Dieser Applaus ist Geld wert

Am gestrigen Abend zeichnete Kulturstaatsministerin Monika Grütters zum dritten Mal herausragende Livemusikprogramme mit dem sogenannten Spielstättenprogrammpreis der Initiative Musik aus. Dieser firmiert erstmals unter dem neuen Namen APPLAUS – ein Kürzel für ‚Auszeichnung der Programmplanung unabhängiger Spielstätten‘. Mit der Verleihung des bundesweiten Preises sind Förderungen in Höhe von 905.000 Euro verbunden. Die Veranstaltung fand dieses Jahr in Kooperation mit dem Kulturreferat München sowie dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie in der Münchener Muffathalle statt. „What’s a Muffat“ – diese Frage stellte sich der eine oder andere auswärtige Künstler beim Rundgang und Empfang durch das Muffatwerk, einem ehemaligen Wasserwerk am Isarufer. Georg Muffat – diese kleine Abschweifung muss sein – war ein Komponist und Organist des Barock und wirkte unter anderem im nahegelegenen Passau am Hof des Bischofs Johann Philipp von Lamberg als Kapellmeister und Hofmeister der Edelknaben als Kapellmeister. Damals war man noch am Hofe angestellt, heute ist man unabhängig und schlank im Budget. Zahlreiche Spielstätten, das wurde bei den Laudationes der Moderatorin Nina Sonneberg immer wieder deutlich, sind ohne Ehrenamt und Selbstausbeutung nicht denkbar. Der APPLAUS 2015 zeichnete 64 herausragende …

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Dresden kündigt Jazzclub Tonne

Wie die sächsische Landeshauptstadt Dresden mit einem Kleinod des Jazz umgeht: Bei Problemen wird dicht gemacht! Erst steht der Dresdner Jazzclub Tonne im Regen, weil das Gebäude undicht ist. Daraufhin wird die Spielstätte dicht gemacht (und nicht etwa abgedichtet). Weil das alles nix hilft, werden die Veranstalter auf die Straße gesetzt. Merke: Dresden will Kulturhauptstadt werden. Gut, im Jazz kann Ironie ein wirksames Mittel sein, um musischen Gemeinsinn von Interpreten und Publikum kräftig zu schärfen. Beim Dresdner Jazzclub Tonne e.V. dürften Ironie und Sarkasmus jetzt erst einmal vom Tisch sein. Da sind Trauerarbeit angesagt und das Hoffen auf Rettung in letzter Not. Und im Rathaus der Landeshauptstadt gab es bislang ohnehin keine Anzeichen für feineren Hintersinn. Da wurden Probleme, wenn überhaupt, dann eher ausgesessen. Das haben sie vom Kohl gelernt! Wenn die Probleme aber ins Geld gehen, dann wird urplötzlich gehandelt. Schluss mit der Improvisationskunst! So auch im ansonsten so unbeweglichen Dresden. Zum 31. August ist dem mehrfach mit dem Spielstättenprogrammpreis der Bundesregierung ausgezeichneten Jazzclub gekündigt worden. „Ordentlich“ und „fristgemäß“, wie es in einem Schreiben des Liegenschaftsamtes heißt. Unmittelbar danach sollte die Herbstsaison starten, für …

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Dresdens Jazzclub macht dicht, weil er undicht ist und die Stadt ihn nicht dicht bekommt

Mit dem Klimawandel ist schlecht zu improvisieren: Wenn es regnet in Dresden, fällt der Jazz buchstäblich ins Wasser. Jazz und Bürokratie sprechen grundsätzlich verschiedene Sprachen. Wenn die freie Improvisation auf starre Strukturen trifft, ist Stillstand angesagt. Im Jazzclub Tonne, Dresdens wichtigstem Aushängeschild in Sachen Jazz, ist nun das Gegenteil eingetreten. Weil die Rathaus-Bürokratie der sächsischen Landeshauptstadt über Jahre hinweg nichts bewegt hat, mussten sich die Vereinsmitglieder des Tonne e.V. am vergangenen Wochenende mal wieder sputen, um Wasserschäden nach einem Gewitterguss auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Der für seine Arbeit bereits zum wiederholten Mal mit dem Spielstättenprogrammpreis der Bundesregierung ausgezeichnete Club residiert seit mehr als zehn Jahren im Keller des sogenannten Kulturrathauses von Dresden, einem historischen Sandsteingewölbe mit urigem Charme. Die Schattenseite dieses Gemäuers: Wenn es heftig regnet, drückt das Wasser durch die Substanz. Das ist seit langem bekannt und wurde vor gut drei Jahren mit einem Provisorium halbwegs abgedichtet. Provisorien Die damals verlegte Spezialfolie, so Tonne-Geschäftsführer Steffen Wilde, war von vornherein für etwa zwei Jahre ausgelegt. In der Zwischenzeit sollte nach einer dauerhaften Lösung gesucht werden, also entweder eine komplette Sanierung des über dem Veranstaltungsraum …

