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Jazzzeitung

2012/04  ::: seite 17

rezensionen

 

Inhalt 2012/04

Inhaltsverzeichnis

Sternlein STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig Jazz-ABC: Sparks, Melvin no chaser: Sommerfreuden Farewell: Trauer um den österreichischen Pianisten Fritz Pauer

Sternlein TITELSTORY: Indie Big Band Wonderland
Monika Roscher interpretiert die große Besetzung neu

Sternlein DOSSIER/GESCHICHTE -
Er erfand die Zukunft des Jazz
Louis Armstrong – zur Bedeutung der Hot-Five-Aufnahmen (1925–1928)
Saxophon spielen wie Art Tatum
Basies Weggefährten (6): Am 21. Oktober wäre Don Byas 100 Jahre alt geworden

Sternlein Berichte
55 Arts Club // Louis Rastig präsentiert in Berlin an vier Tagen ein generationsübergreifendes Festival // Jazzfestival Luxemburg in Dudelage //Jazz Sommer im Bayerischen Hof // „M3 – Musikkritiker machen Musik“ im Night Club Bayerischer Hof // 30. Ausgabe des Südtirol Jazzfestivals Alto Adige

Sternlein Portraits / Jubilee
Ray Anderson zum 60. Geburtstag// Joe Viera zum 80. Geburtstag//Geiger Adam Baldych // Waldemar Bastos // Susanne Heitmann // Michael Hornstein // Wadada Leo Smith // Karolina Strassmayer und Drori Mondlak

Sternlein Jazz heute und Education
Der „Bayernjazz“ und seine Sachwalter // Einstein-Kulturzentrum: Musik, Theater und mehr // Abgehört: Altsax à la James Brown: David Sanborns Solo über „Snakes“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

Professor of Swing

Neue Publikationen zu Kay Kyser, Ellington...

Kathy Sloane und andere: Keystone Korner – portrait of a jazz club, Indiana University Press, Bloomington, USA, 223 Seiten mit vielen Fotos und einer CD

Die Bedeutung der Jazzclubs (hier sind die Veranstaltungsräume gemeint) für den Jazz kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ein Club ist Auftrittsort, Probenraum, Experimentalbühne, Begegnungszentrum und anderes mehr, für manche sogar eine Art zweites Wohnzimmer. Nirgends sonst kann man die Ausstrahlung dieser Musik so intensiv erleben – daher sind die Clubs für den Jazz lebensnotwendig. Einer der wichtigsten in den USA war von 1972 – 1983 das „Keystone Korner“. Es befand sich in San Francisco in der North Bay Area nahe einer Polizeistation, daher der Name (die Keystone Cops waren jene ungeschickte Polizeitruppe, die in Stummfilm-Burlesken immer Chaos statt Ordnung verursachten).Todd Barkan, selbst Pianist (u.a. bei Roland Kirk) leitete den Club, mehr als Jazzfan denn als Geschäftsmann, was ihm aber bei Musikern wie Publikum viel Lob eintrug (Dave Liebmann: „The music grew when you played in a club with a conductive atmosphere, with an owner that was encouraging, with an audience that was accepting, with an equipment that was at least passable if not better“/S. 97). Auch die Angestellten empfanden so: „Everyone who worked there knew ‚This is where I want to be‘“/S.58). Das Programm bot jede Menge Spitzenklasse, von A wie Nat Adderly bis Z wie Denny Zeitlin, und es wurden dort über 50 (!) Platten aufgenommen. Die beiliegende CD enthält 8 Titel, unter anderem von McCoy Tyner, Woody Shaw, Dexter Gordon, Bill Evans und Stan Getz. Die Fotos von Kathy Sloane tun ein übriges, uns die Atmosphäre dieses Clubs spüren zu lassen…

Monika Herzig und andere: David Baker – A legacy in music, Indiana University Press, Bloomington & Indianapolis, USA, 422 Seiten mit vielen Notenbeispielen und einer CD

