert der Jazzpianist seinen achtzigsten Geburtstag: Anlass für JazzZeitung.de die Laudatio zu publizieren, die JazzZeitungs-Chefredakteur Andreas Kolb am 21. November 2003 bei der Verleihung der „German Jazz Trophy – A Life for Jazz“ in Stuttgart hielt.   Lieber Wolfgang Dauner, sehr geehrte Damen und Herren, als Chefredakteur der Jazzzeitung begegne ich immer wieder jungen, begabten Musikern, die vor der Frage stehen: „Studiere ich Jazz? Werde ich Jazzmusiker? Oder soll ich nicht doch lieber einen bürgerlichen Beruf ergreifen?“ Mit einem Blick auf die Vita des heute hier Ausgezeichneten fällt mir eine Antwort da nicht schwer: „Mach‘ es einfach wie Wolfgang Dauner. Lebe deine Leidenschaft für den Jazz. Berührungsängste darfst du aber keine kennen: als Jazzmusiker musst du unter Umständen dein Geld auch mal mit anderer Musik verdienen. Außer du bist Erbe von Beruf.“ Nach dem Krieg, Wolfgang Dauner war 1945 zehn Jahre alt, dachte man in Deutschland weniger in künstlerischen Kategorien, als in …

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+++Veranstaltungstipps zwischen den Jahren+++Jazz in Grafing+++StummFilmLiveJazz in Franken+++

Jazz in Grafing Am Samstag, den 26.12. ab 19 Uhr wird die traditionelle X-Mas-Session von 3 Jugend-Bands eröffnet, bevor jazz.grafing’s Haus-Sextett einen kurzen Set zum Besten gibt. Und dann sind alle Gäste mit Instrument auf der offenen Bühne willkommen! Am Sonntag, den 27.12. ab 20 Uhr ein hochkarätiges World-Jazz-Concert, organisiert vom Goethe-Institut Ulan Bataar. Ein interkulturelles Allstar-Ensemble mit Billy Hart (dr), Johannes Enders (ts), Martin Zenker (b), Paul Kirby (p) und Enji, dem Rising Vocal-Star aus der Mongolei. Karten-VVK empfohlen (begrenzte Platzanzahl): Karten im Vorverkauf im Rathaus Grafing, bei Schreibwaren Braeuer oder unter www.stadthalle-grafing.de Das Konzert am 27.12. findet als Werkstatt-Konzert vor einer geplanten CD-Aufnahme des Ensembles am Folgetag beim BR statt: Der US-Schlagzeuger William „Billy“ Hart (76 J.) ist zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres im Landkreis. Er begann seine Karriere mit Otis Redding, bevor er zum Jazz wechselte.  Der autodidaktische Drummer war dann in den Bands von Herbie Hancock, Shirley Horn, Jimmy Smith, Wes Montgomery, McCoy Tuner, Wayne Shorter, Joe Zawinul, Eddie Harris, Pharao Sanders und Marian McPartland…. und auf auch bei Miles Davis’ Fusion-Jazz-LP „ON THE CORNER“!   StummFilmLiveJazz in Franken „Safety Last“ heißt der Stummfilm, den „Küspert & Kollegen“ am 15. …

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Farewell Clark Terry

Aus gegebenem Anlass aus unserem Archiv hervorgeholt: ein Portrait von Reinhard Köchl aus der JazzZeitung September 1998 – Was Clark Terry bei Duke, Basie und den anderen lernte, reicht er bedingungslos an eine neue Generation von Musikern/Hörern weiter. Ausgerechnet der „Spiegel“ mit seinem stets wie eine Leuchtreklame vor sich hergetragenen Anspruch von Kultur als bierernster Angelegenheit legte vor gut zwei Jahren den Finger in die Wunde. Warum das Publikum heute nur mehr verächtlich die Nase rümpfe, wenn ein Jazzmusiker in seine Show gepflegte Unterhaltungselemente einstreue, fragte Peter Bölke, der letzte wirkliche Jazzfan in den Redaktionsstuben des Hamburger Nachrichtenmagazins. Vor allem bei Farbigen sei dies krass. Kaum betätige sich nämlich einer von ihnen als Anekdotenerzähler oder Grimassenschneider, würde sofort das uralte Klischee vom grinsenden, immerlustigen Onkel Tom auferstehen. Dabei, so befand Bölke, brächte doch gerade ein wohldosierter Anteil an Jokes und Anekdoten Leben in jede der mitunter wirklich stocksteifen Darbietungen. Das Fazit klang deshalb wie ein Fanal für mehr Lockerheit: „Laßt ihnen ihre Show!“ Obwohl explizit keine Namen genannt wurden, wußte jeder halbwegs Eingeweihte, wen der „Spiegel“ mit diesem Appell meinte: Louis Armstrong, Dizzy Gillespie und …

