Zum Kapitel Jazz-Themen
      Hans-Jürgen Schaal fragt (Jazzzeitung Mai 
        2002, S.10), weshalb ein Arrangeur nicht gleich ein eigenes Thema verwendet. Die Antwort ist: weil er kein gutes 
        Thema zustande bringt. Das Schreiben von Themen ist eine ganz spezielle Kunst, die ein guter Arrangeur noch lange 
        nicht beherrscht. Auch vielen großen Improvisatoren gelang kein einziges bemerkenswertes Thema. 
      Ein gutes Thema muss sehr melodisch sein, logisch aufgebaut mit Spannungs- und Entspannungspunkten; es darf nicht 
        an andere Themen erinnern (besonders schwierig bei einem Blues);es sollte über einer Akkordfolge aufgebaut sein, 
        über die sich gut improvisieren lässt; und das alles in einer begrenzten Anzahl von Takten. 
       Ein Thema ist ein Impulsgeber, zumindest für den Anfang eines Stückes. Ein schwaches Thema wirkt wie ein 
        schwaches Arrangement: das Stück kommt nicht vom Fleck; die Inspiration der Musiker wird gebremst statt freigesetzt. 
        Themen sind Rohmaterial, ihre Verwendung und Verarbeitung ein Akt künstlerischer Freiheit. Was zählt, ist 
        die Qualität des Ergebnisses. 
        Ich habe in den letzten 20 Jahren Dutzende von Demo-Kassetten junger Bands abgehört. Der größte Schwachpunkt 
        waren die eigenen Themen
 
        Joe Viera 
      Individualtät & Schöpfungswille 
        Anmerkungen zu Hans-Jürgen Schaals Replik Und wer schützt Gershwin?, Jazzzeitung 
        5/02
       Hans-Jürgen Schaal macht sich in seiner Replik auf Joe Viera ,,Und wer schützt Gershwin für 
        die Rechte der Komponisten stark. Leider haben sich hierbei die ein oder andere Ungenauigkeit, auch der ein oder andere 
        Fehler eingeschlichen: 
      Der Arrangeur ist ein Begriff, den das Urheberrecht nicht kennt. Daher ist es nicht leicht, die Tätigkeit des 
        Arrangeurs rechtlich zu erfassen. Dies vor dem Hintergrund, dass sich auch in musikalischer Hinsicht verschiedene 
        Auffassungen bezüglich des Begriffs abzeichnen. Während Joe Viera (Jazzzeitung 
        4/02) als Arrangeur denjenigen sieht, der das Thema stark umformt, neue Melodien und Gegenstimmen schreibt, kann 
        man Hans-Jürgen Schaal (Jazzzeitung 5/02) 
        als Vertreter des Lagers sehen, wo der Arrangeur im System der Komposition bleibt und verschiedene Ausdeutungen des 
        Themas erarbeitet. 
       Das Urheberrechtsgesetz schützt persönliche geistige Schöpfungen. Das sind regelmäßig 
        die Werke eines Komponisten. Aber auch wer zu einer bestehenden Komposition einen Beitrag beisteuert, der als persönliche 
        geistige Schöpfung gewertet werden kann, erwirbt ein Urheberrecht an der Bearbeitung des Originals. Geht die 
        Tätigkeit des Arrangeurs über die handwerkliche und routinemäßige Anwendung musikalischer Lehren 
        hinaus, so wird das Arbeitsergebnis vom Gesetz als Bearbeitung geschützt. Dies gilt unabhängig davon, ob 
        er nun neue Teile zu der Komposition hinzufügt, oder ob er das Thema neu ausdeutet und Elemente aus Rhythmus, 
        der Melodie oder der Akkordik weiterentwickelt. Es kommt alleine auf die Individualität und Schöpfungshöhe 
        der Bearbeitung an. 
      Weil jede Bearbeitung in das Urheberrecht an der Originalkomposition eingreift, sind sie immer zustimmungspflichtig! 
        Daher ist es falsch, wenn Schaal schreibt, dass der Arrangeur ungefragt anstellen dürfe was er wolle. Es ist 
        nicht richtig, dass eine Sinfonie betextet werden oder ein Song ungestraft durch den Kakao gezogen werden dürfe. 
        In der Musik verhält es sich diesbezüglich nicht anders als in den anderen Kunstgattungen, beispielsweise 
        der Literatur, der bildenden Kunst oder der Fotografie. 
       Weil der Text zu einem Lied ein unabhängiges Werk ist, dass seine Eigenständigkeit auch in Verbindung 
        mit Musik nicht verliert, wird der Charakter des Originalwerkes (etwa einer Sinfonie) so stark verändert, dass 
        dies nicht ohne Einwilligung des Komponisten geschehen kann. Auch hinsichtlich der GEMA-Ausschüttungen hat dies 
        Konsequenzen. Da ein Instrumentalstück nicht geringer bewertet wird als ein Lied, entfällt bei der Werkverbindung 
        ein wesentlicher Teil der Tantiemen zugunsten des Textdichters. Eine Parodie stellt einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht 
        des Urhebers dar, der deshalb vom Komponisten abgesegnet sein muss. Mit der künstlerischen Freiheit ist es für 
        den Arrangeur daher nicht weit her. In der Praxis laufen aus diesem Grund viele Bearbeitungen im Gewand einer Coverversion, 
        sprich Neuinterpretation des Originals, einher. Coverversionen sind zustimmungsfrei, aber ein Recht auf Nennung als 
        Bearbeiter, geschweige denn eine finanzielle Beteiligung an den GEMA-Tantiemen, bleibt dem Arrangeur so versagt. Möglicherweise 
        liegt auch darin ein Grund, warum der Arrangeur  selbst im Jazz  es besonders schwer hat, die ihm gebührende 
        Anerkennung zu erlangen. 
         Richard Brunner, Musiker und Rechtsanwalt mit Interessensschwerpunkt Urheberrecht, 
        Kontakt: www.musikrecht.info  
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