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Mager, mager, mehrdimensional mickrig – Evaluation für nix

Es liegt ein sogenannter Evaluationsbericht zum Spielstättenprogrammförderpreis der Initiative Musik vor und der hat es in sich; beziehungsweise nichts in sich oder an sich. Dabei kommt die Studie großspurig im Ton daher. „Für die Evaluation wurde vom Netzwerk Kulturberatung ein mehrdimensionaler Methodenansatz gewählt. Es wurden u.a. 14 Experteninterviews und eine Onlinebefragung der Preisträger durchgeführt. Darüber hinaus fand eine systematische Analyse der vorhandenen Dokumente statt. Die Evaluation untersuchte u.a. die Zielerreichung, die öffentliche Wirkung, Medienresonanz und die Preisverleihung. Der Bericht zeigt im Ergebnis, dass das Förderprogramm effizient und effektiv realisiert sowie damit etabliert werden konnte.“ Klingt sehr bedeutungsvoll und methodenmodern, ist aber im Endeffekt allerdings nichts anderes, als wenn man den Koch befragt, wie ihm sein Essen schmecke. Kann man alles nachlesen als PDF, wer lustig drauf ist und will (71 Seiten). Oder aber man belässt es bei der Pressemitteilung und ihrer wunderbaren Zusammenfassung. Wie in dieser Stilblüte hier: „Die persönliche Anwesenheit der Kulturstaatsministerin bei der Preisverleihung wird von den Preisträgern und Experten als sehr bedeutend erachtet.“ Äh, ja. Das Essen war dann auch ganz lecker, oder? PS: Und wer hat jetzt Lust die Evaluation zu …

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Bund der Kurzsichtigen

Wer Steuern zahlt, will, dass sein Geld nicht irgendwie zum Fenster hinausgeschmissen wird. Ein sogenannter Bund der Steuerzahler listet daher in seinem jährlichen Schwarzbuch auf, wo er zu glauben meint, dass das Geld wie ein Heizpilz auf den Malediven keinen Sinn ergibt: eben unsinnig ist. In diesem Jahr haben diese Schwarzbuchschreiber plötzlich den Spielstättenpreis der Initiative Musik, bezahlt aus dem ohnehin mickrigen Kulturhaushalt des Bundes, im Visier. Kurzform des Arguments: Wer sowieso schon aus der öffentlichen Hand gefördert werde, müsse nicht ein zweites Mal subventioniert werden. Dafür seien zwingend Sponsoren zu gewinnen. Gewiss: Die Kosten der Veranstaltung zur Verleihung des Spielstättenpreises in Höhe von 68.000 Euro sind vermülltes Steuergewissen, da hätte die eine oder andere Spielstätte wirklich mehr davon gehabt. Hier tanzt also der Papiertiger auf den Tischen der Kultur. Kultur und Kunst werden allenthalben zum „Mittel“ degradiert, wo sie doch Zweck sein sollten/müssten. Da denkt der Bund der Steuerzahler in seiner Ärmelschonermentalität zu schwarz/weiß statt mit Herz und Verstand und trotz Status als eingetragener Verein als nicht besonders gemeinnützig. Sponsoren statt Steuern. Konsequent zu Ende gedacht hieße das: Lassen wir doch einfach unseren ganzen …

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Bundeskonferenz Jazz betont: Spielstättenprogrammpreis erfüllt wichtige kulturpolitische Aufgabe

