Open Air am Hürther Jazzkeller mit Tudo Azul und Radius

(Von Günter Reiners) Das Wetter spielte zwar nicht ganz mit, doch das tat der Stimmung keinen Abbruch: Am ersten August-Wochenende zeigten sich die Konzertbesucher an beiden Tagen bei den OpenAir Konzert am Hürther Jazzkeller begeistert. Tudo Azul Die junge Formation überzeugte mit abwechslungsreichen brasilianischen Rhythmen, bei denen selbst die Querflöte harmonisch in die Klangwelt passte – tropisches Sommerfeeling trotz frischer Temperaturen! Ein mitreißender Abend voller Leidenschaft und musikalischer Raffinesse. Tudo Azul präsentierte brasilianischen Jazz in seiner ganzen Vielfalt, mal schwungvoll, mal gefühlvoll, aber stets mit beeindruckender Spielfreude Das Programm überzeugte mit einer gelungen Mischung aus Eigenkompositionen und bekannten brasilianischen Klassikern, die das Publikum gleichermaßen überraschten wie begeisterten. Hervorzuheben ist das exzellente Zusammenspiel der Musiker, routiniert, sicher fein aufeinander abgestimmt. Ein Abend, der eindrucksvoll bewies, wie lebendig und facettenreich brasilianischer Jazz sein kann. Radius feat. Leonora Ein Tag später sorgte Radius mit sattem Sound für Gänsehautmomente, während sich Leonora mit einfühlsamem Gesang direkt in die Herzen des Publikums sang. Sie brachte mit ihrer kraftvollen Perfomance pure Lebensfreude auf die Bühne. Mit ihrer gefühlvollen und eindringlichen Stimme zog sie das Publikum vom ersten Ton an in ihren …

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Internationales Jazzweekend in Unterföhring 2025

Kaum zu glauben wie schnell die Zeit vergeht. Schon wieder ist ein Jahr vorbei und die Sommer-Jazz Festivalsaison steht in München vor der Tür. Traditionell beginnend mit dem Internationalen Jazz-Weekend im Bürgerhaus Unterföhring. Auch dieses Jahr hat der künstlerische Leiter Harald Scharf wieder ein atemberaubendes Programm auf die Beine gestellt. Die gesamte Organisation des Teams lief im Hintergrund perfekt. Akustisch ist das Bürgerhaus Unterföhring eine ungemein angenehme Spielstätte und mit dem Italiener „Il Diamante“ ist im Haus auch gleich für das leibliche Wohl gesorgt. Explodierender Sound Das Internationale Jazz-Weekend startete mit Sophye Soliveau. Sie ist eine großartige, vielseitige Sängerin, Chorleiterin und Harfenistin mit Wurzeln in Guadeloupe. Gemeinsam mit dem Bassisten Eric Turpaud, Japhet Boristhene am Schlagzeug sowie den VokalistenInnen Rosanne Joseph, Slighty Maitrel und David Tshimanga verzauberte sie das Publikum von der ersten bis zur letzten Minute mit einem abwechslungsreichen musikalischen Programm, das mit einem Solo-Stück auf ihrer Harfe begann. Danach explodierte der Sound förmlich. Soliveaus Repertoire war unglaublich vielseitig, angefangen von jazzigen Balladen bis hin zu Gospel, R&B und pulsierendem Soul war alles dabei und immer wieder, zum Verschnaufen zwischendurch, Impressionen auf der Harfe …

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Alto Adige Jazzfestival 2025: Sound-Expeditionen in Bunker und Berge

