Ingolstädter Jazztage – mit Fotos von Thomas J. Krebs

Elvis Costello & die WDR Big Band Absolutes Festivalhighlight im Rahmen des „Grand Concert“ war der mit Spannung erwartete Auftritt von Pop-/Punk & Rocklegende Elvis Costello mit der WDR Big Band. Unter der Leitung von Michael Leonhardt wurde ein abwechslungsreiches, vielschichtiges Programm präsentiert, angefangen von Klassikern wie „Watching The Detectives“, „Accidents Will Happen“ über „Shut Him Down“ bis hin zu „Shipbuilding“, jenem legendären Song bei dem Costello den Trompeter Chet Baker mit an Bord hatte. Stimmlich war Costello an dem Abend merklich angeschlagen, aber letztlich ging seine gesangliche Performance, bis auf kleine Momente, voll in Ordnung. Was die Arrangements seiner Songs betrifft, so hat Michael Leonhardt Unglaubliches vollbracht. Die WDR Big Band spielte sharp as a knive and light as a feather mit Verve und sichtlich Spaß. Als integriertes Quartett fungierten zusammen mit der Big Band Pianist und Keyboarder Simon Oslender, Bruno Müller zusätzlich an der Gitarre, der Bassist Thomas Stieger und Wolfgang Haffner am Schlagzeug – hat wunderbar funktioniert und man darf gespannt sein auf die geplante CD Produktion. Die beiden letzten Songs „Pump It Up“ sowie „That Day Is Done“ hatten es nochmal …

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Die albanisch-schweizerische Sängerin Elina Duni und der britische Gitarrist Rob Luft stellen auf ihrer aktuellen Tournee eigene und Folksongs vor

Das ausdrucksstarke Duo machte auch im Regensburger Jazzclub Leerer Beutel Station. Michael Scheiner war da. „Close Your Eyes“, schließe deine Augen, könnte in der Zeit von Hass und Hetze nicht nur im Netz leicht mißverstanden werden. Als Doris Day das romantische Liebeslied vor über sechs Jahrzehnten mit dem Trio des deutsch-amerikanischen Pianisten André Previn veröffentlichte, musste niemand daran herumdeuteln. Werbung Auch in der subtilen Interpretation von Elina Duni und dem Gitarristen Rob Luft erwachte nach wenigen Augenblicken der Kern dessen, was diesen Song ausmacht: Vertrauen und emotionale Sicherheit. Nach ihrem gefeierten Regensburg-Debüt vor knapp drei Jahren beim Sparks&Visions-Festival, damals im Trio, stellten die beiden beim Jazzclub im Leeren Beutel Songs ihres Albums „Time To Remember“ vor. Dabei legte das Duo mit albanischen und kosovarischen Volksliedern, Folksongs und wenigen Standards eine musikalische Intimität an den Tag, wie sie selten zu erleben ist. Schon bevor sie den luftig-zarten Titelsong mit der feinen spröden Note vorstellten, liess die in der Schweiz aufgewachsene Sängerin durchklingen, worauf diese atemberaubende Geschlossenheit beruht. In einer Moderation erzählte sie davon, dass sie als gebürtige Albanerin ein nomadisches Leben führt und „meist aus meinem …

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Jazzfest Berlin 2025: Kleine Fluchten, große Momente

(Text & Fotos von Robert Fischer) „Where Will You Run When the World’s on Fire?“ lautete das Motto der diesjährigen 62. Ausgabe des Jazzfests Berlin, die vom 30. Oktober bis zum 2. November im Haus der Berliner Festspiele,  in den Clubs A-Trane und Quasimodo sowie in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche stattfand. Und obwohl die Antwort darauf ja eigentlich auf der Hand liegen sollte – „Nirgendwohin, denn irgendjemand muss ja beim Löschen helfen“ – kamen die Festivalmachenden im Lauf der vier Tage gern darauf zurück. Überzeugender als das, was dazu in Interviews, Artist Talks und bei sonstigen Gelegenheiten zu hören war, war aber in vielen Fällen: die Musik. Denn gute Musik ist im Idealfall ja immer auch ein Ausdruck der Zeit, in der sie entsteht. Eindrücklich belegt wurde das zum Beispiel durch das Eröffnungskonzert  am Donnerstag auf der Großen Bühne im Haus der Berliner Festspiele, bei dem die Altsaxofonistin Angelika Niescier mit der Cellistin Tomeka Reid und der Schlagzeugerin Eliza Salem ihr im Jahr 2023 erschienenes Album „Beyond Dragens“ präsentierte. In ihren Ansagen machte sie angenehm unverkrampft deutlich, wie einige der Stücke auf diesem Album gemeint sind – …

