Anzeige

Startseite der Jazzzeitung

Anzeige

Startseite der JazzzeitungZum Archiv der Jazzzeitung (Datenbanken und pdf)Zur Rezensionsdatenbank der JazzzeitungZur Link-Datenbank der JazzzeitungClubs & Initiativen Die Jazzzeitung abonnierenWie kann ich Kontakt zur Jazzzeitung aufnehmen
 

Jazzzeitung

2005/07  ::: seite 17

rezensionen

 

Inhalt 2005/07

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / News / break
no chaser:
So blau, so blau
jäzzle g’macht:
Nichtraucher. Single. Jazzer.
jazzfrauen-abc: International Sweethearts Of Rhythm


TITEL / DOSSIER


Titel: Seele statt Salz
Lizz Wright mit neuer CD
Dossier:Elemente arrangieren, verändern
Ein bisschen was Grundsätzliches zum Thema Remixes
Dossier:Das Kind ist gesund
Der norwegische (Jazz)Trompeter Nils Petter Molvaer im Gespräch


BERICHTE
/ PREVIEW

Record Release Partys in Berlin // Pat Metheny in der Münchner Muffathalle // Carlos Bica im Regensburger Jazzclub // Uncool 2005, der Festivalgeheimtipp im Val Puschlav // Nachwuchswettbewerb New Generation Straubing // Preview: Globe Unity Orchestra und King Übü Örchestrü


 JAZZ HEUTE

Stammwürze für die Jazzszene
Die Köstritzer Schwarzbierbrauerei
Ein neues Haus für den Jazz
Das Amsterdamer Bimhuis


 PORTRAIT / INTERVIEW


UdK-Professor Siggi Busch // SahneFunk // Sänger Philipp Weiss // Saxophonist David Sanborn


 PLAY BACK / MEDIEN


Wichtige Rolle der Küche
Musik von Thelonious Monk: 3-CD-Box bei Intakt
CD. CD-Rezensionen 2005/07
DVD. Ella Fitzgerald, Johnny Cash und Jeff Healey
Bücher. Jürgen Schwab: Der Frankfurt Sound
Bücher. Bücher über Django Reinhardt, Atlantic Records und Standards
Noten. Vocal Jazz & Pop für Chöre
Noten. Noten für Fortgeschrittene, Unterrichts-DVDs
Medien. link-tipps


 EDUCATION

Abgehört 34. John Coltranes Solo über „Up Against The Wall“

Jazzausbildung in Leipzig

Fortbildung // Ausbildungsstätten in Deutschland (pdf)


SERVICE


Critics Choice

Service-Pack 2005/07 als pdf-Datei (Kalender, Clubadressen, Jazz in Radio & TV (268 kb))

Grossformatiges, lohnende Lektüren

Neue Bücher über Django Reinhardt, Atlantic Records und Standards

Will Friedwald: Stardust Melodies. A biography of twelfe of America’s most popular songs, Pantheon Books, New York, 397 Seiten

Eine gute Idee. Die Auswahl ist überzeugend: sie reicht vom „St. Louis Blues“ (1914) bis „Lush Life“ (ca. 1938). Der Autor hat sich als gründlicher Kenner des amerikanischen Jazz- und Popgesangs bereits einen sehr guten Namen gemacht. Sein Wissen über Aufnahmen (darunter auch sehr seltenen) der zwölf Titel (nicht nur im Jazzbereich) ist schier unerschöpflich. Auch rein instrumentale Versionen werden besprochen. Er analysiert zudem Text und Musik, letztere nur mit der Nennung von Tonbezeichnungen. Hatte der Verlag Angst, ein Buch mit (einigen) Notenbeispielen würde sich schlechter verkaufen? Ein paar Korrekturen: Charlie Christian wurde 25 Jahre alt, nicht 23 (S. 18); der Duopartner von David Murray heißt nicht Arvantis, sondern Arvanitas (S. 179); der Dirigent Charles Previn war nicht Andre Previns Vater, sondern dessen Cousin (S. 188). Unverständlich ist die Behauptung, „Doxy“ und „Giant Steps“ seien von „I got rhythm“ abgeleitet. Aber gleichwohl und trotz fehlendem Register (etwas ärgerlich) lohnt sich die Lektüre sehr.

Ahmet Ertegun with Greil Marcus, Nat Hentoff, Lenny Kaye, Robert Gordon, Robert Christgau, Vince Aletti, Will Friedwald, Davis Fricke, Barney Hoskyns: „What’d I say“, The Atlantic Story – 50 years of music, Welcome Rain Publishers, New York, 565 Seiten.

