Smartphone trifft auf E-Gitarre: Jazzkünstler Regensburgs begegnen sich beim Improvisers Pool

Neukombination altbekannter Musiker

Aus der Geometrie kennt man die Vorstellung, dass sich zwei parallel verlaufende Linien „im Unendlichen schneiden“. Solange haben die Musiker des Improvisers Pool nicht gewartet. Ex-Negerländer Bertl Wenzl, nach vielen Seiten hin offener Saxophonist, hat schon in höchst unterschiedlichen Konstellationen mit jedem der sechs anderen Mitspieler gespielt, die mit ihm beim ersten Konzert im Corona-Modus auf der Bühne im Leeren Beutel standen. Die anderen dagegen haben zwar auch teils untereinander zusammen musiziert, aber bislang nie jeder mit jedem.

Generationsübergreifend, unterschiedlich, provokativ

Geboren worden ist die Idee, Musiker aus Regensburg zusammenzubringen, die improvisieren können und Lust haben sich auszuprobieren, bei einem „bierologischen meeting“. Wenzl und der aus der Ecke Freejazz kommende Multiinstrumentalist Markus Heinze fanden den Gedanken höchst reizvoll und holten jüngere und ältere Musiker mit unterschiedlichen Backgrounds und Vorlieben mit in den Pool, der bei jedem Auftritt anders aussehen kann. Beim Jazzclub-Konzert spielten die aus dem Grunge- und Electronic-Umfeld kommenden Markus Stark (E-Bass, electronics), Peter Asanger am Schlagzeug und Keyboarder Sebastian Voigts mit. Gitarrist Mane Schimchen, der mit wüsten Lärmorgien bei Delir Noir in den 80er-Jahren schockte und provozierte, fand ebenso Gefallen daran seine elektrische Gitarre auszupacken und aufheulen zu lassen und schloss sich mit Stefan Göler (Bass, Bratsche) dem Pool an.

Gewitternde Kaskaden und Rückkoppelungen

Nach einem kurzen, harten Intro auf dem Kontrabass entfesselten die sieben musikalischen Freigeister ein heftig-drängendes – und zu lautes – kakophonisches Gewitter aus röhrenden Saxophonschreien, elektronischen Kaskaden und dichten Trommelschlägen. Schimchen entlockte seiner Gitarre dynamisch an- und abschwellende Rückkoppelungen mit seinem Smartphone. Nur Voigts ging, wie fast während des gesamten hochspannenden Auftrittes, fast gänzlich unter und war nur selten wirklich zu hören.

Kollidierende Genres

Sichtlich schwer tat sich auch Göler zwischen wuchtigen elektronischen Soundkaskaden und expressiven Sax-Schreien seinen Platz zu finden. Etwas hilflos wirkte es, als er bei den letzten freien Stücken seine Mundharmonika aus- und nach wenigen Takten wieder einpackte. Ähnlich verfuhr er mit der Viola. Dagegen machte es Schimchen sichtlich Vergnügen die aktuelle Lage mit erotisch genuscheltem Singsang hinter knallrotem Mund-Nasen-Schutz zu kommentieren. Oder er grätschte mit seiner Gitarre in einen ruhigen, poetisch-sphärischen Abschnitt rein und maulte die Mitspieler an, bis sich alles in einem wilden Rock`n´Roll-Tanz entlud und ermattet in einem swingenden Rhythmus auslief. Zusammen mit Wenzl, der auch mal nur hinhörte und zu grooven begann, wirkte der Gitarrist als Mittler zwischen den Genres und Welten.

Künstler:

Bertl Wenzl – saxes, cl

Markus Heinze – saxes, flh

Manfred Schimchen – git, voc

Sebastian Voigts – p, keys

Markus Stark – b, dr, electronics

Stefan Göler – b, va

Peter Asanger – dr, perc

Das Titelfoto zeigt Mani Schimchen. Foto: Michael Scheiner

Autor: Michael Scheiner

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