David Baker wurde am 21.12.1931 in Indianapolis geboren, Heimatstadt einer Reihe großer Jazzmusiker (u.a. J.J. Johnson, Wes Montgomery, Slide Hampton, Leroy Vinnegar, Freddie Hubbard). Er spielte Sousaphon in der Marching Band seiner High School, später Posaune in der Hampton Family Band, schließlich 1949 Baritonhorn am Arthur Jordan Conservatory. 1950 begann er ein Musikstudium an der Indiana University mit dem Ziel, Bassposaunist in einem Symphonieorchester zu werden; doch als schwarzer Musiker hatte er damals keine Chance. Er konzentrierte sich auf den Jazz und ging nach einem Zwischenspiel in Los Angeles und Jefferson City 1958 zurück zur Indiana University, um dort zu promovieren. Daneben tourte er mit Maynard Ferguson und Stan Kenton. 1959 besuchte er auf Einladung von Gunther Schuller die Lenox School of Jazz, wo er Ornette Coleman und George Russell kennenlernte, der ihn und einige weitere Workshop-Teilnehmer anschließend in sein neues Sextett nahm, das Jazzgeschichte schreiben sollte. 1960 war David Baker zudem Mitglied der Quincy Jones Big Band während ihrer Europa-Tournee.

1962 musste er – ausgerechnet auf dem Höhepunkt seiner Karriere – wegen der Spätfolgen eines Autounfalls das Posaunenspiel aufgeben. Er stieg erst auf Klavier um, dann auf Bass und schließlich auf Cello, bei dem er blieb. Gleichzeitig konzentrierte er sich auf das Komponieren und Unterrichten. 1968 begann er an der Indiana University mit dem Aufbau eines Jazzstudienganges. Auch sein Studienkollege Jerry Coker und sein ehemaliger Student Jamey Aebersold wandten sich damals der Jazzpädagogik zu, die durch sie viele wesentliche Impulse erhielt. Die Veröffentlichungen von Baker und Coker, von denen manche Standardwerke geworden sind, und die Play-Alongs von Aebersold wurden überall auf der Welt geschätzt, wo das Bedürfnis nach einer gründlichen, durchdachten Jazzausbildung bestand, die diese Musikform so nahm, wie sie war und sie nicht als eine Art exotischen Seitenzweig der klassischen Musik behandelte. Daneben schrieb David Baker zahlreiche Kompositionen in verschiedenen Stilistiken, teils inner-, teils außerhalb des Jazz. Er war sehr aktiv an der Arbeit für den Jazz des Smithsonian Institute in Washington beteiligt und ebenso auch in der International Association of Jazz Educators tätig.

Dieses Buch ist keine detaillierte Biografie, sondern eine sehr lesenswerte Analyse der «Methode Baker» und einer Reihe seiner Kompositionen.

David Baker ist heute eine international hoch angesehene Persönlichkeit auf dem Gebiet der Musikpädagogik. Sie hat ihm viel zu verdanken.

Steven Beasley: Kay Kyser – The 0l‘ Professor of Swing! America‘s Forgotten Superstar, Richland Creek Publ./USA, 341 Seiten mit vielen Fotos und einer Diskografie

Immer wieder kann man lesen, die populäre Musik der 30er- und 40er-Jahre in den USA sei der Jazz in Form des Swing gewesen. Das stimmt aber nur sehr bedingt – es gab viele Tanzorchester, die nur mehr oder weniger jazzbeeinflusst spielten, ohne die Intensität, die zum echten Jazz gehört, mit vergleichsweise braven Arrangements und ohne gute improvisierende Solisten. Dazu gehörten – um nur einige der bekanntesten Namen zu nennen – Guy Lombardo, Lawrence Welk, Fred Waring, Hal Kemp, Frankie Carle, Bob Chester, George Hall, Wayne King, Sammy Kaye und eben auch Kay Kyser. Es lohnt sich durchaus, einmal die Lebensgeschichte einer dieser Bandleader zu studieren.

