Präzision und Himmelsstürme: John-Dennis Renkens Band „Tribe“ im Dortmunder „domicil“

Ausgiebig Gelegenheit, sich seine Lieblingsmusiker auszusuchen, hatte der Essener Trompeter John-Dennis Renken während seiner Zeit als Improvisor in Residence in Moers, die im Januar zu Ende ging. Also erweiterte er „seine“ langjährig bestehendes „Zodiak Trio“ um die Saxophonistin Angelika Niescier (übrigens die aktuelle Preisträgerin des Albert-Mangelsdorff-Preises) und die australische Ausnahmeposaunistin Shannon Barnett – das funktionierte so gut, dass seitdem unter dem Namen „Tribe“ eine neue feste Band ins Leben gerufen worden ist! – Text und Fotos von Stefan Pieper

Die druckvoll-progressive, gerne auch breakbeatlastige Jazzrock-Mischung des Zodiak-Trios erfährt hier eine plausible Erweiterung in Richtung komplexer, manchmal fast bigbandartiger Bläsersätze. Und es weitet sich immens die Spielwiese für solistische Höhenflüge! Diese Jazzmusiker von heute, die sich schon lange kennen und alle auf vielfältige Weise international vernetzt sind, vereinen Tugenden, die die Gegenwart braucht: Dezidierte kompositorische Ideen liefern die Plattform für ausschweifenden Freigeist. Und bei allem ist höchste Intuition im Spiel. Es geht einiges an diesem Abend im Dortmunder Jazzclub domicil: Herrlich feingliedrig „zerlegt“ Bernd Oeszevim auf dem Schlagzeug filigranste rhytmische Mikrostrukturen und baut trotzdem mächtig Druck dabei auf. Der bewusste Verzicht auf einen Bass in dieser Combo sorgt in jedem Moment dafür, dass auch die hitzigsten Klanggewitter luftig und transparent bleiben.

Andreas Wahl pflegt mit seinen Gitarren und Effektgeräten einen vielgestaltigen, oft latent psychedelischen Wall of Sound. John-Dennis Renken mischt sich solistisch in kluger Ökonomie ein. Er vermittelt zwischen allem, verschaltet alles und zieht die Fäden. Spielt vor allem Shannon Barnett und Angelika Niescier die Bälle zu. Und sie wachsen in überbordend expressiven Himmelsstürmen in bestem Sinne über sich hinaus. Barnett, die seit Jahren in der WDR-Bigband eine tragende Rolle spielt, begeistert allein ihre rauhen, dreckigen Phrasierungen, Niescier steht dem mit einer latent coltranesken Wildheit auf dem Horn in keinem Moment nach.

Aber trotz aller heftigen Ausbrüche behalten die Stücke in jedem Moment ihre präzise ausformulierte Rhetorik – rasch geschnittene, manchmal fast collagenhafte Hörfilme waren die logische Konsequenz!

Die Band Tribe ist übrigens heute am 14. Februar wieder in der Zeche Carl zu erleben.

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