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Jazzzeitung

2011/04 ::: seite 8

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Inhalt 2011/04

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazzlexikon: Edward „Kid“ Ory Farewell: Kurt Maas / Ray Bryant Geschichte: Vor zwanzig Jahren verstarb der Trompeter Miles Davis no chaser: Jazz schlägt Shakespeare


TITEL -
Ein bisschen leise...
Scofield & Metheny und ihre neuen Alben


Berichte

German Jazz Trophy 2011 für Dave Holland // 40. Moers Festival für Improvisierte Musik // Die dritte Auflage von „Sounds No Walls“ // 29. Südtirol Jazz Festival Alto Adige // 30. Bayerischen Jazzweekend 2011 // Sonny Simmons – in Dankbarkeit // George Gruntz Concert Jazz Band in Neuburg


Portraits

Mo’ Blow // Sabine Müller // Der Schlagzeuger Jochen Rückert // Caroline Thon


Jazz heute und Education
Bert Noglik übernimmt künstlerische Leitung des Jazzfestes Berlin // Das neue Jazz-Label Egolaut in Leipzig // Abgehört: Weite dynamische Sprünge
Ein Live-Solo des Posaunisten Eddie Bert

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

 

Jazz aus Seide

Sabine Müller, der kleine blaue Vogel und Ronja’s Lamant

Seide, fließend weiches, schmeichelnd kühles, schmiegsames Gewebe, geheimnisumwoben exotisch, geschmeidig! Assoziationen sind durchaus gewollt: „Seide ist einfach eine wunderbare Metapher für das Schöne, vor allem in der Liebe, ein feiner, edler Stoff, der etwas besonderes ist, etwas sehr wertvolles, kostbares, feines. Es geht uns um Wertigkeit, darum, was Musik uns bedeutet. So ist auch unser Trio, ein Feinton-Trio.“ Die Reduktion aufs Wesentliche ist dabei ganz bewusst gewählt, ungewöhnlich für ein Debütalbum: Kein Herzeigen aller erworbenen Möglichkeiten und Fähigkeiten, sondern wohlüberlegtes Maß, überaus konkrete Musik mit einem klaren Bekenntnis: “Let us go to where love is. Please let us got there only!” Dies mit allen Facetten, die sich ergeben.

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Bild vergrößernSabine Müller

Dabei hat Sabine Müller, Sängerin des Feinton-Trios Seide, die Musik erst relativ spät für sich entdeckt: „Die Musik hat sich in mein Leben eher heimlich eingeschlichen. In meiner Schulzeit am musischen Gymnasium war das Umfeld zunächst auf Theater und Schauspiel ausgerichtet. Der Gesang war dann plötzlich da, als ein Bekannter aus der Theatergruppe mich fragte, ob ich nicht bei einem Wettbewerb für Stimme und Klavier mitmachen wollte. Den Wettbewerb haben wir tatsächlich auch gewonnen, und da war plötzlich klar: Sabine ist Gesang. Und irgendwann bin ich aufgewacht und habe festgestellt: Ja, das ist es jetzt auch.“

Das Studium kam wenig später. Nürnberg wählte die gebürtige Dresdenerin, weil an der dortigen Hochschule Jule Unterspann unterrichtete. Obwohl ihr Herz noch immer für Dresden und Berlin schlägt – „ Dort ist einfach sehr viel Inspiration zu spüren“ – lebt Sabine Müller gern in der fränkischen Metropole, einfach weil sie hier sehr vielen Menschen begegnet ist, die für ihre Musik und das Projekt Seide wichtig sind. So pendelt sie zwischen den Welten, fühlt sich dabei aber eher bereichert.

Gemeinsam mit Tino Dorado am Flügel und Christoph Müller an der Posaune hat Sabine Müller für Seide ein Klangideal entwickelt, das überaus stimmig Zerbrechlichkeit und Stärke vereint in transparenter, träumerischer, lichtdurchfluteter Entdeckung der Langsamkeit. Die helle, bewegliche Stimme der Sängerin, die sich gern auf so unterschiedliche Vorbilder wie Torun Eriksen und Michael Jackson beruft, harmoniert in wunderbarer Weise mit dem offenen, weiträumigen Klavierspiel von Tino Dorado und den behutsam gesetzten Linien von Christoph Müllers Posaune.

Die Kombination Stimme, Posaune, Klavier ist so ungewöhnlich wie reizvoll, praktisch ohne Referenz und doch ganz natürlich im Sound. „Die Idee, das Thema, das Konzept des Albums suchten für mich nach einem intimen, geschützten Raum. Meiner Meinung nach sind die wirklich essentiellen Dinge nicht die lauten, großen und schreienden, sondern die stillen, kleineren Momente; das gebietet eine sehr ausgewählte, kleine Besetzung, die ihre Stärke in feiner Musik findet. Sehr schnell hat sich aus der ehemals größeren Band, die es ursprünglich mit Bass, Schlagzeug und Background-Gesang gab, diese besondere Trio-Instrumentierung ganz natürlich und unangestrengt herauskristallisiert: Ich war schon immer ein Klavierkind, habe eine sehr große Affinität zu diesem Instrument, und die Klangfarbe der Posaune wollte ich ebenfalls nicht missen.“

Passion, Pain & Poetry – das ist mehr als nur ein Alliteration: „Bis auf das letzte Stück– Send in the Clowns – sind auf der CD nur eigene Stücke, Gedichte, poetische Geschichten, lyrische Momente, die wir musikalisch umsetzen.“ Im Booklet steht wie eine Art Vorspann das Gedicht, das dem Album den Namen gibt: „Die einzelnen Stücke sind dann wie Unterkapitel, wie Ausfaltungen dieses Gedichtes zu verstehen.“ Die meisten Texte sind englisch, ein Text ist französisch, zwei in Deutsch: „Ich habe immer schon englisch und deutsch geschrieben, fühle mich mit beiden Sprachen wohl. Der französische Text ist eher so ein kleiner i-Punkt. Allerdings ist die meiste Musik, die ich höre, englischsprachig. Ich bin auch ein großer Shakesspeare-Fan. Wenn ich in Deutsch schreibe, gibt das einen ganz anderen Gestus. Das geht dann gleich in ein ganz anderes Zimmer, in eine andere Farbe. So sind mir beide Sprachen sehr wichtig.“

„Kleiner blauer Vogel“ erzählt so eine kleine Geschichte, ganz langsam entfaltet, sehr sorgsam gespielt und gesungen in jedem einzelnen Ton, zärtlich geradezu im fließenden Schimmer der Sehnsucht, die doch auch loslassen lernen muss: „Life never stops teaching us to let go, my friend“ heißt es in Ronja’s Lament im Bewusstsein der Vergänglichkeit selbst des schönsten Moments.

Die Texte sind sehr ehrlich, offen, persönlich und unmittelbar. Gerade darum ist der Schutz sehr bedeutsam, der sich durch die Musik ergibt: „Ich fühle mich sehr geschützt, wenn wir Musik machen. Unsere Musik ist sehr pur und rein, sie kommt direkt aus dem Herzen. Das schätze ich auch an anderer Musik, das berührt mich sehr.“

Tobias Böcker

CD-Tipp

Seide, Passion, Pain & Poetry (A-Jazz A 5010)
Release-Konzert am 17.9.2011 im Kunstverein KOHLENHOF in Nürnberg

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