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Jazzzeitung

2009/02 ::: seite 6

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Inhalt 2009/02

Inhaltsverzeichnis

STANDARDS

Editorial / break / Nachrichten aus der Jazzszene / kurz, aber wichtig / Schlagzeuger Louie Bellson / Mel Lewis / Multiinstrumentalist und Labelchef Bob Rückerl


TITEL -
Treibstoff Ungewissheit
Jazzförderung und die neue Liebe zum Jazz


DOSSIER
- Jazz, Architektur und mobiles Leben
BMW Welt Jazz Award

Berichte
43. Arbeitsphase des BuJazzO // 4. Festival Women in Jazz in Halle // Frederik Köster Quartett erspielte sich den Neuen Deutschen Jazzpreis 2009 in Mannheim // Aki Takase und Louis Sclavis im Neuburger Birdland // Vorschau: Internationale Konferenz auf der jazzahead! 2009


Portraits

Michael Cuscuna // Branford Marsalis // Madeleine Peyroux // Pianist Kristjan Randalu // Ida Sand // Die „9 Symphonies“ von Marcus Schinkel // Derek Trucks


Jazz heute und Education
Interview mit Hans-Georg Küppers, Kulturreferent der Stadt München // Café Lido hat München // 5 Fragen an Klaus Widmann vom Südtirol Jazzfestival // Abgehört: John McLaughlins Solo über „Joy“

Rezensionen und mehr im Inhaltsverzeichnis

 

Was das Leben mit sich bringt

Ein Interview mit dem estnischen Pianisten Kristjan Randalu

Im Folgenden lesen Sie Auszüge aus einem Gespräch von Christina Calla mit dem Träger des Jazzpreises Baden-Württemberg 2007, dem estnischen Pianisten Kristjan Randalu anlässlich eines Jazzpiano-Workshops des Musentempel e.V. in Karlsruhe. Seine neueste CD „Desde Manhattan“ ist Ende März erschienen. Die Bandmitglieder darauf – Bodek Janke, dr, perc, Antonio Miguel, b, und Stephan Braun, cello – sind allesamt in der europäischen Tradition verwurzelt, verstehen es aber meisterhaft, ihre kulturellen Einflüsse in die amerikanisch geprägte Musik einzubringen, „Multikulti“ im besten Sinne also.

Jazzzeitung: Hallo Kristjan, du wurdest 2007 in Karlsruhe mit dem begehrten und hoch dotierten Jazzpreis des Landes Baden-Württemberg ausgezeichnet. Jurymitglied Prof. Bernd Konrad fand folgende Worte für dein Spiel: „Als Pianist gehört Kristjan Randalu zu den Spitzenmusikern des Landes Baden-Württemberg. Man kann ihn als Ausnahmeerscheinung bezeichnen, der im klassischen wie auch im Jazzbereich absolute Spitzenleistungen erbringt. Seine improvisatorischen Fähigkeiten sind virtuos, kreativ und ebenso wie seine Kompositionen von höchster Qualität.“ Wann und wie hast du den Weg zum Jazz gefunden?
Kristjan Randalu: Ich habe den Weg zum Jazz gefunden, als ich eine musikalische Krise hatte. Klingt vielleicht übertrieben, da ich damals 9 Jahre alt war, aber ich konnte der klassischen Routine nichts Gutes mehr für mich abgewinnen. Bis zum tatsächlichen Weg zum Jazz sind dann doch noch ein paar Jahre vergangen, aber dieser Punkt war zumindest der Anstoß für mich, meine eigene Musik zu finden.

Kristjan Randalu Foto: Abraham Nowitz

Bild vergrößernKristjan Randalu Foto: Abraham Nowitz

Jazzzeitung: In deinem Spiel spürt man das Zusammenfließen von Strömungen aus E-Musik, Jazz und Worldmusik. Das brachte dir die Bezeichnung „dazzling pianist“ ein (Herbie Hancock). Gab es auf deinem Weg Pianisten, die dich stilistisch beeinflusst haben?
Randalu: Meine erste bewusst wahrgenommene Jazz-Aufnahme war eine Electric-Band-CD von Chick Corea. Darauf folgten dann einige Hörphasen mit Oscar Peterson, Bill Evans, Keith Jarrett, Brad Mehldau. Letzendlich wird man aber am meisten von den Menschen in der unmittelbaren Umgebung beeinflusst – von meinen Mentoren und Mitmusikern. Paul Schwarz, John Taylor, Garry Dial, Kenny Barron, Phil Markowitz, Edward Simon – um nur paar von den Pianisten zu nennen, die ich als Lehrer hatte. Es sind sehr unterschiedliche Persönlichkeiten und Musiker, die mich dementsprechend auch unterschiedlich geprägt haben.

