Frühling, Freude, Freiluftbühne: Der 38. Jazzfrühling in Kempten

„Gute Musik dutzendfach“ versprach Kemptens Oberbürgermeister zur Eröffnung des 38. Kemptener Jazzfrühlings auf dem Rathausplatz ohne Übertreibung. Standen doch 55 oft parallele Auftritte auf 23 Bühnen in der und um die Stadt im Allgäu – eine davon auf dem Nebelhorn – für die acht Tage um den 1. Mai im kostenlosen Programmbuch des veranstaltenden Kleinkunstverein Klecks. Wie immer waren auch die Eröffnungskonzerte im Freien umsonst. Zum Auftakt spielte auf der Freiluftbühne gegenüber dem spätmittelalterlichen Rathaus bei schönstem Frühlingswetter das Landes-Jugendjazzorchester Bayern unter der Leitung von Harald Rüschenbaum. Der ließ nicht nur seine „Landjugend“, sondern auch gleich den ganzen Rathausplatz den Anfangston einsingen. Das mitreißend und professionell gespielte zweistündige Programm reichte von Count Basie über Dizzie Gillespie, John Coltrane, Weather Report und Jaco Pastorius bis in die Gegenwart mit Walter Langs „Ocean 11“ und schloss A-cappella-Versionen des fünfköpfigen Vokalensembles des LJJB ein, das in seiner jetzigen Besetzung und mit Herz und Emphase der Big Band ein Alleinstellungsmerkmal unter den Jugendorchestern verschafft. Diese Eröffnung war zugleich eine gelungene Werbung für den Jazzfrühling und dieses Orchester. Für die nächsten 120 Minuten übernahm dann die Express Brass Band aus …

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Jazz in Deutschland, Jazz aus Deutschland: ein Fazit zur Messe jazzahead 2023

Unter jazzahead-Bedigungen geht Einiges: ein Bericht von der aktuellen Ausgabe der weltgrößten Branchenmesse für den Jazz Drei Tage trafen sich in Bremen Musikerinnen und Musiker, Kulturschaffende, Kulturverwaltende, Fördernde, Medienleute oder einfach nur Jazzfans. Das Kerngeschäft der jazzahead ist klar definiert: Es sind die persönlichen, oft spontanen Begegnungen „Face to face“ – und damit gibt es in Bremen ein verlässliches Gegengewicht zum sonstigen Berufsalltag in einer stark digital vernetzten Kulturwelt. Es gibt Jazz in Deutschland, aber auch Jazz aus Deutschland. Ersteres beschreibt vor allem eine hiesige Szene, die aus vielen lokalen und oft auch prekären Mikro-Biotopen besteht. Eine starke hiesige Szene ist ein wünschenswerter Zustand, für den sich die jazzahead seit ihrer Gründung tatkräftig engagiert. Umso mehr, als die weltgrößte Branchenmesse für Jazz diesmal das eigene Gastgeberland als Partner „einlud“. Der Messebetrieb, die offiziellen Veranstaltungen und Diskussionspanels plus ein riesiges, öffentliches Konzertmarathon – diese drei Paralleluniversen waren auch im zweiten Jahr nach der Pandemie wieder prall gefüllt. Erleichterung liegt in der Luft, dass die Pandemie den Jazz nicht zur Strecke gebracht hat. Nach der Euphorie im letzten Jahr überwog in diesem Jahr wieder eine entspanntere Routine …

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Deutscher Jazzpreis. Foto: Oliver Hochkeppel