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Preisträger-Konzerte im Festival-Format beim NueJazz Festival in Nürnberg

In nur etwas über zehn Jahren hat sich das von den Musikern Frank Wuppinger und Marco Kühnl ins Leben gerufene und geleitete NueJazz Festival nicht nur in der eigenen Stadt Nürnberg etabliert, sondern sich auch überregional einen Ruf erarbeitet. Mit dem Gewinn des Deutschen Jazzpreises als „bestes Jazzfestival des Jahres 2024“ als einstweiligem Höhepunkt. Für die soeben beendete Ausgabe 2025 haben die Festivalmacher nun eine Kooperation mit dem Deutschen Jazzpreis beziehungsweise mit der ihn ausrichtenden Initiative Musik geschmiedet. Das Programm war zu deshalb zu wesentlichen Teilen (neben der Förderung der lokalen Szene und des Nachwuchses mit „Nuecomer Jazz Award“ und „Nuejazz for Kids“ gerade erst als Abschluss) mit für den Deutschen Jazzpreises 2025 Nominierten bestückt – wer gewinnen würde, war ja zum Buchungszeitpunkt noch nicht klar, die Trefferquote war allerdings hoch. Dazu kamen Nominierte und Preisträgern vergangener Jahre. Ein Preisträger-Konzertreigen im Festivalformat also – ein Novum in der deutschen Jazzlandschaft. Werbung Los ging dies schon mit dem „Warm-Up“ am 17. Oktober und den zwei Solo-Auftritten der Pianistin Shuteen Erdenebaatar (Deutscher Jazzpreis 2024 für das beste Ensemble) und des Drummers Simon Popp (heuer nominiert für „Schlagzeug …

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Das New Colours Festival als Signal der Hoffnung

(Text und Fotos: Stefan Pieper) Zwölf Konzerte, vier Tage, zehn außergewöhnliche Spielstätten – und die Gewissheit, dass Jazz auch im vierten Jahr seines Bestehens weit mehr ist als nur Musik: Das New Colours Festival in Gelsenkirchen hat sich als kulturpolitisches Statement etabliert. Susanne Pohlen und Bernd Zimmermann haben sich von widrigen Gegebenheiten nicht unterkriegen lassen. Mit vielfältiger Unterstützung, nicht zuletzt aus der lokalen Wirtschaft, demonstrierten sie, was entsteht, wenn kuratorische Sensibilität auf organisatorische Meisterschaft trifft: Klänge mit Substanz, die in verschiedenen ästhetischen Idiomen zu ihrem Publikum finden. Klangräume gegen Kulturkahlschlag Dass es überhaupt stattfinden konnte, grenzte dabei an ein kleines Wunder. Wenige Wochen vor Festivalbeginn drohte das Aus, als das Land NRW seine Förderung zurückzog. Erst das entschlossene Engagement einer regionalen Stiftung rettete die Veranstaltung in letzter Minute – ein Glücksfall, der beim emotionalen Eröffnungskonzert für Tränen der Erleichterung bei den Veranstaltern und überschwängliche Begeisterung beim Publikum sorgte. Werbung Die österreichische Jazz Bigband Graz erwies sich in einer reduzierten Besetzung als perfekter „Heart Opener“ für das gesamte Festival. Mit ihrer warmherzigen, mitreißenden Energie brachte die Besetzung um den Saxofonisten Heinrich von Kalnein eine Atmosphäre der …

