CD Review: East-West Sextett mit „Yes or No“

Am östlichen Rand, der sogenannten Hellweg-Region, vereinen sich erfahrene Musikerinnen und Musiker, aber auch viele Städte und Spielorte, um einen ganzen Herbst lang im Rahmen des Festivals „Take 5“ eine ganze Region zu bespielen. Aber die Hauptakteure dieses Festivals haben sich auch selbst musikalisch „viel zu sagen“. Also gründeten einige von ihnen im Herbst 2021 das „East-West Sextett“. Gerade frisch eingespielt, nahmen sie sogleich ihr CD-Debut in Angriff. Hauptinitiator dabei war der in Odessa augewachsene Trompeter Dmitrij Telmanov, der auch schon Artist im Residence beim Take 5-Festival war.

Gemeinsamer Nenner der sechs Musiker ist die verbindende Sprache eines aufgeklärten Modern Mainstream Jazz. Aber Uli Bär (Kontrabass), Patrick Porsch (Saxofon), Dmitrij Telmanov (Trompete, Flügelhorn) sowie Paul Lüpfert (Posaune), Benny Mokross (Schlagzeug) und der weltweit gefragte ukrainische Pianist Vadim Neselovkyi beherrschen die Kur, etwas Gegenwärtiges daraus zu zaubern. Was wiederum so klingt, als hätten es diese – von allen möglichen Einflüssen und Projekten genährten – Musiker überhaupt nicht nötig, sich irgendwie zu beweisen. Die sorgfältig arrangierten Stücke atmen die Entspanntheit des Cooljazz, aber können auch anders, wenn der Schalter erst mal umgelegt wird. Ausgefuchste Präzision geht in jedem Fall mit befreiter improvisatorischer Fantasie einher. Das Titelstück „Yes or No“ treibt mit knackigem Funkbass voran, aus dem im weiteren Verlauf satte, fast bigband-mäßige Bläserlicks hervorgehen. Wieder durchgeatmet werden darf, wenn das Stück „Don`t go“ in abgehangenem Bossa-Rhythmus den Bogen weiter spannt und hier Dmitry Telmanov seine Trompete ins Singen versetzt, ebenso wie er intensive Kommunikation pflegt mit Patrick Porschs Saxofon und der Posaune des jungen Paul Lüpfert.

Spannende Details, großer biographisch inspirierter Bogen

Das Stück „Russian Standard“ ist nach Dmitrij Telmanovs Erklärung einer russischen Wodka-Sorte gewidmet. Und ja – das rhythmisch sich überschlagende Bebop-Feuerwerk am Anfang lässt schon fast eine feurige Geschmacksexplosion assoziieren. Das unmittelbar sich anschließende melodische Seitenthema wirkt „im Abgang“ umso geschmeidiger. Spannende Details bringt dies zuhauf hervor: Etwa wenn Neselovskyi ganz feine Klangtupfer in höchsten Registern mit den abgefeuerten Bebop-Linien der Trompete synchronisiert.  Die Stücke haben alle einen biografischen Hintergrund und ergeben im Ganzen eine Suite, welche Dmitrij Telmanovs Lebensweg nachzeichnet. Geboren im Ural, zog seine Familie nach Odessa, wo er Trompete studierte. Später wechselte er an die Folkwang Universität der Künste, um bei Uli Beckerhoff zu studieren. „First Visa“ drückt Telmanovs Freude aus, als er zum ersten Mal ein deutsches Visum in der Hand hielt.

Das finale Stück gehört dem Bassisten Uli Bär selbst, nämlich die bluesgetränkte Nummer „The Bass goes on“. So soll es sein, um mit höchstem Können zu begeistern und damit die Seele zu wärmen.

Stefan Pieper

Dimitrij Telmanov: Trompete, Flügelhorn

Patrick Porsch: Tenorsax

Paul Lüpfert: Posaune

Vadim Neselovskyi: Klavier

Uli Bär: Kontrabass

Benny Mokross: Drums

 Label: Cello Colours 2023

 

 

 

 

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