Desaströs in vielerlei Hinsicht: Der Deutsche Jazzpreis 2023

Ein Kommentar von Oliver Hochkeppel Im vergangenen Jahr, bei der zweiten, erstmals in Bremen an die jazzahead! gekoppelten Verleihung des Deutschen Jazzpreises, war man im Vergleich zur zähen Halb-Corona-Premiere in vier Clubs auf einem guten Weg. Umso unbegreiflicher, wie man jetzt von der Straße gerutscht ist. Als erschütterter Beobachter weiß man gar nicht, wo anfangen mit der Mängelliste dieser Veranstaltung. Beginnen wir mit dem Offensichtlichsten. Rein handwerklich war die Veranstaltung dilettantisch. Man erwartet beim Deutschen Jazzpreis sicher nicht die Halftime-Show des Super Bowl, aber eine derartige Aneinanderreihung von Pannen und Peinlichkeiten leistet sich nicht mal mehr der schlichteste Blogger-Podcast. Von der hanebüchenen Live-KI-Übersetzung von Claudia Roths doch lange vorbereitetem Grußwort und falschen Titelansagen reichte das über die nie funktionierende Verteilung der (größtenteils in Floskelsprache erstickenden) Laudationes auf zwei Sprecher und ein improvisierendes Quartett bis zu fehlenden Inserts oder hakender Drehbühne. Bis auf das starke Finale mit dem Lebenswerk-Preis an Joachim und Rolf Kühn mit Till Brönner als Überraschungslaudator war so gut wie jede Emotion sorgsam aus dem Ablauf entfernt worden – also das, weswegen ein nicht nur aus Fachleuten bestehendes Publikum eine Preisverleihung anschaut. Die …

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Götz Bühler, der neue künstlerische Leiter der jazzahead! im Gespräch

Nach 17 Jahren als künstlerische Leitung der jazzahead! übergeben Uli Beckerhoff und Peter Schulze an den 21 Jahre jüngeren Götz Bühler. Der festivalerfahrene Hamburger Journalist und Labelmanager hat 2021 die digitale Ausgabe der Bremer Fachmesse des Jazz und 2022 die dort angesiedelte Verleihung des Deutschen Jazzpreises moderiert. Als bestens vernetzter Multitasker war er der klare Wunschkandidat des Leitungsteams, zu dem von Seiten der Messe Bremen weiterhin Sybille Kornitschky gehören wird. Klaus von Seckendorff sprach für die JazzZeitung mit dem neuen künstlerischen Leiter. Klaus von Seckendorff: Zwei künstlerische Leiter gehen, einer kommt. Lässt sich diese Aufgabe überhaupt bewältigen? Götz Bühler: Auch wenn der Begriff „künstlerische Leitung“ das suggeriert: Es geht in Bremen ja nicht darum, wie bei einem normalen Jazzfestival ein komplettes Konzertprogramm zu kuratieren. Das wird auch nach so vielen Jahren jazzahead! noch häufig missverstanden, zum Beispiel von Musikern, die CDs an die „künstlerische Leitung“ schicken in der Hoffnung, dass sie gebucht werden. Ganz am Anfang gab es wohl noch Abendkonzerte im Kongresszentrum, für die Uli Beckerhoff und Peter Schulze selbst Musiker ausgewählt haben. Das hat sich geändert, als die jazzahead! zu einem Showcase-Festival geworden …

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News: +++ Jazztrio um Antonio Faraò zu Gast im Night Club +++ Nacht voller Livemusik in München +++ 50 Jahre Woodstock am Karpfenteich in Peitz +++

+++ Jazztrio um Antonio Faraò zu Gast im Night Club +++ Das neue Programm des Bayerischen Hofs in München verspricht für die nächsten Wochen einige musikalische Highlights. Mit einem Konzert am 6. April aus der Veranstaltungsreihe „Jazzin‘ the Night Club“ ziehen wieder Jazzklänge in den Night Club im Untergeschoss ein. Das Antonio Faraò Trio, bestehend aus Frontman Antonio Faraò am Klavier, Yuri Goloubev am Kontrabass und Pasquale Fiore am Schlagzeug, spielt ab 21 Uhr im Night Club. Einlass ab 20 Uhr. Faraò, seit 2015 künstlerischer Leiter des renommierten Jazzfestivals UnoJazz in Sanremo, ist weithin bekannt für sein technisches Können und seine Begabung für melodische Improvisation. Sein einzigartiger Stil vermischt Einflüsse aus der Klassik und dem Swing und wurde geprägt von Jazzmusikern von Count Basie, Duke Ellington, und John Coltrane über Ella Fitzgerald, Oscar Peterson und Bill Evans bis hin zu Miles Davis, Herbie Hancock und Keith Jarrett, aber auch dem Filmkomponisten John Williams. Im April gastieren außerdem Alice Viola & The Shades und die Ludwig Seuss Band im Night Club. Die italienische Jazz-, Soul- und R&B-Sängerin und Songwriterin Alice Viola kann man am 25. April …

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Internationale Jazzwoche Burghausen