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Die Ruhe, die Tiefe und das Möwengeschrei: das „Ystad Sweden Jazz Festival“

Traumwetter und funkelnde Töne an vier Tagen: Im südschwedischen Ystad, der Heimat des Roman- und Film-Ermittlers Kurt Wallander, herrschte jetzt bei der 16. Ausgabe des hervorragenden dortigen Jazzfestivals idyllische Stimmung. Und es gab mitreißende Konzerte von Musiker:innen wie Catherine Russell, Dave Holland und Mike Stern. Strahlend blauer, wolkenloser Himmel, in einem Garten spielt ein Trio auf einer Terrasse unter einem Birnbaum mit üppigen, noch grünen Früchten. Auf einer Wiese davor, neben weit geöffneten Rosenblüten ein schwelgendes Publikum, das einen besonders entspannten Nachmittag genießt. Bassist Hans Backenroth, Trompeter Thomas Fryland und Gitarrist Jacob Fischer spielen mit swingender Gelassenheit und entspannt-beiläufiger Virtuosität Standards wie „My melancholy Baby“ und „Bluesette“, lassen ungemein klare Trompetentöne in die Höhe schweben und fangen sie mit den beseelt-bewegten Klängen des Kontrabasses und der Gitarre wieder auf. Ab und zu fliegt eine Möwe über den Garten und mischt sich mit offenbar animiertem Kreischen ins musikalische Geschehen ein. Werbung Solche Momente kann man in Ystad erleben, jener Stadt, in der Henning Mankells Roman- und Film-Ermittler Kurt Wallander so manchen düsteren Fall löste. Seit 2010 gibt es dort das „Ystad Sweden Jazz Festival“. Und jedes …

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Ein letztes kleines Jazz-Woodstock? Betrachtungen vom Inntöne-Festival 2025

Wie langweilig, einen Festivalbericht mit dem Wetter zu beginnen. Aber seit Paul Zauners Inntöne-Festival, der „Jazz auf dem Bauernhof“ in Diersbach bei Schärding, während und wegen der Corona-Zeit von Pfingsten auf Juli und von der Scheune aufs freie Feld wanderte, ist das Wetter natürlich ein wichtiges Thema. Wie bei allen Open Airs braucht man Glück, und das hatten die Inntöne bisher stets, von minimalen Gewitter-Unterbrechungen abgesehen. Auch heuer blieb es die gesamten drei Tage trocken, schön und warm. Alles war also wieder angerichtet für das kleine Jazz-Woodstock: Dieses fröhlich-freundliche Kampieren, Flanieren und sich Delektieren rund um die Musik. Anders als vor 55 Jahren in Bethel ohne Regenschlacht und Verkehrs-Chaos, dafür mit allen nötigen Facilities und kulinarischer Rundum-Versorgung. Das ebenfalls fast immer glückliche Händchen von Paul Zauner beim Festival-Line-Up setzte sich fort. Jeder, selbst ein ausgewiesener Jazz-Experte, konnte hier wieder Entdeckungen machen. Schon am Freitag zum Beispiel die trotz langer Karriere und Kollaborationen mit The Brand New Heavies, Bobby McFerrin oder auch Till Brönner hierzulande weitgehend unbekannte britische Sängerin Heidi Vogel, die zeigte, dass es auch in der wilden Londoner Szene ganz klassischen Jazzgesang rund um …

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Internationales Jazzweekend in Unterföhring 2025