In seinem aktuellen Schwarzbuch kritisiert der Bund der Steuerzahler die Verleihung des Spielstättenprogrammpreises des Bundes. Die Bundeskonferenz Jazz nimmt dazu in einem offenen Brief an den Präsidenten des Bundes der Steuerzahler Stellung: Sehr geehrter Herr Holznagel, in Ihrem aktuellen Schwarzbuch listen Sie den Spielstättenprogrammpreis des Bundes als „teure Annehmlichkeit“. Sie bemängeln, dass bereits subventionierte Häuser durch den Preis doppelt subventioniert werden. Bei den ganz wenigen Spielstätten des Jazz/Rock/Pop, die überhaupt öffentlich unterstützt werden, sind diese Zuwendungen so marginal, dass hier nicht einmal ansatzweise von einer Doppelförderung ausgegangen werden kann. Hinzu kommt, dass es sich bei dem SSPP nicht um eine Förderung im klassischen Sinne, sondern um einen Preis für eine bereits erbrachte künstlerische Leistung handelt. Mit dem Spielstättenprogrammpreis, für den wir uns seit über zehn Jahren einsetzen, rückt vielmehr eine besorgniserregende Ungleichbehandlung in das kulturpolitische Blickfeld: Wie Sie wissen, tragen die Kommunen in Deutschland mit ca 80% die Hauptlast aller kulturellen Ausgaben. Die Kommunen sind jedoch so überschuldet, dass sie zusätzlich zu den 87 Opernhäusern mit eigenem Spielbetrieb, die es insgesamt in der Republik gibt und die zusammen ca. 3,5 Milliarden an öffentlichen Mitteln erhalten, …

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Spielstättenprogrammpreis 2014 vergeben

Für ihre herausragenden Livemusikprogramme wurden gestern am 17. September 2014 in Hamburg 31 Clubs und 27 Veranstaltungsreihen aus Deutschland von Kulturstaatsministerin Monika Grütters mit dem Spielstättenprogrammpreis Rock, Pop Jazz 2014 ausgezeichnet. Der bundesweite Preis wurde nach 2013 bereits zum zweiten Mal vergeben. In diesem Jahr gehen an die Spielstätten sowie Veranstalterinnen und Veranstalter insgesamt 900.000 Euro an Preisgeldern. Die Initiative Musik realisiert den Spielstättenprogrammpreis Rock, Pop, Jazz 2014 unter Einbeziehung der Bundeskonferenz Jazz und der LiveMusikKommission, dem Verband der Musikspielstätten in Deutschland e.V.  „Die kleinen und mittleren Livebühnen sind mit ihren ambitionierten und innovativen Programmen abseits des Mainstreams ein wichtiger Bestandteil unserer Kulturlandschaft“, erklärt Staatsministerin Prof. Monika Grütters, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM). „Sie bieten Kulturorte mit Atmosphäre, in denen Musikerinnen und Musiker ihr Publikum finden. Aus überzeugter Leidenschaft für die Sache gehen die Betreiberinnen und Betreiber dieser Clubs oft bis an die Grenze zur Selbstausbeutung. Der Spielstättenprogrammpreis Rock, Pop, Jazz soll die Arbeit dieser kulturellen ‚Ermöglicher‘, die oftmals ohne oder nur mit geringer öffentlicher Förderung für hochwertige Kulturerlebnisse sorgen, stärker in das öffentliche Bewusstsein rücken.“  Die besonderen Auszeichnungen für die „Spielstätte …

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Bundeskonferenz Jazz legt Bericht zu Jazz in Deutschland vor

