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Jazzzeitung

2013/02  ::: seite 15

rezensionen

 

Inhalt 2013/02

Inhaltsverzeichnis

Sternlein STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene /Jazz-ABC: Charlie Ventura no chaser: Europa und der Jazz standards: Giant Steps farewell: Günther KlattLeo von Knobelsdorff

Sternlein TITELSTORY: <Mit Swing in die Zukunft
Das Parov Stelar-Projekt belebt die Clubszene

Sternlein GESCHICHTE -
New York – Kopenhagen – New York
Dextivity: Gedanken zum 90. Geburtstag des Saxophonisten Dexter Gordon (2)

Sternlein DOSSIER: It’s a man’s world
Instrumentalistinnen im frühen Jazz · Von Hans-Jürgen Schaal

Sternlein Berichte
Nachwort zur Ausstellung „ECM – Eine kulturelle Archäologie“ //50. Jazz it!-Konzert in Germering // Max von Mosch Orchestra im Leeren Beutel Regensburg // 8. Festival Women in Jazz // Billy Martin’s Wicked Knee & Mostly Other People Do The Killing beim Salzburger Jazzit

Sternlein Portraits / Jubilee
Efrat Alony// German Jazz Trophy 2013 für Lee Konitz //Youn Sun Nah // Fotograf Guy Le Querrec

Sternlein Jazz heute und Education
Abgehört: Ein singender Trompeter
Chet Bakers Scat-Solo über „Dancing On The Ceiling ...

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

neues von gestern

Von Marcus A. Woelfle

Miriam Klein
By Myself

CD: Enja

Zwei Exemplare dieser LP hütete ich schon immer als großen Schatz, die eine, weil darauf George Mraz mit „tz“ geschrieben wurde, die andere, weil man von unersetzbaren Platten zwei braucht, eine zum Hören, andere für alle Fälle. Vor zehn Jahren schrieb ich hier: „Wann erscheint ,By Myself‘ endlich auf CD?“ Nun ist Weihnachten auf Ostern gefallen. Miriam Klein, die Frau von Oskar, die Mutter von David Klein, hatte bereits 1973 mit „Lady Like“ an der Seite von Dexter Gordon und Roy Eldridge eine imponierende Visitenkarte abgegeben, doch fünf Jahre später gelang ihr der große Wurf: Nach ihrem Bekenntnis zu Billie Holiday stellte sie unter dem programmatischen Motto „By Myself“ ihre Eigenständigkeit unter Beweis. Ihr Meilenstein wäre legendär, wäre die Schweizerin Amerikanerin. Schon die Ausdruckskraft ihrer Stimme und der Nuancenreichtum ihrer Standard-Interpretationen bereiten Gänsehaut. Sie bekommen durch das besonders inspirierte Begleitteam, das nur aus dem Bassisten George Mraz und dem Pianisten Sir Roland Hanna besteht, einen Rahmen. Selten hat ein Pianist eine Sängerin so vollendet begleitet und ergänzt wie Hanna, der ihrer Intensität verspielte Eleganz entgegensetzt. Und Mraz, dessen gestrichener Chorus in „Sophisticated Lady“ einen Jon-Hendricks-Text verdiente, ist auch auf der Höhe seiner Kunst. Da ist nirgends ein Ton zu viel oder einer zu wenig, ihre Soli sind brillant und von einer vollendeten Architektur, stehlen aber der Sängerin nicht die Show.

Donald Byrd/Pepper Adams Quintet feat. Herbie Hancock
Complete Live At Jorgie’s 1961

CD: Solar Records

Am 4. Februar hat Donaldson Toussaint L’Ouverture Byrd II in Teaneck, New Jersey, für immer seine Trompete aus der Hand gelegt. „Neues von Gestern“ ist für gewöhnlich nicht der Platz für Nachrufe. Aber warum sollte man hier nicht einmal an einen Großen erinnern, diesmal nicht anhand seiner berühmtesten Alben, sondern weniger bekannten, die für viele Jazzfreunde gleichwohl Neues von Gestern sind und in den letzten drei Jahren ein digitalisiertes Comeback feierten. Sein Jazz-Funk-Album „Black Byrd“ aus dem Jahr 1973 wurde zum meistverkauften des Labels Blue Note. Und der Klang seiner oft gesampelten Trompete ist auch Pop-Fans, die eher mit Disco oder Hip-Hop aufgewachsen sind, im Ohr. Er wurde im Alter zu einer Kultfigur des Acid Jazz. Das genügt den strengen Wächtern, über die Reinheit im Jazz auch über den jungen Donald Byrd den Stab zu brechen. Mit dem energisch zupackenden Baritonvirtuosen Pepper Adams hat Donald Byrd zwischen 1958 und 1961 viele Alben eingespielt. Dieses 1961 in St. Louis mitgeschnittene Konzert mit Herbie Hancock (p), Cleveland Eaton (b) und Teddy Robinson (dr) war bislang Insidern als obskure LP bekannt, es erschien vor einem Jahr erstmals auf CD. Es klingt im Nachhinein wie eine Generalprobe zum bald darauf erschienenen Blue-Note-Album „Royal Flush“. Trouvaille: die einzige Trio-Version Herbie Hancocks von „Like Someone In Love“, die vormals ins Album „Miles In St. Louis“ gerutscht war.

