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Ausgabe April 1999

PORTRAIT

KYLE EASTWOOD

Ein Jazz-Youngster im Rampenlicht

Autor:
Ssirus W. Pakzad

Foto:
Ssirus W. Pakzad

Tourneedaten:
20.4. München, Bayerischer Hof;
22.4. Köln;
23.4. Berlin, Quasimodo;
24.4. Hamburg, Fabrik.

Kyle EastwoodGerade eben hat sich die Redakteurin einer populären Frauen-Zeitschrift verabschiedet. Als nächstes ist der Musik-Experte eines sehr auf Lifestyle bedachten Herrenmagazins dran. Kaum ist dieses Interview im Kasten, geht es zur Foto-Session ins Nebenzimmer, wo ein Lichtbildner und seine Assistenten das Objekt ihrer Begierde vor einen schweinchenrosa Hintergrund drapieren. Could you smile into my camera, please. In den vergangenen Tagen gaben sich Medienvertreter, von der Bäckerblume bis zur renommierten Tageszeitung, vom öffentlich rechtlichen Rundfunk bis zum lokalen Fernsehsender die Klinke in die Hand. Das gemeinsame große Interesse ist um so erstaunlicher, wenn man weiß, um wen es geht: einen Jazzmusiker nämlich.

Der allerdings bekommt auf seiner Promotion-Tournee durch Europa kaum einmal Fragen zur Musik gestellt, obwohl sich doch auf seiner bei Columbia erschienenen Debüt-CD solch prominente Sängerinnen wie Joni Mitchell, Diana King oder Julia Fordham und solche Instrumentalisten wie Mark Isham, David Sanchez, Billy Childs, Steve Tavaglione und Peter Erskine zusammenfanden und der Arrangeur Vince Mendoza aufwendigste Arrangements schrieb. Auch, daß der gutaussehende Youngster ziemlich manierlich Baß spielt, will die Interviewer nicht so recht zu musikalisch orientierten Fragen verleiten. Für das seltsame Verhalten gibt es einen einfachen Grund: der Mann, dem sie ihre Mikrophone unter die Nase halten, heißt Eastwood. Kyle Eastwood. Und der ist, wie unschwer zu erraten sein dürfte, der Sohn des Schauspielers, Regisseurs, Produzenten und Jazzfans Clint Eastwood.
"Es ist doch nett, wenn die Leute Interesse zeigen", winkt der schlaksige Bursche, der seinem Erzeuger ziemlich ähnlich sieht, ab, als ich ihn frage, ob ihn dieses ständige Ausgequetsche nach Dirty Harry nicht langsam nervt. "Mir macht es nichts aus, daß mein Vater meist das Thema in Interviews mit mir ist. Schließlich werden mir Fragen, die ihn betreffen, nicht erst gestellt, seit ich selbst eine Karriere habe. Das war in meiner Kindheit schon so und wird sich wohl auch nie ändern. Und Menschen, die meinem Treiben als Musiker skeptisch gegenüberstehen, weil sie vielleicht glauben, ich sei nur protegiert worden, kann ich nur sagen, daß meine Musik für sich selbst sprechen sollte. Hört sie euch einfach an und urteilt dann."
Als Kyle noch ein kleiner Steppke war, schleppte ihn Daddy immer zum Jazzfestival im heimatlichen Monterey mit. Dort hat er die Bekanntschaft mit Legenden gemacht, um die ihn mancher Jazzfan beneiden würde. "Mir waren viele dieser Jazzberühmtheiten, die mir mein Vater vorstellte, als Kind natürlich überhaupt kein Begriff. Leider weilen einige dieser großen Persönlichkeiten längst nicht mehr unter uns." Erst in seinen späten Teenager-Jahren hat Kyle Eastwood aktiv mit dem Musizieren begonnen. Er entwickelte neben Jazz Vorlieben für Motown, R&B und Reggae und spielte zunächst ziemlich hobbymäßig, also nicht gerade besonders ernsthaft mit seinen Freunden die Hits des Tages nach. Sein Vater hat ihm dann den renommierten französischen Bassisten Bunny Brunel vorgestellt, der den Eastwood-Sprößling fortan unterrichtete, ihn richtig ran nahm und ihn zu einem rundum versierten Tieftöner machte. Trotz erkennbarer Fortschritte am Instrument konnte sich Kyle Eastwood beruflich zunächst nicht zwischen seinen Hauptinteressen Kino und Musik entscheiden. "Ich studierte Film im Hauptfach. Aber vieles hat mich am Movie-Business abgeturnt, und als ich tiefer in mich hineinhorchte, stellte ich fest, daß mir die Musik letztendlich doch wichtiger war." Acht Jahre hat Kyle Eastwood in Los Angeles als Studio-Musiker gearbeitet. Dann orientierte er sich in Richtung New York. "In New York gibt es einfach mehr Auftrittsmöglichkeiten für junge Musiker, und außerdem wird der Jazz dort einfach stärker respektiert. Los Angeles ging mir nach acht Jahren ziemlich auf die Nerven, und vor allem meine Frau haßt es leidenschaftlich. Außerdem wollte ich nicht, daß unser Töchterchen da aufwächst. Ich hatte immer wieder mal in New York gearbeitet und mochte es ziemlich gerne." Vielleicht ist es auch besser, daß sich der 30jährige fernab Hollywoods von seinem Schatten abzunabeln versucht.
Im April ist Kyle Eastwood mit seinem Quintett in Deutschland zu hören. Einen solchen Stilmix wie auf seiner CD, auf der sich Großorchestrales mit groovendem Soul-Jazz, Poppiges, Funkiges und Swingendes abwechseln, wird es wohl live nicht geben. Die Besetzung spricht eher für konsequenten straight ahead Jazz. Mit dem Bassisten werden die beiden durch das Criss Cross-Label bekannt gewordenen Bläser Eric Alexander (Saxophon) und Jim Rotondi (Trompete), der weitestgehend unbekannte Pianist John Regen und der Schlagzeuger Yoron Israel (der schon für Henry Threadgill, Attila Zoller und Bennie Wallace arbeitete) auf die Bühne gehen.
Tourneedaten
20.4. München, Bayerischer Hof; 22.4. Köln; 23.4. Berlin, Quasimodo; 24.4. Hamburg, Fabrik.
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