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Klingender Episodenfilm: der Gitarrist Samo Salamon

Kennern ist er ein Begriff, und nicht erst seit heute. Schon 2008 schrieb der »Guitar Player« in seinem Juni-Heft, der 1978 geborene Samo Salamon sei »one of the hottest 10 new guitarists in the world«. Und Salamons 2003 erschienene, längst vergriffene Album »Ornethology« wurde vom Penguin Jazz Guide aus dem Stand für die Ausgabe »The History of the Music in the 1001 Best Albums« ausgewählt. In der internationalen Jazzpresse der letzten Jahre wird Samo Salamon gitarristisch mit Kurt Rosenwinkel und Ben Monder verglichen. Doch wer dem Slowenen häufiger zuhört, weiß: er ist eine komplette, eigene Künstlerpersönlichkeit. Mit seinem relativ neuen Album »Ives« (dem Komponisten Charles Ives gewidmet), das er im Gitarrentrio gemeinsam mit Mikkel Ploug (Dänemark) und Manu Codija (Frankreich) einspielte, veröffentlichte der 37-Jährige bisher sechzehn Alben als Leiter eigener Ensembles, dazu kommen weitere Einspielungen als Sideman. Mit mehr als 160 eigenen Kompositionen gehört er wohl zu den kreativsten und »komplettesten« Köpfen des zeitgenössischen europäischen Jazz.   Album »Ives« mit Sonderstellung Dabei nimmt »Ives« eine Sonderstellung im bisherigen Werk Salamons ein. Nicht nur, dass es die erste Veröffentlichung des Musikers und Komponisten aus Maribor ist, …

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Buch-Rezension – Stolen Moments: „1522 Jazzkolumnen“

Von Thomas J. Krebs – Zugegeben, ich bin ein Fan von Sammlungen. Und so manches Mal, wenn ich in der Vergangenheit eine Kolumne von Peter Ruedi las, habe ich mir dabei gedacht: „Das sollte man eigentlich alles ausschneiden und sammeln.“ Ausgeschnitten habe ich seinerzeit nur vereinzelte Besprechungen und sie dann meinen LP`s oder CD’s beigelegt. Immer wenn man sie dann einmal wieder herausholt und hört, ist die Überraschung groß und man kann parallel dazu noch mal gezielt in die literarischen Tiefen der Artikel von Peter Ruedi eintauchen. Nun liegen diese wundervollen Kolumnen endlich gesammelt vor! Für viele Leser und Fans geht damit ein Wunschtraum in Erfüllung. Denn diese Texte bieten weitaus mehr als bloße Besprechungen von Jazzalben. Sie umfassen den Zeitraum vom September 1983 bis September 2013, also 30 Jahre Jazzgeschichte und da sind wir schon beim Thema. Ursprünglich als wöchentliche Kolumne in der schweizer „Weltwoche“ erschienen sind diese Aufsätze kurze und prägnante, stilsichere wortgewandte Meisterwerke. Man muss sich Zeit nehmen für diese Sammlung und bewußt stöbern. Was war denn damals bei Jarretts Standards Alben, Miles Davis‘ Amandla oder was war da noch mit Molvaers …

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Chris Barber erhält die German Jazz Trophy 2014 - a life for jazz in Stuttgart. Foto: Hans Kumpf

German Jazz Trophy 2014 an Chris Barber – Laudatio von Andreas Kolb

Der britische Posaunist und Bandleader Chris Barber wurde zum Abschluss des Festivals „Jazzopen“ in Stuttgart am 21. Juli mit der German Jazz Trophy 2014 der Stiftung Spardabank Baden-Württemberg, der Kulturgesellschaft Musik und Wort und der Jazzzeitung geehrt. Trotz eines gebrochenen Fußes war Barber im Rollstuhl und mit seiner 10-köpfigen Big Chris Barber Band nach Stuttgart gekommen, um im Event Center der Spardabank sein Publikum mit Swing, Blues und viel Power-Dixieland zu überwältigen. Vor dem Konzert übergaben Sparda-Vorstandsvorsitzender Martin Hettich und SWR-Moderator Markus Brock die von Otto Hajek gestaltete Trophäe an den ersten Posaunisten unter den inzwischen 14 Preisträgern seit 2001. Die German Jazz Trophy wurde bisher an den Altsaxophonisten Lee Konitz, die Pianisten Monty Alexander, Jacques Loussier, Paul Kuhn, Dick Hyman und Wolfgang Dauner, den Geiger Jean-Luc Ponty, die US-amerikanische Pianistin und Komponistin Carla Bley, den Trompeter Kenny Wheeler, den Mundharmonikaspieler Toots Thielemans, den Klarinettisten Hugo Strasser und den Big Bandleiter Erwin Lehn vergeben. Lesen Sie Ausschnitte aus der Laudatio von Andreas Kolb: „Ice Cream, schnelle Autos und Millionenhits“ Eigentlich ist Chris Barber Multiinstrumentalist: Er lernte zunächst Violine und Sopransaxophon. Später studierte er dann Posaune …