Donald Byrd: Byrd’s Word
CD: Columbia Japan

Der 1932 geborene Detroiter Donald Byrd war Mitte der 50er-Jahre einer der meistaufgenommenen Musiker. Sein Stern ging gleichzeitig mit dem der Langspielplatte auf, kam er doch den Erfordernissen des neuen Mediums entgegen. Man denke an die vielen Prestige-Sessions jener Jahre mit 15, 20 Minuten währenden Titeln, die damals der letzte Schrei waren. Byrds Vielseitigkeit und seine Fähigkeit, über lange Strecken flüssig und makellos zu musizieren, machten ihn zu einem begehrten Sideman im Studio. Es gab noch einen besonderen Grund für den Byrd-Boom: Er hatte eine Spielweise, die vor allem an die des 1956 früh verstorbenen Trompeten-Idols Clifford Brown, aber gelegentlich auch an Miles Davis erinnerte. Nach dessen Tod gab es einen regelrechten Byrd-Boom. Viele Großen haben mit ihm zusammengearbeitet, von denen Sonny Rollins, Horace Silver und Art Blakey, dessen Jazz Messengers er kurz angehörte, musikalisch mit Brown eng verbunden gewesen waren. Wie nahe Byrd Brownie stilistisch stand, hört man in diesem ursprünglich auf Savoy veröffentlichten Album von 1955. Es wird chronisch unterschätzt, ist das Strickmuster doch so simpel: ein Bop-Thema (Frank Fosters „Winterset“, der einstige Opener des Bop Specials der Jazz Welle Plus), ein schneller und ein langsamer Blues, ein Standard im mittleren Tempo und eine Ballade. Donald Byrd (tp), Frank Foster (ts), Hank Jones (p), Paul Chambers (b) und Kenny Clarke (dr) swingen wundervoll und inspiriert.

Donald Byrd Quintet
Complete Live At The Olympia 1958

CD: Solar Records

Wie bei gutem Wein, gibt es auch bei Platten von Musikern exzellente Jahrgänge. 1958 bei Donald Byrd etwa. Ab Januar Sideman auf Coltrane-Alben, im Februar Beginn der Zusammenarbeit mit Monk, Griffin und auch mit Pepper Adams. Im Juli kommt der Trompeter nach Europa. Nach seiner Rückkehr geht er mit Art Blakey ins Studio und im Dezember krönt er das Jahr durch den Beginn einer Aufnahmeserie unter eigenem Namen bei Blue Note. Als sein Quintett das Pariser Olympia am 22. Oktober zum Kochen brachte, entstanden die Brunswick-Alben „Byrd In Paris“ und „Parisian Thoroughfare“. Es gibt sie einzeln auch auf Emarcy, doch die vorliegende Doppel-CD bietet mehr: Zunächst die bei diesem Konzert entstandene Version von „More Of The Same“, die zuvor auf einer obskuren LP der Reihe „I Giganti del Jazz“ erschienen war. Dass das Stück, wiewohl ein Blues, kein Traditional ist, sondern die erstaunlich selten gespielte Komposition eines anderen großen Trompeters aus Detroit namens Thad Jones ist, hätten die Herausgeber recherchieren können, zumal Byrd es auch 1956 mit Doug Watkins aufgenommen hatte. Bedauerlich auch, dass aus der Sonny-Rollins-Komposition „Paul’s Pal“ „Paul’s Pals“ wird und die Ballade „All This Time“ mit der Donald-Byrd-Komposition „At This Time“ verwechselt wird, die ja auf der gleichen CD hörbar anders klingt. Eine unerwartete Dreingabe sind sechs zusätzliche Versionen des gleichen Quintetts von einem Konzert, das eine Woche später im Pariser „Au Chat Qui Pêche“ stattfand. Die Besetzung aus zwei alten Freunden Doug Watkins (b) und Art Taylor (dr) und zwei neueren war ein Glücksfall! Der noch kaum bekannte Walter Davis Jr. (p) spielte astreines Beboppiano. Der Belgier Bobby Jaspar, einer der ersten Jazzflötisten überhaupt, ein von Getz und Sims geprägter Tenorist, dessen Spiel kurz zuvor in Amerika unter dem Eindruck schwarzer Bop-Tenoristen erdiger und zupackender geworden war, trat kongenial als Frontline-Partner hervor. Über das Spiel des jungen Donald Byrd wird bisweilen mäkelig geschrieben, er habe in erster Linie bekannte Phrasen aneinandergereiht. Bestimmte Licks, Zitate und sonstige Wendungen gehören nun mal zum ABC des Bop jener Tage wie „Guten Tag“ und „Dankeschön“ zum Gespräch. Und wenn man nicht zufällig Gillespie oder Davis heißt, hat man kaum die Chance der Erfinder eines Großteils seiner Redewendungen zu sein. Dabei braucht man nur dieses Album, um zu wissen, dass Byrd trotz bei Brown, Gillespie und Co. ausgeliehenem Vokabular ebenso geistreich wie technisch brillant spielte, mit dem Feuer der Jugend und der Erfahrung des alten Hasen, der er mit 25 schon war! Mitreißend und inspiriert von einem Publikum, das als so eigen galt, dass es Größen wie Ellington und Monk ausgepfiffen hatte. „Since I‘ve been in Paris, I have been playing better than I did when I arrived in Cannes last July; we have all made a lot of progress since the festival. I think I have found an audience of connoisseurs, who come especially to hear us... it‘s the ideal audience! I‘m convinced that this has made us play much better.“

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