Stefanie Lottermoser – ein „Lullabye“ für die Eltern

Von Michael Scheiner, Regensburg. Zu mehr als einer Zugabe wollte sie sich nicht bewegen lassen. Doch die hatte es in sich. Bei Eddie Harris´ Komposition „Cold Duck Time“, ein wahrlich kryptischer Titel, drehte die Saxofonistin Stephanie Lottermoser noch einmal richtig auf. Mit kurz heraus gestoßenen Noten befeuerte sie den leicht souligen Touch der herrlich swingenden Nummer, die der 1996 verstorbene Chicagoan Ende der 60er Jahre bei einem Auftritt im schweizerischen Montreux aufgenommen hatte. Und weil „viel zuwenig Schlagzeugsolo zu hören sind“, grinste die Musikerin bei ihrer Anmoderation verschmitzt ins Publikum und drehte sich zu ihrem Schlagzeuger um, „ist gleich Jost Nickel dran“.

Der ließ sich das nicht zweimal sagen und ließ die Stöcke über Felle und Becken tanzen, bis das Publikum im voll besetzten Leeren Beutel in begeisterte Rufe und Applaus auszubrechen begann. Daraufhin sammelte die quirlige Bandleaderin ihre Musiker noch einmal zum leidenschaftlichen Finale ein. Harris sei, hatte die gebürtige Wolfratshauserin gestanden, einer ihrer „großen Favoriten“. Tatsächlich lässt sich ihre eigene Musik unschwer auf ähnlichen Schienen ausmachen, auf denen auch der stilistisch vielseitige Harris unterwegs war. Seit ihrem Debütalbum „Good Soul“ ist Lottermoser im weiten Feld zwischen Fusion- und Popjazz, Standards plus ein wenig Soul und ein Hauch von Rock unterwegs. Mit ihren Songs, sie schreibt auch Texte, die sie selber singt, spricht sie ein breites Publikum an, das den leichten, erfrischenden Sound der Saxofonistin lustvoll goutiert.

Das zeigte sich auch bei ihrem Jazzclub-Gig, der sich nach Jahren erstmals wieder nach Regensburg führte. Sie könne sich erinnern, knüpfte Lottermoser an Auftritte mit dem Landes-Jugendjazzorchester an, mit dem sie mehrfach beim Jazzweekend gastierte. Mit ihrem eigenen Quintett, dem neben Jan-Delay-Schlagzeuger Nickel die beiden Berliner Lars Cölln (guitar) und der fulminante Thomas Stieger am fünfsaitigen E-Bass, sowie Till Sahm (piano, keys) angehören, spielte die Bandleaderin erstmals in der Donaustadt. Im Mittelpunkt des gut besuchten Auftritts standen Songs und Instrumentalstücke aus dem neuen Album „This Time“. Es ist in diesem Frühjahr erschienen und enthält eine ansprechende Mischung funkiger Groovenummern und einfühlsamer Melodien. Doch egal ob es ein langsamerer Titel, wie das um eine Beziehung kreisende soulige Titelstück „This Time“ oder ein rasantes Cover von Sly & The Family Stone ist, die Bühnenfrau ist ständig in Bewegung. Lottermoser tänzelt beim Spielen, wenn sie Pause hat und ihre großartigen Begleiter sich solistisch einfallsreich und spielfreudig ausleben und sie tänzelt sogar beim Singen. Das unbedingt clubtaugliche „Everyday People“ von Sly Stone arrangierte Lottermoser in einem Mix mit Eddie Harris Souljazz-Hymne „Freedom Jazz Dance“ und gab ihm eine zusätzliche Portion Drive mit.

Zwischen den Songs erzählte die Musikerin Episoden aus ihrer musikalischen Laufbahn und der künstlerischen Entwicklung. Dazu gehörte auch ein halbjähriges Stipendium das sie mit dem Bayerischen Kulturförderpreis erhielt und in Paris verbrachte. „Ein halbes Jahr frei“ schwärmte sie von dem Aufenthalt, in dieser Zeit habe sie ihr „ganzes Tagebuch in musikalischer Form verarbeitet“. Daraus ist das Album „Paris Songbook“ entstanden, aus dem Lottermoser das sanfte „Pink“ vorstellte. Immer wieder wechselte sie zwischen einem etwas dünnen Gesang mit ihrem hellen Timbre und melodischem Saxophonspiel, das sie mit einem sauberen Ton spielt, der einerseits an Candy Dulfer und thematisch hie und da an Klaus Doldinger erinnert. „Lullabye“, eine herzerwärmend gefühlvolle Ballade, die sie fürs aktuelle Album geschrieben hat, widmete die 35-Jährige ihren Eltern. Die waren extra zum Konzert ihrer Tochter aus Wolfratshausen angereist. Mit Publikum und Mitspielern beglückwünschte sie ihre Eltern, die am Konzerttag ihren 47. Hochzeitstag feierten. Das Publikum spendete rauschenden Beifall – minutenlang am Schluss auch der kreativen und sympathischen Tochter.

Info: „This Time“ ist das vierte Album von Saxofonistin, Sängerin und Songwriterin Stephanie Lottermoser, das erste entstand mit der Band Resonance. Die Musik – eine Mischung aus Jazz, Soul und Pop mit funky Einschlag – ist groovig und abwechslungsreich. Ein Amazon-Kunde hat es so bewertet; „Das ist endlich, endlich einmal wieder ein großartiges Album am Jazzhimmel. Unglaublich schöne Harmonien. Das macht wirklich Spaß diese Musik zu hören. Wow!“ Produziert hat Lottermoser es mit dem Steve Greenwell in New York und Paris.  

 

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