An überraschenden Orten durch die verbindende Sprache der Musik ein intensives soziales Miteinander zu erzeugen – darum ging es auch im weiteren Verlauf des Alto Adige Jazzfestival 2025. In Bunkersystemen und einem ehemaligen Gefängnishof, in zwei Bergstollen hoch oben in unwirtlicher Umgebung, aber auch in alten Gasthäusern und in einer Schnapsbrennerei. Und ja – dieser Zustand des Reisens im Rahmen eines Festivalprogramms verdichtete das Kernanliegen, um das es geht. Frei improvisierte Klänge aus Saxofonen wurden zum Bestandteil einer Sound-Archäologie, in einem 1943 von der Wehrmacht errichteten Bunkersystem am Rande von Bozen. Dan Kinzelman und die argentinische Saxophonistin Camila Nebbia verwandelten die unterirdische Anlage in einen Resonanzraum für eine besondere „Unterweltprozession“ mit dem Publikum. Zwei Saxophone addierten sich in der zerklüfteten Akustik dieses Gewölbes zu einer symbolträchtigen Sound-Skulptur. Meditierende, beschwörende, klagende, manchmal zärtliche Lautäußerungen dialogisierten vielschichtig zwischen metallischen Obertönen, Atemzüge produzierten Echos, die sich in den Gängen verloren und wiederfanden. Schließlich begaben sich Camila Nebbia und Dan Kinzelman noch in einen kleinen „See“ am Ende der Höhle hinein – das hätte auch in eine Wagner-Inszenierung hineingepasst. Bei all dem geht es beim Südtirol Jazzfestival Alto Adige …

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Ohne Zentrum, aber künstlerisch fokussiert: Ein Zwischenbericht vom Südtirol Jazzfestival Alto Adige 2025

Das Publikum schwebt in einem kleinen Sessellift durch den Wald, während Musikerinnen und Musiker des niederländischen Brainteaser Orchesters aus verschiedenen Positionen wechselnde Klangstationen liefern – dieses Passieren im Schwebezustand wurde beim Südtirol Alto Adige Festival zur assoziativen Reise aus Musik, Naturgeräuschen und Bergakustik. Die Natur als Konzerthalle, die Landschaft als Instrument. „Floating Through Sound“ lautete der Titel dieses besonderen Konzertevents, die in dieser Form ja sowas wie die DNA dieses Festivals verkörpern. Eine lebendige Gegenwart eines Festivals lebt von der Tugend, aus wechselnden Rahmenbedingungen immer wieder das Beste rauszuholen. Auch in diesem Jahr ist mal wieder alles anders geworden, da der Kapuzinerpark, in den letzten Jahren der Hauptspielort als Zentrum weichen musste. Deswegen ist jetzt wieder Rückbesinnung angesagt:  Zwischen historischen Festungsmauern, malerischen Stadtplätzen und Instagram-gehypten Bergseen entfaltet sich eine Rückbesinnung auf Klaus Widmanns ursprüngliches Konzept, die weitläufige Erkundung der Region. Franzensfeste, früher Nachmittag. Die mächtige Festung reckt sich aus der Landschaft. Zwischen ihren jahrhundertealten Mauern staut sich die Hitze wie in einem Backofen. Man möchte sich in den Schatten legen. Aber bei der Wiener Band Purple Muscle Car ist von Hitzekoma keine Spur. Diese Musik …

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Das Moers Festival 2025: Wenn Stille zum Manifest wird

(Text von Stefan Pieper) 60 Meter über dem Moers-Festival in der Sponsor-Kran-Gondel: Spielzeughaft breitet sich funktionale Nüchternheit aus. Festivalhalle, Buden, Menschengewimmel, kleine Konzertbühnen. Im Hintergrund Campingzelte im weitläufigen Park, Ruhrgebiets-Zechentürme und grüne Landschaft bis zum Horizont. Der von unten heraufwehende elektrische Gitarrensound erinnert an eine verwehte Jimi-Hendrix-Improvisation. So handzahm „erlebt“ man Caspar Brötzmann selten, der tief unten auf einer kleineren Kran-Bühne agiert. Tim Isfort hatte den Sohn des „Festival-Pioniers“ Peter Brötzmann zu Recht gebeten, hier sanfter zu spielen. Es muss einen auch etwas auffangen aus dieser luftigen Höhe… Renaissance-Kunst zwischen Mensch und Maschine Der erste Tag dieser 54. Festivalausgabe pulverisierte die kulturellen Hierarchien mit einer Premiere: Das Projekt „Multiple Voices“ führte Thomas Tallis‘ „Spem in Alium“ (1570) fünf Stunden lang auf. Terry Wey (Countertenor) und Ulfried Staber (Bariton) singen live, während Soundengineer Markus Wallner die Stimmen durch den Raum schichtet. Aus zwei werden vierzig Stimmen. Das Publikum – vom ergrauten Jazzveteranen bis zu hippen Zwanzigjährigen – wird Teil einer kollektiven Meditation. Den distinguierten Herren hinter den Notenpulten haftet eine Aura von „Heiligkeit“ an, wie sie auch von Kraftwerk ausgeht. Diese uralte Musik wurde durch ihre …

