Poetische Klangbilder: Lorenz Kellhubers „Low Intervention“

Von Michael Scheiner. Berlin/Regensburg: Als „eines der besten deutschen Piano-Trios“ ist Lorenz Kellhuber mit seinen beiden Mitstreitern Felix Henkelhausen (bass) und Moritz Baumgärtner (drums) schon häufiger adressiert worden. Dabei muss man sich gar nicht auf einen Wettbewerb um die treffendste Würdigung, den goldensten Orden einlassen. Es genügt einfach zu hören und erleben, was die drei  exzellenten Musiker aus ihren Instrumenten herausholen, um davon tief hineingezogen und berührt zu werden.

Das dritte Album

Nach „Samadhi“, dem rauschhaften Livemitschnitt eines Konzerts im Theater Regensburg, und „About:Blank“ gelingt das auch mit dem neuen, dritten Album (nur auf Vinyl, ab 2024 auch als Streaming) des Trios „Low Intervention“. Dabei kann der Titel durchaus wörtlich genommen werden, denn die sieben Stücke sind im berühmten Emil Berliner Studio in Berlin im so genannten Direct-to-disc-Verfahren aufgenommen worden. Eine nachträgliche Korrektur, wie bei digitalen oder Aufnahmen mit einem Bandgerät üblich, ist dann nicht mehr möglich. Pionier auf diesem Gebiet war eben jener Emil Berliner, ein in die USA ausgewanderter Erfinder aus Hannover, nach dem das Studio benannt ist.

Foto: Holger Riegel

Limitierte Vinyl Version

Die Aufnahme für das Trioalbum sind heuer im Juni entstanden und erstmals über eine Crowdfunding-Aktion finanziert worden. Als besonderen Bonus gibt es dafür eine auf 300 Exemplare limitierte Version auf Vinyl für Klangfeinschmecker. Statt einzelner Titel sind die sieben Stücke alle mit dem Kürzel LK versehen und durchnummeriert. Im Grunde sind es alles freie Spontankompositionen. Das Album beginnt sehr verhalten, tastend. Über ein ungehalten vorauseilendes Bassspiel verdichtet es sich langsam, bevor es nach einem Raum schaffendem Basssolo ruhig ausklingt.

Bluesiger Bass

Nervöser wirkt das zweite Stück. Im bluesigen Bass kehrt es einen markanten Groove hervor, der seinen Höhepunkt in einem vibrierenden Solo des Schlagzeugers findet. Hinter Kellhubers boppig-schnellen Einwendungen scheinen sich gleichermaßen die Geister von Mal Waldron und Thelonious Monk zurückzulehnen und anerkennend zu nicken. In einem spannungsreichen Miteinander, das aus einem tiefen gegenseitigen Vertrauen gespeist wird, prallen kontrastierende Ideen aufeinander und ergeben eine enorm produktive Reibung.

Reich an Ideen

Es ist Musik voller Würde, reich an wendungsreichen Ideen und ausdrucksstarker Gestaltung. Aber auch eine Musik, die sich nicht immer auf den ersten Rutsch erschließt, die Zeit und Hingabe verlangt, um in ihrer ganzen Vielfalt zu erblühen. Da stehen Momente eines Beinahe-Stillstands, einer inneren Versunkenheit neben energischen Passagen, in denen sich die Stimmen der drei Musiker ein kraftvolles Wetteifern liefern. Immer sind die drei dabei mit ihrem inneren Ohr bei den anderen, gehen aufeinander ein und schaffen so ein poetisches Klangbild. Angefüllt mit feinsten Schattierungen und Nuancen erschließt es sich mit jedem Hören weiter und tiefer, gibt immer neue Stimmungen und Feinheiten frei.

Auszeichnung nicht ausgeschlossen

Kennengelernt haben sich die drei am Berliner Jazz Institut, wo sie studierten. Bassist Felix Henkelhausen, ein gebürtiger Oldenburger der in zahlreichen Bands wie dem Liun and the Science Fiction Orchestra und Nate Wooley´s Knknighgh spielt und war dieses Jahr für den Deutschen Jazzpreis nominiert. Der dritte im Bunde, Moritz Baumgärtner, ist gebürtiger Züricher, ein kleiner Wunderkind und Professor für Schlagzeug an der Hochschule für Musik in Nürnberg. Als Mitglied des Lisbeth Quartetts erhielt er für zwei Alben den Echo Jazz und für das letzte Album des Melt Trios den Deutschen Jazzpreis 2023. Eine weitere Auszeichnung mit dem jetzt vorliegenden „Low Intervention“ ist keineswegs ausgeschlossen.

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