Kaum zu glauben wie schnell die Zeit vergeht. Schon wieder ist ein Jahr vorbei und die Sommer-Jazz Festivalsaison steht in München vor der Tür. Traditionell beginnend mit dem Internationalen Jazz-Weekend im Bürgerhaus Unterföhring. Auch dieses Jahr hat der künstlerische Leiter Harald Scharf wieder ein atemberaubendes Programm auf die Beine gestellt. Die gesamte Organisation des Teams lief im Hintergrund perfekt. Akustisch ist das Bürgerhaus Unterföhring eine ungemein angenehme Spielstätte und mit dem Italiener „Il Diamante“ ist im Haus auch gleich für das leibliche Wohl gesorgt. Explodierender Sound Das Internationale Jazz-Weekend startete mit Sophye Soliveau. Sie ist eine großartige, vielseitige Sängerin, Chorleiterin und Harfenistin mit Wurzeln in Guadeloupe. Gemeinsam mit dem Bassisten Eric Turpaud, Japhet Boristhene am Schlagzeug sowie den VokalistenInnen Rosanne Joseph, Slighty Maitrel und David Tshimanga verzauberte sie das Publikum von der ersten bis zur letzten Minute mit einem abwechslungsreichen musikalischen Programm, das mit einem Solo-Stück auf ihrer Harfe begann. Werbung Danach explodierte der Sound förmlich. Soliveaus Repertoire war unglaublich vielseitig, angefangen von jazzigen Balladen bis hin zu Gospel, R&B und pulsierendem Soul war alles dabei und immer wieder, zum Verschnaufen zwischendurch, Impressionen auf der …

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Ein Rundgang über das 44. Bayerische Jazzweekend in Regensburg

Rund 90.000 Musikbegeisterte lauschten vom 10. bis 13. Juli 2025 vier Tage lang den vielseitigen Spielarten des Jazz. An 14 Spielorten in Regensburg und weiteren 5 Spielorten in Kallmünz erlebte das tanzfreudige, kritische und begeisterungsfähige Publikum rund 110 unterschiedliche Formationen und deren Konzerte. International gefragte Größen des Jazz trafen beim Jazzweekend auf junge, aufstrebende Talente, experimentelle Töne auf klassische Klänge, außergewöhnliche Stile auf unkonventionelle Zugänge, laute auf leise Töne, Dixieland auf Latin-Jazz und Techno. Werbung Für welche Konzerte und Künstler sich der Regensburger Musikkritiker und nmz-Redakteur Juan Martin Koch bei seinem diesjährigen Weekend-Rundgang entschied, zeigt unsere JazzZeitungs-Galerie. Das Bayerische Jazzweekend geht im kommenden Jahr, von 2. bis zum 5. Juli 2026, in seine 45. Ausgabe. Musikerinnen und Musiker können sich ab dem 1. August 2025 über ein Online-Formular unter folgenden Link für einen Auftritt bewerben. Die Bewerbungsphase läuft bis zum 15. Oktober 2025. jazzwe.de

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Andreas Schaerer: Anthem For No Man’s Land

(Text und Fotos: Robert Fischer) „Was singt der da?“, dürften sich wohl die meisten fragen, die das neue Album des Schweizer Sängers und Vokalartisten Andreas Schaerer hören. Dafür ins Studio gegangen ist er mit  den bewährten Komplizen Luciano Biondini (Akkordeon), Kalle Kalima (Gitarre) und Lucas Niggli (Schlagzeug). Herausgekommen sind die auch als „A Novel of Anomaly“ firmierenden Vier mit nicht weniger als einem Meisterwerk, das die Beantwortung der eingangs gestellten Frage plötzlich sonnenklar erscheinen lässt. Doch dazu später. Vokalartist und mehr Dass Andreas Schaerer, ich sage das mit größtem Respekt, ein bisschen „dada“ ist – ein Musiker nämlich, der den Esprit, den Humor und die Kunst der Dadaisten zu neuem Leben zu erwecken mag –, das kann man spätestens wissen, seit er mit seiner Band „Hildegard Lernt Fliegen“ die kleinen, großen und größten Bühnen zu erobern begann. Aber was macht ein Sänger, der eine solche Ausnahmeerscheinung ist wie sonst vielleicht nur noch sein Landsmann Christian Zehnder, wenn er nicht zum wiederholten Male auf das reduziert werden möchte, was nur sehr unzureichend als „Vokalartistik“ beschrieben wird und ein unfassbar reiches Maß an Ausdrucksmöglichkeiten der menschlichen Stimme meint? …

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