Anouar Brahmen live in München – „After the last Sky“

Das Jahr 1990 war ein Wendepunkt in der musikalischen Laufbahn des tunesischen Oud-Meisters Anouar Brahmen, ein Glücksfall für die Jazzgemeinde und alle Fans. In diesem Jahr nämlich begegnete er Manfred Eicher vom Münchner Label ECM, der Rest ist Geschichte. In den vergangenen fünfundzwanzig Jahren entstanden zahlreiche Alben u.a. mit Jan Garbarek, John Surman, Palle Danielsson oder Gianluigi Trovesi. Vor mittlerweile acht Jahren erschien sein vielbeachtetes Opus „Blue Maqams“ mit Django Bates, Dave Holland und Jack DeJohnette. Im März diesen Jahres folgte Anouar Brahems Album „ After The Last Sky“ und überraschte mit einer zum Teil vertrauten, gleichzeitig aber auch ungewöhnlichen Besetzung. Mit dabei wieder Django Bates am Piano und der Bassist Dave Holland, sowie Anja Lechner am Cello, die mit ihrer expressiven, lyrischen Klangfarbe Anouar Brahems Œuvre musikalisch auf ein neues Level hebt.

Vor kurzem gastierte das Quartett in der Münchner Isarphilharmonie und begeisterte das Publikum vom ersten bis zum letzten Ton. „Wohin sollen wir nach den letzten Grenzen gehen? Wohin sollen die Vögel nach dem letzten Himmel fliegen?“ Diese Verszeilen von Mahmoud Darwisch lieferten den Titel für „After The Last Sky“ und waren gleichzeitig Dreh- und Angelpunkt des Abends: Edwars Saids Meditation über Exil und Erinnerung. Anouar Brahems Musik zielt auf Emotionen und Empfindungen ab, daraus resultiert eine direkte Nähe, fast zerbrechlich anmutend. Sanfte melodische Themen von Brahems Oud durchdringen die Philharmonie, Bates pointierte Pianoläufe perlen und Lechners Cello durchdringt kraftvoll den Raum. Dazu der einzigartig warme Klang von Hollands Bass, inspirierte Improvisationen zu den einzigartigen Kompositionen und Melodien von Brahem, mehr geht nicht. Vier Meister ihres Fachs auf der Bühne musizierten und kommunizierten jenseits aller Klischees miteinander. Anouar Brahmen präsentiert seine Stücke abwechselnd zum Quartett mal im Duo oder auch im Trio und nutzt so die gesamte Palette an Ausdrucksmöglichkeiten.

Das Publikum konnte sich an dem Abend gut hundert Minuten fallen lassen, die Welt um sich herum vergessen und in die subtile Klangwelt zwischen Orient und Okzident eintauchen. Anouar Brahem ist musikalisch, abgesehen von seiner Virtuosität, eine absolute Ausnahme. Selten gelingt es einem Musiker Traditionen zu bewahren, aufmerksam und offen zu sein für Neues, sich weiter zu bewegen und so unterschiedliche Welten zu verbinden. Schade, dass dies im normalen Leben nur selten funktioniert.

TEXT & FOTOS: Thomas J. Krebs

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