52. Internationale Jazzwoche Burghausen

Zwar konnte sich die Jazzwoche Burghausen aus dem letztjährigen Corona-Tal mit 20 % mehr Besuchern wieder herausarbeiten, aber ein neues Konzept, das auch jüngere Besucher zu einem Festival mit rundum interessantem Jazz-Programm anlockt, ist noch nicht gefunden. Es gibt anscheinend keinen Nachfolger für Joe Viera mit Überblick über die längst breitere weltweite Szene, der das Festival in eine sichere Zukunft führt. Das 50 Jahre alte Konzept mit den allseits anerkannten Stars des Jazz, die ein großes Publikum magnetisch anziehen, funktioniert  so heute nicht mehr, schon weil es diese Stars nicht mehr gibt. Attraktiv war Burghausen wieder dort, wo es Neues wagte: beim Finale des 13. Europäischen  Nachwuchs-Jazzpreises und dem abschließenden Konzert „Next in Jazz“, beide im intimeren Stadtsaal. Mit dem Landes-Jugend-Jazzorchester unter der bewährten Leitung von Harald Rüschenbaum präsentierte sich dort eine frische Bigband, samt achtköpfigem Vokal-Ensemble. Die LJJB überzeugte unter anderem mit „Ocean Eleven“ von Trio Elf, das sie ihrem 2021 verstorbenen Klavier-Coach Walter Lang widmete. „Wir hatten was mit Björn“ nennen die Posaunistin Maria Trautmann und die Vokalistin und Gitaristin Maika Küster ihr Quartett, mit denen sie sich stark von Jazz beeinflusstem Singer-Songwriting …

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Ralph Alessis Trio im Glasfoyer des Theater Krefeld auf Einladung des Jazzklub Krefeld – Ralph Alessis (t), Mark Ferber (d), Florian Weber (p) | Foto: Stefan Pieper

Mit schwebender Spontaneität: ein überwältigendes Ralph Alessi Trio

Von Stefan Pieper • Der US amerikanische Trompeter Ralph Alessi stammt aus der Bay Area von San Francisco, studierte bei Charlie Haden und ist heute in der New Yorker Szene aktiv. Ebenso tritt er als engagierter Lehrender in Erscheinung, der sogar eine eigene Bildungsinstitution, die School for Improvisational Music in Brooklyn (NY) ins Leben gerufen hat. Mit dem Pianisten Florian Weber steht er in einer geradezu symbiotischen Beziehung. Als neue, bereichernde Komponente ist der Schlagzeuger Mark Ferber hinzugekommen, dessen spektakuläre Finesse und tiefes Verständnis für die Musik das aktuelle Trio des US-Trompeters komplettiert. Die Triobesetzung überwältige im Glasfoyer des Theater Krefeld auf Einladung des Jazzklub Krefeld. Improvisation heißt, einen Moment aufzugreifen und diesen in etwas Neues, Großes zu verwandeln. Das gilt auch für eigentliche Makel: Einer der faszinierendsten Aspekte des Konzertabends mit diesem Weltklasse-Trio resultiert aus einer scheinbaren kleinen Klavierkatastrophe: Da haben die Saiten einer hohe Taste des Flügels kurzfristig ihre Stimmung verloren, was schon einmal passieren kann. Wo viele sofort das Konzert unterbrechen, den Veranstalter verklagen oder panisch nach einem Klavierstimmer rufen, bleibt Pianist Florian Weber völlig tiefenentspannt.   Den Moment in etwas Neues, Großes …

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News: +++ moers festival Programm +++ Mathias Bublath in Oberthulba +++ Jazz-April in Berlins Gretchen +++

+++ Das moers festival hat sein 52. Programm vorgestellt +++ Am Pfingstwochenende (26. bis 29. Mai 2023) treten über 250 Künstler*innen aus 23 Nationen in Moers auf. Das Programm (Künstlerische Leitung: Tim Isfort) ist, neben einigen davon losgelösten Programmpunkten, um die Schlagworte „AUFBRUCH“, „?AFRIKA”, „KYLWIRIA”, „WERT” und „BEFREIUNG” konzipiert. Unter „AUFBRUCH” versammelt das Festival experimentelle und avantgardistische Musik und solche mit „starker Haltung” – Beispielhafte Acts dafür sind „eddy kwon + SUN HAN GUILD” (US), „Selventher” (DK) oder „Neptunian Maximalism” (BE) Das Fragezeichen bei „?AFRIKA” hinterfragt das verbreitete Reduzieren diverser Musikkulturen des afrikanischen Kontinents unter dem Sammelbegriff „Afrika” – unter dem Stichpunkt „?AFRIKA” legt das Festival ab sofort einen wiederkehrenden Schwerpunkt auf wechselnde Länder. In diesem 52. moers festival liegt der Fokus auf Äquatorialguinea, verteten unter anderem von der Sängerin Nelida Karr. Als Kind erdachte György Ligeti sich ein imaginäres Land mit Namen Kylwiria – unter diesem Begriff widmet das Festival einen Kompositionsauftrag, das Jugendprojekt „le petit macabre” und drei Formationen seines Sohnes Lukas Ligeti dem 100. Geburtstag des Jahrhundertkomponisten. Hinter dem Begriff „WERT” stehen Künstler*\innen, die sich mit der Frage nach Relevanz und (Stellen-)Wert …

