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Jazzzeitung

2011/05 ::: seite 9

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Inhalt 2011/05

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazzlexikon: Michel Petrucciani no chaser: Feuilleton!

TITEL - Musik am Rand?
Zum 12. Darmstädter Jazzforum

DOSSIER - The Best Die Young
Ungelebte Lebensläufe · Von Hans-Jürgen Schaal

Berichte
Leipziger Jazztage // „Jazz auf Reisen“-Jubiläum mit Dusko Goykovich im Neuburger Birdland // Jazzfestival Saalfelden 2011 // Jazz Festival Viersen 2011 // Willisau Jazz Festival 2011

Portraits
Eddie „Lockjaw“ Davis // Pianist Stefano Battaglia // Quartett Fattigfolket // Sängerin Yara Linss // Nürnbergs Jazz-Szene // Matthias Winckelmann // Walter Bittners Zakedy Music

Jazz heute und Education
Die neue Hochschule für Kunst, Design und Populäre Musik in Freiburg // Der BMW Welt Jazz Award im dritten Jahr // Unter der Lupe: das Bayerische Jazzinstitut in Regensburg // Abgehört: Im Zick-Zack aus der Stadt
John Scofields Solo über „Out Of The City“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

 

Mozart, Monk und Rudolf Diesel

Walter Bittners Zakedy Music und eine Suite über das Leben

Der Augsburger Schlagzeuger Walter Bittner überrascht mit einer ausgewachsenen Suite für Jazzquartett. Gemeinsam mit Stephan Holstein, cl, bcl, as, Daniel Mark Eberhard, p, acc, melodion, und Uli Fiedler, b, entstand aus elf instrumentalen Stücken und zwei gesungenen „Interphases“ ein Bild des Lebens, ein Bild auch unserer Zeit: „Imago – a modern suite“. Neben dem klassisch besetzten Jazzsound setzt Bittner sehr gezielt den Laptop ein, reichert mit elektronischen Soundfiles den musikalischen Weg an, der abwechslungsreiche Blicke über den Tellerrrand hinaus ermöglicht, kurzweilig, subtil, anders.

Foto: GLM

Bild vergrößernFoto: GLM

JazzZeitung: Es ist ja im Jazz nicht völlig ungewöhnlich, aber doch eher unüblich, dass man eine umfangreiche, dreiteilige, zusammenhängende Suite schreibt.
Walter Bittner: Als Musiker habe ich mich, seit ich mit 13 Jahren angefangen habe zu spielen, in so ziemlich allen Gefilden getummelt, angefangen von Rock über brasilianische Musik und freie Musik bis hin zum Jazz, mit dem ich mich inzwischen schwerpunktmäßig befasse. Das Album ist wie ein Tagebuch geworden, wie eine Art Autobiografie, die verschiedene Phasen umfasst. Der erste Teil – „The Source“ – befasst sich damit, wie man überhaupt zur Musik kommt. Da gibt es Kinderlieder, Volkslieder, das ist wie eine Erinnerung an die Kindheit. Im zweiten Teil – „Fractured Transitions“ – kommt dann so eine Art musikalische Pubertät: Man beginnt, sich zu reiben, sucht nach Vorbildern, nimmt Herausforderungen an. Für mich manifestiert sich das an den drei Persönlichkeiten Monk, Mozart und Rudolf Diesel.

