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Jazzzeitung

2012/01 ::: seite 5

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Inhalt 2012/01

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig no chaser: Totenkult Farewell: Frank Foster Paul Motian

TITELSTORY: Töne, Schweiß und Ohrenkitzel
Warum der Jazz wieder Kritiker braucht, die über Augenblicke schreiben

GESCHICHTE - Basies Weggefährten (2)
Am 2. März wäre Eddie „Lockjaw“ Davis 90 Jahre alt geworden...

Berichte
20 Jahre ACT // Zum Deutschen Jazzfestival Frankfurt 2011 // Martin Schmitt startet mit „Aufbassn“ neu durch // 10 Jahre Unerhört Festival – die aktuelle Musik in Zürich

Portraits
Eva Cottin // Jutta Hipp // Alexandra Lehmler // Lizzy Loeb // Jens Thomas

Jazz heute und Education
Hans Lüdemann – ein Jahr Unterricht an einem US-College und die Folgeng // Nachrichten // Fortbildungskalender 2012 (pdf) // Abgehört: Fusion goes Bebop: Larry Coryells Gitarrensolo auf „Tadd‘s Delight“ von Tadd Dameron

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

Verletzlichkeit und Stärke

Die Sängerin Lizzy Loeb

Diese Lizzy Loeb wächst einem binnen ganz weniger Takte ans Herz – mit einer Stimme, die Eisberge in große Wasserlachen verwandelt, und Songs, die es in jeder Hinsicht in sich haben. Im Mai geht sie mit Curtis Stigers auf große Deutschland-Tour. Es könnte ein Siegeszug für die 25-Jährige werden.

Foto: Ssirus W. Pakzad

Bild vergrößernFoto: Ssirus W. Pakzad

In Till Brönners Gesprächs-Autobiografie „Talking Jazz“ (Kiepenheuer & Witsch) gibt es eine längere Passage, die sich mit Lizzy Loeb beschäftigt. Sie ist die Tochter des amerikanischen Gitarristen Chuck Loeb, mit dem der Star-Trompeter und „X-Factor“-Juror über die Jahre immer wieder arbeitete. Als der dem deutschen Kollegen ein Demo seines talentierten Sprösslings vorspielte, hat es Brönner „fast umgehauen“. Zitat: „Ich bin immer wieder auf erstaunliche Talente gestoßen. Eines der größten war ein Mädchen, eine Neunzehnjährige, die unglaubliche Songs schrieb, sehar gut Gitarre spielte; sie kam aus einer Musikerfamilie, was ja auch eine Last sein kann – und trotzdem glaubte ich, die Stimme, den Klang ihrer Generation zu hören.“

Till Brönners Faszination lässt sich gut nachvollziehen, wenn man erst einmal „The One“ (Care Music, edel), das erstaunliche Debüt der heute 25-jährigen gehört hat, die in den USA und Spanien aufwuchs. Allein diese Stimme, dieses leichte Vibrieren, diese kunstvoll platzierten kleinen Aussetzer, diese Überschläge, die sich Singer/Songwriter schon immer gerne bei ihren Country-Kollegen abgehört haben… In diesem zarten Organ, das einem nicht mehr aus dem Kopf geht, schwingt soviel mit, etwa diese Mischung aus Verletzlichkeit und Stärke.

„Ertappt“, sagt die Tochter der spanischen Sängerin Carmen Cuesta in der etwas zu lebhaften Lobby eines Münchner Hotels. „Ich bin sicher, dass ich beides in mir trage. Aber trifft das nicht auf jeden zu? Ich versuche es in meinen Songs sogar als Botschaft herüber zu bringen, dass wir als Menschen diese beiden Seiten in uns miteinander kommunizieren lassen sollten. Es gibt Momente, in denen man sich wie der Coolste fühlt und andere, in denen man nur ein Häuflein Elend ist.“

Gebettet wurde das, was Lizzy Loeb da mit soviel Gefühl und Tiefe singt, auf die Klänge bekannter Jazzer, unter ihnen der Papa, der Bassist Will Lee (Lizzys Patenonkel), der Keyboarder Mitch Forman, der Schlagzeuger Wolfgang Haffner und der Bassist Tim Lefebvre. „Ich glaube allerdings nicht, dass ich Jazz singe. Ich komme aus einer Pop-Perspektive.“

Als 15j-ährige hat sich Lizzy Loeb erstmals eine Gitarre geschnappt, hat sich das Meiste selbst beigebracht und Dad um Rat gefragt, wenn sie nicht weiter kam. Erste Songs flossen ihr schnell aus der übervollen Seele – zwei Titel aus ihrer Anfangsphase sind sogar auf ihrem Debüt „The One“ dokumentiert (das Titelstück und „Smells“). Wer diese und andere ihrer Songs hört, spürt vielleicht den Beschützerinstinkt in sich und meint, es mit einer Art Kindfrau zu tun zu haben. Doch weit gefehlt. „Ich war schon früh sehr selbständig, sehr erwachsen und galt deshalb fast als Außenseiterin. Damals schmeckte mir das nicht, aber im Nachhinein bin ich froh – als Außenseiter nimmt man schließlich eine etwas andere Perspektive ein.“

Vielleicht schreibt sie deshalb auch so kluge, Metaphern-durchsetzte Songs. „Bevor ich anfing zu schreiben, fühlte ich mich nie wohl dabei, über meine Emotionen zu reden“, sagt sie und tunkt einen Keks in ihren Cappuccino.

„Trotzdem bin ich manchmal etwas verschämt, wenn ich mit Menschen über meine Musik rede. Schließlich ist es oft so, als hätten sie in meinen Tagebüchern geblättert. Gerade wenn man autobiografisch-gefärbte Songs singt, präsentiert man sich fast nackt.“ Sie lacht erfrischend mädchenhaft. „Oft fragen mich meine Freunde allerdings auch, worum es in meinen Texten geht. Ich mache dann meist nur ein paar vage Andeutungen, weil ich nicht zu viel preisgeben will. Hinterher sagen sie mir meist, wie sie die Lyrics verstanden haben. Was sie da hinein interpretieren, macht oft mehr Sinn und gefällt mir oft besser als meine eigene Intention.“ Sie kichert und hebt die Tasse: „Ein Prosit auf das Unterbewusstsein.“

Text/Foto: Ssirus W. Pakzad

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