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News: +++ Regensburg +++ Hürth +++ LJJO Baden-Württemberg +++

+++ Highlight-April im Regensburger Jazzclub +++ Neben dem allmonatlichen Jazz-Brunch im Degginger (diesen Monat Yankee Meier Organ Trio, Sonntag 23. April 2023) und der Session im Leeren Beutel (Sessionleiter: Danube in Blue, 3. April 2023), veranstaltet der Regensburger Jazzclub wiederholt hochkarätige Konzerte im Leeren Beutel und im Café Degginger. Das April-Programm liefert gleich mehrere Highlights: Am 20. April stellt Efrath Alony ihr mit dem Deutsch Jazzpreis ausgezeichnetes Album „Hollywood Isn’t Calling“ vor, mit dem der aus Haifa stammenden Wahlberlinerin zusammen mit ihrer Band eine spannende Mischung aus Ansätzen der (zeitgenössischen) klassischen Musik und dem Jazz gelang. Am 27. April kommt Thärichens Tentett mit Geschenke-Tracks auf seiner Geburtstagstournee in Regensburg vorbei: Zum 20-jährigen Bestehen erfüllte Bandleader und Arrangeur Nicolai Thärichen seinen neun Bandkollegen Wünsche für das neue Album. Herausgekommen ist eine ebenso hörenswerte und persönliche, wie bunte Mischung. Außerdem präsentiert der Club die Jazz-Verbindung Regensburg-New York: Tobias Meinhart stattet seiner Geburtsstadt am 4. April einen Besuch ab und bringt sein New Yorker Modern Jazz Quartett mit (Beitragsbild). Auch der Regensburger Roman Fritsch war zuletzt einige Zeit in New York und präsentiert am 13. April zusammen mit …

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News: Jazzfest Rottweil +++ Neue Leitung beim Jazzfestival Alto Adige +++ JONA in Abensberg

+++ Internationale Musik beim 35. Jazzfest Rottweil +++ Der Mai steht in Rottweil wieder im Zeichen des Jazz. Auch bei der 35. Ausgabe des Festivals strebt das Festival nach einem hochkarätigen Programm mit hoher Bandbreite aus. Den Auftakt bildet der 30. April mit mannigfaltiger Livemusik ab 16.00 Uhr in der Oberen Hauptstraße sowie ab 20.00 Uhr in mehr als 20 Lokalitäten in der gesamten Innenstadt Rottweils. Insgesamt 9 Konzerte gibt es beim 35. Jazzfest Rottweil zwischen dem 5. und 20. Mai 2023: mit energiegeladener Fusion von Simon Phillips „Protocol V“; dem neuen Projekt „GO“ zwischen groovigem NuJazz und sphärischen Balladen von Nils Wülker; einer Melange aus traditioneller arabischer Musik, europäischer Klassik und amerikanischem Jazz durch Oud-Virtuosen Rabih Abou-Khalil und Sängerin Elina Duni; der europäischen „Bonfire-Tour“-Premiere von Hazmat Modine die Blues mit Klezmer, Swing, World und mehr kombinieren; dem Moka Efti Orchester, den Machern des „Babylon Berlin“-Soundtracks; eingängige und tanzbare Klänge liefert De-Phazz, nachdem das stilistisch ungebundenen Beat-Projekt RSxT und Joo Kraus das Publikum aufgewärmt haben; den Abschluss macht Blues-Gitarrist und Sänger Robert Cray; eine kleine Überraschung macht den Anfang: Yvonne Catterfeld präsentiert dem Jazz-Publikum ihre neuen R&B- …

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