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Jazzzeitung

2011/02  ::: seite 15

rezensionen

 

Inhalt 2011/02

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazzlexikon: Charlie Mariano Farewell: George Shearing


TITEL - Basar der Perspektiven
Über den Jazz in der arabischen Welt

DOSSIER Im Osten viel Neues
Die Pianisten Djangirov, Hamasyan und Neselovskyi


Berichte

Lisa Bassenge entdeckt ihre Muttersprache // Bujazzo: Frühjahr-Arbeitsphase // Das Festival Women in Jazz // Armin Mueller-Stahl veröffentlicht mit 80 Jahren sein Debüt-Album


Portraits

Brigitte Angerhausen // Nguyên Lê // Vokalquartett „Niniwe“ // Magnus Öström // Klaus Treuheit // Neuer Deutscher Jazzpreis 2011 // Neue CDs von Acoustic Music


Jazz heute und Education
Jazz e.V. Dachau ist umgezogen // Zwölf CDs mit Schätzen der „Free Music Production“ // jazzahead! 2011: ein Interview mit Ulrich Beckerhoff // Südtirol Jazzfestival 2011 // Jazz-Workshop für Studenten und Amateure im Münchner Gasteig // Abgehört: Zum 85. Geburtstag von Miles Davis
Miles Davis’ Solo über „Sweet Pea“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

neues von gestern

Von Marcus A. Woelfle

Duke Ellington
Such Sweet Thunder

(LP; Pure Pleasure Records)

Da die Langspielplatte unter Jazzfreunden historischer Aufnahmen in der Beliebtheit wieder steigt, sollen fortan in „Neues von gestern“ auch Neuheiten unter den LP-Reissues ihren Platz haben. Nachdem in den frühen 50er-Jahren die Kritiker geglaubt hatten, Duke Ellingtons Bedeutung für den Jazz sei eine Sache der Vergangenheit und es auch mit seiner Publikumsgunst nicht mehr weit her war, hatte er sich beim Newport Jazz Festival 1956 machtvoll zurückgemeldet. Glücklicherweise trat nun auch die Langspielplatte ihren Siegeszug an. Die neue Popularität und die erweiterten technischen Möglichkeiten erlaubten nun Ellington, der seit je mit wichtigen Suiten hervorgetreten war, ambitionierte Platten-Projekte zu verwirklichen, auf die sonst kaum ein Jazzmusiker jener Tage verfallen wäre, etwa dieses großorchestrale Opus, das von den Dramen William Shakespeares angeregt wurde. Der Witz des Dramatikers lag ihm dabei hörbar näher am Herzen als Tragik. Für das 1957er-Columbia Album „Such Sweet Thunder“ ließen Ellington und sein Alter Ego Billy Strayhorn die Solisten zwölfmal wie Schauspieler in Shakespeare-Szenen schlüpfen. So mimt etwa Clark Terry den Puck in „Up and Down“, ein Stück, für das Ellington wie übrigens allenthalben raffinierte Klangfarben anrührte. Johnny Hodges, Britt Woodman und andere Sidemen haben große Momente in Ellingtons und Strayhorns glänzenden Shakespeare-Impressionen.

Illinois Jacquet
Swing’s The Thing

(LP; Speakers Corner Records)

Illinois Jacquet (ts), Roy Eldridge (tp), Jimmy Jones (p), Ray Brown (b), Herb Ellis (g), Jo Jones (dr). Man liest diese Namen und zweifelt nicht, dass diese am 16. Oktober 1956 aufgenommende Verve-LP so swingt wie der Titel zu Recht verspricht. Man wundert sich allenfalls über Norman Granz’ Wahl des vor allem als Gesangsbegleiter bekannten Jimmy Jones in einer Besetzung, die aussieht wie das verstärkte Oscar Peterson Trio ohne Peterson. (Peterson hat im Herbst und Winter 1956, die ihm Vater und Tatum raubten keinen Ton aufgenommen). Jones begleitet verhaltener als es Peterson je getan hätte, bildet mit Ellis, Brown und Jones eine in jedem Tempo leichte, relaxt swingende Rhythmusgruppe, vor der sich „Little Jazz“ und der Leader umso konzentrierter und überlegter improvisierend ergänzen. Jacquet, der halbe Sioux, dessen Spitzname sich vom Indianerwort Illiniwek (überlegener Mann) ableitet, verzichtet im Uptempo auf jene publikumswirksame Pfeifen-und-Röhren-Kraftmeierei, die ihm den allzu harten Vorwurf des Exhibitionismus eingetragen hat. Als Balladier bietet er ein klangsinnlich betörendes „Harlem Nocturne“ und ein in wonnige Watte gepacktes „Have You Met Miss Jones“. Da auch Roy Eldridge einen ausgezeichneten Tag hatte, ja schon mal Jacquet die Show stiehlt, dazu die Klangqualität auch all jene bekehren mag, die etwas gegen Mono haben, ist das Album ein ungetrübtes Vergnügen.

