Der „Blackbird“ fliegt im Duo – Yumi Ito und Szymon Mika in Regensburg

Das polnisch-japanische Duo mit Yumi Ito und Szymon Mika spielt bei seinem Regensburger Debüt mit Vielfalt und Offenheit auf

Regensburg: Fast konnte man meinen, das Konzert fiele aus, so kahl wirkte die Bühne im Leeren Beutel. Zwei Ständer mit Mikros, der Flügel abgedeckt, zwei scheinbar zufällig rumstehende Monitorboxen und ein Ständer mit einer Gitarre. Erst als Sängerin Yumi Ito und der Gitarrist Szymon Mika vom seitlichen Backstagebereich auf die Bühne kamen, konnten die Zuhörer sicher sein, dass das unter dem Titel „Ekual“ stehende Duokonzert tatsächlich stattfindet. Eine kleine Wasserflasche, die Ito neben der Monitorbox abstellte, verstärkte  den minimalistischen Eindruck noch.

Duos sind im Jazz keine Seltenheit, haben manchmal auch ökonomische Gründe. Bei dem polnisch-japanisch-schweizerischem Duo hat das keine Rolle gespielt. Ito, die eine polnische Mutter hat, und Mika lernten sich in Basel kennen. Sie lebt dort und der polnische Gitarrist vervollständigte in der Kulturhauptstadt der Schweiz sein in Krakau begonnenes Studium mit einem Masterabschluss. Als die beiden während einer Aufnahmepause ein wenig zusammen spielten, meinte der amerikanische Bassist Steve Swallow, sie sollten „unbedingt ein Duo gründen“.

Davon angefixt, nahmen die jungen Musiker die Aufforderung als Anstoß und legten schon bald ihr erstes Album „Ekual“ mit eigenen Songs auf Vinyl und CD vor. Bei ihrem Regensburger Debüt stellten sie beim Jazzclub daraus Songs wie das brasilianisch inspirierte „Minha Flora“ (Meine Blume) und Covers vor. Mit ihrer heute seltenen Konstellation von Stimme und Gitarre stehen sie in einer Tradition mit Ella Fitzgerald und Joe Pass und dem vermutlich berühmtesten Gitarre-Vokal-Duo Tuck & Patti.

Von diesen unterscheiden sie sich durch die eigenen Songs, die Einflüsse von Folk, Americana, Latin Music und sogar Klassik aufweisen und zeitgemäße Mittel, die auch elektronische Gadgets, wie Loops, umfasst. Allerdings setzt der enorm feinfühlige Mika diese nur sparsam ein, um einen Groove rhythmisch stärker hervorzuheben oder um atmosphärische Stimmungen zu kreieren. Mit ihren Vorgängern in der Jazzgeschichte haben die zwei eine große musikalische Intensität gemeinsam, die ihre beiden Instrumente, Stimme und Gitarre, regelrecht verschmelzen lässt. Dabei fällt Ito der Part der leidenschaftlichen Interpretin und Improvisatorin zu, während ihr Partner mit seinem ausdifferenzierten, rhythmisch wie dynamisch nuancenreichen Spiel eher eine zurückgenommene Rolle innehat.

Technisch scheint Mika keine Grenzen zu kennen, setzt einmal das aus dem Folk bekannte Fingerpicking ein, um wenig später die Gesangslinien der Sängerin mit zart gezupften Flageoletts und Obertönen zu umspielen. Die springt immer wieder mit voller Lust in einen ausdrucksstarken Scatgesang, der ohne Text auskommt. Sie schnalzt mit der Zunge, holt Töne tief aus der Kehle und interpretiert das eingängige Beatles-Cover „Blackbird“ auf so eigensinnige und charmante Weise, dass den Zuhörenden sichtlich warm ums Herz wurde. Ein weiteres Cover führte weit zurück in die hochspannende Nachkriegszeit des polnischen Jazz, als der Arzt und Pianist Krzysztof Komeda den Soundtrack zu Polanskis „Rosemaries Baby“ komponierte. Das latent beunruhigende Titelthema widmete Sängerin Ito in einer schnelleren, leichteren Version ihrer Mutter. Großartig!

Text und Fotos: Michael Scheiner

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