Geschrieben hat das Buch ein wesentlich jüngerer Musiker und Journalist, der zu einem Fan Kysers wurde, als dieser schon nicht mehr lebte. Er interviewte Familienangehörige und Bandmitglieder und sammelte alles, was er an Erinnerungsstücken auftreiben konnte: Fotos, Schallplatten, Zeitungsannoncen und -kritiken, Programme, Manuskripte, Noten, Plakate, Tourneepläne und anderes mehr. Seine Verehrung für Kay Kyser trübte allerdings mitunter sein Urteilsvermögen, was schon im Buchtitel deutlich wird: Kyser war nie ein Superstar. „Professor of Swing“ wurde er allerdings tatsächlich genannt, und zwar im Zusammenhang mit einem sehr populären Radio-Quiz, das unter dem Namen „Kay Kysers College of Musical Knowledge“ von 1938–50 (zum Schluss als TV-Sendung) über NBC lief. Kyser wurde am 18.6.1905 in Rocky Mount (North Carolina) geboren. 1926 gründete er eine Studentenband, die er später zu einer Big Band erweiterte. Er erwies sich als sehr bühnenwirksamer Entertainer und tatkräftiger Bandleader und dies, obwohl er kein Instrument spielte (!). Nach einigem Auf und Ab begann 1935 die Erfolgszeit seines Orchesters, das 1939–44 auch in sieben Spielfilmen mitwirkte. Nach Kriegsende unterstützte Kyser das Gesundheitswesen in seinem Heimatstaat und löste 1948 das Ensemble auf, machte aber noch bis 1950 Aufnahmen mit jeweils eigens zusammengestellten Besetzungen. Danach wollte er erstaunlicherweise von seiner musikalischen Vergangenheit nichts mehr wissen, lehnte alle Interviewwünsche und Einladungen ab und wurde Mitglied von Christian Science, nachdem er dort Heilung von einem hartnäckigen Leiden gefunden hatte (1983 war er sogar für ein Jahr Präsident der Weltkirche). Er starb zwei Jahre später, am 23.7.1985. Einer seiner Leitsprüche war der bemerkenswerte Satz: „I‘d rather hire a gentleman and make a musician out of him than hire a musician and try to make a gentleman out of him.“ (S. 47).

Eddie Lambert: Duke Ellington – A listener‘s guide, The Scarecrow Press, Inc., Lanham, USA, 374 Seiten

Wer noch an der Bedeutung Duke Ellingtons für die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts zweifeln sollte, hat entweder zu wenige seiner Aufnahmen gehört oder sie nicht genau genug studiert. Dazu bietet ihm dieses Buch, von einem der bedeutendsten Ellington-Kenner geschrieben, eine ausgezeichnete Grundlage. Der Autor hat sämtliche (!) bis 1984 veröffentlichten Aufnahmen (Studio, live, Rundfunk/TV, Film) einschließlich aller alternate takes untersucht, dazu die der kleinen Besetzungen, die er „contingent groups“ nennt. Er bietet dem Leser komprimierte kritische Analysen, dazu Hintergrundinformationen, oft Vergleiche mit anderen Aufnahmen und vielerlei Hinweise auf bemerkenswerte Passagen und Feinheiten. Diese Arbeit setzt ein enormes Wissen, ein bewundernswertes Gedächtnis und ein sehr feines Gehör voraus. Entstanden ist ein Standardwerk, das in der Jazzliteratur seinesgleichen sucht.

Eine Platte ist dem Autor aber doch entgangen. Sie enthält neun Titel der „C Jam All Stars“ (rec. 15.11.1958 in München) mit Clark Terry, Paul Gonsalves, Carlos Diernhammer (damals Pianist bei Freddie Brocksieper), Jimmy Woode und Sam Woodyard. Ursprünglich auf BERTELSMANN 61134 veröffentlicht tauchten die Aufnahmen in neuerer Zeit auch auf CD auf (LONEHILL LHJ 10339). Übrigens sollte Joe Zawinul spielen, aber durch ein Missverständnis kam es nicht dazu. Eddie Lambert erkannte auch die Aufnahmen vom 3. und 9.2.1932 nicht als unbeabsichtigte Stereo-Aufnahmen (siehe break in dieser Ausgabe, S. 18). Beides mindert den Wert dieses hervorragenden Buches in keiner Weise.

Joe Viera

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