Mit 3,9 kg und den Abmessungen 37 x 26 x 5 cm nimmt dieses Buch größen- und gewichtsmäßig unter seinesgleichen einen Spitzenplatz ein. Aber auch der Inhalt wiegt schwer. Auf Kunstdruckpapier gruppieren sich über 900 (!) vorzüglich reproduzierte Fotos, unter ihnen viele seltene, um einen weitgespannten Text, der die Geschichte des Labels Atlantic von 1947 bis 2000 erzählt, sehr lebendig und spannend. Auch viele Künstler kommen zu Wort. Für den Jazz war dieses Label wichtig, aber mehr wohl noch für Rhythm & Blues und Soul. Gründer Ahmet Ertegun (zusammen mit Herb Abramson) war der Sohn des türkischen Botschafters in Washington. Sein langjähriger Mitarbeiter Jerry Wexler stieg 1953 in die Firma ein, kurz darauf auch sein älterer Bruder Nesuhi Ertegun, der sich dann in erster Linie um die Jazzproduktionen kümmerte. In dieser Hinsicht prägten das Modern Jazz Quartet, Charles Mingus, John Coltrane und Ornette Coleman Atlantic. Dazu kamen Ray Charles, The Drifters, Roberta Flack, Lennie Tristano, Jimmy Giuffre, Bobby Short, Mabel Mercer, Big Joe Turner, Thelonious Monk, Wilbur de Paris, Bobby Darin, LaVern Baker, Herbie Mann, Charles Lloyd, Aretha Franklin, Otis Redding, Cream, Led Zeppelin, Bette Midler, Manhattan Transfer, Rolling Stones, Abba, Foreigner, Phil Collins… Die Firma wurde immer größer, der Jazz immer weniger. Ahmet Ertegun bringt es 1997 auf den Punkt: „It’s you grow, the whole machinery of releasing und promoting records becomes bigger and more complicated. We have to feed the machine that we‘ve built.“ (S. 450) Ist das nicht überhaupt eines der größten Probleme unseres Zeitalters?

Ein faszinierendes Buch, aber es zu lesen und zu verarbeiten braucht seine Zeit. Ein Tipp: Versuchen Sie nicht, es in Lokalen und öffentlichen Verkehrsmitteln zu studieren. Sie fallen zu sehr damit auf.

Michael Dregni: Django – the Life and Music of a Gypsy, Legend Oxford University Press, New York, 326 Seiten

Eine solide, sehr informative Arbeit über den bisher größten aller europäischen Jazzmusiker. 1934 entstand in Paris das „Quintette du Hot Club de France“ mit Geige (Stephane Grappelli), drei Gitarren (eine davon Django Reinhardt) und Bass, das schon bald Jazzgeschichte schrieb. Bei Kriegsausbruch war die Gruppe in England; Grappelli blieb und spielte etwa mit dem jungen George Shearing, die übrigen kehrten nach Paris zurück. Erst Anfang 1946 trafen sich Reinhardt und Grappelli in London und machten Aufnahmen mit englischen Musikern. Ende Oktober 1946 kam Django auf Einladung Duke Ellingtons in die USA, fühlte sich dort aber sehr unwohl; im Februar 1947 kehrte er nach Frankreich zurück. Die letzten sechs Jahre seines Lebens waren geprägt von Unsicherheit und dem Wunsch, neuen Entwicklungen im Jazz zu folgen. Er spielte mehr und mehr E-Gitarre, was seinem Ton nicht gut tat, und er wollte Bebop spielen, was ihm nicht lag und nicht gelang. Auch auf seinen letzten Aufnahmen 1953 hören wir nichts von Bob-Rhythmik oder den neuen Akkordstrukturen, wie hätte er die mit seiner Behinderung auch greifen können (1928 büßte er bei einem Wohnwagenbrand den Gebrauch von kleinem Finger und Ringfinger der linken Hand ein. Hätte er länger gelebt und seine frühere Spielweise beibehalten wie Grappelli, hätte er wie dieser ab den 60er-Jahren eine Weltkarriere machen können. Aber er war kein einfacher Mensch. Er liebte seine Freiheit über alles, spielte im Grunde nur, wenn er Lust dazu hatte, gab verdientes Geld sofort wieder aus, hatte kein Bankkonto, konnte weder lesen noch schreiben (Grappelli brachte ihm mühsam eine Art Unterschrift für Verträge bei) und war doch einer der großen Gitarristen des 20. Jahrhunderts, den auch alle seine amerikanischen Kollegen bewunderten.

Dieses Buch ist spannend wie eine Abenteuergeschichte. Hoffentlich wird es bald ins Deutsche übersetzt.

Joe Viera

| home | aktuell | archiv | links | rezensionen | abonnement | kontakt | impressum
© alle texte sind urheberrechtlich geschützt / alle rechte vorbehalten / Technik: Martin Hufner