CD-Rezension: Markus Stockhausen: Wild Life

Schöpferische Freiheit in spiritueller Dimension

Der Jazztrompeter Markus Stockhausen teilt mit seinem Vater Karlheinz Stockhausen das Bekenntnis zur schöpferischen Freiheit in einer durchaus spirituell zu nennenden Dimension. Markus Stockhausen spricht hier gerne von „Intuition“. Das Eintauchen in den Kosmos der neuen Dreier-CD „Wild Life“ macht deutlich, dass hier zwischen den sieben Beteiligten eine tiefe Übereinkunft herrscht.

Sämtlicher Spieler schwingen sich in den meist überlangen Stücken zur Höchstform auf, reißen Grenzen ein, kehren ihr Inneres nach außen. Alles wurde so aufgenommen wie gespielt, so dass sich nahezu jede Postproduktion erübrigte.

Falsch liegt, wer bei „Wild Life“ die wilde Skizzenhaftigkeit irgendeines Sessionmitschnitts vermutet. Auch benötigen die ausgiebigen Kollektivimprovisationen kein langes Herantasten und Suchen, bis irgendwann mal der große Moment geboren ist. Ebenso wenig läuft hier einer der Beteiligten Gefahr, sich in freitonale Labyrinthe zu verirren, denn dafür sind alle Beteiligten viel zu sehr in einem klar definierten spielerischen Vokabular geerdet und einigen sich auf eine gemeinsame Schwingung- agieren eben möglichst „intuitiv“. Markus Stockhausen (Trompete), Simon Stockhausen (Elektronik und Saxofon), Florian Weber, (Piano, Synthesizer, Stimme), Jörg Brinkmann, (Cello), Michelangelo Flamma (E-Bass), Christian Thomé (Drums, Elektronik) und Bodek Janke (Drums, Tala) sorgen mit imponierender Wucht dafür, dass hier beides geht: Sowohl sich vom hypnotischen Spannungsbogen mitreißen zu lassen, als auch, sich auf den einzelnen Moment als in sich schlüssiges Ereignis zu fokussieren.

Brüderliche Kooperation

Markus Stockhausen kooperiert hier mit seinem Halbbruder Simon Stockhausen – dieser vereint in ausgesuchten Momenten seine empfindsamen Saxofonlinien mit dem expressiven Trompetenspiel des Bandleaders. Vor allem aber legt Simon Stockhausen als elektronischer Sounddesigner die akustischen Koordinanten für sämtliche instrumentalen Landschaften fest. Das allein beflügelt die Fantasie und gibt dem Septett maximale Bewegungsfreiheit. Christian Thomé und Bodek Janke wachsen über weite Strecken als rhythmisch überbordendes Schlagzeuger-Duo zusammen – dennoch bringt jeder seine individuelle Diktion zur Entfaltung. Und vor allem Bodek Jankes rasant-filigranes Tabla- Spiel strahlt als ganz neuer Aspekt in diesem aktuellen „Stockhausen-Universum“.

Jörg Brinkmann setzt sein Cello in allen nur denkbaren Ausdrucksmöglichkeiten ein und schraubt sich oft in schwindelige Höhen hinauf, so dass man zuweilen an eine Elektrovioline erinnert ist. Pianist Florian Weber ist ohnehin immer nah dran an Stockhausens Trompete. Diese bringt sich da ein, wo sie gebraucht wird – in kluger Ökonomie, immer wieder neu und anders, lyrisch, virtuos, expressiv und auch mal elektronisch bearbeitet. Stücke wie „Zwielicht“, „Mangrove Dance“ „Moonlight in your Face“ klingen alle so, wie sie heißen – man möchte nicht genug bekommen davon!

Das Titelbild zeigt das Cover der CD Wild Life.

Autor: Stefan Pieper

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