Auf der Suche nach der Essenz

Nach dem Tod von Lee Konitz stöbert Marcus Woelfle in seinem Archiv und stößt auf einen bisher unveröffentlichten Blindfold-Test mit dem Altsaxophonisten Als erster Saxophonist, der – trotz Beeinflussung durch Charlie Parker – „Bird“ ein eigenes Konzept entgegenzusetzen hatte, fand Lee Konitz mit vibratolosem Ton und neuartiger Linienführung in den späten 40er Jahren zu einer stilbildenden Tonsprache und war an der Seite von Größen wie seinem Lehrer Lennie Tristano und Miles Davis eine Schlüsselfigur bei der Etablierung des Cool Jazz. Der am 15. April 2020 verstorbene Altist war einer der letzten noch Lebenden dieser großen Umbruchsphase des Jazz. Seine durchgeistigte, allen Klischees abholde Musik verwirklichte Lee Konitz meist in Kleinbesetzungen. Am 22. Januar 2000 überraschte Marcus Woelfle ihn mit einem Plattentest unter anderem mit Interpretationen von Standards, die er selbst am Vorabend bei einem Auftritt gespielt hatte. Die ausgesuchten Aufnahmen lösten aufschlussreiche Erinnerungen an Größen wie Charlie Parker und Charles Mingus aus. 1. Art Farmer: “Alone Together” aus “Early Art” (Prestige) 1954 mit Wynton Kelly (p), Addison Farmer (b), Herbie Lovelle (d) Lee Konitz: Das war Alone Together. Ich muss raten: von Clifford Brown? Marcus …

Weiterlesen
Dizzy Gillespie in a concert in 1988

Dizzy lives! Zum 100. Geburtstag von Dizzy Gillespie

Endlich konnte ich Dizzy sehen. Er trat auf die Bühne und sagte: „Ich möchte die Musiker vorstellen“. Danach stellte er scheinbar ernsthaft, doch aus Lust am Ulk die Musiker einander auf der Bühne vor. Schallendes Gelächter des Publikums, das Eis war gebrochen und das Konzert konnte losgehen. Sich an Dizzy Gillespie erinnern, heißt auch, sich seine unbezähmbare, mit Experimentierlust verbundene Spielfreude ins Gedächtnis zu rufen, nochmals über die Clownerien eines begnadet ironischen Spaßmachers zu schmunzeln. Bei allem Wissen um den tiefen künstlerischen Ernst, mit dem der geniale Innovator seine Tonsprache und damit einen Grundbaustein des modernen Jazz überhaupt formte, ist es seine ansteckende, auf die Hörer überspringende Lebensfreude, die unser Bild von ihm prägt. Einmal „Ool-ya-koo“ oder „Manteca“ hören und Kummer wird buchstäblich weggeblasen von den atemberaubenden, akrobatischen Höhenflügen seiner strahlenden Trompete.

Weiterlesen