Stefanie Lottermoser – ein „Lullabye“ für die Eltern

Von Michael Scheiner, Regensburg. Zu mehr als einer Zugabe wollte sie sich nicht bewegen lassen. Doch die hatte es in sich. Bei Eddie Harris´ Komposition „Cold Duck Time“, ein wahrlich kryptischer Titel, drehte die Saxofonistin Stephanie Lottermoser noch einmal richtig auf. Mit kurz heraus gestoßenen Noten befeuerte sie den leicht souligen Touch der herrlich swingenden Nummer, die der 1996 verstorbene Chicagoan Ende der 60er Jahre bei einem Auftritt im schweizerischen Montreux aufgenommen hatte. Und weil „viel zuwenig Schlagzeugsolo zu hören sind“, grinste die Musikerin bei ihrer Anmoderation verschmitzt ins Publikum und drehte sich zu ihrem Schlagzeuger um, „ist gleich Jost Nickel dran“. Der ließ sich das nicht zweimal sagen und ließ die Stöcke über Felle und Becken tanzen, bis das Publikum im voll besetzten Leeren Beutel in begeisterte Rufe und Applaus auszubrechen begann. Daraufhin sammelte die quirlige Bandleaderin ihre Musiker noch einmal zum leidenschaftlichen Finale ein. Harris sei, hatte die gebürtige Wolfratshauserin gestanden, einer ihrer „großen Favoriten“. Tatsächlich lässt sich ihre eigene Musik unschwer auf ähnlichen Schienen ausmachen, auf denen auch der stilistisch vielseitige Harris unterwegs war. Seit ihrem Debütalbum „Good Soul“ ist Lottermoser im …

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Winterjazz – Südtirol Jazzfestival stellt im Dezember junge Bands vor

Ein „kleines“ Jazzfestival – mitten im Winter: Am 19. und 20. Dezember lädt das Südtirol Jazzfestival im Sudwerk des Batzenhäusl in Bozen zum ersten Mal zu Winterjazz ein. Auf dem Gabentisch liegen – nur wenige Tage vor dem Weihnachtsfest – junge Bands, die in der EUREGIO Jazzwerkstatt entstanden sind, das EUREGIO Collective selbst und spannende Gruppen von Werkstattmitgliedern. Im Januar 2017 eröffnete das Südtirol Jazzfestival die EUREGIO Jazzwerkstatt, um jungen Musikern und Musikerinnen aus Südtirol, Tirol und dem Trentino die Gelegenheit zu geben, gemeinsam mit Gästen aus dem In- und Ausland innovative Projekte zu entwickeln. Seitdem ist das EUREGIO Collective in der Schweiz, in Österreich und in Italien aufgetreten. So gastierte das sprach- und grenzüberschreitende Ensemble in den Jazzwerkstätten in Graz und Bern. Zudem wurden die Ergebnisse der Werkstattarbeit 2017 und 2018 im Rahmen des Südtirol Jazzfestivals in unterschiedlichen Besetzungen an mehreren Aufführungsorten vorgestellt. Bei Winterjazz spielt diese buntgemischte Jazz-Crew in Bozen Kompositionen und Arrangements des südafrikanischen Bassisten Carlo Mombelli. Der visionäre Avantgarde-Musiker und „Brückenbauer“, der für dieses Konzert nach Südtirol reist und im Sudwerk sowohl als Dirigent wie auch Solist auftritt, besticht „mit dem …

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Jasper van’t Hof & Heinz Sauer im Kallmann Museum