Al Haig
Jazz Will-O-The-Wisp

Solar Records

Auf einer CD zwei 1954er-Trio-Alben von Al Haig: „Jazz Will-O-The-Wisp“ (Esoteric) und „Al Haig Trio“ (Vogue), dazu ein seltener Bonustrack – Grund zu feiern. Die vielen kleinen Label und das Erlöschen der Urheberrechte machen es möglich: Man bekommt heutzutage wieder zuhauf Alben lange ignorierter, früher Bebop-Pianisten wie Dodo Marmarosa, George Wallington, Joe Albany oder eben Al Haig. Seine Aufnahmen ohne Parker, Gillespie, Davis oder Getz sind kaum bekannt. Er war lange so gut wie vergessen, obgleich posthume Enthüllungen über seine Schattenseiten wieder Interesse an ihm geweckt haben – vielleicht besser so eine Motivation als gar keine. In seiner Musik war der Mr. Hyde ein Dr. Jeckyll, ganz ein Gentleman. Auf diesen Aufnahmen mit dem Bassisten Bill Crow und dem Drummer Lee Abrams kommt der Tastensensibilist sehr gut zur Geltung. Haig ist für sein Understatement bekannt: zwar verzichtet er nicht auf brillante, schnelle Läufe, aber mit seiner lupenreinen Artikulation, seiner an Teddy Wilson geschulten Eleganz, seinem für Bebop-Verhältnisse zarten Anschlag klingt alles so mühelos, dass man nie das Gefühl hat, einem Virtuosen zuzuhören. Selbst wo er rast, klingt er so relaxed, dass man weniger an die emotionalen Ausbrüche Bud Powells denkt, als etwa an die Westküsten-Bopper. Subtilität und Einfallsreichtum gehen Hand in Hand. Zur Wiederentdeckung dringend empfohlen!

Coleman Hawkins
The High And Mighty Hawk

Poll Winners Records

In den späten 50er-Jahren hatte man nach jahrelang dominierenden coolen Sounds wieder das Bedürfnis, den Urvater aller Jazz-Tenorsaxophonisten mit seinem majestätischen, expressiven, prototypisch hotten Sound zu vernehmen. Da nun LP und ab 1957 Stereophonie boomten, erschien nun ein Hawkins-Album nach dem anderen. Nicht jedes war ein großer Wurf wie 1958 das Felsted-Album „The High And Mighty Hawk“ mit Buck Clayton (tp), Hank Jones (b), Ray Brown (b) und Mickey Sheen (d). Diese CD enthält wohl Beans bestes Spiel zwischen „The Hawk Flies High“, „Coleman Hawkins Encounters Ben Webster“ von 1957 und „Hawk Eyes“ von 1959, allesamt verbreitetere Alben berühmterer Labels. In früher Stereophonie wurde die ganze Fülle des Beanschen Wohlklanges großartig eingefangen, der etwa in Balladen wie „You’ve Changed“ langanhaltende Gänsehaut beschert; da Hawkins nie zuvor das Stück einspielte und man, während er kurz pausiert, das Umblättern einer Seite hört, vermute ich, daß er das Stück hier schlicht vom Blatt spielt – einfach genial. Als Bonustracks bekommt man alle ohne Ben Webster eingespielten Stücke aus dem kurz zuvor entstandenen Verve-Album „Coleman Hakwins and Confrères“, und zwar wieder mit Jones und Sheen, doch mit George Duvivier und mit dem kongenialen Trompeter Roy Eldridge. Ein Genuss wie sich alle beteiligten auf beiden Sessions gegenseitig inspirieren!

Albert Mangelsdorff – Wolfgang Dauner:
Hut Ab! – Two is Company
(Mood)

Der erste Silberling des Doppelpacks, „Hut Ab!“, entstand kurz vor dem 70. Geburtstag des berühmtesten Jazzmusikers Deutschlands, der die Jazzposaune revolutionierte. Mit dem kongenialen Wolfgang Dauner (p) und drei Könnern, die man 1997 noch zu den hoffnungsvollen Senkrechtstartern zählte, Christof Lauer (sax), Dieter Ilg (b) und Wolfgang Haffner (dr), geriet sein letztes Album unter eigenem Namen zu einem inspirierten Generationentreffen. Wer Albert Mangelsdorff und Wolfgang Dauner von Duo-Konzerten in Erinnerung hat, weiß, dass selten zwei schon solo ganz erstaunliche Musiker sich so wunderbar ergänzten, so gut aufeinander eingespielt waren und dabei stets überraschend und fesselnd, nie nur routiniert musizierten. Und doch, sucht man nach diskographischen Früchten dieses Duos, erkennt man erstaunt, dass, abgesehen von einem Stück auf „Albert Mangelsdorff and His Friends“ (1969) und vielleicht ein, zwei weiteren auf obskuren Samplern, nur das 1982 live in Stuttgart entstandene „Two Is Company“ als Denkmal dieser beglückenden Kommunikation existieren. Indes sind die vier Stücke des Albums so packend, dass man nicht genug von der ausgeschlafenen Zwiesprache zwischen dem ausdrucksvollen Posaunisten und dem ausgefuchsten Pianisten bekommt. Man kann nur hoffen, dass noch in irgendwelchen Archiven schlummernde Konzertmitschnitte veröffentlicht werden.

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