In einem Treffen mit dem Vorsitzenden des Ausschusses für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag, Siegmund Ehrmann, hat die Bundeskonferenz Jazz ihren „Bericht zur Situation des Jazz in Deutschland“ vorgelegt. Erstmalig war die Analyse 2004 auf Wunsch des Ausschusses erstellt worden. Die umfassend aktualisierte Ausgabe geht nun auf die Entwicklungen und Tendenzen des Jazz der letzten 10 Jahre bis heute ein. „Wir freuen uns, dass einige Vorschläge wie der Spielstättenprogrammpreis von damals mittlerweile verwirklicht werden konnten.“, so Felix Falk, einer der Sprecher der BK Jazz. „Jazz ist in Deutschland eine eigenständige und höchst lebendige Musikkultur. Deshalb bedarf es noch besserer Rahmenbedingungen, um diese Kunstform nachhaltig und systematisch zu stärken.“ Neben den in den einzelnen Kapiteln des Berichts genannten Zielen benennt die BK Jazz drei Kernziele: 1. soll der Aufgabenbereich der Initiative Musik als der zuständigen Fördereinrichtung durch eine Umstrukturierung erweitert werden, 2. wird die Verstärkung der Exportförderung innerhalb eines Gesamtkonzeptes vorgeschlagen, 3.  wird das Strukturentwicklungsprogramm JazzPlan Deutschland gefordert, um die Entwicklung des Jazz und seine Sichtbarkeit in der deutschen Kulturlandschaft wirksam zu verankern. „Der Bericht gibt uns Hinweise darauf, wie die kulturpolitische Arbeit für den …

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Wechsel an der Spitze: ein Interview mit Gebhard Ullmann, dem neuen UDJ-Vorsitzenden

Als einen emotionalen Menschen, der „auch und gerne aneckt, stets aber das Machbare im Blick hat“, bezeichnet sich Gebhard Ullmann selbst. Der 56-Jährige ist vielfach ausgezeichneter, international renommierter Saxophonist, Bassklarinettist, Flötist, Komponist und seit November 2013 neuer Vorsitzender der Union Deutscher Jazzmusiker. JazzZeitung: „Jazz ist, was wir draus machen – musikalisch aber auch politisch und gesellschaftlich!“ Dieser Satz stammt von dir. Engagierst Du Dich deshalb jetzt in der UDJ in erster Reihe? Gebhard Ullmann: Ich bin früh in die UDJ eingetreten, weil ich das wichtig fand. Dann habe ich mich in der sich neu organisierenden Berliner Szene der 80er sehr engagiert. Angesichts der aktuellen Entwicklungen finde ich die UDJ noch viel wichtiger. Ich will mitgestalten und möchte dies allen anderen auch ans Herz legen: Jammern hilft nicht! JazzZeitung: Zunächst warst Du also politisch sehr aktiv, hast Dich aber dann auf die Musik konzentriert, nun „back to politics“ – wie kommts? Ullmann: Ich wollte mich um meine Musik kümmern, „das kann ich auch alleine“ war für eine Weile das Credo. Jetzt möchte ich etwas zurückgeben. Sicher war ich nach dem Engagement der 80er auch enttäuscht, interessanterweise …

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Jazz im Koalitionsvertrag

Lobby-Deutschland schaut gebannt auf den Entwurf des Koalitionsvertrages. Und dafür kann man sich heuer Zeit lassen, benötigt die SPD doch noch einige Zeit zur Abwicklung der Abstimmung. Zeitgenössische Musikkultur und ihre Förderung heißt das Zauberwort, und die einzelnen Spartenvertreter sitzen in den Startlöchern, diesen relativ breiten Begriff möglichst als erste mit ihrem Musikverständnis zu füllen. So auch der Jazz. Der Jazz wiederum hat da einige Vorteile. Durch mindestens zwei Abgeordnete (Börnsen und Ehrmann) ist der Jazz bis noch kurz vor der Bundestagswahl im Parlament eine nicht so ganz unbekannte Größe gewesen, wenn es denn überhaupt um Förderung von Kunst und Kultur ging. Die UDJ wurde daher zu einem nicht ganz ungünstigen Zeitpunkt 40 Jahre und vergab in der Feierstunde am Ort des Jazzfestes Berlin gleichzeitig den Albert-Mangelsdorff-Preis. Das Gutachten der SPD zur Bundesmusikförderung erwähnt explizit die Bundeskonferenz Jazz. Beim erstmaligen Spielstättenprogrammpreis waren es in der Mehrheit Jazzclubs, die die Förderungen abgeräumt haben. All das werden wir „am Kochen“ halten, denn irgendwann wird klar sein, wer von unseren Fürsprechern im neuen Bundestag sitzt und wer die Nachfolge von Staatsminister und Filmfreund Neumann antreten wird – vielleicht …

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