Ismaning, Freitag Abend: Die Fahrt dorthin ein absoluter verkehrstechnischer Albtraum! Nach Stau, Flug- und S-Bahnverspätung trafen die Künstler spät, aber glücklicherweise rechtzeitig ein. Heute Abend im Kallmann Museum auf dem Programm ein „unplugged Set“ der beiden großen Improvisatoren des Jazz, dem Pianisten Jasper van’t Hof und Heinz Sauer am Tenorsaxophon. Ein schneller Check noch vor dem Konzert … Themen kurz angespielt, ein paar Notizen, Setlist zusammen gestellt, alles gut! Pünktlich ging es dann los. Bis auf den letzten Platz ausverkauft, sehr intimer Rahmen im Konzertraum des Museums! Vor nunmehr 35 Jahren trafen van’t Hof und Sauer zum ersten Mal beim Jazzfestival in der Hamburger Fabrik aufeinander. Weitere zehn Jahre verstrichen bis die beiden wieder zusammen fanden, und nun musizieren sie in regelmäßigen Abständen, wenn die Termine passen. Ein Gipfeltreffen zweier Titanen, die traumwanderlisch zusammen musizieren, aufeinander hören, reagieren und improvisieren. Kraftvoll, ungezügelt und kompromisslos spielten die beiden eigene Kompositionen wie „The Preacher“, „Merel“ oder das beeindruckende Schlussstück „Peace“. Das Publikum erlebte pointierte, intensive Konversationen der beiden Ausnahmemusiker auf ihren Instrumenten. Auch ohne Synthesizer und Elektronik sorgte van’t Hof mal für verfremdete Klänge an seinem Piano, …

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Reinel Ardiles Lindemann beim Carl Bechstein Wettbewerb 2018 in Berlin Foto: Godehard Lutz

Carl-Bechstein-Wettbewerb für Jazzpianisten: Mitschnitte jetzt online

Anfang November fand der 5. Carl-Bechstein-Wettbewerb für junge Pianistinnen und Pianisten in der Kategorie Jazz in Berlin statt. (Wir berichteten hier). Jetzt sind die Live-Mitschnitte von nmzMedia der vier Preisträger Vincent Meißner, Reinel Ardiles Lindemann, Adrian Surojit Müller und Moses Yoofee Vester online und jederzeit einsehbar. Gefordert waren von allen Teilnehmern Jazz-Kompositionen aus mindestens zwei verschiedenen musikalischen Stilen mit Improvisationsabschnitten. In den Altersgruppen 3 und 4 war außerdem je ein Pflichtstück vorgegeben: Über „Gone With The Wind“ mussten die 17- bis 18-jährigen, über „I Remember April“  die 19- bis 20-jährigen Teilnehmer improvisieren. In der Gruppe 4 musste zudem mindestens eine Eigenkomposition gespielt werden. Die Videos finden Sie direkt unter folgenden Links: Carl Bechstein Wettbewerb 2018 – Vincent Meißner: „Will never start it” Carl Bechstein Wettbewerb 2018 – Moses Yoofee Vester: „Stairs” Carl Bechstein Wettbewerb 2018 – Adrian Surojit Müller: Freie Improvisation Carl Bechstein Wettbewerb 2018 – Reinel Ardiles Lindemann

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Enthoben und entrückt: Jörg Brinkmann Trio auf dem Gelsenkirchener Nordsternturm

Text und Fotos von Stefan Pieper. Weit reicht der Blick vom Gelsenkirchener Nordsternturm über das Ruhrgebiet. Lichter funkeln – und einige letzte Stahlwerke und Fabriken schicken vereinzelte Feuerstöße in den Nachthimmel. Die mächtigen Stahlräder im Maschinenhaus, welche einst die Aufzüge in die Tiefe der Schächte entließen, stehen heute still. Das Maschinenhaus ist heute eine spektakuläre Musikspielstätte, welche durch die Konzertreihe „Fine Art Jazz“ für den Jazz erschlossen wurde – an diesem Abend fühlt sich das Trio um den Cellisten Jörg Brinkmann in einem solchen Umfeld sichtlich wohl. Brinkmann, der heute in Bochum lebt, wollte im Alter von 15 Jahren nicht einfach nur die Kompositionen anderer, meist toter Komponisten nachspielen. Infiziert von Rock und Blues begann er, über harmonische Schemata zu improvisieren. Die Initialzündung wirkte nachhaltig: Heute spielt er so ganz das, was ihm die eigene innere Stimme sagt – und das hat ihn zum wohl prominentesten Crossover-Jazz-Cellisten im Lande werden lassen. Er verleugnet seine klassische Prägung dabei in keinem Moment. Sein Ton, den er auf seinem über 200 Jahre alten Instrument erzeugt, wirkt mächtig geerdet und berührt tief. Auch und vor allem, wenn Brinkmanns Spiel …

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Jazzbusiness auf der Bremer jazzahead!. Foto: Jan Rathke