JazzZeitung: Wie passt der denn in die Reihe?
Bittner: Er passt insofern dazu, als alle drei auf der einen Seite sehr erfolgreich waren, auf der anderen Seite in ihrem Leben auch etliche starke Brüche erleben mussten. Diesel kennt man als erfolgreichen Erfinder. Aber in seinem persönlichen Leben gab es große Schwierigkeiten. Sein Ende ist ja nach wie vor ungeklärt. Da gibt es einen richtigen Mythos, ob da nicht jemand nachgeholfen hat. 2008 war sein 150. Geburtstag, und die Stadt Augsburg und die MAN sind auf Stephan Holstein und mich zugekommen, ob wir nicht zu diesem Anlass eine Komposition schreiben könnten. Das war auch der Beginn meiner Zusammenarbeit mit Stephan. Ich habe alte Dieselmotoren im Museum aufgenommen und gesampelt, dazu haben wir gespielt und versucht, Diesels Persönlichkeit musikalisch zu erfassen und auszudrücken. Mozart war einer der größten Komponisten, aber auch bei ihm gibt es im Privatleben Krankheit, Probleme. Monk hatte ebenfalls schwer zu kämpfen. Was uns gereizt hat, sind die Brüche in den Personen.

JazzZeitung: Das kommt in den Stücken zum Ausdruck.
Bittner: Das Stück „Momo“ ist eigentlich die C-Dur-Sonate von Mozart. Wir haben sie ein bisschen „monkifiziert“. So eine Herangehensweise reizt mich sehr. Ich versuche das so authentisch wie möglich rüberzubringen. Das ist eben diese musikalische Adoleszenz, sich an sperrige Sachen heranzuwagen, sich daran abzuarbeiten, Erfahrungen zu sammeln. Der dritte Teil – „Echoes of Home“ – ist dann so etwas wie eine Zusammenfassung, eine Rückbeziehung auf die eigene Tradition, angereichert durch das, was ich im Laufe meines Lebens musikalisch, aber auch gesellschaftlich und persönlich an Erfahrungen gesammelt habe. Im Laufe der Arbeit an diesen Stücken ist mir nach und nach aufgefallen, dass das nicht nur einzelne Tracks sind, sondern dass es eben auch eine innere Verbindung gibt, dass diese Stücke sehr viel miteinander zu tun haben. Die CD ist für mich wie so eine Babuschka-Puppe: „Urbanity“ zum Beispiel fängt an mit indonesischen Jahrmarktgeräuschen, dann kommt ein Helikopter, der fliegt einen nach Casablanca – daher ein Kurzzitat von „As Time Goes By“ – bis zum Ende in der heutigen urbanen Gesellschaft. Das ist fast wie eine Suite in der Suite.

JazzZeitung: Da steckt viel Überlegung drin. Wie steht es mit der Improvisation?
Bittner: Manche Teile sind klar strukturiert und vorgegeben, andere sehr frei. In „The Fox“ zum Beispiel, das ist ja eigentlich „Fuchs du hast die Gans gestohlen“, ist der Improvisationsanteil sehr hoch. Es gibt arrangierte Eckpunkte; was dazwischen ist, variiert. Da kann die Improvisation sich auch mal auf zehn Minuten ausdehnen. Auch wenn ich viel mit dem Laptop arbeite: Ich kann die Sounds während des Spielens abrufen, kann sie punktgenau dann einsetzen, wenn sie passen. Ich kann vom Schlagzeug aus entscheiden, welchen Part ich einspielen will. Das gibt uns sehr viel Freiheit. Arrangements und Technik dürfen nicht so dominieren, dass kein Freiraum bleibt. Ein großer Vorteil ist, dass wir eher eine Working Band sind, dass wir uns häufig treffen, viel miteinander spielen. So können wir viel experimentieren.

JazzZeitung: Was steht zur Zeit an?
Bittner: Gerade sind wir mitten in den Proben für die Live-Präsentation eines Hörbuchs von Axel Hacke und seiner Frau Ursula Mauder, mit Texten von ihm und Songs von ihr. Dazu gibt es eine CD, „Das Beste aus meinem Liebesleben“, die übrigens auch einen Preis bekommen hat (den internationalen Buchpreis „Corine“, Anm. d. A.) und jetzt auch verstärkt live präsentiert wird. Da stehen im Herbst mehrere Konzerte an. Und natürlich werden wir auch unsere eigene CD präsentieren.

Interview: Tobias Böcker

CD-Tipp

Walter Bittners Zakedy Music: Imago – a modern suite
GLM EC 547-2

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