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Jazzzeitung

2011/03 ::: seite 9

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Inhalt 2011/03

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazzlexikon: David „Fathead“ Newman Farewell: Schlagzeuger Joe Morello Geschichte: Louis Armstrong – Zum 110. Geburtstag und 40. Todestag no chaser: Das globale Dorf


TITEL - Horizonterweiterung
Jazz im Chor – wie geht denn das?

DOSSIER Festivals im Sommer 2011
Termine, Webadressen und ein Lineup


Berichte

Musik bei der jazzahead // Internationale Jazzwoche Burghausen 2011 // Kurt Weill Fest Dessau // Trondheim Jazzfestival 2011 // Messe jazzahead auf Expansionskurs


Portraits

Le Bang Bang // Johannes Enders // Helge Lien im Gespräch // „mit4spiel5“ // Jazzorchester Regensburg // Jazzkomponist Heiner Schmitz // Julian & Roman Wasserfuhr im Interview


Jazz heute und Education
Ulli Blobel, jazzwerkstatt Berlin-Brandenburg, und das Festival Peitz // Julia Hülsmann und Peter Ortmann für die Bundeskonferenz Jazz auf der Musikmesse // In Münchens alter Jazzheimat starten zwei neue Locations // Abgehört: Zum 40. Todestag von Satchmo
Louis Armstrongs Solo über Ain‘t Misbehavin‘

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

Der dreidimensionale Sound

Helge Lien im Gespräch

Für sein von der Kritik gefeiertes Album „Hello Troll“ heimste der Pianist Helge Lien seinerzeit so hohes Lob ein, dass man sich fragen musste, ob die Band in der Lage sein würde, dem daraus folgenden Erwartungsdruck standzuhalten. Mit dem ebenso eigenwillig betitelten, wieder bei Ozella Music erschienenen, Nachfolger „Natsukashii“ straft sein Trio alle Befürchtungen Lügen. Dass er entsprechend zuversichtlich in die Zukunft sieht und warum seine Alben weiterhin frei von Elektronik bleiben werden, erklärt Helge Lien im Gespräch.

JazzZeitung: „Hello Troll“ bekam seinerzeit den „Spellemanprisen“, den man als den „norwegischen Grammy“ betrachten kann. Hältst du etwas Derartiges mit „Natsukashii“ wieder für möglich?
Helge Lien: (lacht) Mal sehen! Meiner Meinung nach ist „Natsukashii“, ver­glichen mit „Hello Troll“, sogar das stärkere Album. So gesehen fände ich es denkbar, dass wir mit dieser Platte erneut den Spellemansprisen erhalten. Natürlich sind da noch viele weitere Faktoren im Spiel. Ich würde mir nie anmaßen, mit etwas zu rechnen, es gar für ausgemacht zu halten. Ich wäre schon zufrieden, wenn wir wieder nominiert werden.

Foto: Christian Moerdre/Ozella

Bild vergrößernFoto: Christian Moerdre/Ozella

JazzZeitung: Im Booklet steht über den japanischen Begriff „Natsukashii“ etwas wie „gute Erinnerungen zurückbringen“. Worauf bezieht sich der Titel?
Lien: Mit dem Wort „Natsukashii“ bezeichnen die Japaner den Umstand der Vertrautheit. Wenn man etwas sieht, hört oder riecht, das angenehme Erinnerungen wachruft. Es gibt vermutlich kein Wort im europäischem Sprachraum, dass auf Bedeutungsebene wirklich gleichkommt. Ich beziehe mich mit dem Stück auf ein Erlebnis im letzten Jahr… worauf, ist aber nur für mich wichtig. Als Einzelkomposition steht es nicht stellvertretend für das Ganze. Obwohl es einen wichtigen Teil darstellt!

JazzZeitung: Dein Trio spielt rein akus­tisch. Haben dich die Möglichkeiten der Elektronik und der Studiotechnik denn nie in Versuchung geführt?
Lien: Also, ganz ehrlich, ich mache mir nicht viel aus elektronischen Spielereien! Zumindest nicht, was dieses Trio angeht. Es gibt auf rein akustischem Gebiet genügend Wege zu erforschen. Dass mir etwas fehlt, das ich mir von außen dazuholen müsste, das Gefühl kam mir nie. Ich liebe das Spiel mit der Illusion – mit Klängen, die man nicht wirklich hört, die aber direkt ins Unterbewusstsein gehen. Einen dreidimensionalen Sound!
Elektronik bewirkt oft, dass der Klang flach wird, oberflächlich. Damit es funktioniert, muss man mit diesem Werkzeug sehr versiert umgehen. Sehr wenig Leute sind in der Lage, die Elektronik dynamisch und mit einem Selbstverständnis einzusetzen. Ausnahmen gibt‘s natürlich. Und denen höre ich auch ausgesprochen gerne zu.

JazzZeitung: Sind deine Fähigkeiten als Bandleader während der letzten Jahre ebenfalls gewachsen? Oder braucht deine Band keine Führung, weil sich alle einig sind?
Lien: (lacht) Ich hoffe wohl, dass ich als Leader besser geworden bin! Aber ich bin vielleicht der Falsche, das zu fragen. Gegenüber früher weiß ich etwas präziser zu sagen, was ich will und was nicht, und wie ich es ausgedrückt haben möchte. Ich habe aber auch das Glück, mit Musikern zu arbeiten, die einen wirklich eigenen Kopf haben und gebe ihnen gerne den Raum, sich auszutoben. Und wenn sich das Trio weiterentwickelt hat, dann gebührt den anderen zwei ein Großteil der Anerkennung.

JazzZeitung: Wenn drei Leute so lange und intensiv zusammenarbeiten, verdichtet sich auch die Musik? Oder macht, im Gegenteil, blindes Verständnis die Musik vorhersehbar und – am Ende – langweilig?
Lien: Nun, bislang habe ich nur gute Erfahrungen gemacht. Die Qualität des Zusammenspiels, wenn man länger mit den gleichen Musikern arbeitet, die Einigkeit über die Zielrichtung, das ist einzigartig und auf keinem anderen Wege zu erreichen. Ich sehe aber den Punkt, auf den deine Frage hinzielt. Ich versuche stets, entgegen einer möglichen Langeweile und Vorhersagbarkeit im Ausdruck zu arbeiten. Ich möchte praktisch jeden Augenblick, bei jedem unserer Konzerte, aufs Neue überrascht werden. Und ich tue mein Bestes, dass wir eine entsprechende Stimmung in der Band behalten, die uns ermöglicht, jederzeit frei unseren Weg zu gehen. Man muss sich natürlich fragen, was es ist, das Musik lebendig und unvorhersehbar macht. Wenn man sich klassische Musik anhört, meinetwegen Bach oder Mozart, wird denn die Musik vorhersehbar, weil man weiß, was kommen wird? Natürlich nicht! Es ist die Fähigkeit des Musikers, in der Musik präsent zu sein, ihr Leben einzuhauchen, was sie überraschend macht. Und nicht, dass man ständig absolut Neuartiges präsentiert.

Carina Prange

CD/LP-Tipp

Helge Lien Trio: Natsukashii
Ozella Music

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