Erstmals auf der jazzahead: Showcases zu Improvisation und Jazz für Kinder

Trotz der diesmal deutlich verkürzten Einreichungsfrist gingen 764 Bewerbungen für die 40 Showcase-Konzerte ein und damit 25 Prozent mehr als im Vorjahr. In diesem Jahr sind unter den fünf am stärksten vertretenen Herkunftsländern jenseits von Deutschland und dem Partnerland Norwegen die USA und Brasilien, womit Bewerbungen aus Übersee signifikant zulegten. Auch wächst die Resonanz der eigentlichen Fachmesse weiter, die von Donnerstag bis Sonntag, 25. bis 28. April 2019, in der Messe Bremen ihre 14. Auflage erlebt. Schon seit einigen Jahren beschäftigt sich die jazzahead! mit Improvisation und Jazz für Kinder. 2019 können Musiker aus dem gesamten deutschsprachigen Raum erstmals geeignete Konzertformate für KiTa- und Grundschulkinder in 20-minütigen Showcases vorstellen. Gefragt sind interaktive, niedrigschwellige Formate, in denen Improvisation ein Kernelement bildet. Musiker können bis Dienstag, 22. Januar 2019, Bewerbungen einreichen. Alle Details der Ausschreibung sind auf der Website www.jazzahead.de zu finden. Interessierte können bis Donnerstag, 13. März 2019, einen Stand auf der Fachmesse in der Halle 6 der Messe Bremen buchen. Fachteilnehmer erhalten noch bis Mittwoch, 16. Januar 2019, einen zweiten Frühbucherrabatt. Vorschläge für Beiträge zu den Schwerpunktthemen „Künstler*innen-Management & -Marketing“ für die begleitende Konferenz zur …

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Das Trio „Escape Argot“ im Jazzclub Unterfahrt

Da wird sich so manch einer im Nachhinein ärgern, diesen fantastischen Gig verpasst zu haben. Die Schweiz zu Gast im Münchner Jazzclub Unterfahrt: der Schlagzeuger Christoph Steiner („Hildegard lernt fliegen“) entwickelt mit dem Trio „Escape Argot“ zusammen mit Pianist Florian Favre und Christoph Grab am Saxophon eine eigene Klangsprache. Favre übernimmt dabei zusätzlich zum Piano an seinem Moog Subsequent 37 Basslines, während Grab und Steiner mit ihm auf direktem Weg Improvisationen realisieren. Durch ihr starkes, homogenes Zusammenspiel erzeugt „Escape Argot“ einen ganz speziellen Sound, der musikalische Gegensätze vereint, traumwandlerisch groovt, bestimmt ist von lyrischen Themen bis hin zu beseelten, ungezügelten Improvisationen, die pointiert zum Ursprung der Kompositionen zurückfinden und so den Hörer gefangen nehmen. Ein Zusammenspiel unter Gleichberechtigten. Mit Florian Favre, der parallel mit seinem eigenen Piano-Trio unterwegs ist, bewegt sich Christoph Grab mit seiner langjährig bewährten Formation RAW VISION in komplexen Jazz-Gefilden. Sein neuestes Album „Fool’s Dance“ (u.a. mit dem Gitarrist Ronny Graupe und Thomas Leuscher am Piano) ist gerade erschienen (QFTF / 090) und ist – by the way- fesselnd und hörenswert! Anfang des neuen Jahres wird „Escape Argot“ wieder ins Studio gehen …

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+++Michael Keul in Weiden+++Martin Auer in Freising+++