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German Jazz Trophy 2014 für den britischen Posaunisten und Bandleader Chris Barber

Für sein Lebenswerk erhält der britische Posaunist und Bandleader (geb. am 17. April 1930 in Welwyn Garden City, Hertfordshire, England) die German Jazz Trophy 2014. Die Auszeichnung wird seit 2001 jährlich von der Sparda-Bank Baden-Württemberg, der Kulturgesellschaft Musik+Wort e.V. und der Jazzzeitung verliehen. Seit beinahe sieben Jahrzehnten prägt Chris Barber nicht nur das britische Musikleben, sondern wirkte mit seiner Band weltweit als erfolgreicher Vertreter des Oldtime Jazz. Sein Markenzeichen war aber nicht nur die Beherrschung des Dixie- und Swing–Idioms, sondern seine Offenheit gegenüber anderen Stilistiken wie Blues, Rhythm’n‘ Blues und Rock’n‘Roll. So zählen zu den Musikern mit denen er zusammengearbeitet hat Muddy Waters, Rory Gallagher, Eric Clapton, Keith Emerson, Mark Knopfler, Van Morrison, Dr. John u.v.a. mehr. Obwohl Barbers Name untrennbar mit der Posaune verknüpft ist, ist er eigentlich Multiinstrumentalist. Er lernte zunächst Violine und Sopransaxophon, studierte dann Posaune und Kontrabass an der Guildhall School of Music und war ein Bandleader und Arrangeur mit unverkennbarer Handschrift. 1949 gründete er seine erste eigene Band, 1953 seine zweite zusammen mit Ken Clyer. Der Durchbruch gelang dem Bandleader mit der LP „Chris Barber Plays (Vol. 3)“ – sie …

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„Die Schallplatte ist zurück“ – Neugestaltung der Musikabteilung im „Kaufhaus der Sinne“ Ludwig Beck

Es nennt sich „Kaufhaus der Sinne“ und liegt im Herzen der Münchener Innenstadt, direkt am Marienplatz: Das Kaufhaus Ludwig Beck. Eigentlich ist es ein Kaufhaus für internationale Mode, Lederwaren und Accessoires, aber mittlerweile mit rund 120.000 Titeln aus Klassik, Jazz, Weltmusik und Hörbuchern auch bekannt für seine imense Auswahl im Bereich der Musik. Seit Kurzem ist das Kaufhaus der Sinne nun ein besonderer Anlaufpunkt für alle Schallplattenliebhaber: Mit der besonderen Erweiterung seiner 5. Etage zu einem fast 2.000 Titel starken Sortiment an Vinyl-Platten möchte das Ludwig Beck dem neunen Trend hin zu diesem „alten“ Medium gerecht werden und bietet nun seit April 2013 ein breitgefächertes LP-Angebot aus aktuell produzierten Titeln und wiederveröffentlichten Klassikern innerhalb seiner Musikabteilung an. Adresse: Ludwig Beck, Kaufhaus der Sinne, Marienplatz 11, 80331 München

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Die Jutta Hipp-Story, nacherzählt von Dietrich Schlegel

[Dieser Text ist in der Printausgabe 4-13 erschienen.] Am 7. April jährte sich zum zehnten Mal der Todestag der Jazzpianistin Jutta Hipp – Anlass für die Saxophonistin Ilona Haberkamp, „Europe’s first lady of Jazz“ und „first white European woman on Blue Note“ mit einer ungewöhnlichen CD zu würdigen. „Cool is Hipp is Cool“, im Februar aufgenommen, von Laika Records produziert und im Mai veröffentlicht, wurde zu einer gelungenen Hommage an eine singuläre Musikerin und Künstlerin, die in der Geschichte des deutschen und europäischen Jazz der Nachkriegszeit einen wichtigen Platz einnahm, nicht zuletzt als für lange Jahre einzige Instrumentalistin in der Männerwelt des Jazz. Unvergessen sind ihre umjubelten Auftritte auf den Frankfurter Jazz-Festivals von 1953 bis 55. Die junge attraktive Frau, in Leipzig geboren und aufgewachsen, 1946 in den Westen geflüchtet, war ein Star. Auch der einflussreiche amerikanische Jazzkritiker Leonard Feather war von ihr beeindruckt, als er sie bei einem Auftritt mit ihrem Quintett in einem Jazzclub in Duisburg ausfindig gemacht hatte. Er lud sie nach New York ein, wo sie Ende 1955 eintraf, monatelang auf ihre Spielerlaubnis warten musste, aber dann ein von Feather vermitteltes …

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