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„Night of Divas“ mit Bigbandleader Roman Fritsch und Steffi Denk

Steffi Denk wäre nicht Steffi Denk, würde sie den Stier nicht bei den Hörnern packen. Beim Konzert mit der Big Band des Baritonsaxofonisten und Arrangeurs Roman Fritsch im Arcadenhof des Thon-Dittmer-Palais`, gebührte dem jungen Bandleader die Rolle des Gegenspielers. „Ich kenn` dich seit du fünf warst“, ging sie nach dem ersten Song, den von Lena Horne und vielen anderen gesungenen Jazzstandard „The Lady Is a Tramp“, den leicht verdatterten Orchesterleiter direkt an. „Das ist, glaube ich, auch so“, brachte der schließlich heraus. Die energiesprühende Sängerin war da schon ein Stück weiter. „Hier tobt das junge Blut“, grummelte sie zum Vergnügen des Publikums ins Mikro, während sie sich auf der Bühne umschaute. Sie sei ein wenig ängstlich gewesen, wandte sich Denk wieder an Fritsch, „als du mich gefragt hast, ob ich mit dir und der Band einige Songs singen will“. Dazu muss man wissen, dass die „schärfste Stimme Bayerns“, wie sie gern angekündigt wird, mit Fritsch` Vater, dem Bassisten Markus Fritsch, seit Jahren zusammen in einer Band spielt. Für den ersten gemeinsamen Auftritt mit der Big Band hat sie mit dem Sohn ein Programm von Jazz …

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Lorenz Kellhuber solo – vom düsteren Abgrund zum Elfentanz 

Adlmannstein. Von der Elbphilharmonie Hamburg ins Schaulager in Adlmannstein in der Oberpfalz. Je nach Standpunkt adelt diese überspitzte Formulierung den Kunstraum in der Gemeinde Bernhardswald oder es meint hämisch den Abstieg eines Künstlers. Bei Lorenz Kellhuber liegt man mit beidem daneben. Der bei Regensburg aufgewachsene Musiker, der seit längerem in Berlin lebt und eine Professur an der Hochschule in Dresden hat, sucht sich seine Auftrittsorte nach eigenen Kriterien aus. Dazu gehören bei ihm eine starke regionale Verbundenheit, die Lust auf Neues und ein gänzlich uneitles Auftreten. Für die beiden Galeristen, die das Schaulager in einer umgebauten Scheune betreiben, war das Konzert des Pianisten in mehrfacher Hinsicht eine Premiere. Eigens für dieses und ein weiteres Klavierkonzert wurde ein Flügel angemietet und Kellhubers Auftritt war vermutlich das erste Klavier-Solokonzert in der Geschichte der Ortes. Es fand im Rahmen der Ausstellung von Margit Luf „Ein Sterntalerleben“ statt. „Der Einstieg und das Ende“, antwortete Kellhuber auf eine Frage von Galerist und Moderator Ingo Kübler nach dem anhaltenden Schlussapplaus, wie er denn wisse, wann Schluss sei, „ist das Schwierigste“. Den Zuhörenden wurden diese Klippen kaum bewußt. Für sie waren die …

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Reise durch die Welt des Rhythmus mit Magnus Dauner

Der vielgereiste Allgäuer Magnus Dauner stellte im Mai zusammen mit Sänger Kilian Sladek, Trompeter Andreas Unterreiner, Pianist Andreas Schütz und Bassist Lukas Pamminger sein Projekt „Portrait in Rhythm“ vor. Jazzzeitungs-Autor Michael Scheiner besuchte ihn bei seiner Station im Regensburger Jazzclub „Leerer Beutel“. „Wenn die erste Reihe frei ist“, frozzelte Dauner in seiner Begrüßung gut gelaunt, „dann wissen die Besucher schon was auf sie zukommt“. In diesem Fall war es eine rhythmisch anspruchsvolle, tänzerisch leichte Jazznummer mit einem Flügelhornsolo von Andreas Unterreiner bei dem vielen Zuhörenden regelrecht das Herz aufging. „Beautiful Melody“ habe er nach einer Begegnung mit einem Lehrmeister genau dafür geschrieben, erläutert der Bandleader wie es zu dem sprechenden Titel gekommen sei. „Man soll“, habe dieser ihm nahegelegt, „in allem was man macht, kochen, Schlagzeug spielen oder Fahrrad fahren, das Schöne sehen“. Weniger erfolgreich mit dem Rat war er wohl selbst bei der nächste Geschichte, die ihn zur afrikanisch anmutenden Komposition „Not my Mountain“ inspirierte. Bei einem Studienaufenthalt in Ostafrika scheiterte er kläglich an der Besteigung des Ol Doinyo Lengai. Sein ebenfalls musikalisch aktiver Vater hatte ihm dazu animiert den heiligen Bergs der Massai …