Jazzzirkel Weiden präsentiert: Klavier und Vibraphon mit JPEK Mainstream JPEK Mainstream, das sind Tizian Jost (Vibraphon), Bernhard Pichl (Piano), Rudi Engel (Bass) und Michael Keul  am Drumset. Die Besetzung dieses Ensembles wird Jazzkenner an das legendäre MODERN JAZZ QUARTET erinnern, das seit den 50er Jahren Jahrzehnte hinweg zum Maßstab für hochästhetischen, kammermusikalischen Jazz wurde. So hatte der Schlagzeuger Michael Keul die Idee, diese legendäre Formation mit der reizvollen, eher seltenen Kombination von Klavier und Vibraphon, musikalisch wieder auferstehen zu lassen. Am Freitag, 14. Dezember 2018, 20:00 Uhr, gibt es im BISTROT PARIS in Weiden Bearbeitungen von bekannten Standards in einem neuen rhythmischen Gewand sowie mitreißende Eigenkompositionen zu hören. www.jazz-zirkel-weiden.de www.tizian-jost.de www.bernhardpichl.com www.michaelkeuldrums.de   JazzTime Freising präsentiert: Das Martin Auer Quintett Am Freitag den 7. Februar gastiert, auf Einladung von 3klang e.V., in der Reihe JazzTime Freising, das Martin Auer Quintett in der Domstadt. Der Trompeter Martin Auer hat seit vielen Jahren das Glück, nicht nur mit vier außergewöhnlichen Musikerpersönlichkeiten zusammen musizieren zu dürfen, sondern seine Mitstreiter auch zu seinen besten Freunden zu zählen. Seit der Gründung 1995 haben er sowie Florian Trübsbach (sx), Jan Eschke (p), Andreas …

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CD-Tipp: Weihnachtlich swingender Gypsy-Groove

 Mic Oechsners Grappelissimo: Gipsy Christmas Crack 0069 / cracked anegg records/Galileo Vertrieb Ein bisschen was muss man schon übrig haben fürs christliche Weihnachten. Sonst könnte der Genuss an der neuen Scheibe des Ex-Münchners und Wahl-Österreichers Mic Oechsner (violin) vielleicht zu einer zwiespältigen Angelegenheit geraten. Hat man aber mal seine anti-klerikale und konsumkritische Haltung beiseite gelegt, steht der Hörfreude an den bekannten und weniger bekannten Weisen und Liedern, die Oechsner für sein Ensemble „Grappellissimo!“ reharmonisiert hat, nichts mehr im Weg. Wie bereits der Name deutlich macht, spielt das Quartett, dem auch Oechsners Sohn Gidon (g) und als Gast der vielseitige Akkordeonspieler Atanas Dinovski angehören, im Stil des berühmten Hot Club de France. Allerdings spürbar versüßt mit einem Schuss würziger Balkanglut. Traditionelle Weihnachtslieder aus der alten und der neuen Welt, wie das vergnügliche Versprechen „Morgen, Kinder wird’s was geben“,  erwachen mit dem flotten Tanz auf den Saiten zu neuem Leben und Melodien wie „Stille Nacht“ oder „Es ist ein Ros entsprungen“ klingen in dieser Form ungehört und lassen abgenudelte Stimmungen auf angenehme Weise neu erscheinen. Dazu gesellen sich amerikanische Klassiker wie „I’ll be home for Christmas“ oder …

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Von Möbeln im Ohr und Klängen, auf denen man sitzt

„Visionen“ sind heilbar, wollte der frühere Bundeskanzler Helmut Schmidt einst selbstgefällig weismachen. Es wäre schade drum. Deutlich wird das auch an Visionen, welche die Berliner Pianistin Fee Stracke auf einem Flughafen in Kanada überkamen. Nach einem Workshop sass sie dort erschöpft rum, als sich plötzlich die Stuhlreihen und Sitze um sie herum zu Rhythmen und einer Melodie formten. Gottseidank rannte Stracke, nach Deutschland  zurückgekehrt, nicht gleich zum Arzt, sondern begann Archive und Bibliotheken nach anderen besonderen Sitzgelegenheiten zu durchforschen. Recht bald stieß sie dabei auf den Ulmer Hocker von Max Bill, den Plastic Side Chair auf Traverse von Charles und  Ray Eames, den ikonischen Freischwinger von Mies van de Rohe, Marc Stam und Marcel Breuer aus den 20er Jahren, Michael Thonets Kaffeehausstuhl und etliche andere Möbel mit Stil und Geschichte. Aus den eher zufälligen musikalischen Visionen wurde eine künstlerische Absicht – und nach Monaten des Forschens, konzeptuellen Tüftelns und Noten Schreibens ein Packen voller Stücke, mit dem Fee Stracke ins Studio gehen konnte. Ein Stipendium des Berliner Senats half dabei und mit Daniel Meyer (g), Berit Jung (b) und Hampus Melin (dr) fand die Visionärin …

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