Jazzzeitung: Die nächste Frage dreht sich um das Thema Ausbildungswege. Fast jedes Jahr deines bisherigen Weges der Ausbildung und Professionalisierung als Pianist und Komponist wurde begleitet von Stipendien und Förderprogrammen. Welche Programme waren dabei die wesentlichen Meilensteine in deiner Entwicklung? Wie siehst du die derzeitige Ausbildungslandschaft in Deutschland?
Randalu: Ich habe das Glück gehabt, von einigen Förderprogrammen unterstützt zu werden; u.a. Studienstiftung des Deutschen Volkes, Jürgen Ponto-Stiftung, Kunststiftung Baden-Württemberg. Jede Förderung bringt positive Aspekte mit sich; teilweise durch konkrete finanzielle Unterstützung, oder weitere Kontakte zu interessanten und interessierten Menschen. Eine wesentliche Wendung fand durch die Förderung vom DAAD statt, da diese mir mein Studium in New York überhaupt ermöglicht hat. Für mich liegt Deutschlands Vorteil darin, dass es nicht zentralisiert ist und Kultur auf vielen Ebenen und in vielen Regionen stattfindet. Dies beeinflusst auch die Ausbildungsmöglichkeiten. Die Frage nach dem zu empfehlenden Ausbildungsort hierzulande ist daher nicht eindeutig zu beantworten. Als ich damals nach New York ging, steckte ich diesbezüglich aber in keiner Weise in einem Dilemma – es gab nun mal keine andere Stadt, welche eine entsprechende Schule kombiniert mit einer so enormen Musikerszene geboten hätte.

Jazzzeitung: Auf dem Jazzfest der IG Jazz in Stuttgart im November 2007 kündigte die Programmvorschau des Jazzclubs „Bix“ deinen Stil als „modernen Jazz der Extraklasse mit Ausflügen in die Weltmusik“ an. Deine Kompositionen sind erfüllt von einer ganz eigenständigen unverkennbaren musikalischen Sprache. Grenzen gängiger Genres überschreitend spielst du in deinen Kompositionen mit lyrisch-melancholischen Melodien, ostentativ perkussiven Ostinati, virtuosen Soli, einer vielgestaltig Taktarten kombinierenden Rhythmik (gerne auch in den Taktarten der Primzahlen) und komplexen Klängen, die an die harmonische Tradition Ravels und Debussys erinnern. Beim Hören entschlüsseln sich dem Zuhörer durchaus programmatische Assoziationen. Inwieweit spielt die musikalische Tradition Estlands für dich eine Rolle? Was ist die Quelle deiner Inspiration?
Randalu: Es gibt konkrete musikalische Inspirationen (z.B. ein Motiv, ein Klang usw.) und dazu alle zu verarbeitenden Eindrücke, die das Leben mit sich bringt. Daher entsteht auch für mich mehr Musik in Situationen, die erstmal eine Frage oder ein Problem darstellen. Es gibt quasi eine Not und die Musik kann eine Hilfe sein. Die Musiktradition Estlands hat für mich bei einigen konkreten Stücken eine Rolle gespielt, welche ich bearbeitet habe. Allgemein interessiert mich der Gestus und die Ästhetik, die dieser Musik zugrunde liegen. Ich strebe da nicht nach einer Vereinheitlichung, aber bestimmte Parameter kann man aufgrund solcher Überlegungen ausschließen und damit die Farbe der Musik steuern. Ein paar Kontrastbeispiele – Samba-Rhythmen und Blues-Klänge sind nicht sehr typisch für die Musik Estlands. Es geht mir nicht um die kategorische Vermeidung dieser Elemente, sondern eher um einen Bewusstseinsprozess.

Jazzzeitung: Ich hatte am Eröffnungs-abend des letztjährigen Jazz-Piano-Workshops im Musentempel in Karlsruhe die Gelegenheit, ein Solokonzert von dir zu erleben. Zu hören gab es neue Kompositionen (z.B. „ Hinken“), die auf deiner erfolgreichen ersten, von der Kritik im Jahr 2004 mit Nominierungen und Würdigungen hervorgehobenen Solo-Piano-CD „Confidance“ noch nicht zu entdecken waren. Planst du eine weitere Solo-CDVeröffentlichung?
Randalu: Eine weitere Solo-CD steht nicht ganz oben auf der Liste – zur Zeit konzentriere ich mich eher auf interessante Ensemble-Projekte. Im Februar 2008 ist die CD „Grupa Janke Randalu – live“ (bei Jazz‘n‘Arts) erschienen, eine Duo-CD mit dem Perkussionisten Bodek Janke. Diese Aufnahme, ein Konzertmitschnitt, war für mich schon sehr lange fällig, denn mittlerweile machen Bodek und ich schon seit fast 20 Jahren zusammen Musik. Auch auf meiner aktuellen CD „Desde Manhattan“ ist Bodek neben einigen anderen Musikern mit dabei.

Christina Calla

CD-Tipp

Kristjan Randalu: Desde Manhattan
Jazz‘n‘Arts/OUR Distribution

Tourtermine

18. bis 21.6.: Karlsruhe, Musentempel: Jazz Piano Workshop
25.6.: Einbeck, Tangobrücke
26.6.: Münster, ESTO 2009
3.7.: Singen, Jazzclub

www.randalu.de

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