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„Like A Jazz Machine“-Festival: Feines Finale

(Text/Fotos: Oliver Hochkeppel) Das 13. „Like A Jazz Machine“-Festival im luxemburgischen Dudelange bestätigte seinen Rang als eines der interessantesten europäischen Jazzfestivals – doch Vieles wird sich nun ändern. „Wenn das so toll weitergeht mit den Konzerten, dann wird es nicht auszuhalten sein“, scherzte Patricia Jochheim schon am Donnerstag, dem ersten „richtigen“ von von fünf Festivaltagen mit drei Konzerten im Kulturzentrum Opderschmelz, nach dem „Teaser“ mit Jozef Dumoulin und Lynn Cassiers am Mittwochabend in der Kirche St. Martin. Ein Humor, der einem zukünftig fehlen wird: Jochheim, die das Programm seit 2018 zusammengestellt hat, geht nun mit 64 in Rente. Als Angestellte im öffentlichen Dienst kann sie nicht anders, denn der Veranstalter des Festivals wie des Kulturzentrums ist ja die Stadt Düdelingen beziehungsweise Diddeleng oder Dudelange, wie sie im mehrsprachigen Luxemburg auch heißt. Ordentliches Umkrempeln Der Direktor des Kulturzentrums John Rech nimmt dies nun zum Anlass, das „Like A Jazz Machine“ ordentlich umzukrempeln. Zunächst einmal wird das Frühlings- zum Herbstfestival und zieht vom angestammten Mai-Termin auf den Oktober um. Rech begründet das zum einen damit, dass bislang immer ein Feiertag dabei war, an dem Personal und Technik …

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Joke Lanz, Almut Kühne und Gäste im Bunker Ulmenwall

(Text und Fotos: Stefan Pieper) Im Bunker Ulmenwall, tief unter Bielefelds Erdoberfläche, fand wieder statt, was den internationalen Ruf dieser Spielstätte begründet hat: Jazz und aktueller Musik ohne Kompromisse einen Raum zu geben -fernab der üblichen Risikovermeidungen des konventionellen Kultur- und Unterhaltungsbetriebs. Im Rahmen der „Soundtrips NRW“ sorgten die Berliner Stimmvirtuosin Almut Kühne, der Berliner Turntable-Künstler Joke Lanz sowie Sebastian Büscher (Sax) und Achim Zepezauer (Liveelektronik) für einen besonderen Abend. Die Faszination für die Haptik von Schallplatten und deren Abspielgeräte wurde ursprünglich von Hip-Hop-DJs als eigene Kunstform emanzipiert. Die Entwicklung des berührungslosen Direktantriebs der legendären Technics-Plattenspieler ermöglichte „Scratching“. Daraus ging auch eine eigenständige improvisierte Kunstform hervor– „Turntablism“, gepflegt von einer internationalen Szene von abenteuerlustigen Klangkünstlern. Der Schweizer Joke Lanz ist einer von ihnen. Emanzipation der Stimme Die Emanzipation der Stimme als eigenständiges Instrument ist heute noch viel verbreiterter – gehört doch heute das freie, abstrakte Gestalten zum Standardrepertoire fast jeder Jazzsängerin. Almut Kühne hebt diese Kunst jedoch mit deutlich ausdifferenzierterer Charakteristik auf einen wesentlich verfeinerten Level und das ist Teil ihres ganz persönlichen Gesamtkunstwerkes, zu dem auch Zeichnen und Literatur gehören, ebenso ist das eine große Affinität …

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